Kolumnen von Frank (I-XXXV)

Alles andere was zu Bonsai passt.
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abardo
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Kolumnen von Frank (I-XXXV)

Beitrag von abardo »

Vorwort

Alles in den folgenden Kolumnen erwähnte, ist wirklich so passiert.
Ich schwöre.

Ok, vielleicht nicht pro Kolumne immer an einem Tag und auch nicht unbedingt in der Reihenfolge. Vielleicht habe ich auch manchmal etwas übertrieben. Ja, kann sein. Vielleicht ist es auch nicht immer wissenschaftlich genug oder basiert sogar nur auf Hörensagen. Und ist gar nicht mir, sondern einem anderen passiert. Vor Jahrhunderten vielleicht. Oder erst in der Zukunft.

Aber ansonsten genau so !


Kolumne I: Ein Bonsaijahr

Manchmal möchte ich die Natur einfach zubetonieren.
Ein grossen Laster kommen lassen, den dicken Schlauch quer drüber schwenken und einfach laufen lassen und das ganze Grünzeug unter einem Schwall aus flüssigem Stein begraben, trocken lassen und dann meinetwegen grün anmalen.

Es beginnt schon im Frühling, wenn all das Gewürm, die Viecher und sonstiges Geschmeiss sich wieder vermehrt, die Fliegen, Larven und Läuse die Bäume befallen und zur halbstündlichen Kontrolle zwingen, Spray und Stäbchen in den Händen, bewehrt um alles zu killen, was den liebgewonnenen Bäumen ans Laub und Holz will. Gleichzeitig versucht man mit den Füssen die Vögel zu vertreiben, die nichts besseres zu tun haben, als Moos aus den Schalen zu picken, um ihre Nester zu bauen, anstatt die das Moos aus den Fugen des Gehwegs holen, um sich als Nützlinge zu erweisen. Dazu noch ecklige Spinnen, die es, obwohl man die Netze jeden Tag entfernt, am nächsten Tag an gleicher Stelle nur noch mehr gebaut haben, um einen zu verhöhnen, einem dem gärtnerischen Mittelfinger zu zeigen.
Im Sommer wird dann alles in Deckung gebracht, was nicht drei mal am Tag unter einen Gartenschlauch passt, weil es ja wieder einmal sechs Wochen keinen Regen gibt und Deutschland zur Wüste mutiert, man sich wünscht, Kakteen zu züchten. Das abendliche Giessen würde man am liebsten weglassen, um sich nicht jede Nacht schlaflos wundzukratzen, von den ganzen Mückenstichen. Können die nicht lieber die schwärmenden Nachbarskatzen attakieren, die einem nur wieder die Bonsaischalen zuscheissen, weil sie das Substrat für Katzenstreu halten ? Regnet es dann endlich, hat die Natur nichts besseres zu tun, als mit Pilzen und Mehltau um sich zu werfen, natürlich auf den Eichenbonsai und nicht an der riesigen Eiche hinten im Garten, die man nicht fällen darf, obwohl man es gerne wollte, um dann endlich im Herbst die ganzen Eicheln und das Laub los zu sein.
Im Herbst greift die Natur nämlich zur Verschwendung, Laub in Bergen, das sich von teuren Dünger- und regelmässigen Wassergaben genährt hat. Da opfert man Zeit und Geld und sogar das eigene Blut und was gewachsen ist, wird sinnloss im Garten verteilt, um dort die Grundlage für die nächste Unkrautgeneration zu schaffen, anstatt dem Baum weiter zu dienen, wie schwachsinnig ist das denn ? Und Früchte in Mengen, Eicheln millionenfach, als ob eine pro Jahr nicht reichen würde, um sich zu vermehren. Dazu dann wieder Vögel, grabende Mäuse und Eichhörnchen in den Schalen. Wollt ihr wissen, was makaber ist ? Makaber ist, wenn der Bonsai so viel Früchte auf sein Substrat wirft, dass ein Eichhörnchen beim Versuch, die alle in der Schale zu vergraben, den Bonsai komplett ausbuddelt und er daran stirbt. Das ist makaber.
Dann, kurz vor Weihnachten wird alles, schon halb tot und schwach von dem ganzen Stress, vom Schnee erdrückt, ummöglich zu giessen, das wichtigste wird eingegraben oder im Kalthaus vor der Grausamkeit der Natur geschützt, ihr entwendet, um dem andauernden Tod durch die Naturgewalten ein Schnippchen zu schlagen. Die Bäume wie magersüchtige Gerippe entstellt. Natürlich ist der Schnee zu Weihnachten schon wieder weg, im Januar sind alle Pflanzen verwirrt und strecken die ersten Knospen, wollen sich wehren gegen diese Flut an Widrigkeiten und, zack, gibt es im März nochmal zwei Wochen Schnee und Dauerfrost, der dann direkt ohne Frühling in 28 Grad Hochsommer und grausamste Trockenheit übergeht.

