Darf man das?

Alles andere was zu Bonsai passt.
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Andreas R.
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Darf man das?

Beitrag von Andreas R. »

Ein Artikel von Tony Tickle:
http://yamadori.co.uk/2014/10/05/7-years-wasted/

Was meint ihr dazu?
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achim73
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Re: Darf man das?

Beitrag von achim73 »

nach meiner meinung hat er recht.
das problem haben wir ja hier schon häufiger diskutiert.
Gruss, Achim
"Der kürzeste Weg zum Glück ist der Weg in den Garten"
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Heike_vG
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Re: Darf man das?

Beitrag von Heike_vG »

Hallo Andreas,

nach der Lektüre von Tony Tickle's Blogpost habe ich auf Facebook den Vorgang gesucht, um den es dabei ging, aber nicht gefunden.
Daher ist es ein bisschen schwer zu sagen, wie ich das Ganze beurteilen würde. *kopfkratz*

Es ist natürlich hart, jemandem schonungslos zu sagen, dass 7 Jahre Arbeit an einem Baum reine Zeitverschwendung war.
Andererseits könnte es auch mal jemanden aufrütteln, damit er richtig zu lernen beginnt, sich vielleicht einen guten Lehrer sucht, Workshops macht und die Sache endlich richtig anpackt. Aber kann man wissen, ob derjenige die Möglichkeit dazu hat oder überhaupt das Wesen und Naturell?
Bonsaiprofis sind manches Mal in der Zwickmühle, ihre Kunden oder potenziellen Kunden nicht zu verärgern, die ja bei ihnen Bäume und Zubehör kaufen und Workshops belegen sollen. Andererseits möchten und sollten Fachleute sich auch nicht unglaubwürdig machen, indem sie irgendwas schönreden, was wirklich nichts taugt. :!:

Über soziale Medien ist es aus meiner Sicht besonders schwierig, harte Kritik zu äußern, vor allem weil man in der Regel den Empfänger nicht kennt.
Leute haben sehr unterschiedliche Sichtweisen und Ansprüche, was ihre Bäume betrifft. Das musste ich auch schon feststellen, als mir als Person und meiner Herangehensweise an Bonsai schon mal unverhohlene Abneigung entgegen gebracht wurde, nachdem ich offensichtlich für jemandes Geschmack zu ehrlich gesprochen hatte. *schulter zuck*
Kennt man den Empfänger, so kann man die Kritik ggf. entsprechend formulieren oder verpacken, so dass sie richtig ankommt. Oder man schenkt sie sich, weil man eh weiß, dass sie bei demjenigen nichts nützt. *schmoll*

Interessant ist natürlich in Tonys Beispiel, dass seine Landsleute ihn geballt für seine offenen Worte gerügt haben, während Leute von außerhalb des UK ihn auch gelobt haben. Und die Profikollegen, die ihn per PN gelobt haben, dies aber nicht öffentlich tun mochten. *floet*

Übrigens schätze ich Tony Tickle als Bonsaimann und Mensch, mag seinen Humor und finde es auch ganz wohltuend, dass er manches Mal kein Blatt vor den Mund nimmt.

Ich bin gespannt auf weitere Meinungen und Kommentare.

Liebe Grüße,

Heike
Ein halber Schritt in die richtige Richtung ist oftmals ein Reinfall...

AK Hamburg & Umland
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Kyrilla
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Re: Darf man das?

Beitrag von Kyrilla »

