Insektensterben

Alles andere was zu Bonsai passt.
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Max
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Insektensterben

Beitrag von Max »

Hallo zusammen,

von den neuerlichen Forschungen zum Insektensterben bin ich tief bewegt und ehrlich gesagt sogar verzweifelt, wie wenig Aufmerksamkeit das Thema trotz seiner womöglich (sogar sehr wahrscheinlich) großen Tragweite in den Medien erhält.
Viel schlimmer noch finde ich die Reaktion des Bauernverbandes, welcher scheinbar Änderungen überhaupt erst nach weiteren jahrelangen Untersuchungen erwägen möchte. Vielleicht ist dann bereits kaum/ gar nichts mehr zu retten.

Gibt es hierzu irgendwelche Protestaktionen/Kundgebungen/irgendetwas, was ich/man aktiv unterstützen kann?
Wie geht ihr mit dem Thema um? Einfach ignorieren oder aktive Verhaltensänderungen?

Ich bin euch für euer Feedback und euren Input sehr dankbar!

Viele Grüße
Max
Max Bonsaistudio
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Andreas Ludwig
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Re: Insektensterben

Beitrag von Andreas Ludwig »

Ehm... Protestieren ist so eine Sache. Man tut das am Samstag von zwei bis vier und dann geht man mit einem guten Gefühl nach Hause. Es geschieht dann aber nichts, Politiker sind es sich gewohnt, dass protestiert wird. Ich empfehle darum «sturen Realismus». Jeder, wie er kann. Ich für mich habe en kleines Areal im Wald erobert, wenige Tausend Quadratmeter, eine «archäologische Stätte», weshalb ich das ungehemmt pflegen darf, das jetzt eine Blumenwiese ist. Ich für ich erlebe da einen erfreulichen Zuwachs an Insekten. Nicht, dass ich damit die Welt rette, aber das hindert mich nicht, es zu versuchen. Viele Tausend Quadratmeter wären mehr, viele Hunderttausend schon etwas.

Konkret: Hört auf, eure Gärten steril zu halten. Hört auf, euch über Amseln und Wanzen zu beklagen. Versteht eure Gärten als Teil des Ganzen, als Oasen, als eigentliche Möglichkeit, als Alternative zu den völlig überbehandelten Maisäckern. Das ist ein möglicher Beitrag. Nur eine Kleinigkeit, aber viele Kleinigkeiten zusammen sind ein impact. Man protestiere, indem man einen Garten anlegt, in dem gedeihen kann, was will, kann und soll.
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chris-git@rre

Re: Insektensterben

Beitrag von chris-git@rre »

Ich habe mit meiner Tochter vor ein paar Wochen ein Insektenhotel gebaut.
Das hängt jetzt auf unserem Balkon.
das haben ca 20 Kinder mit ihren Eltern gebaut
das haben ca 20 Kinder mit ihren Eltern gebaut
Laub liegen lassen und und wenn möglich einen Teil wild wachsen lassen.

In den Medien geht regelmässig die Welt unter.
Und der Wahn das uns irgend welche Neophyten bedrohen und bekämpft werden müssen. :lol:
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abardo
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Re: Insektensterben

Beitrag von abardo »

... helfen kann u.a. auch:

- kein oder nur noch wenig Fleisch essen (verbraucht Unmengen an Futtermitteln, die auch wieder nur in Monokultur und mit Insektiziden hergestellt werden) ... oder einfach nur mal einen Tag pro Woche kein Fleisch essen
- aussschliesslich Bio-Produkte essen (weniger Dünger, keine Insektizide)
- sich aktiv für Schutzgebiete einsetzen (z.B. im BUND oder in der lokalen Gemeinde)

Generell muss man verstehen, dass hier in Deutschland ausschliesslich eine Kulturlandschaft vorherscht. Urwälder, wie vor 100.000 Jahren gibt es ja nicht mehr. Alles hier ist durch Menschen geformt. Der Natur macht das nichts, dann wächst irgendwas anderes oder es gibt halt Wüste.

Nur uns bereitet das Probleme, wenn wir die Massen an Menschen nicht mehr ernähren können.
Wir müssen möglichst wenig aus der Natur entnehmen, möglichst wenig verformen und wie Andreas sagt, einfach nur uns selbst raushalten.

Ich empfehle das Buch: "Das geheime Netzwerk der Natur" von Peter Wohlleben, war ja nicht umsonst lange in der Spiegel-Bestsellerliste, wie jedes seiner Bücher.

