Larix - Die Lärche - Baumportrait

Beschreibung der Arten
Antworten
gunter

Larix - Die Lärche - Baumportrait

Beitrag von gunter »

Pflegekalender (Excel-Datei) zum Download

Bilder in der Galerie gibt es hier

Grundlagen von Dieter (Zopf)

Entwicklungsgeschichte von Karl Thier

Beitrag geändert 29.12.2013 - camaju

von Gunter Lind

Wer je im Frühling oder Herbst in den Alpen gewandert ist, der wird die Lärche lieben gelernt haben. Das helle Grün des Austriebs, das sich so kräftig von der ernsten Dunkelheit der Zirben abhebt und die leuchtende Herbstfärbung nach einem ersten Frost sind Feste für die Augen und machen die Lärche zum Charakterbaum der Alpen.
d0128.jpg
d0128.jpg (94.46 KiB) 1709 mal betrachtet

Auch als Bonsai erfreut sie uns mit ihrer Austriebs- und Herbstfärbung. Außerdem ist sie insgesamt ein sehr bonsaigeeigneter Baum, vielleicht unter den heimischen Nadelbäumen der dankbarste.

Im folgenden wird zuerst die Gattung Larix allgemein behandelt, sodann werde ich speziell auf unsere heimische Lärche eingehen und schließlich noch kurz auf die Lärche als Bonsai zu sprechen kommen.


1. Die Gattung Larix: Arten, Unterscheidungsmerkmale, Verbreitungsgebiete

Der wissenschaftliche Name Larix war im alten Rom der Name der Lärche. Im Mittelhochdeutschen wurde daraus Larch und schließlich Lärche. Lärche ist also ein Lehnwort aus dem Lateinischen.

Innerhalb der Gattung Larix werden meist 11 Arten unterschieden.
1. L. decidua, die europäische Lärche
2. L. sibirica, die sibirische Lärche, ähnlich wie L. decidua
3. L. gmelinii, die dahurische Lärche, Amurlärche oder Kamtschatkalärche, sehr variantenreich, bis hin zu Krüppelformen
4. L. kaempferi, die japanische Lärche, ähnlich der dahurischen, jedoch kleiner
5. L. laricina, die amerikanische Lärche, eastern tamarack, gleichfalls ein kleinerer Baum
6. L. occidentalis, die Westlärche, western tamarack
7. L. lyallii, die westamerikanische Berglärche, tamarack, ähnlich L. occidentalis, jedoch eher klein
8. L. potaninii, die chinesische Lärche, Hong Shan
9. L. griffithiana, die Sikkim-Lärche
10. L. himalaica, die Himalaja-Lärche
11. L. mastersiana, die Sechuan-Lärche, die letzten 4 Arten sind eher klein und eng verwandt

Einige dieser Arten sind einander sehr ähnlich, so dass es zweifelhaft ist, ob man sie nicht besser als Unterarten führen sollte. Die Unterscheidung der 11 Arten stammt aus einer Zeit, in der die Artendefinition noch nach rein phänomenologischen Gesichtspunkten durchgeführt wurde. Würde man die moderne genetische Definition zugrunde legen, käme man sicher auf sehr viel weniger Lärchenarten.

Die enge Verwandtschaft zeigt sich in den vielen existierenden Hybriden. Bei 11 Arten wären unter Berücksichtigung der Zweihäusigkeit 2x(10+9+8+7+6+5+4+3+2+1)=110 Hybriden möglich. Ungefähr 60 davon sind bekannt und da viele Kombinationen nie ausprobiert wurden, kann man vermuten, dass alle Hybriden möglich sind. Auch in der Natur neigt die Lärche stärker zur Bastardbildung als andere Nadelbäume. Wo sich die Verbreitungsgebiete zweier Lärchenarten überschneiden, gibt es auch Hybriden. Die bekannteste hat sogar einen eigenen Namen, L.eurolepis = L.decidua x L.kaempferi. Sie ist spontan um das Jahr 1900 herum in einem Park in Schottland entstanden.

Ist die Bestimmung der einzelnen Arten schon schwierig, so wird die Sache bei den Hybriden ziemlich hoffnungslos. Auch bei den Arten ist bei vielen Merkmalen die Varianz innerhalb der Art schon ähnlich groß wie die Varianz zwischen den Arten.