Nun ich verstehe die Zwickmühle,von der Ihr sprecht.
Aber.....
Es gefällt niemanden,wenn er gesagt bekommt,das jemand anderem der Baum nicht gefällt.
So geht es mir regelmäßig,doch empfinde ich gegenüber vielen anderen Bäumen genauso.
Doch werde ich nicht nur aus Höflichkeit darüber schweigen.
Ich weiß,das viel Mühe,viel Workshops viel Herzblut hinter einem Baum stecken,der mir nicht gefällt-
genauso viel Herzblut,der in meinem Baum steckt der anderen nicht gefällt.
Wer hat also recht?
Wenn ich einen Baum veröffentliche,stelle ich mich der Kritik.
Das heißt,ich will Aufmerksamkeit-und meißt Lob,bzw. neue Ideen und aufmunternde Worte.
Bleiben diese aus,verzweifeln viele.
Und es ist ja gerade dieses fehlende Selbstbewußtsein,warum die Leute enttäuscht und trotzig reagieren.
Und die,die gutmeinend ihren Rat loswerden mußten,müssen mit dem Baum ja nicht weiter umgehen.
Also gibt es scheinbar nur 2 Lösungen.
Entweder der Masse folgen und Bäume pflegen,die jeder hat.
Dann kann man auch zeigen und bekommt keine Kritik.
Oder suchen was die alten suchten.
Dann riskiert man harte Kritik,muß auch damit umgehen können.
Ist allein,hat eventuell noch mehr Jahre umsonst investiert.
Für den 2.Weg braucht man mehr Charakter.
Oder mehr Kreuz?
Warum andere sich mit einhängten um mit zu diskutieren....
vermutlich weil jeder so einen nutzlosen Baum zu stehen hat....
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Waya
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Re: Darf man das?

Beitrag von Waya »

Es ist natürlich immer die Frage, wie man das ganze verpackt, aber an sich ist Kritik sogar notwendig.

Ich weiß nicht wann sich das eingeschlichen hat, dass man "scheitern" negativ behaftet hat. Natürlich ist es unangenehm, natürlich tut es weh, aber am Ende können die meisten daraus etwas Wichtiges mitnehmen und gehen dann aus der Sache gestärkt hervor.

Wenn da einer 7 Jahre mit einen Baum zugebracht hat, der aber am Ende nicht so wirklich das Wahre ist, frag ich mich auch: wo waren die Kritiker, die schon mal eher was gesagt hätten?

Man kann, wie ja hier im Forum oft zu sehen, den Mund halten bei Sachen, die nicht gefallen. Aber bringt das auch was? Wenn man nie was sagt, läuft man nur Gefahr, dass sich manche in ihrem Tun seltsame Bäume hervor zu bringen, bestärkt sehen. Nach dem Motto: "Warum das Rad nicht neu erfinden?".
Gut angebrachte Kritik kann da entgegenwirken. Nur so kann man lernen und besser werden.
Gruß, Claudia
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Kyrilla
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Re: Darf man das?

Beitrag von Kyrilla »

Im Prinzip hast Du recht.
Du hast aber außer acht gelassen,das Bonsai hier in Deutschland sehr egobehaftet ist.
Kritisierst Du den Baum,kritisierst Du das Sein des Besitzers.
Zum anderen...
Rein fachlich werden viele Wege hier überhaupt nicht sachgerecht vermittelt.
Wann ist es sinnvoll einen Stein einzusetzen.
Wie kaschiert man einen flaschenförmigen Baum.
Auch mir wird immer wieder gesagt:
besorg Dir gescheites Material,....
Ich bin immer wieder überrascht,das gerade auch für meine Ansichten es trotz negativen Feedback deutschsprachige Literatur gibt,
wie mit solch "unmöglichen" Bäumen was gemacht werden kann.(Beispiel Bonsai Technik 1& 2)
Ich sehe eher,das auch im Workshop dem Mainstream Rechnung getragen wird.
Bonsais sehen lernen hängt auch von der Gewohnheit ab.
Und dann ist man wieder überrascht,was international die anderen gestalten. :-D
Nämlich das,was man selber gerne hätte! :lol:
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abardo
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Re: Darf man das?

Beitrag von abardo »

Wie immer hat alles seine Seite.

Kritik ist immer hilfreich, das ist ja wohl ein Grund, sich in so einem Forum zu bewegen. Kritik kann einem neue Ideen bringen, von Erfahrungen anderer profitieren lassen, die eigene Meinung bestätigen, einen bestärken, um das längst geahnte auch endlich umzusetzen, aber genausogut verletzen oder enttäuschen.

