Wieso redet keiner über den Preis ?

Alles andere was zu Bonsai passt.
masterdog
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Re: Wieso redet keiner über den Preis ?

Beitrag von masterdog »

Hallo,
ein guter Anhaltspunkt ist es meiner Ansicht auch , mal hier und in dem anderen Forum bei den Verkaufsanzeigen ( Biete ) nachzusehen.
Im laufe der Zeit hat man dann einen Richtrahmen mit dem sich der wert in etwa abschätzen läßt.
mfG
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Anja M.
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Re: Wieso redet keiner über den Preis ?

Beitrag von Anja M. »

Kanna hat geschrieben: Das Ausgraben ist ja meist umsonst, daher hat der Verkäufer ja erstmal nur die Unkosten von Wasser, Substrat und dem Dünger an den Käufer weiterzugeben.
Allerdings fallen hier immer Preise an, bei den sich jeder Gärtner fragen würde: Wofür?
Das trifft auf einen Privatmann sicher zu, aber wenn jemand davon leben will, zählt die Zeit von der ersten Minute an in der die Tour geplant wird.

Und ein sorsam geborgener und vorbereiteter Yamadori verschlingt sich reichlich mehr Zeit als ein aufgeschultes Bäumchen aus der Baumschule. Mag der Gärtner fragen, wofür, der Bonsaimensch sollte eigentlich wissen wofür.
73 Anja
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abardo
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Re: Wieso redet keiner über den Preis ?

Beitrag von abardo »

Hi,

ich wunder (und freue) mich oft, wie ein 15-Jahre im Feld und dann im Topf gewachsener Rohling oder ein ähnlich alter Import für unter 200 EUR zu haben ist. Heisst ja, dass diejenigen sich über die Jahre keine zehn Stunden damit beschäftigt haben. Insofern find ich die Rohling-Preise bei den hiesigen Händlern immer sehr fair.

Bei reifen Bäumen und auch Yamadoris (denkt mal dran, wie lange eine Bergung so insgesamt dauert), bezahlt man einfach die Zeit. Wenn dann ein Baum von der Noelanders für nur 10.000 EUR weggeht, ist der bestimmt schon neben der normalen Pflege auch mehrfach und tagelang von hochkarätigen Gestaltern bearbeitet worden. Da wundert mich der Preis nicht. Wenn da 500 Arbeitsstunden drin stecken, ist es sogar ein Schnäppchen.

Wenn ich einen privaten Baum, mit dem ich mich über die Jahre nur 50 Stunden beschäftigt habe, verkaufen sollte, müsste der auch 1000 EUR kosten (wenn man dann noch ans Material und Schale denkt). Nur kauft den dann keiner :-D
Privat ist somit immer günstiger, da will man ja eher den einmal gezahlten Kaufpreis plus ein bisschen Material/Schale wiederbekommen. Der Gewinn war ja die Zeit, die man sich mit dem Baum beschäftigen durfte ...
Grüße, Frank
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Lioth
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Re: Wieso redet keiner über den Preis ?

Beitrag von Lioth »

Nettes Thema, was immer mal wieder auftaucht.
Ob es denn der Rohling oder Solitär aus Japan ist, oder der Yamadori aus Austria, es gilt:"You get what you pay for"
Obwohl die Preisgestaltung, bei Yamadoris, manchmal schon abenteuerlich ist. Aber gut, diese Themen hatten wir alle schon mal.
Aus was sich der, endgültige, Preis eines Bonsai zusammensetzt, wird man wohl nicht erfahren.
Gott schuf die Zeit, von Eile hat er nichts gesagt...!

Allegra
Gerd
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camaju +
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Re: Wieso redet keiner über den Preis ?

Beitrag von camaju + »

Walter hat hier mal eine Rechnung aufgemacht, wenn ich das noch richtig im Hinterkopf habe. Ist aber schon länger her.

