Mykorrhiza - Lebenswichtig für viele Bäume

Gießen, Düngen, Umtopfen, Pflanzenschutz etc.
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Reiner
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Mykorrhiza - Lebenswichtig für viele Bäume

Beitrag von Reiner »

Zusammenstellung von Reiner

Viele Anfänger erschrecken gewaltig, wenn sie beim Umtopfen ihres Bonsai zum ersten mal eine weiße Schicht im Wurzelballen entdecken. Hierbei handelt es sich aber nicht um Schimmel, sondern um einen lebensnotwenigen Symbiosepilz.
Da es sich hierbei um ein sehr komplexes Thema handelt, stelle ich dazu nur Zitate aus unserem Forum und aus Internetfunden zusammen.

Wikipedia schreibt zum Thema Mykorrhiza:

Als Mykorrhiza (vom Altgriechischen μυκησ (mykos) = Pilz und ριζα (rhiza) = Wurzel) bezeichnet man eine Form der Symbiose von Pilzen und Pflanzen, in der ein Pilz mit dem Feinwurzelsystem einer Pflanze in Kontakt ist.
Die Mykorrhizapilze liefern der Pflanze Nährsalze und Wasser und erhalten ihrerseits einen Teil der durch die Fotosynthese der (grünen) Pflanzen erzeugten Assimilate. Die Mykorrhizapilze verfügen über ein im Vergleich zur Pflanze erheblich größeres Vermögen, Nährstoffe und Wasser aus dem Boden zu lösen. Vor allem die Wasser-, Stickstoff- und Phosphat-Versorgung der Pflanze kann dadurch enorm verbessert werden, was sich vor allem an extremen Standorten sichtlich bemerkbar machen kann.
Zum optimalen Wachstum sind viele Pflanzenarten auf spezifische Mykorrhizapilze angewiesen. Weiterhin gehören Mykorrhizapilze zu einem wesentlichen Bestandteil des Ökosystems des tropischen Regenwaldes.
Es wird vermutet, dass die Mykorrhiza überhaupt erst die Landbesiedelung der ersten terrestrischen Pflanzen ermöglichte. Weltweit gibt es ca. 200 Arten von VA-Mykorrhizapilzen (siehe unten), die mit ca. 90% aller Landpflanzenarten in Symbiose stehen. Eine solche unspezifische Symbiose kann sich wohl nur schwer nachträglich entwickelt haben.
Begon, Harper und Townsend schreiben in ihrem "Lehrbuch der Ökologie" (1986) sogar: "Die meisten höheren Pflanzen haben keine Wurzeln, sie haben Mykorrhizen." (im engl. Original: "Most higher plants do not have roots, they have mycorrhizae.")

Systematik

Aufgrund spezifischer Eigenschaften werden die Mykorrhizen traditionell in drei verschiedene Klassen eingeteilt:

Ektomykorrhiza:
Der Mykorrhizapilz umhüllt die Saugwurzeln der Pflanzen und dringt in interzelluläre Bereiche der Wurzelrinde ein. Diese Form der Mykorrhiza ist typisch für Bäume aus den Familien der Birken-, Buchen-, Kiefern-, Weiden- und Rosengewächse. Pilzpartner sind meist Ständerpilze aus den Ordnungen Boletales und Agaricales, in seltenen Fällen Schlauchpilze wie die Trüffel und spezielle Becherlinge wie der Zedern-Sandborstling. Während die meisten Pflanzenpartner an geeigneten Standorten auch ohne Pilz gedeihen können, gibt es unter letzteren einige, die obligat auf Pflanzen als Partner angewiesen sind. Es wird angenommen, dass sehr viele Großpilze zur Ektomykorrhiza fähig sind - bei uns in Mitteleuropa über 1.000 Arten aus den Gattungen Schleierlinge, Täublinge & Milchlinge, Ritterlinge, Schnecklinge, Wulstlinge & Knollenblätterpilze, Pfifferlinge.

Endomykorrhiza:
Ein Teil der Hyphen des Pilzes dringt in die Zellen der Wurzelrinde des Pflanzenpartners ein. Letztere sind überwiegend Kräuter, Stauden und Gräser, nur in seltenen Fällen Bäume. Gewächse folgender Familien stehen fast immer mit einem Pilzpartner in Symbiose: Heidekraut-, Wintergrüngewächse und Orchideen. Die symbiotischen Pilze sind zumeist Ständerpilze aus der Ordnung Tulasnellales, sowie deren anamorphe Formen Rhizoctonia und Orcheomyces. Zumindest bei Orchideen ist diese Form der Endomykorrhiza obligatorisch für ihre Entwicklung.

