Philosophie Ausstellungen
Philosophie Ausstellungen
Liebes Forum,
ich möchte hier gerne mal ein Thema/eine Diskussion anregen, das mir schon lange unter den Nägeln brennt, auch wenn ich weiß, dass es vermutlich polarisieren wird.
Ich besuche seit ca. 20 mehr oder weniger regelmäßig Bonsaiausstellungen. Dabei sehe ich jede Menge großartige Bäume. Gefühlt 70- 80% davon sind Importbäume. Auf den Schildern steht regelmäßig "Gestalter=Besitzer" oder so ähnlich. Das stimmt für mich so nicht ganz. Ein großer Teil der Bäume sind als reife Bonsais importiert, die Gestaltungsarbeit fand schon in Japan etc. statt. Was ich damit bewußt provokativ sagen will, auf den meisten Ausstellungen sieht man wenig, wer die guten Gestalter sind, sondern vor allem, wer den dicksten Geldbeutel hat. Gar nichts gegen die gezeigten Bäume. Aber ich würde gerne mal eine Ausstellung sehen, bei der keine Importbäume zugelassen sind. Wir haben in Deutschland viele wirklich tolle Gestalter, wie z.B. Marco Merschel, Roy Frankhändel, Hartmut Münchenbach etc. (Natürlich gibt es noch viele mehr, verzeiht mir, ich will jetzt nicht alle aufzählen), die Bonsai mit selbst gesammelten Bäumen ohne den immensen finanziellen Aufwand machen und bei deren Bäumen man wunderbar erkennen kann, wieviel Talent, Auge, Liebe etc. da drin steckt.
Muss Bonsai auf Ausstellungen immer hauptsächlich durch "das Establishment" geprägt sein oder wäre es nicht auch schön, mal in den Vordergrund zu stellen, wer heimische (selbst gesammelte?) Bäume mit Hingabe und Kompetenz zur (Austellungs-) Reife bringt. Sorry, ich bin Sozialist .
Mich würde interessieren, was Ihr darüber denkt!
Und nochmal: Ich will niemanden schlecht machen, weil er tolle finanzielle Möglichkeiten hat oder ähnliches...
LG, Lutz
ich möchte hier gerne mal ein Thema/eine Diskussion anregen, das mir schon lange unter den Nägeln brennt, auch wenn ich weiß, dass es vermutlich polarisieren wird.
Ich besuche seit ca. 20 mehr oder weniger regelmäßig Bonsaiausstellungen. Dabei sehe ich jede Menge großartige Bäume. Gefühlt 70- 80% davon sind Importbäume. Auf den Schildern steht regelmäßig "Gestalter=Besitzer" oder so ähnlich. Das stimmt für mich so nicht ganz. Ein großer Teil der Bäume sind als reife Bonsais importiert, die Gestaltungsarbeit fand schon in Japan etc. statt. Was ich damit bewußt provokativ sagen will, auf den meisten Ausstellungen sieht man wenig, wer die guten Gestalter sind, sondern vor allem, wer den dicksten Geldbeutel hat. Gar nichts gegen die gezeigten Bäume. Aber ich würde gerne mal eine Ausstellung sehen, bei der keine Importbäume zugelassen sind. Wir haben in Deutschland viele wirklich tolle Gestalter, wie z.B. Marco Merschel, Roy Frankhändel, Hartmut Münchenbach etc. (Natürlich gibt es noch viele mehr, verzeiht mir, ich will jetzt nicht alle aufzählen), die Bonsai mit selbst gesammelten Bäumen ohne den immensen finanziellen Aufwand machen und bei deren Bäumen man wunderbar erkennen kann, wieviel Talent, Auge, Liebe etc. da drin steckt.
Muss Bonsai auf Ausstellungen immer hauptsächlich durch "das Establishment" geprägt sein oder wäre es nicht auch schön, mal in den Vordergrund zu stellen, wer heimische (selbst gesammelte?) Bäume mit Hingabe und Kompetenz zur (Austellungs-) Reife bringt. Sorry, ich bin Sozialist .
Mich würde interessieren, was Ihr darüber denkt!
Und nochmal: Ich will niemanden schlecht machen, weil er tolle finanzielle Möglichkeiten hat oder ähnliches...
LG, Lutz
Re: Philosophie Ausstellungen
Hi,
auf welchen Ausstellungen warst du denn dieses Jahr, wo sich bei dir dieser Eindruck der Importbäume aus Japan vermittelt hat ?
Ok, gibt immer ein paar in Arco und auf der Noelanders. Auf BCD- oder AK-Ausstellungen gibts es faktisch nur lokale oder lange hier gepflegte Bäume, auf der Triennale auch. Auf der Bonsai Europa erst recht.