Habitus der Sikkim-Lärche und der dahurischen Lärche
d0127.jpg
d0127.jpg (72.18 KiB) 1709 mal betrachtet

Beim äußeren Habitus gibt es bei freistehenden Exemplaren zwei Extreme. Das eine ist eine kegelförmige Wuchsform, z.B. bei unserer europäischen Lärche oder bei der Sikkim-Lärche. Das andere ist eine unregelmäßige, manchmal eher breitwüchsige Form, z.B. bei der japanischen Lärche oder der dahurischen Lärche. Bei alten Bäumen ist der Wuchs jedoch in beiden Fällen sehr variabel, so dass der Habitus kein geeignetes Bestimmungsmerkmal darstellt.

Auch die Belaubung ist bei allen Arten sehr ähnlich. Höchstens die Farbe des Austriebs kann variieren. Bei der japanischen Lärche ist sie etwas rötlich. Die sichersten Unterscheidungsmerkmale gibt es bei den Zapfen und bei den männlichen Blüten. Aber gerade bei den Zapfen ist auch die Variation innerhalb der Arten sehr groß.

Männliche und weibliche Blüten, sowie alte Zapfen an einer Alpenlärche im Austrieb.
d0133.jpg
d0133.jpg (87.29 KiB) 1709 mal betrachtet

Die natürlichen Verbreitungsgebiete aller Lärchenarten liegen auf der nördlichen Hälfte der Erdkugel. Man kann sie deshalb in einem polständigen Blick auf die Nordhalbkugel am besten überschauen. Man erkennt, dass nur drei Arten große Verbreitungsgebiete haben, die sibirische, die dahurische und die amerikanische Lärche. Sie besiedeln große Teile der nördlichen Hemisphäre und markieren den größten Teil der nördlichen Baumgrenze. Alle andern Arten haben nur sehr kleine Verbreitungsgebiete und diese liegen in gebirgigen Gebieten, überwiegend gleichfalls in der Nähe der Baumgrenze. Man kann annehmen, dass es sich hier um Rückzugsgebiete handelt, und dass die Lärchen einst, unter klimatisch schlechteren Bedingungen, weiter verbreitet waren. Die Unterschiede zwischen diesen Arten sind wohl nur durch die räumliche Trennung der Rückzugsgebiete zustande gekommen und also entwicklungsgeschichtlich sehr jung.

Verbreitungsgebiete der Lärchenarten. Rot:L. decidua, grün:L. sibirica, blau:L. gmelinii, gelb:L. kaempferi, braun:L. laricina, oliv:L. occidentalis, schwarz daneben:L. lyallii, rosa:L. potaninii, schwarz daneben:L. griffithiana, cyan:L. himalaica, schwarz daneben:L. mastersiana
nordpol.jpg
nordpol.jpg (79.64 KiB) 1709 mal betrachtet

Zum Schluß dieses allgemeinen Teils noch einige ?Rekorde?:

Die größten Lärchen gehören zu L. occidentalis. Ein Exemplar mit 58,5m Höhe und 138cm Stammdurchmesser hält hier den Rekord. Beim Stammdurchmesser ist vielleicht ein Exemplar von L. sibirica aus dem Ural Rekordhalter, mit 360cm und einer Höhe von 48,0m.

Auch in denSchweizer Alpen gibt es einige beeindruckende Exemplare der L. decidua., wie uns Valentin (xistsixt) zeigt
vali_01.jpg
vali_02.jpg
ca. 900 Jahre alt
10.7m Stammumfang
3.34m BHD (BrustHöheDurchmesser)
8.5m Taillenumfang
12.00m Basisumfang
ca 45m3 Stamminhalt
vali_03.jpg
ca: 700 jahre
7.4m stammumfang
2.3m BHD
6.3m taillenumfang


Beim Alter scheint bei einer europäischen Lärche der höchste Wert festgestellt worden zu sein.
Bei einem im Ultental in Südtirol gefällten Baum wurden 2160 Jahresringe gezählt. Dort stehen noch drei Bäume, die auch sehr alt sind. Solche alten Bäume sind oft nicht sehr groß. An Grenzstandorten kommen auf einen Millimeter des Stammradius etwa 4 bis 6 Jahresringe. Ein 1000 Jahre alter Baum hätte dann ohne Rinde kaum mehr als 30cm Stammdurchmesser.

