Kolumnen von Frank (I-XXXV)

Alles andere was zu Bonsai passt.
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Anja M.
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Re: Kolumnen von Frank (I-XIV)

Beitrag von Anja M. »

abardo hat geschrieben: von der Grundaussage finde ich das auch korrekt, aber das wortwörtliche "anständig aussehen", würde ich jetzt nur in Ausnahmen unterschreiben wollen.

Ahh, du warst sicher nie auf einem Funkamateurflohmarkt. *z*
73 Anja
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Lindenbergi
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Re: Kolumnen von Frank (I-XIV)

Beitrag von Lindenbergi »

Anja M. hat geschrieben: Ahh, du warst sicher nie auf einem Funkamateurflohmarkt. *z*
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abardo
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Kolumne XVI: In der Bonsai-Metzgerei

Beitrag von abardo »

Kolumne XVI: In der Bonsai-Metzgerei

Ach, ich bin es so leid, immer wieder diese sinnlosen Pflegehinweise für die Wachstumsphase unserer Bonsai zu lesen. Von jedem kommen andere. Hier im Forum, in jeder Zeitschrift, in jedem Buch. Da steht dann was von "im Juli zurückschneiden" und "Kerzen auf 3cm einkürzen" und "Ahorne immer pinzieren". Blödsinn, sag ich. Macht keinen Sinn, wenn mein Apfel früh treibt, ich eine Shohin-Kiefer habe und mein Ahorn übers ganze Jahr dauernd Neuaustriebe macht. Passt doch gar nicht zu meinem Baum. Bei nur zwanzig Arten, hat man schnell 500 Termine zu beachten und 1000 Regeln zu befolgen.

Hab ihr mal eine Herz-OP live gesehen ? Ne ? Sucht mal im Netz nach einem Video. Da wird einem nicht schlecht, weil es zu blutig ist. Nein, das ist alles abgedeckt, abgeklemmt und clean. Da gibt es so wenig Blut wie auch nur möglich, alles andere wäre ja auch schlecht für den Patienten. Nein, da wird einem schlecht, wenn man sieht, wie der Chirurg wie ein Berserker durch den Körper geht, den Rippenbogen mit martialischen Metallklammern auseinanderbiegt und an Eingeweiden herumzieht, um die richtigen Positionen zu finden oder an die richtige Stelle zu kommen. Das ist echt heftig. Hinterher hat der Patient überall blaue Flecke und Gelenkschmerzen an Stellen, an denen er gar keine Gelenke hat.

Mein Rasen bekommt 3-mal pro Woche den Mulchmäher von unten zu sehen und sieht genau deshalb besser als alles Vergleichbare in der Nachbarschaft aus. Für Bonsai ist das bei mir ähnlich.

Solange der Baum gesund und kräftig gewachsen ist, kann man alles machen. Hardcore, deftig, ruppig und immer wieder. Pflanzen können das ab. Eine Rückknospung ist die von der Evolution erprobte Methode, um mit dauernden, kleinen Misshandlungen umzugehen. Und die kriegen meine Bonsai täglich. Da sowieso alles beim Giessen kontrolliert wird, kann man auch jederzeit eingreifen. Da muss man nicht auf einen Termin warten, um einen Ahorn zu schneiden. Wächst ein neuer Trieb zu lang ? Ab. Hat irgendein Ast an einer Esche auf einmal drei Blattpaare, kommt eins weg. Oder in der Krone halt gleich zwei davon. Ist ein Ast an einer Lärche noch zu dünn, darf er durchtreiben. Sollen Äste an einem Apfel noch aufholen, kommen die Blüten ab. Ist irgendeine Kerze zu lang geworden, wird sie eingekürzt und nicht erst, wenn der Baum sinnlos weitere Kraft in die Kerze gesteckt hat. Ist ein Ast in der falschen Position, wird er gedrahtet oder abgespannt. Rechtzeitig und nicht erst nachdem er verdickt ist. Also sofort.

Walter Pall arbeitet in der Aufbauphase (und wohl gerne auch mal später) auch wie ein Metzger, bzw. mit der Heckenschere. Richtig so. Aber sorgt durch Substrat und durchs Düngen eben auch immer für gesunde Bäume. Er macht es halt nur ein bis zweimal pro Jahr und dafür brutal, ich mach immer nur ein bisschen, aber eben auch immer.