Wenn man alles zusammen rechnet Subtrat, Dünger, Draht, Werkeug usw., usw. Dann kommt noch die tägliche Kontrolle auf Ungeziefer usw. dazu. Kann sich jeder selbst ausrechnen, wenn er täglich 5 / 10 / 15 Cent veranschlagt. und der Baum z.B. mal 15 Jahre alt ist.

Ich glaub das war so ungefähr Walters rechnung.
Gruß Jürgen *wink*

Wer nicht mit Pflanzen und Tieren kann, kann auch nicht mit Menschen.

Ich moderiere in blau, der Rest ist nur meine Meinung
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abardo
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Re: Wieso redet keiner über den Preis ?

Beitrag von abardo »

camaju hat geschrieben:Kann sich jeder selbst ausrechnen, wenn er täglich 5 / 10 / 15 Cent veranschlagt. und der Baum z.B. mal 15 Jahre alt ist.

Ich glaub das war so ungefähr Walters rechnung.
Ein Baum, der 15 Jahre von Walter gepflegt, entwickelt und gestaltet wurde für deutlich unter 1000 EUR ? Schnäppchen.
Grüße, Frank
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Joseph Conrad
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Re: Wieso redet keiner über den Preis ?

Beitrag von Joseph Conrad »

Als großer Fan der Pinus sylvestris schaue ich oft z.B bei David Benavente Bonsaibaumschule im Internet nach. Seine unbearbeiteten Waldkiefer Yamadoris sind teilweise sagenhaft. Allerdings auch deren Preis. Wenn er sie dann im Groben gestaltet hat explodiert der Preis förmlich. Allerdings auch die Qualität der Bäume *daumen_new*
Wenn ich ein reicher Kieferorthopäde ;) wäre könnte ich da schon schwach werden. Ich stehe aber lieber auf selbst gezogene Bäume.
Das "Problem "der Preise für Bonsai ist hier der enge Markt und die geringen Mengen an guten Bäumen. In Japan kosten phantastische in Baumschulen gezogene Schwarzkiefern viel weniger als europäische Waldkiefern bester Qualität aus Spanien oder Italien. Die Bonsai Kultur ist halt in Japan viel verbreiteter und der Kunde erfahrener und preissensitiver.



Grüße

Joseph
Jeder Grashalm hat seinen Fleck Erde, aus dem er sein Leben und seine Kraft zieht; ...
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Tofufee
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Re: Wieso redet keiner über den Preis ?

Beitrag von Tofufee »

Zu Preisen allgemein:
Wir sind so sehr daran gewöhnt, einen guten (Stunden)lohn (-> gute Kaufkraft) zu erhalten und sind gleichzeitig nicht bereit Preise zu zahlen, die auch einen guten Lohn enthalten. Ein Großteil der in Deutschland angebotenen Waren sind zu sehr niedrigen Preisen zu erhalten, in denen dann auch nur sehr niedrige Löhne enthalten sind. Das Gegenteil von fairem Handel. Das trifft auf so viele Bereiche zu, z.B. Lebensmittel, Kleidung, Elektroartikel, Erdöl(produkte) um nur ein paar zu nennen, aber auch die Rohstoffe für die Produktion hierzulande usw. und eben auch auf Bonsai.

Die Beiträge hier haben ja schon gut zusammen getragen, welche Faktoren in die Preisgestaltung mit einfließen und erklären die großen Unterscheide zwischen europäischen und fernöstlichen Preisen.
Günstige Bonsai sind also noch jung (also nur kurze Zeit bearbeitet) oder schlechter Qualität (oder beides).
Wirklich gute Bonsai sind wohl immer mehr oder weniger unterbezahlt, wenn man unser Lohnniveau zu Grunde legen würde. Wieviel müsste ein guter Bonsai wie beispielsweise Heiners Besen-Zelkova oder Jürgs Hainbuchen kosten, wenn man sämtliche in über 30 Jahren investierten Arbeitsstunden in einem europäischen Lohn zu Grunde legen würde? Wer wäre bereit, den zu zahlen?