Die nördlichste Verbreitung der Lärche findet man auf der Taimyr-Halbinsel in Sibirien bei etwa 74° nördlicher Breite. Dort kommen L. sibirica und L. gmelinii vor. Und in die höchsten Höhen über dem Meeresspiegel klettern die chinesischen Lärchen im Grenzgebiet zwischen China und Tibet, bis auf 4800m.

Lärche mit viel Totholz auf einer Karstfläche in der Nähe der Baumgrenze.
d0137.jpg
d0137.jpg (91.73 KiB) 1709 mal betrachtet

2. Die europäische Lärche

Angesichts der großen Ähnlichkeit der einzelnen Lärchenarten ist das meiste, was im folgenden gesagt wird, auch auf andere Arten übertragbar. An einigen Stellen ist auf für Bonsai wichtige Unterschiede hingewiesen

Die Lärche als Pioniergehölz

Nach der letzten Eiszeit wanderten vor etwa 12000 Jahren wieder Bäume aus ihren Rückzugsgebieten südlich der Alpen in Deutschland ein. Die ersten waren die Lärche, die Birke und die Kiefer. Sie sind Pioniergehölze, die in der Lage sind, mineralische Böden zu besiedeln, die noch keine Humusauflage haben. Und außerdem vertragen sie ein rauhes Klima.

Birke und Kiefer konnten sich wenigstens auf armen Standorten (Heiden und Moore) bis heute halten, die Lärche hingegen wurde von den Eichen und später von den Buchen aus dem Flachland und aus dem Mittelgebirge vollständig verdrängt. Nur in extremen Lagen der Alpen konnte sie sich halten. Dort gehört sie zu den ersten Siedlern auf Lawinenstrichen, Muren und Schotterfeldern. Auf diesen vollzieht sich dann oft im Kleinen der gleiche Verdrängungsprozeß wie er großflächig nach der letzten Eiszeit geschah. Mit zunehmender Humusbildung nimmt der Anteil anderer Bäume zu, und nach etwa 25 bis 50 Jahren überwiegen die Zirben oder die Fichten. In Altbeständen gibt es nur noch einzelne alte Lärchen, die durch Überalterung nach und nach ausfallen, aber es findet keine Verjüngung statt.

Der Grund liegt im Keimverhalten der Lärche: sie ist ein Lichtkeimer. Deshalb gibt es auch keine natürlichen Lärchenwälder. Nur wo die örtlichen Gegebenheiten eine dichte Bestockung verhindern, sind geschlossene Lärchenbestände möglich, etwa auf Blockwerk, auf Felsen oder auf steinigen Steilhängen. Dort kommt an vielen Stellen Licht auf den Boden, so dass die Samen keimen können.

Geschlossener Lärchenbestand am Steilhang
d0131.jpg
d0131.jpg (96.77 KiB) 1709 mal betrachtet
Das typische Lärchenbiotop der Alpen ist der Lärchen-Zirben-Wald. Er bildet in großen Teilen der Alpen die Waldgrenze und auf solchen Extremstandorten ist er eine stabile Dauerwaldform, locker genug um auch der Lärche eine Verjüngung zu gestatten. Wo die Zirbe nicht vorkommt, übernimmt die Fichte ihre Rolle und wir haben einen Lärchen-Fichten-Wald.

Lärchen-Zirben-"Wald" an der Baumgrenze in 2100m Höhe
d0130.jpg
d0130.jpg (75.63 KiB) 1709 mal betrachtet

Die vielleicht schönsten Lärchenstandorte der Alpen sind allerdings keine natürlichen, sondern vom Menschen geschaffen. Ich meine die alten Lärchenwiesen, eine sehr alte Form der Doppelnutzung, die sowohl dem Holzeinschlag als auch der Grünlandwirtschaft diente. Aufkommende Fichten und Zirben wurden immer wieder gekappt, die Lärchen hingegen bis zur Schlagreife stehen gelassen, weil sie den Graswuchs am wenigsten störten. Man findet solche Lärchenwiesen nicht in allen Teilen der Alpen, sondern speziell dort, wo die Waldungen landesherrlicher Besitz waren und die Bauern sie nicht nutzen durften. Leider gehören sehr viele dieser Wiesen inzwischen zu den gefährdeten Biotopen.


