Warum sind Schalen bunt ?

Schalenvorschläge, eigene Töpferversuche, Vorstellung und Besprechung eurer Schalen und Gefäße. Keine gewerblich getöpferten Schalen einstellen.
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Philipp R.
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Re: Warum sind Schalen bunt ?

Beitrag von Philipp R. »

abardo hat geschrieben:Exakt. Unterstreichung, Kontrast, Farbenkreis, Komplimentärfarben.
Alles bekannt.

Warum stimmt man dann aber die Autofarbe aufs Interieur ab ?
Trägt lieber keine gemusterte Bluse zu einer knallroten Hose ?
Stellt keine weisse Designerlampe neben die von Oma geerbte Kommode und garniert das dann mit einem lila Flauschteppich und einem neongrünen Nierentisch ?

Im Alltag wirkt es doch stimmig und leicht, wenn gleiche Materialien, ähnliche Oberflächen, zueinander passende Farben gewählt werden, ganz Modelinien sprechen jede Saison davon: diesen Frühling kombiniert man Dings- mit Soundsotönen ...

... nur bei einer Bonsaipräsentation nicht.

Also: warum macht die Mischung trotzdem Sinn ?
Und: warum passt dieses Konzept auch nach Europa ?
Früher fuhr man bunte Autos, rot blau gelb, heute sind alle Schattierungen von weiß und matt in. Zurückhaltung und die unter "Gleichberechtigung" getarnte Konformität beherrschen das bild unserer Gesellschaft. Alle wollen anders sein, Bist du dann anders bist du nazi, faschist oder linksradikal. Und der böse ist am Ende ja eh immer der Mann....
Leute die auffallen wollen fahren dann auch neon grün oder orange.

Wenn man Geschmack beweist und die richtigen Stücke auswählt passt auch die Kommode aus Omas Zeiten zu Lampen von heute. :)

Mit Mode zu vergleichen ist sehr schwierig und wie ich finde unpassend. Es wandelt sich sehr schnell. Mode will nicht schön sein, Mode will nur anders sein, anders als letztes Jahr. Am besten auch noch provokant. In dem Jahr muss man gleiche Farbtöne tragen und nächstes Jahr ist dann color blockig in. Irgendwann kommen auch schlaghosen und vokuhila wieder.

Also "warum macht die Mischung trotzdem Sinn?"

"Komposition ist im Grunde genommen nichts anderes, als alle möglichen Grafikelemente innerhalb des Rahmens an zu ordnen. Es handelt sich um grundlegendes Design, dass in der Fotografie seinen festen Platz hat, wie in jeder anderen grafisch orientierten Kunstrichtung. "

Also auch Bonsai (?)

(...) es ist von größter Wichtigkeit zu begreifen, das ist grundlegende Design Prinzipien gibt, die unabhängig von persönlichen Geschmack existieren und eingehalten werden sollten. Dies bestimmt zum Beispiel die Wirkung eines Bildes auf den Betrachter und erklären, warum bestimmte Arten Der Komposition besondere Effekte nach sich ziehen.

Der Text bezieht sich hauptsächlich auf die westliche, verkopfte sichtweise, welche sich sehr von der Ehr spirituellen östlich Sichtweise unterscheidet.
Wir machen ja nichts anderes als Präsentationen zu komponieren .

die zwei grundlegenden Prinzipien sind Kontrast und Balance. Der Kontrast arbeitet die Unterschiede zwischen den grafischen Elementen in einem Bild heraus – egal, ob es sich um einen Ton-, Farb-, form- oder sonstigen Kontrast handelt. Zwei in Kontrast stehende Elemente stärken sich gegenseitig. Die Balance ist eng verwandt mit dem Kontrast – es handelt sich um das aktive Verhältnis gegensätzliche Elemente zueinander. Wenn die Balance stimmt (z.b. Zwischen Farbbereichen), dann wirkt ein Foto ausgewogen. Fehlt es dagegen an Balance, wirkt das Bild unausgewogen und erzeugt eine ungewollte Visuelle Spannung.
(....)
Das Auge verlangt nach Harmonie, was jedoch auf keinen Fall als Regel für die Bildkomposition gewertet werden sollte. Oftmals wird ein Foto erst dann interessant, wenn es dem Auge diese Harmonie bewusst verweigert. (Seite 33.)*


Gleiches, einfaches und konträres ist also in einem ausgewogenen Verhältnis gefragt um den Betrachter zu fesseln ohne ihn zu erschrecken

