Potentilla - Fingerkraut - Baumportrait

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Josef Knieke
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Potentilla - Fingerkraut - Baumportrait

Beitrag von Josef Knieke »

Potentilla – Fingerkraut



Kurzbeschreibung :


Herkunft ..............: Nordamerika
Blatt....................: fünflappig grün, (fingerartig)
Blüte...................: von weiß, über gelb, orange bis violett; zwittrig, fünfzählig
Früchte................: Die Fruchtblätter reifen zu eiförmigen, nussartigen Früchten heran.
Rinde...................: meist hellbraun, in dünnen Schichten sich vom Stamm lösend
Standortansprüche...: bevorzugt sonnig, als Bonsai jedoch halbschattig
Winterpflege..........: Wurzelschutz bei tieferen Temperaturen erforderlich
Eignung als Bonsai...: sehr gut geeignet
Ergänzung.............: zählt sowohl zu den Stauden, als auch zu den Kleingehölzen, jedoch nicht zu den Kräutern


Pflegekalender (Excel-Datei) zum Download

Bilder in der Galerie gibt es hier


Allgemeines:

Die Pflanzengattung der Fingerkräuter (Potentilla) gehört zur Familie der Rosengewächsen (Rosaceae)und umfaßt 300 bis 500 Arten. Der Name leitet sich daraus ab, dass die Blätter fingerartig, immer zu fünft auftreten.
Die Herkunft ist Nordamerika, die Verbreitung erstreckt sich weit über die Nordhalbkugel von Amerika über Europa bis nach Russland, die Mongolei, Korea bis nach China.
Die Potentilla ist unter verschiedenen Namen bei uns bekannt so z.B. als Strauchfingerkraut, Fingerkraut, Fünffingerkraut oder Gänsefingerkraut .

Es ist eines der beliebtesten Sträucher, denn die Potentilla blüht sehr üppig und je nach Sorte von Mai bis Oktober sehr lang anhaltend. Die Farbe der Blüten ist sehr unterschiedlich und reicht von weiß über gelb und creme bis hin zu schönsten Rottönen. Einige Blüten sind auch gefüllt. Sie stehen einzeln oder in Blütenständen zusammen.
Die Wuchshöhe variiert je nach Sorte vom Bodendecker bis zu 150cm Höhe.

Die Widerstandsfähigkeit gegen Trockenheit (nur als Beetpflanze !!) und außerordentliche Robustheit machen es mit zu einer der beliebtesten Beetpflanzen. Aufgrund der genannten Vorteile ist die Pflege ausgesprochen einfach. Die Ansprüche an Boden und Standort sind gering.

Des Weiteren finden die Pflanzen in Parks und Gärten, als Bereicherung einer Staudenrabatte oder auch zur Ergänzung einer Hecke oder Gruppenbepflanzung, immer mehr Anwendung. Selbst zur Autobahnbegrünung z.B. im Mittelstreifen werden sie gepflanzt.

Als Bonsai:

Potentilla lassen sich, unter Beachtung geringfügiger Besonderheiten, leicht als Bonsai kultivieren. Ist in jedem Gartenbuch zu lesen, dass P. widerstandsfähig gegen Trockenheit ist, trifft diese Aussage auf die Bonsaikultur nicht zu. Potentilla haben ein ausgesprochen gut ausgebildetes System an Feinwurzel. Diese Wurzeln können sich in Beetkultur frei entfalten. In der Bonsaischale ist der Platz begrenzt. Trockenheit in der Schale trifft die Wurzeln auf direktem Wege, so dass die Möglichkeit auf Feuchtigkeitsressourcen zurückzugreifen, sehr schnell erschöpft ist. - Das heißt im Klartext, auf jeden Fall gießen, sobald Trockenheit zu erkennen ist, Ballentrockenheit ist absolut tödlich! Die Pflanze ist dann nicht mehr zu retten!
Das wiederum bedeutet, dass die Wahl des Substrats, des Standortes, sowie die Gießgewohnheiten der Pflanze anzupassen sind.

