Stecklingsvermehrung: Fächerahorn & Azalee

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Honey
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Stecklingsvermehrung: Fächerahorn & Azalee

Beitrag von Honey »

Stecklingsvermehrung
von Zierahornen und Azaleen


Der folgende Beitrag ist für die Stecklingsvermehrung während der Vegetation gedacht. Einen sehr schönen Beitrag über die Vermehrung während der Ruhezeit hat Zopf bereits geschrieben.

Einigen kommt diese Methode vielleicht bekannt vor. Ich selbst hatte Sie mal in der Bonsai Art aufgeschnappt.
Ich wende sie erfolgreich zur Vermehrung von Fächerahornen an, aber andere Pflanzenarten profitieren davon genauso *z*

Als kleine Info vorab: Viele Zierpflanzen (wie die meisten Acer Palmatum) sind wurzelecht oft schwachwüchsiger und auch krankheitsanfälliger als veredelte Exemplare. Es gibt allerdings auch Sorten, die verhältnismäßig leicht zu bewurzeln sind und auch gute Wuchseigenschaften zeigen.

Vorbereitung

Voraussetzung für die Stecklingsvermehrung ist Keimfreiheit! Das Werkzeug muss zwischendurch immer wieder desinfiziert werden, die Hände sollten ebenfalls sauber sein.

Als Gefäß dient eine gewöhnliche Anzuchtschale, bevorzugt aus Plastik - Ablauflöcher muss sie natürlich haben. Für die Bodenabdeckung verwende ich einfaches Fliegengitter.
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Die Schale wird fast vollständig mit grobem Substrat gefüllt, bevorzugt Akadama, ggf. mit etwas Bims gemischt. Als Deckschicht befülle ich die Schale bis etwas über den Rand mit feiner Körnung. Wenn das Substrat ganz zum Schluss bewässert wird, wird die Deckschicht sehr fest und gibt den Stecklingen Halt.
Auf Humus sollte vollständig verzichtet werden, er schimmelt und modert später unter der Folie.
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Anschließend wird das Gefäß mit stabiler Folie überzogen, mit Haushaltsgummis oder anderen Hilfsmitteln am Schalenrand befestigt und straff gezogen. In die Folie werden kleine Löcher gestochen - für die Stecklinge und zur leichten Belüftung.
Die Löcher sollten kleiner sein als der Durchmesser der Stecklinge, das gibt zusätzlich Halt.
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Stecklinge

Jetzt werden die Stecklinge geschnitten. Die Mutterpflanze muss kerngesund und schädlingsfrei sein.
Bei Laubpflanzen sollte das Laub am Steckling vollständig ausgereift (gewöhnlich ab Juni). Am besten bewurzeln die jungen, unverzweigten Langtriebe. Hiervon werden die obersten 1-2 Internodien des Langtriebes vollständig entfernt, da diese oft noch nicht ausgereift sind. Diese Pflanzenteile zehren an den letzten Reserven, die der Steckling ab jetzt für die Wurzelbildung braucht.
Dagegen verwendet man bei den meisten Nadelbäumen, wie hier z. B. beim Wacholder, gerade diese jungen, kräftigen Triebspitzen.

Links der frisch geschnittene Trieb - rechts der vorbereitete Steckling: Im unteren 1/3 wird das ältere Laub entfernt und der Steckling leicht schräg angeschnitten.
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Bei Laubbäumen werden alle Blätter bis auf das Oberste entfernt. Bei großlaubigeren Arten wird dieses letzte Blatt noch halbiert, um die Verdunstungsfläche möglichst klein zu halten.

Nun werden die Stecklinge zu ca. 1/3 durch die Löcher der Folie gesteckt. Natürlich lassen sich auch mehrere Pflanzenarten in der selben Schale kultivieren. Das Wurzelwachstum sollte aber möglichst gleichstark ausgeprägt sein.
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Sobald jeder Steckling seinen Platz gefunden hat, stellt ihr das ganze Paket in eine Wasserschale, bis sich die Erde vollgesogen hat. Hierbei sind die zusätzlichen Luftlöcher in der Folie wichtig! Wenn die Luft nicht nach Oben entweichen kann, drückt die Luftblase die Folie mitsamt Stecklingen nach oben aus dem Substrat. Zum Tauchen empfehle ich ausnahmsweise Leitungswasser – die Wassertonne ist nicht keimfrei. Das überschüssige Wasser ablaufen lassen.
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Wer kein Gewächshäuschen zur Verfügung hat, stülpt einfach eine Tüte über die Schale. Ein leeres Terrarium, eine Faunabox oder Käseglocke tut’s ebenfalls.