Gesetze und Prinzipien der Gestaltungspsychologie
Die Gesetze der organisierten Wahrnehmung
(...)
2. Gesetz der Ähnlichkeit. Elemente, die sich in irgend einer Art (Form oder Inhalt) ähnlich sind, werden gruppiert.
(...)
5. Gesetz der Gemeinsamkeit. Gruppierte Elemente werden zusammengefasst und verhalten sich wie ein einzelnes Element.(seite 39.)*


Unterschiedliche Schalen bewirken (denke ich) eine optische Trennung beider Elemente. Die durch andere Gemeinsamkeiten zusammen gehören und sich durch Kontraste stärken. Jedes Element wird für sich genommen, agiert mit dem anderen Element und bildet eine Einheit im Rahmen der tokonoma.

(Was weiterhin zur gesamten Präsentation beiträgt ist die Position des beistellers und die dynamische Balance. Größe, Fokuspunkte und Mitte des optischen Gewichtes. Wo wir dann wieder bei Verhältnissen sind und über drittelregelung und goldenen Schnitt diskutieren. Da sind wir ganz schnell nicht nur in der horizontalen Ausrichtung unterweg, sondern müssen uns auch Gedanken über die Höhe der Tische und in welchem Schnitt das jetzt liegt, Gedanken machen. Eine Gleichung mit vielen Unbekannten, die man dann meist empirisch nach Gefühl löst)

Zu farbkontrast gibt es auch einiges zu wissen und zu beachten. Wenn man sich jetzt über Schalen unterhält, geht es dann mehr um kräftige Farben? Kontraste usw funktionieren auch mit gedeckten Farben.
Flächenproportionen
Der klassischen Farbenlehre nach harmonieren Farben am besten miteinander, wenn ihre Flächen in umgekehrter Proportion zu ihrer relativen Helligkeit steht (Seite 121)*
( nach Theorien von Göthe)

Ob das jetzt auf Bonsai zu 100% anwendbar, ist wage ich zu bezweifeln. Dennoch kann man sich ein bisschen herleiten, welche Farbkombinationen funktionieren. ZB eine kleine orange beistellschale besser zu einer großen blauen passen könnte als umgekehrt.


Das Thema ist in der tat sehr komplex und ich hoffe mehr Klarheit als Verwirrung gestiftet zu haben:)

* Zitate aus "der fotografische Blick — bildkomposition und Gestaltung" von michael freeman, Verlag "Markt + Technik"
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Kyrilla
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Re: Warum sind Schalen bunt ?

Beitrag von Kyrilla »

Heike_vG hat geschrieben:Aha? :shock: Das wäre interessant, dafür eine botanisch-wissenschaftliche Erklärung zu bekommen! :lol:
Sollte Farblehre nicht auch Berücksichtigung finden?
Manche Blattfarben strahlen erst richtig durch die richtige Glasur.
Damit meinte ich natürlich den optischen Effekt.
Ihr nun wieder...! *hahaha*
Tschuldigung,wurde schon gesagt....
Zuletzt geändert von Kyrilla am 05.02.2016, 10:07, insgesamt 1-mal geändert.
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abardo
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Re: Warum sind Schalen bunt ?

Beitrag von abardo »

Hi Philipp,

das klärt sogar sehr viel (vielen Dank), gerade die Gestaltungspsychologie hilft enorm, les mich grad (mal wieder, hatte ich mal vor Urzeiten im Studium) darin ein und erklärt mir ziemlich genau, warum mir eine zu kontrastreiche Verstärkung oft ein Graus ist, mich erdrückt und Ähnlichkeit widerum Harmonie erzeugt.

Wird in einer Präsentation z.B. mit dem Baum und Beisteller von der Bewegungsrichtung, von der Herkunft und von der Position eine Harmonie über die Ähnlichkeit erzeugt, somit eine Gruppierung erzeugt, dann aber über die Schalenform und -farben ein Kontrast, erzeugt dies eine mir unangenehme Mischung aus Aufregung und Ruhe.
Deshalb verstehe ich manche Präsentationsregeln wohl nicht.

Entweder nur Ruhe oder nur Aufregung wär mir oft lieber.
Grüße, Frank
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Philipp R.
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Re: Warum sind Schalen bunt ?