(in meinem Garten gibt es einen kleinen Waldbereich und ein Viertel ist Wildwiese. Totholzhaufen für die Insekten, jetzt Laubhaufen für die Igelfamilie, insektenjagende Vögel und Fledermäuse gibt es sowieso reichlich. Das, was ich aus dem "kultivierten" Bereich entferne, wird wiederverwendet und nur umgeschichtet, aktuell z.B. die Eicheln, dann kann ich bald wieder Rehe von der Terasse aus beobachten)

(wer jetzt den Thread hier mit den vor ein paar Tagen gezeigten Bildern der amerikanischen Kiefernwanze, die hier gerade zu hauf auftritt, korrekt zusammenbringt, darf sich einen Lolly nehmen)
Zuletzt geändert von abardo am 23.10.2017, 13:12, insgesamt 2-mal geändert.
Grüße, Frank
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espanna
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Re: Insektensterben

Beitrag von espanna »

Ausschliesslich Bio- da kann ich mich aufregen! Ab den 50- er Jahren haben einige Nationen Atomfässer in der Nordatlantic versenkt. Ich kaufe mir gerne geangelten Steinbutt (6+), wirklich schöne Ware für schlappe 40 € das Kg, dann hole ich mir noch paar Sylter royale Austern und paar Brettonische Hummer chix.... Nicht weil ich es genießen möchte, sondern weil es angesagt ist! Bio heisst nicht dass es gut ist, oder dass es nichts enthält was schädlich ist. Was passiert wenn die Bio-Produkte in Kunststoff abgepackt, oder transportiert werden und da die Weichmacher oder irgendwelche Verbindungen auf die Lebensmittel übergehen? Wenn ich selber Kartoffeln anpflanze steht auch nicht Bio drauf, ist aber mehr als das. Ich wünschte man könnte von den ganzen tollen "Bezeichnungen" weggehen und einfach "ehrliche Produkte" kaufen.
Schaut in euch BIO MENSCHEN, am ende des Tages werfen wir zu viel weg, wir hatten nie hunger und versuchen anderen (Menschen, Völkern, Nationen) weiß zu machen was Sie zu tun und lassen sollen. Oder glaubt jemand wirklich dass ein Hühnchen nur aus Brust und Keule besteht?
Wir haben einen Kleingarten und in dem kleinen Verein haben wir sogar 2 Bienenvölker die Honig produzieren. Leben und leben lassen heißt die devise da sind wir uns alle einig.
Jeder soll wie er kann seinen Beitrag leisten ist auch richtig, aber - naja, der Rest ist leider Politik.
Gruß
László

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Re: Insektensterben

Beitrag von Fabian R »

Max hat geschrieben: 22.10.2017, 18:43 von den neuerlichen Forschungen zum Insektensterben
[...]
Wie geht ihr mit dem Thema um? Einfach ignorieren oder aktive Verhaltensänderungen?
Hallo Max,
beziehst du dich auf einen bestimmten Artikel,Beitrag, Reportage o.Ä., sodass ich besser nachvollziehen kann was genau du meinst? Werden bestimmte (vermutete) Gründe genannt? So wie es jetzt da steht, kann ich nicht ganz schlussfolgern, was du mit dem 2ten zitierten Satz meinst.
abardo hat geschrieben: 22.10.2017, 20:07 - aussschliesslich Bio-Produkte essen (weniger Dünger, keine Insektizide)
[...]
Generell muss man verstehen, dass hier in Deutschland ausschliesslich eine Kulturlandschaft vorherscht. Urwälder, wie vor 100.000 Jahren gibt es ja nicht mehr. Alles hier ist durch Menschen geformt.
Zum Thema Bio muss ich dir widersprechen. Bio Label auf einem Produkt heißt nicht zwangsläufig weniger Dünger oder keine Insektizide, sondern im Regelfall nur andere. Ob diese dann wirklich besser sind ist die nächste Frage. Bio ist nur ein Label: manche Käufer wäre erschrocken, wenn sie wüssten was bei Bio noch alles erlaubt ist!

Der 2te Punkt ist richtig! Ich möchte in dem Zusammenhang darauf hinweisen, dass auch nahezu alle deutschen Wälder keine "Natur" mehr sind, sondern in der Regel Forst, und dadurch Felder für Holz! Ich finde es schade, dass Deutschland im Vergleich zu anderen (EU) Ländern nur sehr kleine und nicht zusammenhängende Naturschutzgebiete oder unberührte Wälder hat.
Once we rid ourselves of traditional thinking we can get on with creating the future - J. Bertrand
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Andreas Ludwig
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Re: Insektensterben

Beitrag von Andreas Ludwig »

Fabian – Artikel findest du ziemlich leicht, wenn du nach «Insektensterben Deutschland» suchst...