Wer nur Bestätigung sucht, ist in einem Forum, mit der Menge an verschiedenen Ansichten, die hier versammelt sind, bestimmt falsch. Es wird immer auch negative Kritik kommen.

Andererseits sollte aber wohl auch niemand beleidigt sein, wenn derjenige, der einen wohlwollenden Rat oder eine "Aufrüttelung" bekommen hat, sich beratungsresistent zurückzieht und nichts oder etwas völlig konträres macht, niemand kann schliesslich gezwungen werden, Kritik auch anzunehmen, er muss mit seinen Entscheidungen dann selbst leben.

Und je nachdem, von wem die "Beratung" kommt, kann die Kritik auch dazu führen, genau das Gegenteil zu machen, weil einem selbst der Durchschnittsgeschmack gar nicht gefällt ...

Z.B. hab ich hier gerade meinen ersten, grösseren Baum vorgestellt und mir war völlig klar, dass er Fehler hat. Aber die Kommentare helfen mir trotzdem, diese noch klarer zu sehen und sind somit absolut nützlich.
Ob ich dann in sinnlosen Aktionismus verfalle und sofort die Schere ansetze, ist doch eine ganz andere Sache.
Vielleicht war es ein in manchen Augen ein Fehlkauf, ich mag den aber trotzdem, völlig irrational. Ein hässliches Kind wird von der Mutter ja trotzdem geliebt und manche Hakennase verwächst sich mit der Zeit ...

Genauso gut kann ich es verstehen, wenn der Ton manchmal etwas herber wird, wenn der Ratgebende das Gefühl hat, sein Wissen völlig sinnlos wiederholt gegen Mauern zu schreien, hilft aber nichts, damit muss er sich halt abfinden, auch z.B. in dem er sich öffentlich Luft macht, um den Druck abzubauen.
Auch das sollte jeder verstehen können.
Und: auch Streit kann nützlich sein, für beide Seiten.
Grüße, Frank
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Anja M.
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Re: Darf man das?

Beitrag von Anja M. »

Jein.

Wenn der Baumbesitzer davon träumt die Noelanders Trophy eines Tages zu bestücken, dann ist diese Kritik sicher so genau richtig. Mann solte versuchen den Menschen hinter dem Baum zu sehen.

Jemand, der sich keine Ziele gesetzt hat, hat immerhin einen Baum 7 Jahre am Leben erhalten, was ja auch nicht jedem gelingt. Hinweise auf effektivere Gestaltungsmöglichkeiten sehen dann etwas diplomatischer aus.

Tony Tickle ist jemand, der mit seinen Bäumen die Öffentlichkeit sucht und gesehen werden will. Klar, daß ein Baum, der dies niemals mitmachen will, für ihn und ähnlich interessierte Leute dann Zeitverschwendung ist.
73 Anja
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abardo
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Re: Darf man das?

Beitrag von abardo »

Tony Tickle konnte ich in Dresden erleben, sehr unterhaltsam, lässig und ein echter Spassvogel, der aber sehr gerne sein Wissen teilt.
Auch nach der Führung hat sich noch ein Plausch ergeben.
Er erschien mir weder ungeduldig, noch war er besonders auf Aufmerksam bedacht.

Interessant fand ich eher, dass er den Gewinner nur kaum kommentiert hat, er sagte, es hätte auch die ein oder andere Literatenkiefer daneben "treffen" können und hat sich dann an einer Art "Alleen/Nutzwaldgestaltung" und einer alten Eibe viel länger aufgehalten. Auch im Gespräch merkte man schnell, dass er zwar für die Jury nominiert war, ihm aber die Live-Vorführung bzw. die Gestaltung an sich viel mehr am Herzen liegt und er wohl lieber etwas abseits der Bonsairegeln arbeitet und ihn junges Design viel mehr anspricht.
Auf die Dauer langweilen ihn die immer gleichen Bäume, nicht weil sie nicht schön wären, sondern weil sie wohl für ihn keine Herausforderung mehr sind. Aber das hab ich nur so "herausgehört", sagen wird er das nicht, sonst wird er wohl nirgendwo mehr eingeladen.