Beitrag von Philipp R. »

viele sind nach dem text bestimmt ausgestigen^^ und wenn man es genau nimmt war das gerade mal der Anfang. da gibt es noch viel was in Abhängigkeit voneinander steht *dance*
abardo hat geschrieben:Hi Philipp,

das klärt sogar sehr viel (vielen Dank), gerade die Gestaltungspsychologie hilft enorm, les mich grad (mal wieder, hatte ich mal vor Urzeiten im Studium) darin ein und erklärt mir ziemlich genau, warum mir eine zu kontrastreiche Verstärkung oft ein Graus ist, mich erdrückt und Ähnlichkeit widerum Harmonie erzeugt.

Wird in einer Präsentation z.B. mit dem Baum und Beisteller von der Bewegungsrichtung, von der Herkunft und von der Position eine Harmonie über die Ähnlichkeit erzeugt, somit eine Gruppierung erzeugt, dann aber über die Schalenform und -farben ein Kontrast, erzeugt dies eine mir unangenehme Mischung aus Aufregung und Ruhe.
Deshalb verstehe ich manche Präsentationsregeln wohl nicht.

Entweder nur Ruhe oder nur Aufregung wär mir oft lieber.
hm... geht es hier jetzt um grundsätzliche präsentations"verfahren" oder um deinen persönlichen Geschmack?

Leider ist das hier keine foto-diskussion, sonst könnte ich auch Beispiele beisteuern. wichtig für den weiteren verlauf wäre noch mal eine Zusammenfassung und eine genauere Fragestellung(ich weiß mittlerweile auch nicht mehr genau um was es gerade geht), dann könnte das evtl auch im Fachwissen einen Eintrag wert sein.

auch wenn du mal Fotos zeigst von Präsentationen die gefallen und die nicht gefallen könnte man daraus viel herleiten.
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Kyrilla
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Re: Warum sind Schalen bunt ?

Beitrag von Kyrilla »

http://www.bonsaischalen.info/index.php ... -c-hsu-001
Welche dieser meisterhaften Schalen paßt unter welchem Baum?
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Lioth
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Re: Warum sind Schalen bunt ?

Beitrag von Lioth »

Kyrilla hat geschrieben:http://www.bonsaischalen.info/index.php ... -c-hsu-001
Welche dieser meisterhaften Schalen paßt unter welchem Baum?
Wurden diese Schalen überhaupt zum bepflanzen gemacht?
Ich würde solche Kostbarkeiten ins Regal stellen und jeden Abend erfurchtsvoll betrachten.
Gott schuf die Zeit, von Eile hat er nichts gesagt...!

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Philipp R.
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Re: Warum sind Schalen bunt ?

Beitrag von Philipp R. »

Kyrilla hat geschrieben:http://www.bonsaischalen.info/index.php ... -c-hsu-001
Welche dieser meisterhaften Schalen paßt unter welchem Baum?
Aus sammeltassen trinkt man nicht ;) genauso wie man mit ovp Star Wars Figuren von 1977 nicht spielt
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tamandua
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Re: Warum sind Schalen bunt ?

Beitrag von tamandua »

Lioth hat geschrieben:
Kyrilla hat geschrieben:http://www.bonsaischalen.info/index.php ... -c-hsu-001
Welche dieser meisterhaften Schalen paßt unter welchem Baum?
Wurden diese Schalen überhaupt zum bepflanzen gemacht?
Das ist eine interessante Frage. Ich vermute auch, dass sie wohl nie für den praktischen Einsatz gedacht waren.
Wie verhält es sich aber bei solchen Schalen mit der sonst wertsteigernden und sehr geschätzten Patina? Ohne Nutzung bildet diese sich nicht, gilt das in der Fachwelt als "Makel", oder wird der sonstigen Hochwertigkeit wegen gar keine Patina erwartet?

Beste Grüße
Thomas
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Kyrilla
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Re: Warum sind Schalen bunt ?

Beitrag von Kyrilla »

Och,ich denke,die gemalten Schalen sollen einfach dem zeitlichen Trend entsprechen.
Damals wie heute.
Das Geschichten erzählen in Zusammenhang mit dem Baum ist schon höhere Schule. 8)
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abardo
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Re: Warum sind Schalen bunt ?

Beitrag von abardo »

Hi,
Philipp R. hat geschrieben: hm... geht es hier jetzt um grundsätzliche präsentations"verfahren" oder um deinen persönlichen Geschmack?
... natürlich gehts nur um mich :-D

Ne, es geht mir darum, die bekannten Präsentationsregeln endlich mal zu präzisieren und zu begründen.