Warum sollte etwas dran bleiben, wenn es vertrocknet ist ? Oder zu lang ? Schlecht verzweigt ? Oder zu dicht gewachsen und damit andere Bereiche beschattet? Ein Ast an einem Laubbaum nach oben wächst ? Mumpitz. Weg damit. Täglich. Da muss ich nicht warten, bis der nach oben wachsende Ast lang und dick geworden ist und die Schnittstelle dann unnötig gross wird. Schnipp, schnapp. Warum sollte man einen Baum nicht in eine grössere Schale umsetzen, wenn der Baum schwächelt ? Mitten im Jahr. Genau. Man macht ja nichts mit den Wurzeln, den Baum ärgert das exakt … gar nicht und hilft ihm hinterher deutlich. Oder eine andere Schale nehmen, die genauso gross ist, aber viel schöner. Das bisschen neu per Draht fixieren hat noch keinen Baum bei mir sterben lassen. Warum sollte ich denn einen Wachholder auf Termin pinzieren, wenn er gar keinen kräftigen Austrieb zeigt ? Nur weil August ist ? Was soll meine Schwarzkiefer mit den ganzen alten Nadeln, wenn der Neuaustrieb schon richtig weit fortgeschritten ist und ausreicht, um den Baum zu versorgen ? Und die zu dichte Krone schon untere Bereiche beschattet.

Dann hat der Baum halt dauernd blaue Flecken, aber gleichzeitig immer nur wenige und ganz kleine.

Tut mir gar nicht leid, wenn ich die meisten Terminkalender als sinnlos hinstelle, aber meine Bäume halten sich leider nicht an sowas. Jede Art ist anders, und innerhalb jeder Art ist jeder Baum nochmals anders. Er wird so behandelt, wie er es braucht und nicht, wie er sich verhalten soll. Natur ist anders als Bücher. Termine machen nur Sinn, bis man gelernt hat, seine Bäume zu beobachten oder wenn 5000 Bäume in der Bonsaischule stehen und aus Zeitgründen alle gleich behandelt werden müssen. Dort wird dann keinerlei Rücksicht auf das einzelne Exemplar genommen, anders ist es bei der Menge eben nicht praktikabel. Bei meinen wenigen Bäumen geht das schon und diese spezifische Behandlung für jeden einzelnen Baum, für jeden Ast und für jedes einzelne Blatt bekommt den Bäumen gut. Die Schere liegt immer bereit (und zwar auch keine blödsinnige, spezielle Bonsaischere, sondern eine extrem scharfe und schwere Gärtnerschere, mit langen, spitzen Schneiden, damit komm ich überall ran und der Schnitt ist sauber und die Schere wird nach jedem Durchgang mit Desinfektionsspray behandelt und sauber abgewischt). Pinzieren ? Was für ein Aufwand. Mittiger Neuaustrieb an Laubbäumen wird geschnitten, der Rest fällt von selber ab. Genauso die Wacholder. Und die Kiefern werden wie Hühner gerupft. Dauernd, je nach Lichteinfall.

Auch der Boden wird dauernd gepflegt, nicht nur beim Umtopfen. Unkraut kommt raus, bevor es gross wird. Moos wird regelmässig nachgelegt und sehen Bereiche des Substrates verdichtet aus oder bedecken die Wurzeln nicht mehr so, wie es sein soll, wird ausgetauscht und nachgestreut.

Auch Totholz kann man jederzeit nacharbeiten. Jede Woche ein bisschen nervt keinen Baum. Und ist bestimmt besser als eine komplette Totholzgestaltung auf einer Demo mitten im Mai. Aber mal schnell einen gerade fertig zurückgetrockneten Aststumpf ausfräsen ? Eben.
Laubbäume wegen kleinerer Neupositionierung nur im Winter oder nur im Frühling zu drahten, hab ich leider auch nie verstanden. Sie biegen sich besser während des Wachstums und Mikrorisse heilen sofort. Muss man halt den Ast beobachten, wieviel er an Dicke zulegt. Und rechtzeitig wieder ab mit dem Draht und zwei Wochen später wieder dran, das ganze Jahr über.

Was antwortet Mr. Gibbs im Fluch der Karibik auf "Captain" Jack Sparrows Frage: "Hab ich euch nicht gesagt, ihr solltet euch an den Kodex halten ?"
Mr. Gibbs: "Wir haben gedacht, das sind doch wohl eher … Richtlinien." Bravo, das ist die richtige Einstellung.