VA-Mykorrhiza (vesikulär-arbusculäre M.):
Eine besondere Form der Endomykorrhiza: typisch für die häufigste Art von Mykorrhiza sind die Bildung von Vesikeln - d. h., im Wurzelgewebe der Partnerpflanze bilden sich dickwandige Pilzzellen - und Arbuskeln - das sind verzweigte, zarte Hyphen in Bäumchenform innerhalb der Wurzelzellen. Diese Art der Mykorrhiza wird nur von wenigen Arten der Familie Endogonaceae aus der Klasse der Zygomycetes gebildet. Die Zahl der Pflanzen, die von der VA-M. profitieren können, ist jedoch sehr groß. Darunter sind viele Nutzpflanzen, deren durch VA-M. gesteigerte Phosphat-Versorgung sich steigernd auf ihren Ertrag auswirken kann. In jüngster Zeit spricht man eher von Arbuskulärer Mykorrhiza und ordnet die beteiligten Pilze den Arbuskulären Mykorrhizapilzen und der neu geschaffenen Abteilung der Glomeromycota zu.
Eine andere Einteilung unterscheidet zwischen fünf mutualistischen (Ekto-, Ekt-Endo-, arbutoider, ericoider und V/A-) und zwei antagonistischen (Orchideen- und monotropoider) Mykorrhizen (nach Smith & Read 1997, verändert).

Gemeinsam ist allen drei Formen, dass pilzliche Hyphen den Boden durchziehen und Nährstoffe zu den Pflanzen transportieren.

Ende Zitat Wikipedia.
Heike_R hat geschrieben:Im letzten Bonsai Europe war ein Artikel über "Superdünger", wo jemand seinen eigenen Dünger hergestellt hat. Ich muss gestehen, das wäre mir ein bischen viel Aufwand bei meinen paar Bäumchen und ich nehme da lieber Fertigprodukte (Biogold). Ich habe mich aber gefragt, ob jemand mal Mycorrhiza benutzt hat. In dem Artikel sagte man, daß alle Bonsaiarten davon profitieren würden. Es war als eines der Ingredienzien in dem Superdüngerregime angegeben. Jetzt habe ich mich gefragt, ob jemand das mal in Kombination mit Biogold benutzt hat und ob das in dieser Kombination auch schon einen deutlichen Unterschied macht.
Wolfgang hat geschrieben:Mykorrhiza-Pilze befinden sich in beinahe allen Wurzelräumen unserer Bäume.
Weitere (künstliche) *Beimpfungen*, die zumeist sauteuer sind, laufen für mich unter dem Motto:
"Hilft´s nichts, schadet´s wenigstens nicht!"
Biogold oder auch andere organische Dünger fördern die gute Entwicklung des Symbiosepilzes und somit des Baumes.
Heike_R hat geschrieben:In Bonsai Europe hieß es ausdrücklich alle Bonsaiarten und in meinem Buch von B. Grandjean "La connaissance du bonsai" unterteilt er die Bäume danach, ob sie Ectomycorhizes oder Endomycorhizes haben.

Ectomycorhizes:
Bei den Nadelbäumen: Pinus, Abies, Picea, Cedrus, Juniperus, Cupressus (nicht konstant)
Laubbäume: Fagus, Quercus,Castanea, Betula, Curylus, Carpinus, Alnus, Malus, Prunus (nicht konstant), Eucalyptus.

Endomycorhizes:
Alle Koniferen außer Pinaceae (d.h. außer Pinus, Abies, Picea, Cedrus)
Taxaceae (z.B. Séquoia), Araucaria, Podocarpaceae, Cupressaceae und Koniferen der Südhalbkugel.

Bei den "Angiospermes": Prunus, Akazia (Konkurrenz zwischen End-/Ektomycorrhizeen), Acer und alle tropischen Sorten z.B. Magnolia, Ficus, Serissa...