Lärchenwiese
d0135.jpg
d0135.jpg (90.7 KiB) 1709 mal betrachtet

Standortansprüche

Erst seitdem sie forstlich angebaut wird, ist die Lärche in Deutschland ein häufiger Waldbaum. Aufgrund ihrer Anspruchslosigkeit bei der Bodenqualität, ihres schnellen Wachstums in der Jugend und ihres wertvollen, haltbaren Holzes ist sie in der Forstwirtschaft sehr beliebt. Drei Arten werden in Deutschland verwendet, die europäische Lärche (besonders im Gebirge), die japanische Lärche (besonders in Küstennähe, weil sie höhere Luftfeuchtigkeit bevorzugt) und die Hybride von beiden, die inzwischen bei Neuanpflanzungen dominiert.

Der forstliche Anbau begann im 18. Jh. und zwar zunächst mit oft recht enttäuschenden Ergebnissen. ?Lärchensterben? ist ein forstwirtschaftlicher Fachbegriff. Es hat einige Zeit gedauert, bis man erkannte, dass die Lärche trotz ihrer Anspruchslosigkeit keineswegs für alle Standorte geeignet ist.

Der wichtigste Standortfaktor ist ihr hoher Wasserbedarf. Er ist der höchste von allen forstlich angebauten Nadelbäumen und auch größer als derjenige vieler Laubbäume, etwa Eiche, Buche, Hainbuche oder Ahorn. Trockenjahre führen zu geringen Zuwächsen, Zweigdürre und Anfälligkeit gegen Krankheiten. Andererseits fehlt die Lärche völlig auf Vernässungen. Die einzige Lärchenart, die das erträgt, ist die amerikanische Lärche. Eine gute Bodendurchlüftung ist deshalb wichtig. Auf schlecht durchlüfteten, feinkörnigen Böden gedeihen Lärchen selbst bei guter Nähestoffversorgung schlecht.

Dem hohen Wasserbedarf entspricht das Wurzelsystem der Lärche. Sie besitzt eine Herzwurzel, die oft sehr ausgebreitet ist und sehr tief geht. Das Wurzelsystem durchdringt die Humusschicht und den Mineralboden und geht in die darunter liegenden Schuttbrocken und steinigen Schichten hinein. Die Wurzeln sind in der Lage, hohe mechanische Widerstände zu überwinden. Was das für Yamadori bedeutet, liegt auf der Hand. Das Ausgraben von Lärchen mit dickeren Stämmen ist ausgesprochen schwierig. Man hat einmal die Wurzeltiefen mehrerer etwa 100jähriger Bäume vom gleichen Standort bestimmt, indem man die Wurzeln ausgegraben hat. Das Ergebnis: Buche etwa 0,9m, Eiche etwa 1,4m, Lärche etwa 2,0m.

Die Lärche ist absolut frosthart, auch in der Schale. In der Zeit des Winterschlafs verträgt sie Temperaturen unter -35°C. Problematisch können hingegen Früh- und Spätfröste außerhalb der Ruhezeit und Störungen der Winterruhe durch Wärmeeinbrüche werden. Dann kann es zu echten Erfrierungen des Kambiums kommen, und zwar schon bei Temperaturen unter -10°C. Die Folge sind ein Absterben von Vorjahrstrieben und sogar ganzer Zweige. Der Baum reagiert darauf meist mit der Bildung von Sekundärtrieben am Stamm. Die japanische Lärche ist stärker frostgefährdet als die europäische, weil ihre Vegetationsperiode gegenüber dieser verschoben ist. Sie treibt später aus und geht später in die Winterruhe.

Zu den Standortansprüchen der Lärche gehört auch das Vorhandensein von Mykorrhiza. In der Nähe der Waldgrenze und darüber können Lärchen anscheinend nur mit Hilfe der Symbiose mit Pilzen überleben. Die kurze Vegetationsperiode von 3 bis 4 Monaten reicht nur dann aus, um genügend Nährstoffe zu speichern. Es gibt eine ganze Reihe von typischen Lärchenbegleitern und viele davon sind gute Speisepilze: rostroter Lärchenröhrling, grauer Lärchenröhrling, Hohlfußröhrling, Goldröhrling, Lärchenschneckling, Lärchenmilchling.