Also sehen viele den Ausweg (die preisliche Alternative) in Yamadori. Aber Yamadori ist Raubbau an der Natur, ganz einfach weil die Nachfrage größer ist, als was nachwachsen kann (das bezieht sich vor allem auf das meist sehr hohe Alter der eingesammelten Bäume, weniger auf die Anzahl). Man braucht für die Jahrzehnte und Jahrhunderte der natürlichen „Gestaltung“ nicht bezahlen, den so entstandenen ideellen Wert kann man aber dennoch in den Verkaufspreis einfließen lassen. Deshalb sind sie so beliebt und begehrt, deshalb hat Yamadori die Dimensionen von Raubbau angenommen. In Japan hat das bis zur vollständigen Ausrottung des Shimpaku-Wachholders geführt, sie wurden tatsächlich alle eingesammelt! Inzwischen ist in Japan Yamadori verboten.
Aber hier geht es vornehmlich um Preise und (für mich) um die Frage: Wer zahlt, wenn etwas "günstig" zu haben ist?

Die Yamadori-Diskussion ist schon mehrfach geführt worden, mehr dazu u.a. hier:
http://www.bonsai-fachforum.de/viewtopi ... 10&t=36884
http://www.bonsai-fachforum.de/viewtopi ... 86#p390286
Zuletzt geändert von Tofufee am 21.08.2020, 10:56, insgesamt 1-mal geändert.
Grüße
Monika
souljah
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Re: Wieso redet keiner über den Preis ?

Beitrag von souljah »

Super die vielen Antworten und danke für eure Sichtweise. Nur um es nochmal klarzustellen, ich meinte nicht, dass die Bäume ansich zu teuer sind. Den Thread mit Walters Rechnung kenne ich. Schönen Sonntag noch. Übrigens, habe ich seit gestern eine andere Wertschätzung für Leute die Yamadori bergen. Ich habe einen Ahorn aus einem Vorgarten geborgen.... Was ja nicht wirklich Yamadori ist... , doch weiss ich jetzt besser was das für eine Arbeit ist, das ganze hat 5 Stunden gedauert bis der baum im Auto war.
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bonsaiheiner
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Re: Wieso redet keiner über den Preis ?

Beitrag von bonsaiheiner »

Hallo ,
anlässlich einer Demo von Werner M. Busch (Düsseldorf) am vergangenen Samstag im BZ HD kam das Thema Preise bei Bonsai auf.
Genauer, es ging einem Zuschauer um die Frage, wie und zu welchem Preis er wo seine Bonsai anbieten könne, wenn er sie aus Altersgründen, wegen Krankheit oder Tod nicht mehr pflegen könne und in der Familie niemand sonst mit den Bäumchen umgehen könne und sich dafür interessiere.
Sehr interessantes Thema mit einer Ansicht von Werner, die mich ebenso erstaunte wie ich sie gut fand:
Sinngemäß meinte er Folgendes:
Ein(e) über Jahre gepflegte(r) Baum (Sammlung) sei eigentlich für den Besitzer gar nicht verkäuflich, weil bei einer Preisfestsetzung der Baum (die Sammlung) zu einer Ware, zu einem Handelsgegenstand, reduziert würde, ein Attribut, welches der Baum (die Sammlung) bei dem Besitzer nie hatte.
Deshalb sei es am besten, den Baum (die Sammlung) zu verschenken an einen (oder eine) Kundige(n), der (die) bewiesen habe, mit Bäumen in entsprechendem Pflegezustand umgehen und sie im Sinne seines bisherigen Gestalters weiterpflegen zu können.
Ob da Ärger mit den trauernden Angehörigen ins Haus steht?
Beste Grüsse,
Heiner
Ein Tag ohne Beschäftigung mit Bonsai ist ein verlorener Tag!
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Kinglouie
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Re: Wieso redet keiner über den Preis ?