Allgemein Vorsicht mit Schuldzuweisungen, bitte. Im Moment ist nicht einmal klar, wie präzise die Studie ist, auf der die Artikel fussen. Grob vereinfacht wurden an einer Anzahl Standorten, alle umgeben von landwirtschaftlichen Flächen, Insektenfallen aufgestellt, die teils einmal, teils mehrfach geleert wurden, anschließend bestimmte man die Masse der Insekten. Das erlaubt eine Pauschalaussage, aber keine Detailaussagen. Das bedeutet, lokale Gegebenheiten können einen enormen Einfluss haben, vielleicht ist die Situation im Bayrischen Gebirge ganz anders und möglicherweise nehmen Blaufalter oder Grabwespen zu.

Dazu ist es wieder so ein Ökologie-Dings und wie mehrfach erwähnt soll man die Komplexität ökologischer Fragen nicht unterschätzen. Wir denken jetzt alle schnell an Insektizide. Ein möglicher Faktor. Die einseitige Förderung von Frassfeinden der Insekten (die netten kleinen Meisen etwa, die camaju so gerne fotografiert) wäre ein anderer denkbarer. Das wurde in einem besser und umfassender untersuchten, aber nicht aussagekräftigen, weil winzigen Gebiet in der Schweiz festgestellt: Als man da aus Überlegungen der Biodiversität Hecken pflanzte, gab es mehr kleine Singvögel und Nager (die auch an Insekten nagen). Gleichzeitig waren die Greifvögelbestände aber noch nicht erholt (die wiederum Nager fressen). Soweit ich weiss, hat sich das bereits wieder verändert, weil es sichtbar mehr Bussarde, Falken und Habichte gibt heute. Vielleicht liegt es aber auch an etwas anderem, oft findet man nur, was man sucht und nicht, was wahr ist in der Ökologie.

Alles komplex. Beispiel: In der Schweiz geht langsam der Egli, ein Raub- und Speisefisch aus. Man könnte jetzt denken, das liege am Zeugs im Wasser, der entsorgten Munition im Thuner See z.B. oder so. Nö. Es liegt daran, dass das Wasser zu sauber ist, weshalb die kleinen Schlammsauger fehlen, von denen der Egli sich ernährt. Tja? Darum habe ich empfohlen, Blümchen zu pflanzen, Moosdecken zu belassen, Laubhaufen und abgestorbenes Holz ebenfalls. Das kann Schmetterlingen, allerhand Fliegen- und Schlupfwespen sowie Käfern helfen. Ein Tümpelchen bringt Mücken, das mögen z.B. Molche und natürlich nach dem Schlüpfen der Larven die Meisen. Wobei – hm. Ist das jetzt gut oder doch nicht? Sollte man dann als Korrektur eine Katze haben? Sicher sind Monokulturen kein Vorteil, sicher sollten wir unseren Fussabdruck verkleinern. Alles andere? Ich esse zum Beispiel als Binnenländer kaum Meeresfrüchte. Ich finde das nicht so gut wegen der Transportwege und Kühlketten. Dann habe ich wieder mal das Kleingedruckte übersehen oder bin eingeladen – und kaue auf argentinischem Rind herum...

Was Bio angeht: Ausgerechnet die von vielen wenig geliebten Jäger bieten an, was so bio ist wie nur denkbar: Reh aus dem Wald. Solange wir den Luchs und den Wolf nicht wollen, haben wir davon doch einige. So viele, dass mehr überfahren werden als bejagt. Alles sehr komplex.
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Heike_vG
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Re: Insektensterben

Beitrag von Heike_vG »

Das ist wirklich ein sehr komplexes Thema. Für die so leicht aus dem Gleichgewicht geratenden Ökosysteme hatte ich früher in der Schule im Bio-Unterricht schon einige eindrucksvolle Beispiele. Eins war z.B. die Insel Java, auf der mit den Kornschiffen, die Getreide brachten, Ratten an Land kamen und das Zuckerrohr fraßen. Da die Ratten keine natürlichen Feinde auf Java hatten, kam der Mensch auf die Idee, den Mungo dort auszusetzen. Der fraß mit Vergnügen die Ratten. Aber als nicht mehr genug Ratten zu fangen waren, nahm der Mungo eben die Vögel. Als die Vögel dezimiert wurden, vermehrten sich die Heuschrecken fürchterlich und dann fraßen die das Zuckerrohr. :roll:

In Sachen Insekten konnte ich bei uns in diesem Jahr auf jeden Fall bemerken, dass sehr wenig Honigbienen unterwegs waren. Der Imker hat mir aucherzählt, dass ihm 10 von 11 Völkern über den Winter abgestorben sind. Wildbienen und Hummeln waren deutlich mehr unterwegs als Honigbienen, aber es waren auch schon mal mehr.
Wespen, Hornissen, Fliegen, Mücken, Schnaken und Falter waren nach meinen Beobachtungen ungefähr genauso viele hier wie sonst die anderen Jahre auch immer. Nächstes Frühjahr will ich auf jeden Fall ein größeres "Insektenhotel" in unserem Garten anbringen. Wollte ich dieses Jahr schon, aber als ich im Baumarkt ein schönes in den Einkaufswagen legen wollte, sagte mein Mann "sowas baue ich lieber selber!" und kam nie dazu... :?

Ich wohne auf dem Land und um uns herum sind so viele Wiesen, Weiden, Felder, Brachen, Knicks, Wald etc., da mag ich mir einen aufgeräumten Garten leisten. Ich habe jedenfalls keine Lust, in meinem kleinen Refugium hier die Laubhaufen herummodern zu lassen, wenn überall drumherum genug davon ist. Immerhin benutzen wir so wenig wie irgend möglich Chemie im Garten, kratzen die Gräser von Hand aus dem Pflaster und benutzen manuelle Gartenwerkzeuge.

Liebe Grüße,
Heike
Ein halber Schritt in die richtige Richtung ist oftmals ein Reinfall...

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abardo
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Re: Insektensterben

Beitrag von abardo »

Hi,

die Argumente gegen Bio ziehen nicht wirklich. Es geht darum, weniger Schaden anzurichten, sich möglichst oft aus der Rechnung zu nehmen. Grosser Aktionismus schlägt oft ins Gegenteil um.

Und gerade weil wir die meisten Zusammenhänge noch nicht begreifen (in dem oben genannten Buch sind noch viel mehr dieser skurillen Beispiele zu finden, sehr interressant waren auch die Argumente Pro-und-Kontra der Jagd und Waldwirtschaft), hilft nur: weniger. Aber da kann sich jeder heute einfach informieren, dazulernen und machen, was ihm möglich ist.

Sich mit Plastik bei Bio, falscher Politik, "das-funktioniert-doch-nicht-ganz", ist-zu-teuer, man-kann-soweiso-nichts-ändern oder sonstewas rauszureden, ist halt so einfach.
Wenn einen das Plastik stört, prima, dann halt Stoffbeutel und aufm Markt kaufen, die Sachen im Laden noch auspacken und den Müll dort lassen, selbst anbauen, was auch immer. Wenn einen Dünger stört, muss man halt auch mal schrumpelige, kleine Äpfel mit einem Wurmloch kaufen, die schmecken zumeist viel besser (also die Äpfel, nicht die Wurmlöcher). Wenn man sich übers Klima beschwert, nadann fahrt halt mit einem Elektro-Longboard anstatt mit dem SUV. Wenn einen die Mücken oder die Wildbienen oder Wespen stören, dann hockt halt mal ein paar Abende eher drinnen. Anderen Ländern vorzuwerfen, dass die nicht genug tun ? Dann lasst die Länder doch einfach mal in Ruhe und wählt eine entsprechende politische Landschaft, die nicht egozentriert und national ist. Sich über Müll und multinationale Konzerne beschweren, die nur auf Gewinnmaximierung aus sind, ok, kauft doch eure Sachen mal gebraucht, und nicht immer das neueste Smartphone, Fernseher, Auto. Spaart das Geld und beklebt euren Mietbalkon mit einer PV-Folie.

Zu 100% alles ganz richtig machen, ist eine Illusion, aber Möglichkeiten gibt es genug.
Zuletzt geändert von abardo am 23.10.2017, 13:00, insgesamt 1-mal geändert.
Grüße, Frank
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uvex
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Re: Insektensterben

Beitrag von uvex »

Es wurde und wird von den Regierungen, den Medien, NABU und Co usw. .......... hoch- und runtergerechnet, analysiert, argumentiert. Das ganze ist aufgrund der Komplexität nicht mit ja oder nein zu beantworten. Jeder muss zunächst mal seinen eigenen Weg finden, mit dem Thema umzugehen. Es spricht natürlich dabei auch nichts dagegen, wenn man sich öffentlich engagiert. Vorsichtig sollte man aber sein, andere zu verurteilen für das, was sie tun oder sich selbst als 'Heilige(r)' zu titulieren.