Alte Alpenlärche bei einer Hochalm.
d0138.jpg
d0138.jpg (92.32 KiB) 1709 mal betrachtet
Austriebsverhalten

Die Lärche bringt zwei Arten von Trieben hervor,
1. Kurztriebe, das sind die Nadelbüschel und
2. Langtriebe, das sind die zukünftigen Äste.
Durch diese beiden Triebarten ist die Lärche in der Lage, auf unterschiedliche Umweltbedingungen zu reagieren, indem sie vermehrt entweder Kurz- oder Langtriebe ausbildet. Auf Grenzstandorten kann es vorkommen, dass ein Baum mehrere Jahre lang überhaupt keine Langtriebe hat.

In den Knospen des Vorjahres sind überwiegend die Kurztriebe angelegt, und zwar sind sämtliche Nadeln des Büschels in der kleinen Knospe schon vorgebildet. An dem kleinen "Stiel", auf dem das Büschel sitzt, bildet jeder Nadeljahrgang eine Kerbe, eine Art "Jahresring". Man kann also an dem "Stiel" abzählen, wie alt der Kurztrieb ist. Im Forst werden Kurztriebe im Durchschnitt etwa 5 Jahre alt. Danach sterben sie ab und werden bei weiterem Dickenwachstum des Baumes von der Rinde überwuchert. Auf Extremstandorten können Kurztriebe jedoch viel älter werden. Ich habe bei einem Yamadori schon 35 "Jahresringe" gezählt. Dann kann der Kurztrieb schon mal 3cm lang sein.

In manchen Knospen, besonders im oberen Bereich des Baumes, an den Langtrieben des Vorjahres, sind jedoch auch neue Langtriebe angelegt, die sich allerdings nur unter günstigen Bedingungen entwickeln. Sonst können sie auch erst im darauf folgenden Jahr treiben. Für Bonsai sind das eher unerwünschte Triebe, da ein bevorzugtes Wachstum im oberen Bereich des Baumes meist unerwünscht ist. Glücklicherweise wird die Neigung zu solchen Trieben mit stärkerer Verzweigung des Baumes geringer.

Ein Sonderfall von Langtriebknospen sind diejenigen, die sich auf einem Kurztrieb entwickeln. Der Kurztrieb treibt dann zu einem Langtrieb durch. Im Forst ist das nicht sehr häufig. Aber es kommt häufig vor, wenn ein Yamadori von einem schlechten Standort plötzlich in der Schale gut ernährt wird. Auch alte Kurztriebe können noch durchtreiben.

Zusätzlich zu den regulären Langtrieben gibt es noch eine zweite Art von Langtrieben, sog. sylleptische. Sie haben kein Knospenstadium durchlaufen. Sie entstehen meist an bis zu dreijährigen Ästchen und zwar überwiegend in der unteren Triebhälfte. Die Austriebhemmung der Terminalknospe auf die Seitenknospen ist hier also verlorengegangen. Diese Triebe sind wichtig für eine gute Verzweigung des Bonsai. Sie treten auch an alten Pflanzen noch häufig auf und man kann ihre Zahl durch Stickstoffdüngung vergrößern.

Interessant geformte alte Lärche, ein mögliches Vorbild für eine Bonsaigestaltung.
d0139.jpg
d0139.jpg (85.74 KiB) 1709 mal betrachtet

3. Die Lärche als Bonsai

Schon bei der Behandlung der forstlichen Versuche mit Lärchen ist einiges gesagt worden, was sich unmittelbar auf den Lärchenbonsai übertragen läßt. Das Wichtigste kurz zusammengefaßt:

Standort
Liebt volle Sonne, jedoch nur, wenn stets ausreichend bewässert wird, gedeiht aber auch im Halbschatten. Wind wird gut vertragen. Winterschutz ist in der Regel nicht erforderlich (außer dem Schutz vor der Wintersonne). Empfindlich bei starken Früh- und Spätfrösten.

Wasserbedarf
Die Devise lautet: Immer feucht, aber nie naß. Lärchen haben einen sehr hohen Wasserbedarf, vertragen aber keine Staunässe.

Boden
Gut durchlüfteter Mineralboden oder Rohhumus. Die Lärche kommt auf sehr unterschiedlichen Böden vor, auch auf Böden mit recht unterschiedlichen pH-Werten. Wichtig ist allein die Durchlüftung. Grobkörnige Böden werden bevorzugt. Die Lärche liebt im Sommer relativ hohe Bodentemperaturen (bis 35°C).