Des Weiteren sind Potentilla ausgesprochen schnittverträglich! - Allerdings sollte auf einen "Radikalschnitt" im Sommer verzichtet werden. Das Laub wird kurze Zeit später grau/braun und unansehnlich. Blattverlust, bis hin zu Symptomen von Mehltau, ist die Folge. Die Pflanze kränkelt, ein Neuaustrieb ist zu diesem Zeitpunkt sehr spärlich. Unter ungünstigen Gesamtumständen kann die Pflanze eingehen.

Dennoch wird durch wiederholtes Scheiden bzw. Pinzieren schnell eine gute Feinverzweigung erzielt. In dieser Zeit bleibt die Blüte aus, da die Potentilla am einjährigen Holz blüht.
Allerdings leidet das Dickenwachstum unter dem ständigen Schnitt, so dass es entsprechend lange dauert bis sich ansehnliche Äste oder Stämme entwickeln.
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Oktober 2010.JPG (40.03 KiB) 8215 mal betrachtet
Pflanzenbeschaffung:

Potentilla sind in der Regel in jedem Bau- oder Gartenmarkt, sowie in jeder Baumschule käuflich zu erwerben. Brauchbares Material kann man hier jedoch nur bedingt kaufen! Häufig sind die Pflanzen, zur besseren Optik, aus mehreren Jungpflanzen zusammen gepflanzt. Da wird es schwer ein besonders schönes Stück, das einen kräftigen, imposanten Einzelstamm gebildet hat, zu finden.
Bin ich allerdings auf der Suche nach einer besonderen Blütenfarbe, ist der Besuch eines Gartencenters unumgänglich.

Der Bonsaifachhandel bietet vereinzelt gestaltete Pflanzen an. Hier gibt es allerdings erhebliche Preisunterschiede. Hin und wieder werden auch günstigere Prebonsai angeboten.

Die einfachste Methode zu gutem, vielversprechendem Ausgangsmaterial zu kommen sind Yamadoripflanzen. Hier kann man in der Regel nur auf die gelben oder mit viel Glück auf die weißen Sorten zurückgreifen. Die farbigen Sorten, die erst im Laufe der Jahre entstanden sind, werden nach meinem Kenntnisstand nur schwer zu finden sein.

Potentilla bilden i.d.R. einen flachen Wurzelballen und sind daher auch problemlos auszugraben. Als Hecke oder Parkanpflanzung werden P. auch hin und wieder geschnitten. Die daraus im Laufe der Jahre entstandenen zum Teil oberarmdicken Stämme sind ausgesprochen schöne, aussagekräftige und für die Gestaltung als Bonsai bestens geeignete, Rohpflanzen. Die über viele Jahre abgestorbenen und verwitterten Stammbereiche sind Grundlage für traumhafte Todholzbereiche!
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Standort:

Im Frühjahr sollte unsere Potentilla sonnig stehen, damit die Internodien kurz bleiben und sich ein üppiges Grün bildet.
Allerdings steigt der Wasserverbrauch mit zunehmender Hitze und Sonneneinstrahlung um ein Vielfaches an. So ist es ratsam zum Sommer hin einen halbschattigen Standort zu suchen. Aufgrund der Laubmenge und der Sonneneinstrahlung sind die Wasserressourcen der Schale schnell erschöpft. Wird daraufhin nicht gewässert nimmt die Pflanze unweigerlich Schaden. - Bei Ballentrockenheit wird die Pflanze unwiederholbar eingehen!!

Im Winter reicht für die weißen und gelben Sorten ein geschützter Platz im Beet. Die Pflanzen sollten eingesenkt und mit Mulch oder Laub abgedeckt überwintern. Rot, orange und andere farbige Sorten sind nicht so frostresistent! Insbesondere bei kleinen Pflanzgefäßen ist Vorsicht geboten. Da könnte schon leichter Frost Schaden an der Pflanze verursachen.

Umtopfen / Substrat:

Zum Umtopfen mit gleichzeitigem Wurzelschnitt eignet sich am besten das zeitige Frühjahr. Jungpflanzen sollten alle 1 bis 2 Jahre umgetopft werden. Ältere Pflanzen alle 3 bis 4 Jahre.
Yamadoris sollten aufgrund des extremen Wurzelwachstums spätestens nach 2 Jahren in normales Substrat gesetzt werden.
Als Substrat verwende ich eine Mischung aus Akadama, Lavasplit und Bims, im Mischverhältnis 3:2:1.
Yamadori gedeihen bestens in 100% Lavagranulat, das zuvor ausgewaschen wird. Ansonsten setzt sich eine Schlickschicht am Boden ab, die spätestens zum Winter hin, wenn die Pflanze sehr feucht steht, schaden kann.