Die Mycorrhizen erklären, warum es Pilze am Fuss von manchen Bäumen gibt und nicht von anderen. Es gibt eine Spezifität, aber die ist sehr breit. Für Pinus sylvestris gibt es z.b. 50 verschiedene Sorten, die sich mit den Wurzeln assoziieren könnten.
Karl T. hat geschrieben:Kurzbeschreibung des Mykorrhiza, ein Ausschnitt von einem meiner Kurse:
Unter dem Begriff Mykorrhiza versteht man das unmittelbare Zusammenleben von Pilzen mit Wurzeln höherer Pflanzen.
Wesentlich ist hierbei der gegenseitige Stoffaustausch, der zum gegenseitigen Nutzen erfolgt (Symbiose).
Aufgrund anatomischer Merkmale unterscheidet man unter, Endo- und Ektomykorrhizapilzen.
Beim Endomykorrhizapilz dringen die Pilzsporen unmittelbar in die Zellen der Wurzeln ein, um dort Ernährungsorgane auszubilden.
Endomykorrhiza kommt hauptsächlich bei krautigen, aber auch bei tropischen Bäumen vor.
Dem gegenüber sind unsere heimischen Wald und Parkbäume fast alle mit Ektomykorrhizapilzen in Gesellschaft.
Die Ektomykorrhiza- Pilzsporen dringen nicht in die Wurzeln ein, sondern umspinnen diese netzartig.
Die Auswirkungen einer Mykorrhizasymbiose auf die Pflanze sind folgende:
Durch die Mykorrhizierung der Wurzeln wird die Wurzeloberfläche um bis zu hundertmal größer. Dadurch ergibt sich eine verstärkte Wasser- und Nährstoffaufnahme in der Pflanze, insbesondere von Phosphor, Stickstoff und Mikroelementen, weiteres reguliert es den Proteinstoffwechsel.
Daraus resultiert ein viel besseres Wachstum als bei einer nicht Mykorrhizierten Pflanze.
Auch die Toleranz gegenüber verschiedenster Stresssituationen wie Trockenstress und Staunesse steigt.
Die Pflanze wird auch toleranter gegen Übersalzung und Krankheiten, sowie erhöhter Photosyntheseleistung.
Wolfgang hat geschrieben:Komme gerade vom Einwintern meiner Bäume rein und hab einige Bilder von Symbiosepilzen in Bonsaiwurzelgeflechten mitgebracht ......
Für diejenigen, die den Mykorrhiza-Pilz in der Bonsaischale noch nicht entdeckt haben.
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Wolfgang hat geschrieben:So sieht bei richtiger Pflege das Wurzelwerk samt Mykorrhiza-Pilz einer kerngesunden Österreichischen Schwarzkiefer aus.

Bei undurchlässigem, verschlämmten Substrat oder bei permanenter Staunässe kann dieser lebensnotwendige Pilz absterben, die Kiefer beginnt zu kränkeln und kann sogar absterben.

Also, gut dränagierte, grobkörnige mineralische Substrate verwenden und vorm durchdringenden Gießen die Erde immer antrocknen lassen.
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Rotbuche
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Rotbuche - ein Fruchtkörper versuchte sogar, durch ein Abzugsloch durchzuwachsen ......
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Rotbuche
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Winterlinde mit Schwammerl (oberirdischer Fruchtkörper)
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Koreanische Hainbuche
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Koreanische Hainbuche
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Lärche (oberirdische Fruchtkörper)
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Österreichische Schwarzkiefer - MEHR geht nicht mehr.
Stefan K. hat geschrieben:Es wäre ja sehr zielführend diesen Pilz zu erhalten.
Was machst du beim Umtopfen?
Du kämmst doch bestimmt die Wurzeln aus, dann schneidest du die Wurzeln zurück.
Gibst du dann von dem, was du auskämmst, etwas in das neue Substrat (zwecks Pilz), oder bleibt da genug an den verbleibenden Wurzeln hängen?
Andere Annahme:
z.B. zwei Rotbuchen, eine hat tollen Pilz, die andere nix. Wenn ich beide umtopfe und von der mit dem Pilz streue ich etwas von dem "Abfall“, sprich altes Substrat mit Pilz in das neue Substrat für die Buche ohne Pilz, bringt das was, wächst der Pilz dann weiter?
Karl T. hat geschrieben:Eigentlich reicht der Pilz aus der an den Wurzeln bleibt, außer man wäscht alles aus, dann wäre es gut die Erde mit dem Pilz zu impfen. Wenn man bei ein und der gleichen Spezies mal eine Mykorrhiza hat und beim anderen nicht, so hat das meist mit zu großer Feuchtigkeit im Substrat zu tun. Die Mykorrhiza möchte kein zu nasses Substrat. Auch wenn man überall die gleiche Substratmischung verwendet, so kann es aufgrund eines schattigeren Standortes vorkommen, dass das eine Substrat im Schatten feuchter ist, als das Substrat des Baumes der mehr in der Sonne steht.
Quellennachweis:

Wikipedia:
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Alle Bilder stammen von Wolfgang Putz aus den Beiträgen:
Gesundheit von Kiefern vom 11. 9. 2004
Mycorrhiza vom 30. 10. 2005
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