Beitrag von Kinglouie »

Hallo Zusammen,

Hier hat sich eine interessante Diskussion entwickelt, wie ich finde.

Vor einiger Zeit habe ich mal einen Artikel von David Benavente ins deutsche übersetzt (Die Erlaubnis hat er mir erteilt).
Darin beschreibt er was beim Yamadori- und Bonsaikauf zu beachten ist und warum manche Bäume teurer sind als andere.

http://www.bonsai-fachforum.de/viewtopi ... te#p373499

Vielleicht hilft es ja etwas weiter.
Liebe Grüße,
Marius
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Re: Wieso redet keiner über den Preis ?

Beitrag von Sigrid »

Danke für den Hinweis, Marius *daumen_new*

Wie man daran wieder sieht, ist das BFF eine echte Schatzkiste, in der es sich immer wieder zu stöbern lohnt :-D
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Walter Pall
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Re: Wieso redet keiner über den Preis ?

Beitrag von Walter Pall »

Bonsaipreise - Deutsch
Diesen Artikel habe ich im Jahre 1987 geschrieben für ein Bonsaimagazin. Er wurde nie gedrucket. Entweder hat der Redakteur nicht verstanden,ws sich sagen wollte, oder er hat es mir nicht geglaubt, oder er wollte seine Leser nicht überfordern. Ich bin ja kein Profi, was Bonsai betrifft. Betriebswirtschaft jedoch habe ich studiert. Deshalb stehe ich heute noch hinter diesem Artikel, auch wenn man einfach für DM Euro einsetzen muss.



Bonsaipreise




Die Preise, die für die kleinen Bäumchen verlangt werden, sind oft schon erstaunlich. Insbesondere uralte Solitäre weisen fast astronomische Summen auf ihren verschämt angebrachten Preisschildern auf. Ein echter Kunstkenner hat dafür noch Verständnis, ein uraltes Gemälde hat ja auch seinen Preis. Wenn aber offensichtliche Massenware mit mehr oder weniger großen Fehlern bereits mehrere hundert Mark kostet, dann muss hier ja einer kräftig am Import verdienen. Da könnte man ja durch eine eigene Bonsaizucht in Europa reich werden.

Diesen Gedankengängen wollen wir anhand eines konkreten Beispiels auf den Grund gehen. Nehmen wir an, dass ein erfahrener Fachmann einen zwölfjährigen Fächerahorn als Baumschulpflanze in 5 Jahren zu einem hübschen Bonsai gestaltet. Der Baum kostet ca. DM 50.- in der Baumschule, die Schale ebensoviel. Wer jetzt meint, dass der Bonsai DM 100.- kosten soll, der sollte genauer hinsehen. Erstens kostet der Fachmann Geld, sicherlich soviel wie ein guter Facharbeiter. Setzen wir also DM 30.- pro Stunde an.

Darüber hinaus fallen noch weitere Materialkosten für Erdmischung, Draht Dünger etc. an. Das eingesetzte Kapital muss sich verzinsen. 5 % sind wohl ein bescheidener Ansatz. Immer wieder geht ein Baum ein, besonders in den ersten Jahren sind die Ausfälle groß. Die überlebenden Bäume müssen die dadurch entstandenen Ausfallkosten tragen. In der Tabelle 1 sind diese Kosten über mehrere Jahre eingetragen.