Zumeist höre und lese ich z.B. folgende Aussagen:
Man soll unterschiedliche geformte Tische für Baum und Beisteller wählen.

Solche Aussagen kommen jedoch einfach so und ohne wirkliche Begründung daher und sind oft eben nur aus älteren Präsentationsbeispielen abgekupfert und (sorry) nachgeplappert oder eben aus anderen Kulturkreisen unreflektiert übernommen.

Mir wäre es lieber, daraus z.B. die folgende Aussage machen zu können:
Wenn in einer Präsentation zu einem fein gearbeiteten Bonsaitisch ein Wurzelholzunterleger unter den Beisteller gewählt wird, sagt die Konzeptionstechnik/Fotografie/Malerei/Bildhauerei/Gestaltungsphychologie/Farblehre/usw/usw dazu bla-bla-bla und es hat den Effekt soundsoundso. Wählt man dagegen gleiche Tische/Materialien/Farben/Formen verstärkt/schwächt es den Effekt der bla-bla-usw.
Philipp R. hat geschrieben:
Leider ist das hier keine foto-diskussion, sonst könnte ich auch Beispiele beisteuern. wichtig für den weiteren verlauf wäre noch mal eine Zusammenfassung und eine genauere Fragestellung(ich weiß mittlerweile auch nicht mehr genau um was es gerade geht), dann könnte das evtl auch im Fachwissen einen Eintrag wert sein.

auch wenn du mal Fotos zeigst von Präsentationen die gefallen und die nicht gefallen könnte man daraus viel herleiten.
Ich würde es gern andersrum aufzäunen.

Zuerst sammeln wir alle uns bekannte Präsentationsregeln. Dann werden diese nicht als ein "Muss" formuliert, sondern der entsprechende Effekt erklärt und abgeleitet aus anderen Künsten/Wissenschaften begründet, diskutiert und dann nachher mit Beispielen "garniert".

Wenn viele mitmachen, die bekannten Regeln sammeln und andere aus ihrem jeweiligen Fachgebiet Begründungen liefern, könnte daraus vielleicht wirklich ein Fachbeitrag werden, der für Präsentationen ein Rüstzeug liefert, mit dessen Hilfe jeder seine eigenen Präsentationen entsprechend seiner eigenen Absichten und Wünsche optimieren kann.

Vielleicht gibt es solch ein begründetes Rüstzeug ja sogar schon in irgendeinem Fachbuch/-artikel, den ich nicht kenne ?
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abardo
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Re: Warum sind Schalen bunt ?

Beitrag von abardo »

Ein neutral formuliertes (aber gruselig beschriebenes und fachlich nicht begründetes) Beispiel:

Der Abstand von Baum und Beisteller
Bei vielen Bäumen bildet die dem Beisteller zugewandte Laubseite eine von der Spitze des Baumes nach unten zum Beisteller zeigende Linie. Wird der Beisteller so positioniert, dass dessen oberster Punkt diese Linie exakt trifft, wirken Baum und Beisteller als Einheit. Wird der Beisteller weiter weg positioniert, erfolgt eine räumliche Trennung von beiden, wird der Beisteller näher am Baum positioniert, wirkt der Beisteller wie eine Unterpflanzung und ordnet sich dem Baum deutlich unter.

a) ist das an sich überhaupt korrekt ?
b) wie lässt sich das besser beschreiben/skizzieren ?
c) fachlich begründen/widerlegen (goldener Schnitt ?)

(später könnten wir ähnliche Aussagen für die Grösse, Materialien und Farben der Schalen, Unterleger und Tische (oder eben den Verzicht darauf), diversen Höhen, Positionen und Ausrichtungen treffen)
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Philipp R.
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Re: Warum sind Schalen bunt ?

Beitrag von Philipp R. »

abardo hat geschrieben:Hi,

... natürlich gehts nur um mich :-D

Ne, es geht mir darum, die bekannten Präsentationsregeln endlich mal zu präzisieren und zu begründen.

Zumeist höre und lese ich z.B. folgende Aussagen:
Man soll unterschiedliche geformte Tische für Baum und Beisteller wählen.

Solche Aussagen kommen jedoch einfach so und ohne wirkliche Begründung daher und sind oft eben nur aus älteren Präsentationsbeispielen abgekupfert und (sorry) nachgeplappert oder eben aus anderen Kulturkreisen unreflektiert übernommen.