Düngung
Die Lärche kann kräftig gedüngt werden. Ältere Pflanzen kommen aber auch mit geringen Düngermengen aus. Die Nadeln werden dann deutlich kleiner.

Umtopfen
Im Durchschnitt alle zwei Jahre, im Frühjahr, wenn die Knospen schwellen.

Rückschnitt
Kurztriebe werden nicht geschnitten oder pinziert. Unerwünschte Langtriebe werden sofort entfernt. Das Einkürzen von Langtrieben sollte man an der Spitze des Baumes bald durchführen, im unteren Bereich läßt man die Ästchen erst noch etwas dicker werden, bevor man auf die gewünschte Länge einkürzt.

Drahten
Im Frühjahr, bevor die Knospen sich öffnen. Auch dickere Äste sind oft noch flexibel genug. Um die Rinde nicht zu beschädigen, drahtet man wenn möglich besser erst die zweijährigen Triebe.

Krankheiten
Häufig ist eigentlich nur die Lärchenwollaus. Bekämpfung mit einem systemisch wirkenden Insektizid. Die vielen andern möglichen Krankheiten können hier nicht alle aufgeführt werden.

Krüppellärche an der Baumgrenze, Höhe etwa 30cm, Stammdicke etwa 4cm.
d0142.jpg
d0142.jpg (99.77 KiB) 1709 mal betrachtet
Pflanzenbeschaffung
Im Bonsaihandel und in Baumschulen erhält man L.decidua und L. kaempferi. Eine besondere Erwähnung verdienen die Lärchen-Yamadori aus den Alpen. Solche Zwerglärchen wachsen in der "Kampfzone" zwischen der Wald- und der Baumgrenze. Oft wird dies Gebiet mit Hochalmen bewirtschaftet, und da der Bauer, wenn er seine Alm noch pflegt, den Baumbewuchs alle paar Jahre entfernt, lohnt sich die Bitte um Genehmigung. Grundsätzlich sollte man solche Bäume nur unmittelbar nach der Schneeschmelze oder in voller Herbstfärbung ausgraben. Und diesen Grundsatz sollte man wirklich immer beachten, da bei in der Vegetationsperiode ausgegrabenen Bäumen die Überlebensrate gering ist. Es wurde schon erwähnt, daß Lärchen mit dickeren Stämmen nur schwer auszugraben sind. Das sollte man dem Fachmann überlassen. Aber auch bei Bäumen mit 4-5cm Stammdicke sollte man nicht einfach einen vermuteten Ballen abstechen, den der Baum oft gar nicht hat. Es empfiehlt sich vielmehr, zunächst die Lage der Hauptwurzeln vorsichtig zu eruieren (z.B. mit einer kleinen Gartenschaufel) und erst dann zu entscheiden, ob ein Ausgraben sinnvoll ist.

Gestaltungstechniken
Anstatt hierüber etwas zu sagen kann ich einfach auf einen hervorragenden Artikel im Internet verweisen: Nick Lenz: Larch with Taper.
http://bonsaijournal.com/larch-with-taper.php
Es ist dort von der amerikanischen Lärche die Rede, aber die dargestellten Gestaltungstechniken lassen sich durchweg auf unsere Lärche übertragen. Außerdem gibt es sehr gute Lärchenbonsai zu sehen, darunter den "downhill skier", der in meisterlicher Form eine rasante Bewegung darstellt.



_______________________________________________________________________________

Bildquellen

Zeichnungen zum Habitus: C.H. Ostenfeld und C. Syrach Larsen: The species of the genus larix and their geographical distribution. Kopenhagen (Hoest) 1930
Satellitenbild der Nordhalbkugel als Grundlage der Verbreitungsgebiete: www2.kah-bonn.de/1/16/p/nordpol.jpg
Zeichnung der Krüppellärche: Herbert Reisigl und Richard Keller: Lebensraum Bergwald. Stuttgart (Gustav Fischer) 1989

Photos vali_01 - 03.jpg - Valentin Biffiger (xistsixt)
Die dazugehörigen Daten entstammen dem Buch "Baumriesen der Schweiz von Michel Brunner (Werd Verlag Zürich)

Alle anderen Photos vom Autor
Antworten