Und ein Baum, der nicht üppig gewachsen ist, wird gar nicht angefasst, sondern gefüttert.
Zuletzt geändert von abardo am 27.05.2015, 18:26, insgesamt 1-mal geändert.
Grüße, Frank
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avicenna
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Re: Kolumnen von Frank (I-XVI)

Beitrag von avicenna »

*daumen_new* *daumen_new* *daumen_new* du sprichst mir aus dem Herzen :-D :-D

saludos
avicenna
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Marc Berenbrinker
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Re: Kolumnen von Frank (I-XVI)

Beitrag von Marc Berenbrinker »

Frank,
es hat mir wieder viel Freude gemacht, diese Kolumne zu lesen. Du hast es wieder einmal sehr treffend formuliert und auf den Punkt gebracht, auch wenn es nur für all diejenigen ist, welche genügend Selbstsicherheit und Erfahrung mit dieser Materie haben. *daumen_new*
http://www.mb-bonsaischalen.de
.....viele Grüße,
Marc
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evilchen
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Re: Kolumnen von Frank (I-XVI)

Beitrag von evilchen »

Hallo,

anregend geschrieben und vor allem für mich als Neuling eine wertvolle Information *daumen_new*

Auch wenn ich mich jetzt nicht in all deinen Kolumnen wieder finde - mach weiter so! Finde es toll, dass du alles kritisch beleuchtest.

LG
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abardo
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Kolumne XVII: Ode an einen Arsch

Beitrag von abardo »

Kolumne XVII: Ode an einen Arsch

Was bist du nur für ein Arsch ? Du undankbares Miststück.

Zu mir gekommen bist du als Geschenk und sahst damals noch ganz nett aus für einen Indoor und hast dich auch ein paar Wochen ganz gut gehalten. Schöne Speicher- und Luftwurzeln hattest du, ein sogenannter Luftificus also. Dann folgte ich den allgemeinen Hinweisen und entliess dich, als es draussen auch Nachts knapp 20 Grad hatte, ins Freie, luftig, aber nicht zugig, warm aber keine pralle Sonne. Nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig gedüngt. Und die ersten 2 Wochen im Schatten, damit du dich dran gewöhnen konntest. Und was machtest du ? Du hast angefangen, deine grossen, dicken und dunkelgrünen Blätter abzuwerfen. Ok. Ficus mag keine Platzveränderung, das wusste ich, aber das schaffst du doch, dachte ich mir so. Der Neuaustrieb war ja auch da. Und ich auch. Ich kümmer mich, versprochen.

Und Giessen an sich mochtest du auch nicht, auf jeden Fall nicht so richtig nass, bis es rausläuft. Da konnte ich dem Blattfall gleich live zugucken. Staunässe kann bei dem lockeren Substrat aber gar nicht sein. Also, ok, wenn du es so willst, bekommst du halt lieber immer mal wieder einen Schluck, dafür öfter. Schien dir ja besser zu gefallen.

Nur hast du mit deiner Macke nicht aufgehört, du bockiger Dummbeutel. Bevor der Neuaustrieb sich zu schönen, grossen Blättern entwickelte, hast du sie wieder abgeworfen. Aber ich hab mich weiter um dich gesorgt, für Luftfeuchtigkeit gesorgt, sorgsam nach dem Substrat geguckt, mit Holzstäben vor jedem Giessen kontrolliert. Im Winter war dann Zeit fürs Umtopfen, neues Substrat sollte auch her. Eine noch grössere Schale machte aber keinen Sinn. Und du ? Du hast mir gezeigt, was du von meiner Fürsorge bis jetzt gehalten hast. Drei helle Wurzelchen hast du in knapp einem Jahr produziert. Na toll. Kein Wunder, dass du die grossen Blätter nicht halten wolltest. Wie wäre es denn mal mit ein paar Wurzeln, anstatt immer nur massig neue Blätter spriessen zu lassen ? Häh ?