Mir wäre es lieber, daraus z.B. die folgende Aussage machen zu können:
Wenn in einer Präsentation zu einem fein gearbeiteten Bonsaitisch ein Wurzelholzunterleger unter den Beisteller gewählt wird, sagt die Konzeptionstechnik/Fotografie/Malerei/Bildhauerei/Gestaltungsphychologie/Farblehre/usw/usw dazu bla-bla-bla und es hat den Effekt soundsoundso. Wählt man dagegen gleiche Tische/Materialien/Farben/Formen verstärkt/schwächt es den Effekt der bla-bla-usw.

Zuerst sammeln wir alle uns bekannte Präsentationsregeln. Dann werden diese nicht als ein "Muss" formuliert, sondern der entsprechende Effekt erklärt und abgeleitet aus anderen Künsten/Wissenschaften begründet, diskutiert und dann nachher mit Beispielen "garniert".

Wenn viele mitmachen,


Okay jetzt haben wir den Faden wieder gefunden! Ich war nur leicht verwirrt weil die ausgangsfrage "warum sind Schalen bunt" da garnicht mehr so gefragt Ist.

abardo hat geschrieben:Ein neutral formuliertes (aber gruselig beschriebenes und fachlich nicht begründetes) Beispiel:

Der Abstand von Baum und Beisteller
Bei vielen Bäumen bildet die dem Beisteller zugewandte Laubseite eine von der Spitze des Baumes nach unten zum Beisteller zeigende Linie. Wird der Beisteller so positioniert, dass dessen oberster Punkt diese Linie exakt trifft, wirken Baum und Beisteller als Einheit. Wird der Beisteller weiter weg positioniert, erfolgt eine räumliche Trennung von beiden, wird der Beisteller näher am Baum positioniert, wirkt der Beisteller wie eine Unterpflanzung und ordnet sich dem Baum deutlich unter.

a) ist das an sich überhaupt korrekt ?
b) wie lässt sich das besser beschreiben/skizzieren ?
c) fachlich begründen/widerlegen (goldener Schnitt ?)

(später könnten wir ähnliche Aussagen für die Grösse, Materialien und Farben der Schalen, Unterleger und Tische (oder eben den Verzicht darauf), diversen Höhen, Positionen und Ausrichtungen treffen)


Da gibt es 3 verschiedene Ansätze die ich auch plausibel ausführen kann.
Einmal der goldene Schnitt (was ich für am wenigsten geeignet halte)
Dynamische Balance durch optische Gewichtung
Oder die hier bereits bekannte Regelung mit der gedachten Linie.

Es kann sich da gern auch jemand anderes mit einmischen und mal versuchen zu erklären warum er was nehmen würde! Mich würden da die scoula d'arte Absolventen und Vielschreiber mit Ahnung, wie zB die Heike, besonders interessieren. Der Thierry hätte da bestimmt auch was gewusst, wenn er nicht verschwunden wäre.

Bevor wir jetzt Regeln festlegen und erarbeiten will ich dazu noch was sagen. Regeln sind wichtig, regeln sind sinnvoll. Man sollte sie lernen, verinnerlichen und dann lernen wann man sie beachtet und wann besser nicht! Die gelernten Fotografen sind meistens die künstlerisch schlechtesten. Die können nur regeln. Der passende Vergleich zu bonsai ist das Regelwerk zur Bewertung von Bonsai des BCD (liest sich schlimmer wie John naka). Da kann nur ein Baum gewinnen der auf dem Zeichenbrett entstanden ist. Der ist dann so toll nach regeln aufgebaut. er ist so harmonisch, dass er weder Charakter noch irgendwas interessantes hat. Das Gehirn kennt das schon und geht weiter.
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abardo
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Re: Warum sind Schalen bunt ?

Beitrag von abardo »

Hi,

ich würde zukünftig das Wort "Regeln" gerne komplett vermeiden.
Ich will hier keine Regeln aufstellen, sondern von diesen weg.

Regeln haben keine Begründung, keinen Hintergrund und lassen einem keinen Spielraum.
Es geht mir darum, begründete und völlig neutrale Aussagen zu haben.

"Machst du das, wirkt das soundso, weil ..."


