Perückenstrauch - Thorsten

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zopf
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Perückenstrauch - Thorsten

Beitrag von zopf »

Hallo
Umso länger Ihr dem Bonsai-Hobby verfallen seid,
umso grösser ist die Wahrscheinlichkeit,
das unbekannte Bäumchen in Euren Garten/Balkon einziehen.
Wenn das Bäumchen identifiziert worden ist,
ist es hilfreich Informationen über das Bäumchen zu sammeln.
Also fangen wir mal an...

Perückenstrauch - Cotinus coggygria
(die genaue Bezeichnung hilft Verwechslungen vorzubeugen
und hilft bei der Recherche im WWW)
mediterran-vorderasiatisches Verbreitungsgebiet,
Strauch, 3-5m Höhe, sympodiale Verzweigung ( wichtig, also recherchieren)
hoher Gerbstoffgehalt, gelbes Kernholz,
Blütenstände oft an den Enden einjähriger Triebe
junge Triebe mit Lenticellen (es beruhigt zu wissen wie Lenticellen aussehen)
Ringporer (sagt was über die Art des Saftflusses aus)
Blütenbildung im Mai/Juni, Ausbildung von Steinfrüchetn bis August/September (hellrot)
Stockausschläge, sonniger trockene Standorte in der Natur
Pflanzenteile schwach giftig (allergische Reaktion möglich)
Anfällig für Verticillium-Welke

Lit. Enzyklopädie der Sträucher

Warum so viel theoretischer Ballast ?
Braucht man nicht, kann aber sehr hilfreich sein.
z.B. gibt ein hoher Gerbstoffgehalt Anhaltspunkte über
die Fähigkeit sich abmoosen zu lassen
z.B. hilft die Beschreibung des Ortes der Blütenbildung beim Schnitt,
wenn man auf die Blüten wert legt
z.B hilft der Hinweis auf die Anfälligkeit für Verticillium-Welke
bei der Substratwahl, der Art der Bewässerung, der Sauberkeit bei Wurzelarbeiten

Das ist nur eine knappe Zusammenfassung aus dem Buch.
Da ist aber noch die grosse Wissensbasis alleine hier im Forum.
Merlin hat schon gute Tips gegeben,
Karl Thier kultiviert diese Pflanze schon seit Jahren.
Wenn die Suche hier nichts ergibt, vielleicht mal die Bitte
an Karl per PN ob er Dir Tips geben kann.

Und dann so ein böses Wort wie sympodial.
Thorsten überlegt den Baum in trauernder Form zu gestalten,
das Wissen um die Art der Knospenstellung und der Zweigentwicklung
kann schon im Vorfeld klären ob es überhaupt möglich ist.

Gestern hat mich einer meiner Lehrer (Martin Sturm) gequält,
warum sollte es Euch besser gehen.

Also Thorsten, der Thread gehört Dir.

Einen schönen Sonntag Abend
Dieter
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Thorschti
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Beitrag von Thorschti »

Erklärung der Fachwörter:

Sympodial:
Die Seitenachse löst die Hauptachse ab. Dies bedeutet, dass das Wachstum nicht an der Spitze des Triebes sondern an den entstehenden Seitenknospen am stärksten ausgeprägt ist. Der Perückenstrauch zeigt ebenso eine sympodiale Verzweigung wie die Weide also 1:0 für die Trauerform.

Lenticellen:
Die Lenticellen erlauben den Gasaustausch der Pflanze. Sie sehen am Perückenstrauch wie kleine Narben von abgebrochenen Zweigen aus. Man könnte sie aber auch mit schlafenden Knospen verwechseln.

Gehen wir den Gedanken von Dieter nach:

Der Perückenstrauch wird im englischen Sprachgebrauch auch Smoketree genannt. Seinen Namen erhält der Feuerbaum, da die hellen Blüten (Perücken) am Ende der Triebe stehen und daher dem Anblick eines rauchenden Gewehrlaufes ähnelt. Auch sehen bei dicht belaubten Pflanzen die Blüten aus als ob der Baum Brennen (Blätter) und Rauchen (Blüten) würde.
Wenn man nun einen blühenden Baum möchte, so müsste man also darauf achten beim Rückschnitt einige Triebspitzen stehen zu lassen.
Merlin hat beim Thema Rückschnitt darauf hingewiesen, dass der Baum zum Rücktrocknen neigt. Auch soll die Blütenbildung durch starken Rückschnitt teilweise verhindert werden. Mein Baum zeigt noch keine Anzeichen von Blüten.