Dann beginnt das Jahr erneut, die Bonsai wohl plaziert, um die ersten hellen Frühlingstage voll auszukosten, und plötzlich ist es da, das Grün, es streckt sich, jeden Tag ein bisschen mehr, erst kleine Punkte, dann Knospen, dann helle Blätter und Nadeln. Es wächst und gedeiht. Und blüht, in sonnenhellem Gelb und Weiss und Rot. Im Sommerlicht erstrahlen die Bäume in jedem Detail, die Rinde heilt, jeder Ast wirkt kräftiger als je zuvor, neue Knospen, Nadeln, Blätter, wohin das Auge nur blickt, wehend in der leichten Sommerbrise. Im Herbst dann ein Farbenspiel, dass seines Gleichen sucht. Rot und Gelb und Braun in allen Nuancen, eines Meistermalers würdig, hat die Natur den Pinsel rausgeholt und meine Bonsai angemalt. Im Winter dann, des Laubes beraubt, stehen sie da, nackt, aber kraftvoll in der Erde und der Schale, jeder Stamm ein Wunder, jeder Ast erhaben und stark.

Manchmal möchte ich die Natur einfach zubetonieren.

Aber eben nur manchmal ...
Zuletzt geändert von abardo am 06.08.2021, 14:53, insgesamt 35-mal geändert.
Grüße, Frank
___________
Ich will nur noch hupen !
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Norbert_S
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Re: Kolumne von Frank

Beitrag von Norbert_S »

Schön, dass du dir die Zeit genommen hast deine Gedanken niederzuschreiben.
Nur wer seine kleinen Bäume in Schalen wirklich intensiv pflegt und sie als Teil des eigenen Lebens erkennt, weiß deine Gedanken nachzuvollziehen.
Jeder auf seine ganz persönliche Weise, so unterschiedlich und vielfältig wie wir unser herrliches Hobby betreiben.

Danke, dass du für uns eine Tokonoma aus Worten gebaut hast.
Norbert

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Torte75
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Re: Kolumne von Frank

Beitrag von Torte75 »

du sprichst was viele denken ......... aber genau das ist es was uns doch so fesselt und jede Minute am Tag sinnvoller ist an den kleinen Dingern zu verbringen wie eine Sekunde im Stau zu stehen oder unnötige Hausarbeit zu erledigen :lol:
Aber diese Dinge sind eben unumgänglich ........... Dann doch lieber wieder zurück zu den kleinen Dingern die jeden Tag aufs neue ein Lächeln ins Gesicht zaubern auch wenn sie einem öfters mal die Schweißperlen über die Stirn laufen lassen.
Grüße Torsten
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Waya
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Re: Kolumne von Frank

Beitrag von Waya »

Ich finde den Text ganz ehrlich eher abstoßend.

Schon den Anfang mit dem zubetonieren. Solche Gedanken scheinen nicht Wenige zu haben. Pflanzen dürfen blühen, hübsch aussehen und im Sommer Schatten spenden, aber wehe die machen „Dreck“ wie Laub etc., dann sollte man das Zeug am besten gleich alles wegnehmen und abholzen. Gerade beruflich bekomm ich derzeit bitten auf den Tisch Bäume einzukürzen/ zu fällen weil die angeblich die Wohnung verdunkeln (und die Bäume stehen da schon 80 Jahre! Das hat man ja nicht vor dem Kauf gewusst das da ein Baum steht...) oder ja so viel Dreck (!) machen. Ja scheiß auf den Sauerstoff den wir atmen oder die Bindung von Feinstaub, den wir verursachen. Alles weg, grün anmalen und gut ist. Beton schmeckt bestimmt auch ganz toll.