Also hab ich deinen Ballen vorsichtig aufgelockert, du kamst im Winter direkt hinter das sonnige Südfenster und das gefiel dir dort besser. Draussen war wohl nichts für dich. Sommer wohl auch nicht. Ok, hab ich verstanden. Die meisten Blätter hast du behalten und wurdest deutlich grüner. Hatte dir ja auch mit einem feuchten Kiesbett einen schönen Standort geschaffen. Dann im Sommer hast du dich wieder gestreubt, die Blätter fielen, sobald sie ausgewachsen waren. Was denn jetzt noch ? War doch alles wie im Dschungel. Genauso, wo du eigentlich herstammst. Warm, hell, nicht zu wechselhaft und feucht. Vor der Mittagssonne geschützt, damit du nicht so schnell austrocknest, denn das hast du definitiv nicht gemocht. Deinem Deko-Kollegen im Nachbarzimmer juckt das alles nicht. Der steht seit dem Kauf in der gleichen Erde an einem Nordfenster, wird genauso gegossen. Dort ist es furztrocken, direkt über der Heizung. Und hat trotzdem manchmal Schimmel auf der Erde. Aber das ist dem alles scheissegal, der treibt und wächst und fühlt sich pudelwohl.
Willst du eventuell auch dahin ? Bist du einsam oder was ? Ok, probieren wir das mit dem Standortwechsel noch einmal. Ein letztes Mal.
Und was machst du ? Wirfst alles ab, was du hast. Gott, was für eine Mimose du bist. Also zurück ans Küchenfenster, ist ja auch fast wieder Winter und siehe da, da isser ja wieder. Im Frühling sahst du wieder besser aus. Dein Wurzelballen war aber immer noch mickrig. Begreif doch endlich, wenn du leben willst, muss du auch mal Wurzeln wachsen lassen.
Oder willst du kein Bonsai sein ?

Noch weiter mach ich das aber nicht mehr mit. Jeden Morgen einzelne Blätter absammeln, vergrätzt einem ja das Frühstück. Dein Anblick war jeden Tag ein Grund, neue Sorgenfalten zu bekommen. Diesen Sommer mach ich nichts mit dir, auf jeden Fall nichts Besonderes. Du bleibst da stehen, du bekommst deine Feuchtigkeit, dein Wasser, deinen Dünger und gut ist. So wie es alle anderen auch mögen. Sieh doch selbst zu. Entscheid dich endlich. Lass Wurzeln wachsen oder verrecke.

Am 7.6.2015 hast du dich dann nach wochenlangen, langsamen und regelmässigem Blattfall für Letzteres entschieden. Du hast es überstanden. Tschüss dafür und RIP. Und ich kann ohne deinen Anblick endlich wieder das Frühstück geniessen. Du Arsch.
Zuletzt geändert von abardo am 09.06.2015, 15:10, insgesamt 2-mal geändert.
Grüße, Frank
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Re: Kolumnen von Frank (I-XVII)

Beitrag von Heike_vG »

Mein Beileid :cry: Frank und dabei auch ein wissendes Schmunzeln. 8) Wieder einmal hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen.

Die meisten Bonsaifreunde haben wohl schon mal so einen Baum gehabt, dem man nichts recht machen konnte. Man hat sich jahrelang bemüht, alles für ihn zu tun, sich den Kopf zerbrochen, getan und gemacht, keinen Aufwand, keine Kosten für Hilfsmittelchen gescheut, jede Menge Infos und Tipps eingeholt und doch "will" der Baum einfach nicht. :roll:
Bei manchen ist es einfach ein an sich schwächliches Individuum, in anderen Fällen hat man einfach nicht das Händchen oder den guten Standort für die jeweilige Art.

Ich habe eine ähnliche Mischung aus Bedauern und Erleichterung gespürt, als meine dicke Carmona den Löffel abgegeben hat und der Kampf und der Frust endlich ein Ende hatte.
Mein kapriziösester und am schwersten zufrieden zu stellender Baum ist jetzt der Ficus religiosa. Den bekomme ich immer vorübergehend für einige Monate in Top-Form, ehe er wieder einschnappt.
Die Bäume, die am besten kooperieren und am zuverlässigsten das tun, was ich von ihnen möchte, sind dann die, die ich am meisten liebhabe.... :lol:

Liebe Grüße,

Heike
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Re: Kolumnen von Frank (I-XVII)

Beitrag von abardo »

... nur interessant, dass bis jetzt sich noch keine einheimische Art oder etwas aus einer ähnlichen Klimazone je so gestreubt hat. Da ist mir noch nie etwas eingegangen. Noch nie. Rückschläge durch heftiges Wetter oder Plagegeister, ok, sowas gabs schon öfter mal. Hab aber immer alles wieder hinbekommen, man wird ja besser. Und da bin ich stolz drauf.