Jeder wird verstehen, warum Kosten für Lohn und Materialeinsatz anfallen. Die Zinsen sind schon weit schwieriger zu begreifen. Sie werden ja tatsächlich nicht bezahlt, sondern nur angenommen, was aber betriebswirtschaftlich seriös ist. Man kann sich das so erklären: nach 3 Jahren sind Kosten von DM 920.90 angefallen. Falls man den Baum zum Kostenpreis verkauft hätte, könnte man die DM 920.90 zu 5 % anlegen und hätte für das 4. Jahr DM 46.- an Zinsen dafür erhalten. Das Ausfallrisiko wird natürlich auch nicht bezahlt, sondern nur angenommen. Das Risiko besteht darin, dass ein gewisser Prozentsatz der Bäume während der Entwicklung eingeht. In diesem fall wird angenommen, dass im ersten Jahr 10 %, im zweiten 5 %, vom dritten bis fünften Jahr jeweils 3 % der Bäume sterben oder als Bonsai wertlos werden.

Die Tabelle ist übrigens für einen Betriebswirtschaftler noch viel zu grob und unvollständig. So fehlen z.B. die sogenannten Gemeinkosten. Das sind Kosten für Gebäudemieten, Elektrizität, Wasser, Verwaltung usw. Man kann normalerweise davon ausgehen, dass dafür noch einmal mindestens 20 % auf die bisherigen Kosten aufgeschlagen werden müssen. Das Ergebnis ist aber auch so schon erstaunlich. Der Baum kostet nach 5 Jahren DM 1.355.10. Davon entfallen auf Material 260.-, auf Lohn 720.- auf Zinsen 208.20 und auf Ausfallrisiko 166.90. Bis jetzt hat aber noch kein Händler an dem Bonsai ein Mark verdient! Kann er auch nicht, denn nicht einmal der Bonsaigärtner kommt auf seine Kosten. Ein 17-jähriger Fächerahorn ist nämlich für DM 1355.- unverkäuflich, auch wenn er noch so gut gestaltet ist. Wenn der Mann Glück hat, dann kann er für den Baum DM 300.- von einem Liebhaber bekommen, von einem Händler wesentlich weniger. Also im besten Fall weniger als 25 % der anzusetzenden Kosten.

Das heißt: Bonsaizucht kann in Europa nur als Hobby betrieben werden. Die entstehenden Kosten werden durch den Markt nicht annähernd getragen. Der Preis für selbstgezogene

Bäume muss in Europa regelmäßig weit unter den Kosten liegen. Insbesondere die Arbeitszeit müsste weit unter dem Stundensatz eines Facharbeiters liegen, damit sich die Sache betriebswirtschaftlich einigermaßen lohnt.

Das ist der Grund, warum die Miniaturbäume massenweise aus dem fernen Osten importiert werden und in Europa nur ganz wenig weitere Arbeit darauf angewendet wird. So ist es auch erklärlich, dass leider weithin Bäume mit schweren Drahtschäden und anderen, an sich leicht zu behebenden Fehlern zu erwerben sind. Die Arbeitszeit, die zum Beheben dieser Fehler aufgewendet werden müsste, wird vom Markt bei weitem nicht bezahlt. Das ist auch der Grund, warum Bonsaigärtner in Europa vielleicht glücklich sind, aber nie reich. Bei Händlern sieht das etwas anders aus, aber längst nicht so rosig, wie der Laie meint.

Übrigens ist es interessant, hochzurechnen, wie viel der Baum nach 50 Jahren kosten würde: Angenommen wird, dass ab dem 5. Jahr DM 200.- pro Jahr für Lohn und Material anfallen, sowie 5 % Zinsen für das eingesetzte Kapital plus 3 % Ausfallrisiko. Diese durchaus konservativen Annahmen ergeben nach 50 Jahren die unglaubliche Summe von DM 121.658.- als betriebswirtschaftliche Kosten, wobei die Gemeinkosten noch gar nicht berechnet sind. Spätestens jetzt wird klar, dass ein 50-jähriger Bonsai zu DM 10.000.- eine echte Okkasion darstellt. Reich ist daran, streng betriebswirtschaftlich, niemand geworden - ganz im Gegenteil. Bei diesen Berechnungen wird immer davon ausgegangen, dass der Baum auch tatsächlich die ganzen Jahre über von einem Fachmann gepflegt wird.