Markaber ist auch ganz viel: damit alles „schön sauber“ ist, muss man im Herbst alles Laub überall entfernen…. Nur damit man im Frühjahr Geld ausgeben und mit Kunstdüngern wieder den Garten düngen kann, obwohl die neuen Nährstoffe vom umgesetzten Laub stammen könnten… ganz kostenlos! Eicheln und Kastanien auch alles weg. Hier muss ja kein Baum mehr wachsen… was? Futter für andere Tiere? Neee… alles weg, damit es wieder „schön“ aussieht.
Ja und wie kann sich ein anderes Tier nicht an die Regeln des Menschen halten und einfach wo buddeln, wo es doch nicht buddeln soll, weil der Mensch das so festgelegt hat… Wie können die bloß?

Irgendwie vergessen viele gerne, dass sich die Welt nicht um den Menschen dreht, sondern das er nur ein kleiner Teil davon ist und alle Lebewesen miteinander agieren sollen und müssen.

Wenn es z.B. keine Gesetze zum Baumschutz geben würde, würde es wahrscheinlich auf Privatgrundstücken, bis auf Mini Obstbäume, gar nichts mehr an Bäumen geben. :evil:
Gruß, Claudia
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Torte75
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Re: Kolumne von Frank

Beitrag von Torte75 »

ich denke so drastisch ist es gar nicht gemeint.

Es ist oft so das man kurz denkt hmmmm warum gerade hier an meinen liebevoll gepflegten Bäumen ??? Nimm dir doch den großen da vorne vor
Denke es ist ein Auszug aus einem kurzen Gedanken der über einen kommt wenn gerade wieder was an den kleinen Schätzen ist......... aber der letzte Absatz eben überwiegt und aus den 2% die man sich Ärgert gibt es die 98% an denen man sich an der kompletten Natur erfreut

Also so empfinde ich den Text und auch die Gedanken die er mit uns teilt.

Und ich denke es Ärgert sich jeder irgendwann mal kurz und hat so ähnliche Gedanken aber keiner würde diese je in die Tat umsetzen wollen.
Grüße Torsten
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Waya
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Re: Kolumne von Frank

Beitrag von Waya »

Ja, jeder ärgert sich da natürlich über was. Aber ich nehms hin und seh ich lieber den Gesamtzusammenhang. Die Eiche macht nix falsch, wenn sie Früchte und Blätter fallen lässt, genauso wenig wie das Eichhörnchen, was, zufällig in ner Schale, sein Winterfutter eingraben will, um zu überleben. Aber der Mensch will sie entsprechend am liebsten betrafen, weil es nicht so läuft wie er sich das gedacht hat.

Wenn die Natur lieb ist und schön alles macht was der Mensch will, ist sie toll, wenn sie nicht spurt, dann wird drauf geschimpft. Das der Mensch aber das eigentliche Problem ist bzw. seine Probleme selbst schafft, interessiert nicht. Laub muss. z.B. ja gar nicht entfernt werden, das ist von der Natur gar nicht vorgesehen. Aber den Mensch will das so und weil Bäume nicht mitspielen und ihr Laub nicht selbst aus dem Garten/Fußweg in die nächste Grünanlage oder Kompost tragen, müssen die weg.
Seltsame Liebe zur Natur....
Gruß, Claudia
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Georg
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Re: Kolumne von Frank

Beitrag von Georg »

Ich denke, Frank hat hier das Stilmittel der Hyperbel genutzt und damit bewußt zugespitzt.
Das sollte man bei diesem Text nicht außer Acht lassen und nicht sich am einzelnen Wort aufhängen.
Ich mag verdammen, was Du sagst, aber ich werde mein Leben geben, daß Du es sagen darfst(Voltaire)
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camaju +
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Re: Kolumne von Frank

Beitrag von camaju + »

Das ist mit ganz spitzer Feder geschrieben und sollte evtl. mit einem zwinkernden Auge gelesen werden.
Gruß Jürgen *wink*

Wer nicht mit Pflanzen und Tieren kann, kann auch nicht mit Menschen.