Insofern hat mich der Ficus etwas gelehrt: ich halte nur noch einheimische Bäume, nichts aus dem Dschungel oder aus Südeuropa. Dafür fehlt mir dann der grüne Daumen oder ich bin zu doof oder kann nicht die richtige Umgebung schaffen.

Am liebsten sind mir die Bäume, bei denen man sich richtig anstrengen muss, hiermal ein Ahorn als Beispiel:

Notrettung nach Sonnenbrand, umgesetzt ins schattige Beet und geschütze Überwinterung (damals noch ohne Kalthaus), viele geschädigte Äste sind dann noch komplett abgestorben ...
DSC01191.JPG
... knapp zwei Jahre später ...
DSC01803.JPG
Jetzt ist er wieder, wie er vorher war, nur älter. Und in ein paar Jahren wird daraus vielleicht auch noch ein schicker Baum. Das befriedigt ungemein.
Grüße, Frank
___________
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Heike_vG
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Re: Kolumnen von Frank (I-XVII)

Beitrag von Heike_vG »

Wobei der Fächerahorn ja eigentlich auch keine wirklich heimische Art ist... 8)
Die Beschäftigung nur mit Outdoors / einheimischen Arten ist leider auch kein Garant dafür, dass man keinen Kränkelbaum erwischt. Es kann schon trotzdem mal vorkommen, dass man einen hat, der trotz aller liebevoller Pflege nicht so recht funktioniert, weil irgendwo an oder im Baum etwas im Argen bzw. sogar wörtlich "der Wurm drin" ist.
Ich wünsche Dir aber, dass Dir das möglichst erspart bleibt. :-D

Liebe Grüße,
Heike
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abardo
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Kolumne XVIII: Packman

Beitrag von abardo »

Kolumne XVIII: Packman

Internet ist toll, wenn nur nicht noch die reale Welt dazu käme. Da gibt es nämlich Bäume an unterschiedlichen Standorten und die müssen schliesslich von A nach B. Und dazu müssen sie nicht nur in der Hände der Transportierenden gegeben (ich sag nur "höhere Gewalt" bei Transportschäden), sondern erst einmal richtig verpackt werden. Da gibt es absolut abenteuerliche Methoden, die auch bei erneuten Käufen immer wiederkehrend schlecht wiederholt werden, weil da oft das Feedback vom Empfänger fehlt.

Erstmal sollte ein Karton her. Einer, der das Gewicht der Schale, der Erde und des Baumes überhaupt aushält. Solche Pakete werden geworfen, da kann man noch so schönes Packband mit der Aufschrift "Vorsicht Glas", "Zerbrechlich" oder "Oben" draufmachen, die werden geworfen, da wird nicht auf "oben" geachtet, die Pakete werden getreten, geschubst und beschleunigt. Das muss der Karton abkönnen und da hilft auch kein Klebeband und die in den Postfilialen erhältlichen Pack-Sets halten das schon lange nicht aus. Auch wenn der Sender das fertige Paket dann hochhebt und freudig ein "Hält doch" ausruft, ne, ne, besonders Beschleunigung ist ein echtes Problem. Einfach mal ein Seil drumrum wickeln und an die Stossstange hängen. Wenn der Karton nach Vollgas aus dem Stand noch ganz ist, hat der Karton die richtige Dicke.

Dann die Erde. Was hab ich da schon alles gesehen. Alte Handtücher zum Beispiel. Um den Ballen und die Schale gewickelt. Mit Schredder-Papier in einen weiteren, kleineren Karton gestopft, was beim Auspacken eine wirkliche Freude ist. Ein 5 Tage altes und feuchtes Handtuch verbreitet eine olfaktorische Präsenz sondergleichen und Papierschnitzel sind super in der Feinverzweigung. Viel Spass beim polcken. Die alten Zigarrenkisten, Staubsaugeranleitungen und Plastiktüten könnt ihr bitte selbst behalten, ich bin kein Entsorgungsunternehmen. Optimal sind: durchfeuchtetes Küchenpapier um Schale und Ballen und dann das Ganze in Cellophan luftdicht und straff einwickeln.