Aber sehr viele, z.B. auch prämierte Bäume sind m.M.n. eher Yamadoris aus dem Alpenbereich, Spanien oder Skandinavien, die ausschliesslich in Europa gestaltet wurden. So auch die diesjährigen Gewinner der Noelanders, Fichte und Oliven.
--> https://www.bonsaiempire.com/blog/noelanders-2018
auf welchen Ausstellungen warst du denn dieses Jahr, wo sich bei dir dieser Eindruck der Importbäume aus Japan vermittelt hat ?
Ok, gibt immer ein paar in Arco und auf der Noelanders. Auf BCD- oder AK-Ausstellungen gibts es faktisch nur lokale oder lange hier gepflegte Bäume, auf der Triennale auch. Auf der Bonsai Europa erst recht.
Aber sehr viele, z.B. auch prämierte Bäume sind m.M.n. eher Yamadoris aus dem Alpenbereich, Spanien oder Skandinavien, die ausschliesslich in Europa gestaltet wurden. So auch die diesjährigen Gewinner der Noelanders, Fichte und Oliven.
--> https://www.bonsaiempire.com/blog/noelanders-2018
Grüße, Frank
___________
Ich will nur noch hupen !
___________
Ich will nur noch hupen !
Re: Philosophie Ausstellungen
Hallo Frank,
mein Eindruck ist ein deutlich anderer als Deiner und bezieht sich nicht nur auf dieses Jahr, sondern auf die letzten ca. 20 Jahre.
LG, Lutz
mein Eindruck ist ein deutlich anderer als Deiner und bezieht sich nicht nur auf dieses Jahr, sondern auf die letzten ca. 20 Jahre.
LG, Lutz
Re: Philosophie Ausstellungen
Hallo Lutz,
für mich kann ich sagen, dass mir beides gefällt. Solche tollen, teuren Importbäume, die ich sonst vielleicht hierzulande gar nicht zu sehen bekäme, wenn nicht jemand mit den entsprechenden Mitteln sie kaufen und uns auf Ausstellungen zeigen würde, sind ein Genuss. Und auf den großen Ausstellungen steht dann meist auch der ursprüngliche Gestalter auf dem Schildchen (z.B. Kimura). Ich habe mir schon manches Mal schildern lassen, wie es zum Kauf und Import eines solchen Spitzenbaums gekommen ist und was mit diesem im Anschluss alles aufgestellt wurde, das sind oft wunderbare Geschichten.
Andererseits habe ich besonders große Freude an jahrelang vom Besitzer selbst gestalteten, vielleicht sogar selbst gesammelten oder selbst gezogenen Bäumen. Diese zeichnen wir mit dem BONSAI ART Award bevorzugt aus. Auch ich persönlich habe viel Freude daran, Bonsai selbst zu entwickeln. Auf den Ausstellungen weiß ich beides zu unterscheiden und zu würdigen.
Liebe Grüße,
Heike
für mich kann ich sagen, dass mir beides gefällt. Solche tollen, teuren Importbäume, die ich sonst vielleicht hierzulande gar nicht zu sehen bekäme, wenn nicht jemand mit den entsprechenden Mitteln sie kaufen und uns auf Ausstellungen zeigen würde, sind ein Genuss. Und auf den großen Ausstellungen steht dann meist auch der ursprüngliche Gestalter auf dem Schildchen (z.B. Kimura). Ich habe mir schon manches Mal schildern lassen, wie es zum Kauf und Import eines solchen Spitzenbaums gekommen ist und was mit diesem im Anschluss alles aufgestellt wurde, das sind oft wunderbare Geschichten.
Andererseits habe ich besonders große Freude an jahrelang vom Besitzer selbst gestalteten, vielleicht sogar selbst gesammelten oder selbst gezogenen Bäumen. Diese zeichnen wir mit dem BONSAI ART Award bevorzugt aus. Auch ich persönlich habe viel Freude daran, Bonsai selbst zu entwickeln. Auf den Ausstellungen weiß ich beides zu unterscheiden und zu würdigen.
Liebe Grüße,
Heike
- Andreas Ludwig
- Mentor
- Beiträge: 6374
- Registriert: 29.03.2005, 16:50
- Wohnort: Schweiz
Re: Philosophie Ausstellungen
Lutz – ich glaube, der Ansatz ist falsch. Deiner und der der Szene. Es kann nicht darum gehen, gute Bäume nicht auszustellen, weil sie importiert worden sind. Das wäre einfach eine «Sämlingsquote» oder ein «Inlandvorzug», zwar modern gedacht, aber rein politisch und nicht qualitativ.