Ich moderiere in blau, der Rest ist nur meine Meinung
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AlexDuerr
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Re: Kolumne von Frank

Beitrag von AlexDuerr »

Hallo Frank,
witzig geschrieben. Nach 15 Jahren Gartenbesitz kann ich deine Ironie voll und ganz nachvollziehen......ich liebe meinen Garten, mein Haus, das ganze Paket, aber manchmal , ja manchmal....... *teufel* .......meine Frau meint immer eine Ehe ist genauso.......... keine Ahnung was sie mir damit sagen will *kopfkratz*
LG Alex
Viele Grüße Alex
:-D
magenta
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Re: Kolumne von Frank

Beitrag von magenta »

Vielleicht wäre dieser Smilie *ironie* am Anfang des Beitrages nützlich gewesen.

Also ich habe den Beitrag von Frank als „Satire” empfunden und mich köstlich amüsiert *daumen_new* .
LG
Gitte
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Anja M.
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Re: Kolumne von Frank

Beitrag von Anja M. »

Nu ja, so läuft es eben, nichts ist ohne Nebenwirkung, und umsonst schon gar nicht. ;-)

Ein Mensch bemerkt mit bitterem Zorn, daß keine Rose ohne Dorn,
doch muß ihn noch viel mehr erbosen, daß sehr viel Dornen ohne Rosen.
Eugen Roth
73 Anja
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Norbert_S
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Re: Kolumne von Frank

Beitrag von Norbert_S »

Gitte,
mit deinem Schild wäre das Wesen des Beitrages ins Flache befördert.

Es ist wie eine Tokonoma, man muss verstehen können, was wie präsentiert wird um es genießen zu können.
Norbert

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Sullivan, 1924
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HerbertR
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Re: Kolumne von Frank

Beitrag von HerbertR »

In Frank´s Beitrag habe ich viele meiner Gedanken die ich manchmal habe wiedererkannt.

Aber Claudia´s sarkastische aber sehr wahre Zeilen, die mir sehr gut gefallen haben, haben noch mehr viel Wahres in sich !

Hat beides etwas für sich.
LG Herbert

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Wenn immer der Klügere nachgibt, dann geschieht nur das was die Dummen wollen !
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Frank Abbing
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Re: Kolumne von Frank

Beitrag von Frank Abbing »

Herrliche Satire, toll!
Anja M. hat geschrieben:Ein Mensch bemerkt mit bitterem Zorn, daß keine Rose ohne Dorn,
doch muß ihn noch viel mehr erbosen, daß sehr viel Dornen ohne Rosen.
Eigentlich hat keine Rose Dornen, sondern Stacheln. Das Märchen von Dornröschen müsste also eher das Märchen vom Stachelröschen sein. ;)
Liebe Grüße
Frank *up*
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Heike_vG
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Re: Kolumne von Frank

Beitrag von Heike_vG »

Irgendwie zutreffend, lustig, etwas böse, etwas überspitzt und dennoch jedem irgendwie wohlbekannt, Frank... :-D

Oft denke ich, die schönsten Seiten von Bonsai weiß man immer dann besonders zu genießen, wenn man weiß, wie nahe alle möglichen Widrigkeiten sind.
Wenn es einem dann gelingt, die Bäume zu hegen, zu pflegen und vor allem Unbill weitestgehend erfolgreich zu bewahren, darf man tiefe Zufriedenheit empfinden. 8)

Wenn man den Kampf gegen so viele Elemente der Natur zu Gunsten der Bonsai in anderen Bereichen seines Umfelds mit Naturverbundenheit kombinieren kann, wie sie Claudia einfordert, kann man scheinbare Gegensätze vielleicht doch zur Harmonie bringen.

LG, Heike
Ein halber Schritt in die richtige Richtung ist oftmals ein Reinfall...

AK Hamburg & Umland
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