Und so kann ich nur zustimmen: man muss den Menschen dahinter verstehen.

Wenn ich einen Meister frage, was er zu einem kaum entwickelten Baum sagen kann, brauche ich mich doch nicht wundern, dass dieser viel schneller etwas viel Einzigartigeres erreicht hätte und meine Herangehensweise als "Zeitverschwendung" bezeichnet.
Ob er das darf ?
Klar, man hat ihn ja wohl gefragt (und wenn es nur indirekt durchs Zeigen bei Facebook oder in einem Forum war).

Hier im Forum sehe ich ja eher die Tendenz, dass die Erfahrerenen sich eher zurückhalten und auf die Bremse drücken, damit die Unerfahrerenen nichts falsch machen und ihre Bäume killen. Kann ich natürlich verstehen, wer will sich schon "schuldig" machen, wenn es nicht klappt ?
Manchmal frag ich mich aber schon, warum nicht mal einer etwas deutlicher sagt: Was willst du mit dem Stecken ? Hast du 20 Jahre Zeit ? Und willst du erst anflanschen und bohrpfropfen anstatt gleich etwas mit Potential zu kaufen ? Kauf doch lieber einen vernünftigen Baum als fünf Krepel ...
Wenn gefragt wird, sollte doch jeder sagen können, was er will.
Und jeder den Rat annehmen oder nicht, der Baum muss ihm ja Gefallen, tut er das, ist doch alles ok.
Grüße, Frank
___________
Ich will nur noch hupen !
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Kyrilla
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Re: Darf man das?

Beitrag von Kyrilla »

Anja,würde ich so unterschreiben!
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Norbert_S
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Re: Darf man das?

Beitrag von Norbert_S »

Letztendlich ein Thema, das uns doch auch hier in vielen Facetten schon begegnet ist.
Auch der Vergleich mit den Köchen ist korrekt.
Walter hat in seinem Artikel über die richtige Suche nach geeignetem Rohmaterial das selbe Thema nur losgelöst vom schlechten Beispiel sehr anschaulich erläutert.

Aber losgelöst von der eigenen Überzeugung eine richtige Aussage schreiben zu wollen, muss/sollte sie auch so formuliert werden, dass sie als solche auch verstanden wird oder zumindest große Chancen hat als solche verstanden zu werden.
Dazu sind aber nicht die Regeln des Bonsai die maßgeblichen sondern die der Kommunikation.
Norbert

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Martin_S
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Re: Darf man das?

Beitrag von Martin_S »

Tja....
Wo Tony recht hat, hat er recht. Das ist alles nachvollziehbar und verständlich..... Aber wer wirft den ersten Stein? Denen, die Bonsai sammeln, gestalten und etliche Jahre pflegen sind die "Stecken" eher egal.
M
Beste Grüße
Martin

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Robert S.
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Re: Darf man das?

Beitrag von Robert S. »

Ja mei, wie der Bayer sagt.
Es hängt immer ein wenig von Sender und Empfänger ab.
Ich denke, jeder der Bonsai betreibt wird sich irgend wann ein Ziel setzen, bzw. einen Weg für sich festlegen.
Ich für meinen Teil hab festgestellt, dass der Drang zu zeigen, auszustellen gegen Null geht. Führ mich ist Bonsai Ersatz für einen Therapeuten. Meine Mittel und meine Zeit ist begrenzt. Trotzdem macht es mir unheimlich Spaß an meine. Bäumen zu arbeiten. Wenn ich allerdings Bilder meiner Bäume poste, wäre das schlimmste für mich, wenn ich geheucheltes Lob ernte.
Langer Rede...
Ich bin ganz bei Tony. Er kann nur aus seiner Warte beurteilen. Alles andere wäre verlogen. Wäre er der perfekte Businessman würde er es vielleicht anders handhaben. Sympatischerweise macht er dies nicht.

Also Tony
Go on!

Servus,
Robert
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