Etwas mehr Wahrheit (und etwas weniger Besitzerstolz, Eitelkeit ist halt weit verbreitet) würde völlig reichen. Man müsste dazu übergehen, Bäumen ihre Geschichte zu geben, die Züchter und Gestalter zu benennen, am besten alle. Was nicht ganz einfach wird, da es eben meist nicht gemacht wird. Es wimmelt von Bäumen, die so gesehen Findelkinder sind (und es wimmelt von Besitzern, die nur allzu gerne als Top-Gestalter auftreten, obwohl sie eigentlich nur Heckenscherer sind...).
In der Museums- und Kunstwelt nennt man das «Provenienz». Dort ist es sehr wichtig, weil es einerseits die Authentizität eines Werks garantiert, andererseits den Werkzusammenhang klärt – was nützt einem ein toller Altar, eine schöne Vase, wenn man nicht weiss, in welcher Kirche, welchem Schloss das mal war, wozu und für wen - und welche Reise es dann gemacht hat? Wie kann man ein Bild aufhängen, wenn man nicht weiss, ob es geklaut oder gefälscht ist? Dieses Prinzip der lückenlos belegten Geschichte wäre m.E. wünschenswert für Bonsai, wenigstens für die besseren.
Etwas mehr Wahrheit (und etwas weniger Besitzerstolz, Eitelkeit ist halt weit verbreitet) würde völlig reichen. Man müsste dazu übergehen, Bäumen ihre Geschichte zu geben, die Züchter und Gestalter zu benennen, am besten alle. Was nicht ganz einfach wird, da es eben meist nicht gemacht wird. Es wimmelt von Bäumen, die so gesehen Findelkinder sind (und es wimmelt von Besitzern, die nur allzu gerne als Top-Gestalter auftreten, obwohl sie eigentlich nur Heckenscherer sind...).
In der Museums- und Kunstwelt nennt man das «Provenienz». Dort ist es sehr wichtig, weil es einerseits die Authentizität eines Werks garantiert, andererseits den Werkzusammenhang klärt – was nützt einem ein toller Altar, eine schöne Vase, wenn man nicht weiss, in welcher Kirche, welchem Schloss das mal war, wozu und für wen - und welche Reise es dann gemacht hat? Wie kann man ein Bild aufhängen, wenn man nicht weiss, ob es geklaut oder gefälscht ist? Dieses Prinzip der lückenlos belegten Geschichte wäre m.E. wünschenswert für Bonsai, wenigstens für die besseren.
It is not enough to be busy. So are the ants. The question is: What are we busy about?
(Thoreau)
(Thoreau)
Re: Philosophie Ausstellungen
Ist bestimmt ein Unterschied, was vor 20 Jahren ausgestellt wurde, gab es denn hier schon reife, in Europa gesammelte und von Europäern gestaltete Bäume ? Da waren doch bestimmt Importe die Mehrheit ? Aber heutzutage ? Ist doch eine angenehm bunte Mischung und es zählt doch nur, was gut ist.
Wenn ich mir die heutigen Topgestalter im Kopf so vorbeirattern lasse (und da denke ich an ganz andere, als die von dir genannten *), arbeiten die alle eher mit Yamadoris oder von anderen Europäern erworbenen Bäumen. Ich kenne da kaum noch einen, der einfach nach Japan fährt, den Baum herbringt, ein bisschen pflegt und den dann ausstellt.
(* bei den Gestaltern meine ich alle, die Workshops anbieten oder handeln)
Grüße, Frank
___________
Ich will nur noch hupen !
___________
Ich will nur noch hupen !
Re: Philosophie Ausstellungen
Ein Interessanter Ansatz, den ich definitiv Befürworten würde.Andreas Ludwig hat geschrieben: ↑07.10.2018, 23:04 Etwas mehr Wahrheit [...] würde völlig reichen. Man müsste dazu übergehen, Bäumen ihre Geschichte zu geben, die Züchter und Gestalter zu benennen, am besten alle. [...]
Dieses Prinzip der lückenlos belegten Geschichte wäre m.E. wünschenswert für Bonsai, wenigstens für die besseren.
Once we rid ourselves of traditional thinking we can get on with creating the future - J. Bertrand
Re: Philosophie Ausstellungen
Die Chronologie eines Baumes könnte man prima auf die Rollbilder schreiben
(drei Spalten: Jahr, Bild, kleiner Text)
(drei Spalten: Jahr, Bild, kleiner Text)
Grüße, Frank
___________
Ich will nur noch hupen !
___________
Ich will nur noch hupen !
Re: Philosophie Ausstellungen
Hallo Andreas,
ja, das ist eine gute Idee und würde schon in die richtige Richtung gehen.
LG, Lutz
ja, das ist eine gute Idee und würde schon in die richtige Richtung gehen.
LG, Lutz
- Dirk K. aus L.