Dann die Grösse. Leute, mal ehrlich. Ein Karton bewegt sich beim Transport und somit auch was in dem Karton ist, da kann man machen, was man will. Ein Karton wird von aussen auch gerne mal eingedellt und deshalb muss der Karton schon etwas grösser sein als der Baum und das Innenleben. Nicht "gerade so" und "passt schon", sondern wirklich deutlich grösser. Verstanden ? Ne ? GRÖSSER, sag ich.

Was mich zum Innenleben bringt. Styropor ist eine Frechheit. Es gibt genügend Leute, die bei der Berührung von Styropor Pickel oder beim Schaben am Karton die Wände hochgehen. Beides stört mich persönlich nicht, aber ich hab sowas noch nie ausgepackt bekommen, ohne hinterher saugen zu müssen, den Teppich, die Unterarmbehaarung und eigentlich gehören anschliessend auch die eigenen Klamotten in die Wäsche. Klebt und haftet wie die Pest und man trägt jeden Krümel durch die gesamte Hütte.
Schaumflocken (oder wie die heissen, eigentlich nenne ich die lieber Plastikflips) gehen auch nicht, gibt ähnliche Probleme wie bei Styropor. Auch keine Papierschnitzel, feuchte Zeitungen, Holzmehl (ja, alles schon gehabt) oder sonstigen Krümel- und Stinkescheiss. Der Trick ist, dass man das alles auch nicht braucht, wenn die Befestigung stimmt.

Und die Befestigung geht so:
Ein Sperrholzplatte etwas grösser als die Schale wird mit Kabelbindern in der richtigen Länge an der Schale festgezurrt, die vorher mit durchfeuchtetem Küchenpapier und Cellophan luftdicht und straff eingewickelt wurde. Die Holzplatte dann mit weiteren Kabelbindern (am Besten geführt durch ein paar Löcher in der Holzplatte) wiederum an die Unterseite des Kartons. Der Baum selbst schwebt dann im Karton, mit genügend Abstand zu den Wänden. Von aussen sieht man mindestens zwei Kabelbinder, geführt durch vier Löcher im Karton. Wer besorgt ist, überklebt die Kabelbinder dann aussen noch mit Klebeband und zwar nicht mit dem halbdurchschtigen, braunen Zeug, sondern mit Panzertape. Da verrutscht nix, das hält wie bei der Polizei krimminelle Hände, ausbrechen kann da gar nix. Und beim Auspacken ist man mit zwei Schnitten mit dem Cutter-Messer am Baum und hat keine Pickel und keine Müllberge zu Hause.

Ergo: spread the word und sagt den Versendern, wenn wieder mal ein Baum in einem unzumutbarem Karton ankommt.
Zuletzt geändert von abardo am 19.06.2015, 15:53, insgesamt 2-mal geändert.
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Kolumne XIX: Bonsai macht Schlagzeilen

Beitrag von abardo »


Kolumne XIX: Bonsai macht Schlagzeilen *ignore*


1.4.2017: Die "Treehunter"
Packende Reportage auf SCHUND1 über illegal ausgegrabene Pflanzen. "Der Förster war grad nicht online", entschuldigt sich ein Gangmitglied.

22.5.2017: Händlerring ausgehebelt
Die Bremer Zollbehörden finden illegal importierte Zuchtbäume in Schiffscontainern, versteckt in Plüschteddys. Ein Dealer packt aus.

2.9.2017: "Ein Baum von einem Mann"
Bekannter deutscher Gestalter zeigt lebende Kunst in der Tate Gallery in London.

17.11.2017: Pflanzenschutzgesetz wird verschärft
Auf Grund sich verbreitender Düngerproduktion im Privatbereich, wird die Eigenherstellung von wachstumsfördernden Chemiekalien im Gartenbereich verstärkt durch die entsprechenden Aufsichtsbehörden kontrolliert.

19.12.2017: Giftfund in Unterbayern
Die Wasserschutzbehörden finden bei einer Durchsuchung in einem Privatgarten zwölf Kartons mit "Aldi-Dünger". Dieser soll in 20-facher Dosierung und dreimal häufiger als auf der Flasche angegeben absichtlich ins Grundwasser geleitet worden sein.

2.2.2018: Händler schlägt zu
Der größte Internethändler kauft alle Bestände des bekannten japanischen Klebtorfs auf. Unbegrenzt haltbar verkauft er diese nun in nur kleinen Mengen zu Höchstpreisen.