Ich hab im Moment wenig Zeit, ich bin aber dran und werde die weiteren Punkte nachreichen.
To be continued…
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Thorschti
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Beitrag von Thorschti »

Zum Thema Verticillium Welke wurde im Forum einiges Diskutiert.
Generell wird die Krankheit als allgegenwärtig bezeichnet, d.h. die Sporen sind überall und befinden sich an jedem Baum.
Erst wenn jedoch die Gesundheit bzw. das Immunsystem der Pflanze geschwächt ist kommt es zur Ausbreitung dieser nach einhelliger Meinung unheilbaren Krankheit.
Als einzige wirkungsvolle Methode gegen die weitere Ausbreitung wird das Entfernen aller betroffenen Bereiche bis in das gesunde Holz diskutiert. Der Baum kann aber durch gute Pflege und ein gut drainiertes Substrat vor dem Ausbreiten der Krankheit geschützt werden.
Walter Pall hat einen möglichen Zusammenhang mit dem ständigen überbrausen bzw. belassen im starken Regen von Ahörnern und dem Befall durch diesen Pilz diskutiert. Dieter empfiehlt das vollständige Ausspülen der Wurzel beim Umtopfen.
Der Perückenstrauch ist nach Merlins Meinung empfindlich gegen Staunässe, auch ist eine gute Trocken- und Hitzeresistenz beschrieben. Dies lässt die Verwendung eines Substrates mit hohem bis sehr hohem mineralischem Anteil sinnvoll erscheinen.
Da Schnittwunden im Wurzelbereich eine Eingangspforte für Pilze darstellt, ist auf einen schnellen Wundverschluss beim Wurzelschnitt zu achten. Dies soll durch die Durchführung von sauberen Schnitten mit scharfem Werkzeug und nach unten zeigenden Schnittflächen begünstigt werden. Die Verwendung von Wundverschlusspaste im oberen Bereich ist ein eigenes Thema, es geht von absolutem Humbug bis absoluter Notwendigkeit. Meiner persönlichen Erfahrung nach geht der Wundverschluss mit Paste besser von statten.
Da die Blätter des Perückenstrauches Wasser wie an einer Lotusblüte abperlen lassen, erscheint ein überbrausen und Blattdüngung als unnötig.

To be continued…
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Beitrag von zopf »

Mein lieber Scholli !!!
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Thorschti
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Beitrag von Thorschti »

Danke Meister! :lol:

Zum Thema Gerbstoffe und Abmoosen muss ich mich auf den Bereich „könnte so stimmen“ verlegen; wenn es jemand genauer weiß bitte unbedingt korrigieren.
Wenn man sich die Hemmstoffe anschaut, die die vorzeitige Keimung von Samen verhindert, stellt man fest, das hierbei ebenso Gerbstoffe oder andere pflanzliche Säuren beteiligt sind (z.B Tannin in Wein und Abscisinsäure in anderen Pflanzen).
Vielleicht wirken diese Gerbstoffe auch hier negativ auf die Wurzelbildung und es lässt sich so erklären warum z.B. Eichen schlecht abgemoost werden können (Meinung von hfbonsai)
Da der Perückenstrauch ebenso reich an Gerb- und Farbstoffen ist, welche früher zum z.B. Färben eingesetzt wurden und obendrein noch den Saft dicht unter der Borke laufen lässt (Ringporer?) scheint das Abmoosen dieses Baumes schwierig.
Hier wird aber ein Versuch kluch machen. *konfus*

To be continued...
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Beitrag von Thorschti »

Moin, moin Thorsten

ich wollte eigentlich auf Deine Baumbeschreibung im Klassenzimmer Outdoorkurs antworten aber direkt habe ich keine Berechtigung.

Es funktioniert mit dem Abmoosen. Ich habe 2005 einen Ast unseres Perückenstrauches begonnen abzumoosen, so wie es auch für andere Bäume angewendet wird. Die Abmoosstelle habe ich mit Spaghnummoos, Wurzelhormon und einer schwarzen Folie umwickelt. Diese blieb dann für 1 Jahr an dem Ast und wurde nur im Winter mit einem Sack umwickelt.

Im Frühjahr 2006 habe ich dann mal nachgeschaut und es waren reichlich Wurzeln vorhanden, so dass ich den Ast abgenommen und für 2 Jahre in einen Teichpflanzkorb gesetzt habe. Dieses Frühjahr habe ich den Baum dann in die erste Schale gesetzt, die zum derzeitigen Zeitpunkt, d.h. ohne Blätter passend erschien.

Der Baum hat in jedem Jahr Blüten gehabt, so auch dieses Jahr.

Hilft vieleicht ein wenig weiter.

LG Peter
Vielen Dank Peter!

Dies hört sich vielversprechend an und ich werde schauen ob sich das Abmoosen bei meinem Baum "lohnt".
Könntest Du mir noch schreiben welches Hormon du verwendest hast und wie stark der Stamm war?

Ich hoffe es ist dir recht wenn ich deine Antwort hier einstelle?

beste Grüße

Thorsten :)
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Thorschti
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Beitrag von Thorschti »

Moin, moin Thorsten

Der Ast war ca. 3,5cm im Durchmesser. Das Wurzelhormon heißt Wurzelfix, glaube ich. Ich habe dieses vor etlichen Jahren von einem Arbeitskollegen bekommen, der sich auch mit Stecklingsvermehrung beschäftigt hatte. Ich kann ihn leider nicht mehr fragen, weil er nicht mehr bei uns beschäftigt ist und ich hatte es damals versäumt die Dose zu beschriften.

LG Peter
Hallo Peter!

Vielen Dank für Deine Hilfe.
3,5cm sind schon recht kräftig, das bedeutet dass alle Probleme bezüglich Gerbstoffgehalt und Ringporung sollten vorhanden sein. Dein Ergebnis zeigt dass das Abmoosen möglich ist.

beste Grüße

Thorsten
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