- Beiträge: 1113
- Registriert: 31.05.2009, 09:11
- Wohnort: Oldenburger Münsterland (Norddeutsche Tiefebene)
Re: Philosophie Ausstellungen
Andreas,Andreas Ludwig hat geschrieben: ↑07.10.2018, 23:04 [...] (und es wimmelt von Besitzern, die nur allzu gerne als Top-Gestalter auftreten, obwohl sie eigentlich nur Heckenscherer sind...).
danke für diesen deinen Satz. Er tifft ins Schwarze.
Die ganz Großen in der Szene sind für mich die, welche Bonsai von A bis Z beherrschen, also Bäume ausgraben/aussäen/aufziehen und dann diese über viele, viele Jahre harter und guter Arbeit zu höchster Qualität führen.
Einem Jürg Stäheli z.B. gebührt höchster Respekt. Was der Mann aus seinen Sämlingen/Stecklingen/Jungpflanzen gemacht hat! Chapeau!
Grüße
Dirk
Der wahre Weg geht über ein Seil, das nicht in der Höhe gespannt ist, sondern knapp über dem Boden. Es scheint mehr bestimmt stolpern zu machen, als begangen zu werden. (Franz Kafka)
- Andreas Ludwig
- Mentor
- Beiträge: 6374
- Registriert: 29.03.2005, 16:50
- Wohnort: Schweiz
Re: Philosophie Ausstellungen
Der Jürg will eben machen, nicht bloss haben. Das ist ein sehr wichtiger Unterschied.
Genau das würde belohnt mit «Provenienzerklärung».
Genau das würde belohnt mit «Provenienzerklärung».
It is not enough to be busy. So are the ants. The question is: What are we busy about?
(Thoreau)
(Thoreau)
- Herbert A
- Freundeskreis
- Beiträge: 2389
- Registriert: 07.01.2004, 10:00
- Wohnort: SalzburgerLand
- Kontaktdaten:
Re: Philosophie Ausstellungen
Ich besuche Ausstellungen um gute Bäume zu sehen. Dabei ist mir zunächst egal wer den Baum gestaltet hat. Natürlich ziehe auch ich den Hut vor Gestaltern wie Jürg Stäheli, die aus unscheinbaren Pflanzen ganz tolle Bonsai gestalten. Ausserdem ist es gar nicht so einfach von einem Importbaum die Historie zu bekommen.
Anmerken möchte ich auch dass der beste und teuerste Importbaum nach 1 bis 2 Jahren ohne perfekte Pflege nicht mehr Ausstellungsniveau hat.
Anmerken möchte ich auch dass der beste und teuerste Importbaum nach 1 bis 2 Jahren ohne perfekte Pflege nicht mehr Ausstellungsniveau hat.
Das BFF ist mein persönliches Bonsaitagebuch. Vielen Dank dass ihr das seit vielen Jahren ermöglicht.
Info: www.bonsaisalzburg.net
Info: www.bonsaisalzburg.net
Re: Philosophie Ausstellungen
für alle besucher, die nicht "fachkundig" sind, wäre eine solche einsicht in die entwicklungshistorie sehr interessant.
ich sehe das nicht mit dem anspruch der allumfassenden korrektheit, wie z.b. ein stammbaum in einer zucht,
aber als leitfaden durch die entstehungsgeschichte eines exponates wäre mir diese information schon sehr willkommen
ich sehe das nicht mit dem anspruch der allumfassenden korrektheit, wie z.b. ein stammbaum in einer zucht,
aber als leitfaden durch die entstehungsgeschichte eines exponates wäre mir diese information schon sehr willkommen
gruß + frohes gelingen
der frank aus stuttgart
Nichi nichi kore kōjitsu
der frank aus stuttgart
Nichi nichi kore kōjitsu
Re: Philosophie Ausstellungen
Stimmt, aber auch die Pflege kann man kaufen.
Was mich überhaupt nicht stört, denn wenn ich eine Ausstellung besuche, bestimme ich was ich mir dort genau anschaue. Solange eine gute
Mischung aus Import- und einheimischen Bäumen angeboten wird, kann doch jeder selbst entscheiden was er sich genauer anschaut.
Ich bin auf dem Weg nach Mulhouse und habe gerade ein ganz anderes Problem. Ausgestellt werden dort 270 Bäume, über 100 Suiseki, Kusamono
und Ikebana. Das ist mir schlicht zuviel! So viele Bäume kann ich an einem Tag nicht erfassen. Für mich wäre da weniger mehr.
Liebe Grüße
Heike
Taten geht das Wort voraus,
Worten die Gedanken.
Worten die Gedanken.
Re: Philosophie Ausstellungen
Einfach nur an den einheimischen Bäumen vorbeilaufen und sich nur die Import-Bäume ansehen. Dann geht das gaaaannz schnell, Heike
Grüße, Frank
___________
Ich will nur noch hupen !
___________
Ich will nur noch hupen !