Sechseckige Schale mit japanischer Handschrift

.... und Peter Krebs antwortet.
Benutzeravatar
Heike_vG
Beiträge: 24312
Registriert: 04.09.2005, 20:30
Wohnort: Norddeutschland
Kontaktdaten:

Re: Sechseckige Schale mit japanischer Handschrift

Beitrag von Heike_vG »

Hallo, Ihr Lieben,

zu dieser Schale habe ich noch etwas Neues herausgefunden! Im englischsprachigen IBC-Forum gibt es ja ein sehr aktives Pots-Subforum, in das ich in letzter Zeit mal wieder öfter reingeschaut habe. Da ist mir aufgefallen, dass es dort einen Ryan B. gibt, der sich offensichtlich enorm gut mit japanischen Schalen und Töpfern auskennt.
So habe ich die Fotos dieser Schale auch einmal dort eingestellt: http://ibonsaiclub.forumotion.com/t8783 ... -signature
und zu meiner Freude hat Ryan mir tatsächlich geantwortet und interessante Informationen liefern können.
Hier einmal ins Deutsche übersetzt, was er geschrieben hat:

Die Schale ist von Atsuko Bisho, einer Tokoname Töpferin.
Sie ist eine Vollzeit-Töpferin seit 1975, zusammen mit ihrem Ehemann, Dr Atsuko. Nagel-Arbeit wie diese eingeritzte Linie, kommt häufig vor bei ihren Arbeiten und wird normalerweise angewendet, um Spannung herauszunehmen oder um eine maskuline Schale etwas femininer zu machen (ein bisschen weicher zu machen).
Ryan glaubt, dass Atsuko in irgendeiner Weise mit Siebun verbunden ist, vielleicht denselben Brennofen benutzt.

Jemand hat gefragt, ob die Töpferin im Tokoname-Katalog wäre, im 80er Jahre Katalog hätte er nichts gefunden. Daraufhin hat Ryan noch eine sehr interessante Information geliefert, die vielleicht hier auch noch nicht jedem geläufig ist:

Die Tokoname Yuyaku ist eine Gesellschaft. Sie gibt Kataloge heraus, in denen Töpfer aus der Region Tokoname die Hauptrolle spielen und andere Töpfer aus anderen Regionen, die Verträge mit der Gesellschaft haben (Kosen, Shoseki). Die Region ist nicht die Gesellschaft. Viele kleinere, nicht in großem Stil produzierende Töpfer werden niemals aufgenommen oder produzieren nicht genug, um Katalog-Töpfer zu werden. Viele wollen gar nicht in der Yuyaku mitmachen, oder nur in sehr begrenztem Umfang. Ikkou ist ein gutes Beispiel. Obwohl Herr Kazuhiro massenhaft großartige einmalige Schalen herstellt und dabei ist, zu einem der respektiertesten Töpfer aufzusteigen, wird man nur drei seiner Schalen im aktuellen Katalog finden... und der Präsident der Yuyaku ist sein bester Freund seit der Kindheit!

Liebe Grüße,

Heike
Ein halber Schritt in die richtige Richtung ist oftmals ein Reinfall...

AK Hamburg & Umland
Benutzeravatar
manuu29
Beiträge: 3999
Registriert: 01.03.2009, 21:20
Wohnort: berlin

Re: Sechseckige Schale mit japanischer Handschrift

Beitrag von manuu29 »

Danke für die Info ist schon ein Schmuckstück (bei mir würde da kein Baum drinstehen ((den man man ja e nicht immer passend hat )))


Gefaellt mir manuu
wenn die die reinwollen die die rauswollen nicht rauslassen,können die die rauswollen die die reinwollen nicht reinlassen (ganz logisch oder)
Benutzeravatar
peter krebs
Beiträge: 2982
Registriert: 09.09.2008, 18:18
Wohnort: 35745 Herborn
Kontaktdaten:

Re: Sechseckige Schale mit japanischer Handschrift

Beitrag von peter krebs »

Hallo liebe Heike,

ich freue mich mit Dir, dass Du jetzt das Geheimnis über die Herkunft Deiner Schale gelüftet hast. :-D

Ryan hat sich auf Töpfer- und Schalenstempel in Japan spezialisiert,
und er verfügt über ein großes Wissen hierrüber.

Es gibt immer wieder Personen auf der Welt die sich auf irgendetwas,
in unserem Falle wäre das die Bonsaischale, spezialisiert haben.

Wenn man solch eine Spezialisierung über Jahre hinweg vertieft, wird man zum Spezialist.

Es gibt auch heute noch sehr viele Bonsaianer die der Meinung sind,
es gäbe nicht viel über eine Schale zu sagen.
Dabei könnte man über fast jedes Detail ein kleines Buch schreiben.

