Früher fuhr man bunte Autos, rot blau gelb, heute sind alle Schattierungen von weiß und matt in. Zurückhaltung und die unter "Gleichberechtigung" getarnte Konformität beherrschen das bild unserer Gesellschaft. Alle wollen anders sein, Bist du dann anders bist du nazi, faschist oder linksradikal. Und der böse ist am Ende ja eh immer der Mann....abardo hat geschrieben:Exakt. Unterstreichung, Kontrast, Farbenkreis, Komplimentärfarben.
Alles bekannt.
Warum stimmt man dann aber die Autofarbe aufs Interieur ab ?
Trägt lieber keine gemusterte Bluse zu einer knallroten Hose ?
Stellt keine weisse Designerlampe neben die von Oma geerbte Kommode und garniert das dann mit einem lila Flauschteppich und einem neongrünen Nierentisch ?
Im Alltag wirkt es doch stimmig und leicht, wenn gleiche Materialien, ähnliche Oberflächen, zueinander passende Farben gewählt werden, ganz Modelinien sprechen jede Saison davon: diesen Frühling kombiniert man Dings- mit Soundsotönen ...
... nur bei einer Bonsaipräsentation nicht.
Also: warum macht die Mischung trotzdem Sinn ?
Und: warum passt dieses Konzept auch nach Europa ?
Leute die auffallen wollen fahren dann auch neon grün oder orange.
Wenn man Geschmack beweist und die richtigen Stücke auswählt passt auch die Kommode aus Omas Zeiten zu Lampen von heute.
Mit Mode zu vergleichen ist sehr schwierig und wie ich finde unpassend. Es wandelt sich sehr schnell. Mode will nicht schön sein, Mode will nur anders sein, anders als letztes Jahr. Am besten auch noch provokant. In dem Jahr muss man gleiche Farbtöne tragen und nächstes Jahr ist dann color blockig in. Irgendwann kommen auch schlaghosen und vokuhila wieder.
Also "warum macht die Mischung trotzdem Sinn?"
"Komposition ist im Grunde genommen nichts anderes, als alle möglichen Grafikelemente innerhalb des Rahmens an zu ordnen. Es handelt sich um grundlegendes Design, dass in der Fotografie seinen festen Platz hat, wie in jeder anderen grafisch orientierten Kunstrichtung. "
Also auch Bonsai (?)
(...) es ist von größter Wichtigkeit zu begreifen, das ist grundlegende Design Prinzipien gibt, die unabhängig von persönlichen Geschmack existieren und eingehalten werden sollten. Dies bestimmt zum Beispiel die Wirkung eines Bildes auf den Betrachter und erklären, warum bestimmte Arten Der Komposition besondere Effekte nach sich ziehen.
Der Text bezieht sich hauptsächlich auf die westliche, verkopfte sichtweise, welche sich sehr von der Ehr spirituellen östlich Sichtweise unterscheidet.
Wir machen ja nichts anderes als Präsentationen zu komponieren .
die zwei grundlegenden Prinzipien sind Kontrast und Balance. Der Kontrast arbeitet die Unterschiede zwischen den grafischen Elementen in einem Bild heraus – egal, ob es sich um einen Ton-, Farb-, form- oder sonstigen Kontrast handelt. Zwei in Kontrast stehende Elemente stärken sich gegenseitig. Die Balance ist eng verwandt mit dem Kontrast – es handelt sich um das aktive Verhältnis gegensätzliche Elemente zueinander. Wenn die Balance stimmt (z.b. Zwischen Farbbereichen), dann wirkt ein Foto ausgewogen. Fehlt es dagegen an Balance, wirkt das Bild unausgewogen und erzeugt eine ungewollte Visuelle Spannung.
(....)
Das Auge verlangt nach Harmonie, was jedoch auf keinen Fall als Regel für die Bildkomposition gewertet werden sollte. Oftmals wird ein Foto erst dann interessant, wenn es dem Auge diese Harmonie bewusst verweigert. (Seite 33.)*
Gleiches, einfaches und konträres ist also in einem ausgewogenen Verhältnis gefragt um den Betrachter zu fesseln ohne ihn zu erschrecken
Gesetze und Prinzipien der Gestaltungspsychologie
Die Gesetze der organisierten Wahrnehmung
(...)
2. Gesetz der Ähnlichkeit. Elemente, die sich in irgend einer Art (Form oder Inhalt) ähnlich sind, werden gruppiert.
(...)
5. Gesetz der Gemeinsamkeit. Gruppierte Elemente werden zusammengefasst und verhalten sich wie ein einzelnes Element.(seite 39.)*
Unterschiedliche Schalen bewirken (denke ich) eine optische Trennung beider Elemente. Die durch andere Gemeinsamkeiten zusammen gehören und sich durch Kontraste stärken. Jedes Element wird für sich genommen, agiert mit dem anderen Element und bildet eine Einheit im Rahmen der tokonoma.
(Was weiterhin zur gesamten Präsentation beiträgt ist die Position des beistellers und die dynamische Balance. Größe, Fokuspunkte und Mitte des optischen Gewichtes. Wo wir dann wieder bei Verhältnissen sind und über drittelregelung und goldenen Schnitt diskutieren. Da sind wir ganz schnell nicht nur in der horizontalen Ausrichtung unterweg, sondern müssen uns auch Gedanken über die Höhe der Tische und in welchem Schnitt das jetzt liegt, Gedanken machen. Eine Gleichung mit vielen Unbekannten, die man dann meist empirisch nach Gefühl löst)
Zu farbkontrast gibt es auch einiges zu wissen und zu beachten. Wenn man sich jetzt über Schalen unterhält, geht es dann mehr um kräftige Farben? Kontraste usw funktionieren auch mit gedeckten Farben.
Flächenproportionen
Der klassischen Farbenlehre nach harmonieren Farben am besten miteinander, wenn ihre Flächen in umgekehrter Proportion zu ihrer relativen Helligkeit steht (Seite 121)* ( nach Theorien von Göthe)
Ob das jetzt auf Bonsai zu 100% anwendbar, ist wage ich zu bezweifeln. Dennoch kann man sich ein bisschen herleiten, welche Farbkombinationen funktionieren. ZB eine kleine orange beistellschale besser zu einer großen blauen passen könnte als umgekehrt.
Das Thema ist in der tat sehr komplex und ich hoffe mehr Klarheit als Verwirrung gestiftet zu haben:)
* Zitate aus "der fotografische Blick — bildkomposition und Gestaltung" von michael freeman, Verlag "Markt + Technik"