Wie sieht es mit den Kosten für Findlinge aus? Der Laie meint, dass ein Findling gar nichts kostet, weil er eben gefunden wurde. Tatsächlich kostet das Material insofern nichts, als normalerweise kein Geld dafür ausgegeben wird. Aber das Suchen und Ausgraben, sowie die weitere Pflege bis der Baum endlich in eine Schale gesetzt werden kann, kostet durchaus etwas. Der Autor hat bereits sehr viele Jahre an Erfahrung gesammelt und kann als Beispiel die Findlingsausbeute eines Jahres hernehmen. Dies könnten, bei sehr intensiver Sammeltätigkeit 50 Stück sein. Dafür wurden tatsächlich mehr als 30.000 km gefahren um die Bäume zu suchen und dann auszugraben. Es wurden 60 Tage zu 12 Stunden dafür gebraucht, wobei sehr viel Fahrzeit enthalten ist. Das Ausfallrisiko ist natürlich weit höher, als bei Baumschulpflanzen. Damit man die Bäume endlich als Rohmaterial zum Gestalten betrachten kann, müssen mindestens 5 Jahre an Vorbereitungszeit vergehen. Erst nach dieser Zeit kann man die Bäume verkaufen, wenn man seriös arbeitet. In der Tabbelle 2 sind diese Kosten aufgeführt.

Tabelle 2: Die Kosten für 50 Findlinge, die in einem Jahr gesammelt werden


Die Kosten für alle Findlinge nach 5 Jahren sind also zusammen DM 63.719.-. Allerdings sind es leider nicht mehr 50 Stück, sondern im besten Fall nur mehr 30. Das bedeutet, dass ein Findling letztlich DM 2.124.- kostet. Diese Kosten sind nur in ganz wenigen Einzelfällen tatsächlich als Preis zu erzielen. Für 30 Stück, wie in unserem Beispiel geschildert, ist das unmöglich.

Auch hier sieht man, dass der Versuch, vom seriösen Verkauf von Findlingen reich zu werden, scheitern muss. Es ist in der Regel unmöglich, die tatsächlich entstandenen Kosten beim Verkauf zu erzielen. Von einem Gewinn, also einem Preis über den Kosten kann gar keine Rede sein.

Die weitere Gestaltung der Findlinge kann man analog zur Tabelle 1 kalkulieren, nur muss man in diesem Beispiel als Materialkosten im 1. Jahr dann DM 2.124.- einsetzen. Dass nach 5 bis 10 Jahren Gestaltung eine astronomische Summe als kalkulierte Kosten herauskommen muss, ist klar. Auch hier wird wieder deutlich, dass ein guter gestalteter Findling bedeutend mehr wert ist als er kostet. So kann man auch verstehen, dass in Japan tatsächlich astronomische Preise für Spitzenstücke erzielt werden.

Allerdings sind die Kosten nur ein Teil der Preisgestaltung. Egal wie hoch die Kosten sind, der für den Baum zu erzielende Preis kann darunter oder darüber liegen. Das hängt davon ab, in welcher Verfassung der Markt ist und wie der Markt den konkreten Baum bewertet. Die Qualität macht letztlich den Preis. Der kann in Einzelfällen natürlich auch weit über den Kosten sein. Nach den bisherigen Beispielen kann man es dem Bonsaikünstler wohl nur wünschen, dass er auch hin und wieder einen echten Gewinn macht. Meist ist es aber so, dass genau diese Bäume, bei denen das möglich wäre, gar nicht abgegeben werden, weil es sich um äußerst seltene Prachtstücke handelt.
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Meine Beiträge und Bäume dürfen gerne kritsch beurteilt und diskutiert werden.
Aber bitte nicht unbedingt mit mir.

mit freundlichen Grüßen
Walter Pall
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