Licht
Licht ist wichtig für die Photosynthese. Der unbewurzelte Steckling kann aber noch nicht viel Photosynthese durchführen und kommt daher mit wenig Licht aus. Es ist wichtiger, täglich für eine möglichst lange Lichtperiode zu sorgen.

Luftfeuchtigkeit
Unbewurzelte Stecklinge benötigen dringend eine möglichst hohe Luftfeuchtigkeit. Sobald die ersten Wurzeln gewachsen sind, kann die Luftfeuchtigkeit reduziert werden. Die Luftfeuchtigkeit ist temperaturabhängig.

Temperatur
Um die bereits genannte Luftfeuchtigkeit zu erhalten, liegt die ideale Temperatur bei rund 20°C. Optimal wäre natürlich ein Gewächshaus mit Bodenheizung. Hobbygärtner wie ich sorgen alternativ für etwas Morgen- oder Abendsonne um diesen Anforderungen annähernd gerecht zu werden. Keinesfalls sollten die Stecklinge der vollen Sonne ausgesetzt werden. Die Temperatur im Treibhaus würde sonst auf 40°C ansteigen und den Pflanzen den Gar ausmachen.
An warmen Tagen das Gewächshaus regelmäßig lüften!

Bei schwer zu bewurzelnden Pflanzen sterben gewöhnlich mehrere Stecklinge ab. Entfernt die toten Triebe regelmäßig um die Verbreitung von Pilzen zu vermeiden. Lasst die Pflänzchen sonst möglichst in Ruhe. Kleine Erschütterungen der Pflanzschale lassen feinste Haarwurzeln sofort abbrechen.
Die Blattstile fallen, wie beim Blattschnitt, nach einiger Zeit ab. Unter guten Bedingungen treiben die darunter liegenden Knospen bereits im Sommer aus, ansonsten verfärbt sich das verbliebene Blatt im Herbst und der Steckling geht wie gewohnt in Winterruhe.
Ich kann nicht zwingend raten, die Stecklinge frostfrei zu überwintern, da bereits ein paar Grad zu viel dem Steckling permanent Energie abverlangen. Stark wachsende Varietäten haben oft eine bessere Wurzelbildung und können bereits im kommenden Frühjahr vereinzelt werden. Noch ein weiteres Jahr in der Anzuchtschale zur besseren Bewurzlung ist natürlich auch möglich.


Azaleen

Japanische Azaleen sind relativ leicht zu bewurzeln. Während, oder kurz nach der diesjährigen Blüte wachsen die neuen Triebe, die im kommenden Jahr die Blüte bringen.
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Sobald diese einigermaßen ausgehärtet sind, werden sie von der Mutterpflanze am Ansatz abgebrochen. Wer möchte, dass der Steckling bereits im nächsten Jahr blüht, lässt die End- oder Blütenknospe stehen (empfehlenswert, wenn man die Stecklinge abgeben möchte). Die Blätter am Stamm werden vorsichtig entfernt, sodass nur das Laub an der Spitze bleibt. Als Substrat bei Azaleen wird bevorzugt Kanuma verwendet.
Azaleen haben bereits nach 6-8 Wochen gewurzelt. Sie können bereits im kommenden Frühjahr vorsichtig vereinzelt werden.


Viel Erfolg!

*wink*
Zuletzt geändert von Honey am 13.07.2014, 11:43, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Stecklingsvermehrung: Fächerahorn & Azalee

Beitrag von Honey »

Nachtrag

Wer seine Stecklinge im Frühjahr nach dem Anschwellen der Knospen vereinzelt möchte, schneidet die Folie in Stücke, um jede Pflanze vorsichtig einzeln entnehmen zu können.
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Lange, kräftige Wurzeln werden wie gewohnt eingekürzt. Es sollten allerdings ausreichend feine Wurzeln vorhanden sein.

Acer Palmatum 'Asahi zuru'
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Chaenomeles superba 'Cameo'
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*wink*
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