Oben ist ja mit deiner Hilfe schon so eine Aussage entstanden:

Die Beistellerschale
Je ähnlicher eine Beistellerschale der Bonsaischale ist, desto mehr entsteht ein harmonischer Eindruck einer zusammengehörigen Gruppe für den Betrachter (-> siehe z.B. Gestaltungspsychologie, Gesetz der Ähnlichkeit). Je unterschiedlicher sie in Form, Farbe und Material sind, desto stärker arbeitet der entstehende Kontrast die Unterschiede heraus, Beisteller und Baum stärken sich gegenseitig (-> siehe z.B. Bildkomposition bei Fotographen).
Grüße, Frank
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Re: Warum sind Schalen bunt ?

Beitrag von Bonsette »

Hallo Frank und Philipp, ich finde eure Idee klasse, eine Präsentationsregelsammlung mit Begründungen und Beispielen zu erstellen! *daumen_new* Vor allem wäre es dann auch interessant, wenn man die Aussagen zum Zusammenspiel von Proportionen, Formen, Farben und Materialien auf Präsentationsmittel passend zu unserer Kultur übertragen könnte.
Denn so kleine Tischchen, Rollbilder, Bambusmatten und manche Schalenformen und-Muster sind doch eigentlich komplett der japanischen Kultur entnommen. Das sind Einrichtungsgegenstände, die man in einer typischen japanischen Wohnung findet.
Wenn man das auf unsere Kultur überträgt, wären das wohl eher Eichenbretter, Klöppeldecke oder Leinentuch, ein Bild vom röhrenden Hirsch mit Goldrahmen und ein rustikaler schlichter Pflanztrog, Kübel oder Tontopf. Das wäre dann vielleicht die nostalgische Variante, von der Olaf_Gd ein tolles Beispiel auf dem letzten Sommerfest gezeigt hat:
http://bonsai-fachforum.de/download/fil ... 9c4a05a51e
Oder man arbeitet mit modernen Formen und Materialien wie Glas, Beton, Stahl und Granit, wovon Frank uns ja schon spannende Beispiele gezeigt hat.

LG
Stefanie
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Philipp R.
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Re: Warum sind Schalen bunt ?

Beitrag von Philipp R. »

abardo hat geschrieben:
Die Beistellerschale
Je ähnlicher eine Beistellerschale der Bonsaischale ist, desto mehr entsteht ein harmonischer Eindruck einer zusammengehörigen Gruppe für den Betrachter (Gestaltungspsychologie, Gesetz der Ähnlichkeit).
Je unterschiedlicher sie in Form, Farbe und Material sind, desto stärker arbeitet der entstehende Kontrast die Unterschiede heraus, Beisteller und Baum stärken sich gegenseitig (-> siehe z.B. Bildkomposition bei Fotographen).

Die Beistellerschale
Je ähnlicher eine Beistellerschale der Bonsaischale ist, desto mehr entsteht ein harmonischer Eindruck einer zusammengehörigen Gruppe für den Betrachter (Gestaltungspsychologie, Gesetz der Ähnlichkeit).
Unterschiede in Form, Farbe und Material sorgen für Kontrast, Beisteller und Baum stärken sich somit gegenseitig. Ein harmonisches Gesamtbild mit einer visuellen Grundspannung entstehen.

(Visuelle Grundspannung ist wichtig. Das Auge verlangt die Harmonie, nur darf man ihm die nicht so einfach geben)

So finde ich das besser. Deine Formulierung stellt mich vor die Wahl: Harmonisches bild ODER Kontraste die sich stärken.
Dem letzten Absatz über Kontrast kann ich auch nicht so ganz zustimmen. Im Grunde ist die Aussage richtig, doch stell dir mal einen Literaten in ner naban Schale mit nem beisteller in orange gelber eckiger Schale vor. Nicht jeder Kontrast funktioniert. Eine gedeckte grüne Schale oder ein bepflanzter Stein sorgen auch für den glasiert/unglasiert, rund/freie Form Kontrast.
Gleichzeitig bleiben wir bei ähnliche Elemente die Harmonie bringen, trotz/mit/wegen den unterschieden. (Naturtöne, Gedeckte Farben, Zurückhaltung, Einfachheit)
Und ein Kontrast reicht bei einem "einfachen" Baum. Je mehr Aufmerksamkeit der Baum "fangen" kann umso stärker können Kontraste sein.

@stefanie, man sollte die Kirche schon im Dorf lassen. Sushi isst man numal mit stäbchen und Schweinebraten mit messer&gabel
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