Herzliche Grüße
Peter
Benutzeravatar
Peter L
Beiträge: 1120
Registriert: 27.09.2006, 14:06
Wohnort: Norddeutschland

Re: Sechseckige Schale mit japanischer Handschrift

Beitrag von Peter L »

Moin moin,

Es ist immer wieder sehr interessant was wir hier so über Schalen und deren Töpfer erfahren.

Was mir noch bei dieser Schale aufgefallen ist, sind die Anzahl der "Nägel", die mit 9 eine ungerade Zahl ergibt. Da nun in zweiter Reihe nur ein Nagel sitzt ergibt sich ein unsymetrisches Bild, was sicherlich gewollt war.

Da meistens bei runden Schalen diese Nägel verwendet werden kann eine unsysmetrie dort nicht so schnell auffallen. Was ist hier der Grund oder könnte der Grund sein eine gewollte unsymetrie zu schaffen?

LG Peter
Benutzeravatar
peter krebs
Beiträge: 2982
Registriert: 09.09.2008, 18:18
Wohnort: 35745 Herborn
Kontaktdaten:

Re: Sechseckige Schale mit japanischer Handschrift

Beitrag von peter krebs »

Hallo ihr Lieben,
nochmals zu den Techniken auf dieser Schale.

Die eingeritzte Linie ist meinem Erachten nach eingezogen worden, um die Noppen gerade anzubringen.
Auch ich arbeite mit dieser Technik, entferne aber nach dem Anbringen der Noppen wieder die Linie.

Aus ästhetischem Gesichtspunk sieht solch eine Linie, und dann noch so nahe an den Noppen, nicht sehr professionell aus.
Auch nimmt sie keinerlei Spannung aus der Schale heraus.

Die unsymmetrische einzelne Noppe in der oberen Reihe ist auch sehr gewöhnungsbedürftig,
und passt überhaupt nicht zu der eher strengen Schale.

Ich denke, die Töpferin hat vorher nicht genau den Abstand ausgemessen.
Es hätten noch zwei Noppen dazu gemusst, damit dann die oberste Noppe wieder in der Mitte gewesen wäre.

Fazit, entweder hatte die Töpferin nicht genügend Zeit um die Schale sauber fertig zu arbeiten,
oder sie wollte, das glaube ich aber eher nicht für Japan, provozieren.

Zum anderen, nicht alle japanischen Töpfer sind, nur weil sie Japaner sind,
auch gleichzeitig begabte Handwerker.

Trotz allem liebe Heike, gefällt mir Deine Schale, allein schon aus dem Grund,
dass sie immer mehr Geschichte bekommt. :-D :-D :-D

Ganz herzlich
Peter
Benutzeravatar
Norbert_S
BFF-Autor
Beiträge: 7562
Registriert: 09.08.2006, 08:30

Re: Sechseckige Schale mit japanischer Handschrift

Beitrag von Norbert_S »

Hallo

Wenn dieses Asymetrie nun schon einmal vorhanden ist, sollte sie auch genutzt werden, indem man dem zugehörigen Baum ein optisches Übergewicht in den größen Raum gibt. Ähnlich wie ein Berghang an einer Seite einer Motivschale die Pflanzrichtung vorgibt.
Norbert

So wie du bist, so sind auch deine Gebäude
Sullivan, 1924
Benutzeravatar
Heike_vG
Beiträge: 24312
Registriert: 04.09.2005, 20:30
Wohnort: Norddeutschland
Kontaktdaten:

Re: Sechseckige Schale mit japanischer Handschrift

Beitrag von Heike_vG »

Hallo, Ihr Lieben,

witziger Weise ist mir selbst die Asymmetrie gar nicht aufgefallen, bis jemand im IBC darauf hingewiesen hat. :oops: Da hatte ich diese Schale schon 20 Jahre und habe sie wohl nie richtig genau angeschaut. *confused*
Ich habe auch erst vermutet, dass die asymmetrische Anordnung gewollt war, weil auch sonst Symmetrie bei Bonsai gerne vermieden wird. Ryan hat dann jedoch darauf hingewiesen, dass auf sehr vielen Schalen die Noppen symmetrisch angeordnet sind und es offenbar nicht wirklich üblich ist, sie asymmetrisch anzuordnen.

Ich finde Peters Worte hierzu sehr einleuchtend, auch zu der merkwürdigen Linie. Die Intention der Töpferin von ihr direkt herauszubekommen wird wohl nicht gelingen. Aber mir macht es auch viel Spaß, mich mit solchen kleinen Rätseln zu befassen und die Schale werde ich auf jeden Fall behalten, hoffentlich bald auch wieder einmal bepflanzen.

Es freut mich, wenn solche Schalengeschichten auch für einige andere Bonsaifreunde interessant sind! :-D

Liebe Grüße,

Heike
Ein halber Schritt in die richtige Richtung ist oftmals ein Reinfall...

AK Hamburg & Umland
Antworten