Bevorzugt wird eine Gesamtmischung die ein wenig kalkhaltig (alkalisch) ist, gedeiht aber auch in neutralem bis mäßig saurem Substrat.
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Wurzeln.JPG (25.03 KiB) 8215 mal betrachtet
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Gießen / Düngen:

Potentilla vertragen in der Bonsaischale einen feuchten Standort. - Staunässe ist jedoch auf jeden Fall zu vermeiden!! Dennoch sollten die Gießgewohnheiten so ausgerichtet sein, dass die Bonsai nie völlig austrocknen.

Trotz des spärlichen Standortes im Freiland vertragen unsere Bonsai eine kräftige Düngung in flüssiger-, als auch in fester Form. Ich habe beste Erfahrungen mit wöchentlicher Düngung in flüssiger Form bei Yamadori, die im Lavagranulat stehen, gemacht. In der Schale kultivierte Pflanzen werden 14tägig gedüngt.
Es wird nach meiner Erfahrung jede Form der Düngung gut vertragen! Allerdings sind Potentilla ein wenig salzempfindlich. Also etwas vorsichtiger Dosieren bei mineralischem Flüssigdünger.


Gestaltung:

Der beste Zeitpunkt für die Grundgestaltung bei Potentilla ist das zeitige Frühjahr. Je nach Standort und der danach frostfreien Aufstellung können diese Eingriffe bereits im Januar vorgenommen werden!
Der Rückschnitt bis ins alte Holz sowie der Schnitt von Zweigen und Wurzeln werden von der Potentilla sehr gut vertragen. Nach dem Eingriff treibt P. problemlos aus dem alten Holz aus. - Nur bei sehr alten Exemplaren sollte man den Rückschnitt ins alte Holz über mehrere Jahre verteilen!
Da das Holz relativ brüchig ist, läßt es sich nur bedingt drahten. Oft treiben die Jungtriebe vom Stamm aus gesehen senkrecht nach oben, so dass bei der Drahtführung ein wenig Obacht gegeben werden muß.
Da die Potentilla jedoch sehr üppig austreibt, läßt sie sich innerhalb kürzester Zeit gut durch Schneiden gestalten, so dass auf das Drahten irgendwann ganz verzichtet werden kann.

Zu den Möglichkeiten eines Blattschnittes kann ich keine Angaben machen, ist m.E. aber nicht erforderlich.

Ein weiteres Augenmerk sollte auf den häufig sehr aussagekräftigen Stammbereich gerichtet werden. So löst sich im Laufe der Jahre die obere Rindenschicht ab. Dies verleiht dem Stamm und den dickeren Ästen den Eindruck von Alter und Ästhetik. Die oberen Schichten kann man problemlos mit einer Pinzette abziehen. Darunter kommt ein sauberer, glänzender Stamm zum Vorschein. Das Abziehen der Rinde hat nicht nur optische Vorteile, auch Schädlinge, die sich u.U. darunter eingenistet haben, werden gestört.
Beim Ablösen der nächsten Schicht wird die darunter liegende Kambiumschicht verletzt. D.h. nur wer in den betroffenen Stellen mit Totholz arbeiten will, kann diese Schicht entfernen.
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Vermehrung:

Durch Samen oder durch Stecklinge (Juni / Juli)





Krankheiten / Schädlinge:
Fingerkraut reagiert empfindlich auf Übergießen der Blätter. Dies sollte man insbesondere in den Abendstunden im Spätsommer unterlassen, da sich ansonsten sehr schnell Mehltau bildet.
Gestreßte Pflanzen reagieren ebenfalls sehr schnell mit Mehltau!

Außergewöhnlicher Schädlingsbefall ist mir nicht bekannt.




Josef
Zuletzt geändert von Josef Knieke am 03.11.2010, 11:54, insgesamt 1-mal geändert.
http://www.bonsai-arbeitskreis-hildesheim.de/
AK-Treffen jeden 2. Samstag im Monat
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