1.4.2018: Kassenkontrolle
Nach Ankauf einer schweizer Steuer-CD werden Hausdurchsuchungen in diversen Gärtnereien in ganz Deutschland vorgenommen. Offensichtlich wurde nur ein Teil der Verkäufe gegen Kaufbeleg verbucht.

1.8.2018: Export-Schlager Griechenland
Nach dem Währungsaustritt der Griechen und der Wiedereinführung der Drachme boomt der Export. Gefragter als Oliven sind nur noch die Olivenbäume selbst.

12.5.2022: Gen-Hybride
Japanischer Forscher Itoi Kagawa präsentiert sprechenden Baum. Erster Satz: "Aua, meine Schale drückt."
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Re: Kolumnen von Frank (I-XIX)

Beitrag von Heike_vG »

:shock: :lol:
So lange dauert das alles noch? :lol:
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Kolumne XX: Halt ! Stehenbleiben !

Beitrag von abardo »

Kolumne XX: Halt ! Stehenbleiben !

... und warten. Warten, dann eine Pause. Egal, ob eine Minute, eine Woche, einen Monat, ein Jahr. Dann wieder warten. Damit sollte irgendwann einmal Schluss sein, aber Pustekuchen, nix da. Es wird weiter gewartet.

Schlafen ist Warten aufs Aufwachen und Wachsein ist Warten auf den Tot.
Auf letzteren mag niemand wirklich gerne warten, da sucht man sich das Warteziel doch lieber aus und wartet auf den Austrieb seiner Bäume, die Blüte, den zweiten Austrieb, den Laubfall oder die richtige Umtopfzeit. Oder im Kleinen auf den richtigen Tag zum Schneiden, das richtige Wetter zum Düngen, die richtige Uhrzeit zum Giessen. Gemacht wird wenig bezogen auf einen Baum, es wird zumeist nur gewartet.

Bonsai-Experten raten einem auch immer wieder zum Warten. Den Baum beobachten und kennenlernen. Mal gucken, was der Baum bis zum nächsten Frühjahr für Optionen aufzeigt usw usw. Na, wartet ihr schon auf das Ende der Kolumne ? Die Punch-Line ? Wartet kurz, kommt gleich.

Obwohl wir dauernd warten, sind wir trotzdem immer zu spät. "Was, schon so heiss ? Ich muss giessen !". "Och, schon wieder so viel Unkraut. Ich muss zupfen". Und trotten nur hinterher. Die richtige Schale steht seit zwei Jahren im Schrank, dann beim Umtopfen kann die eine Wurzel aber nicht weg und deshalb passt die Schale doch nicht. Oder die Pflanzposition. Mist, neue Schale, wieder warten. Wir reagieren also nur. Mit Fachwissen und Vorahnung zwar, Fachwissen ist aber nur Theorie und die Praxis eben oft nur Ahnung. Bzw. Reaktion auf das Unerwartete mit anschliessendem und erneutem Warten.

Nun ist die Frage, ob das Warten an sich schlecht ist. Nunja, es ist langweilig, zweifelslos. Irgendwie auch verblödend, wenn man sich während des Wartens keinerlei Gedanken macht. Auf jeden Fall verlängert es die gefühlte Zeit auf diesem Planeten. Allerdings fragt ich mich schon, ob sich das überhaupt lohnt, wenn diese Zeit nur aus Warten besteht. Die Buddhisten und Esoterik- oder Religionsanhänger haben das Warten zur Kunst erhoben und die Leere des Geistes sowieso. Tai-Chi ist Warten auf die nächste Bewegung. Meditation ist Warten auf die innere Ruhe. Entschleunigung verhindert das Warten auf den Burn-Out, ratet mal durch was. Exakt, durch Warten. Und Bonsai ist Warten auf den nächsten Gestaltungsschritt.

Die deutsche Sprache hilft mir aber hier aus und hat eine zweite Bedeutung für das Warten. Beruflich "warte" ich nämlich technische Anlagen und dadurch löst sich mein Dilemma. Warten ist nämlich nicht gleich Warten. Warten ist nicht dröge oder generell zu vermeiden. Warten ist Fürsorge, Warten ist Beobachtung, Warten ist die Vorstufe zur Pflege. Warten ist die Vorbereitung auf das Kommende.

Und wer mag, darf mich ab jetzt "Bonsai-Admin" nennen, das erleichtert mir dann das Warten.
Grüße, Frank
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Re: Kolumnen von Frank (I-XX)

Beitrag von Anja M. »

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