So, und jetzt sind wir ja nun mal in einem Bonsaiforum. Werden wir doch mal konkret:
Muss es immer die Schale aus Yixing sein? (da orientiert man sich allmählich um *daumen_new* )
Muss es der Importwacholder sein, oder tut es auch ein hierzulande gezogene Pflanze? (gaaanz langsam ändert sich das *daumen_new* )
Muss ich mit dem Auto, Flugzeug oder sonstwas sonstwohin um gute Bonsai zu sehen? (wird sich hoffentlich und sicher nicht wesentlich ändern) Und zum Kaufen? (das Internet bewegt im Handel und im Informationsaustausch einiges und spart dadurch Treibhausgase!)
Optimale Gestaltungserfolge in kleinen Bonsaischalen lassen sich nicht ohne reichlich Dünger und chem. Pflanzenschutz erreichen. Wer sich mit weniger Qualität und Zuwachs begnügt, kommt aber auch oft mit weniger gut zurecht.

Und nun meine Herangehensweise in Sachen Bonsai. Ich beschränke mich mal auf die Feldkultur bei mir. Viell. interessiert das ja jemand hier:
Das Feld ist ein weitgehend geschlossener Kreislauf. Ganz wenig mineral. Dünger, denn Stickstoff verweichlicht die Zellen. Zuwachs habe ich auch so genug. Alle Pflanzenreste verbleiben dort. Entnommen werden nur Ballenpflanzen, dafür kommen aber alle Abfälle von den getopften Bäumen (Substrate, Schnittgrün) wieder auf den Acker.
Chem. Pflanzenschutz beschränkt sich auf Wundverschlussmittel und einmal pro Jahr chem. Unkrautbehandlung an den Feldrändern. Alles andere wird mechanisch erledigt (Schneiden, Entfernen kranker Pflanzen, Hacken, Hacken und nochmals Hacken...........)
Freiflächen nutze ich als Gemüse- und Kartoffelbeet für den Eigenbedarf und der Rest wird mit einer Hafer-/Erbsen-/Phacelia-Mischung angesät. Gerade Phacelia (genannt Bienenweide) ist ein Insekten-Eldorado für den Sommer und Frühherbst. Auch den Hafer lieben Heupferde (nicht die mit 4 Hufen, sondern die großen Grashüpfer mit Flügeln) Und es ist was fürs Auge. Aber auch die Reihen mit bis in den Herbst blühenden Fingerstrauch gefallen Mensch wie Tier. Leider habe ich kein Bild davon.
So, und dann gibt es da noch einen riesengroßen Reissighaufen am Feldrand. Fragt mich nicht, was sich darunter alles versteckt. Eidechsen, Mäuse und Kröten (meine ganz speziellen Freunde :-D ) sehe ich öfter. Alles andere bleibt mir verborgen, denn umgeschichtet oder entsorgt wird der nicht. Er wächst aber auch nicht. So, wie ich was drauf werfe, sackt es wieder zusammen.
Und nun noch was erstaunliches: Ich liebe Schnecken auf dem Feld! Und davon gibt es reichlich! Denn die fressen ausschliesslich Unkraut. Und die Bäume bleiben unberührt. Was will man mehr?
Zuletzt geändert von uvex am 23.10.2017, 12:54, insgesamt 1-mal geändert.
Das Geheimnis der Natur liegt in der Zeit, das von Bonsai in der Geduld.
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achim73
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Re: Insektensterben

Beitrag von achim73 »

super beitrag, uwe ! danke :)
ich denke auch, dass jeder nur versuchen kann, was in seiner persönlichen macht steht. absurderweise haben wir in der bochumer rand-innenstadt durch die ganzen gärten, balkone und terrassen, hinterhöfe, alten bahntrassen, schrebergärten usw. eine viel höhere biodiversität als z.b. in den endlosen "grünen wüsten" in niedersachsen, brandenburg usw...
Gruss, Achim
"Der kürzeste Weg zum Glück ist der Weg in den Garten"
chinesische Weisheit
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zopf
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Re: Insektensterben

Beitrag von zopf »

Die Biodiversität nimmt schon seit langer Zeit immer weiter ab,
dat is´ nun mal so und Schuld sind wir alle.
Können und werden wir daran etwas ändern ?
Ein klares Nein, das Mehr was wir wollen nehmen wir woanders weg.

Was sagen uns Smartphones und seltene Erden (abgesehen von der geistigen Verarmung) ?
Wie dick müssen die Stromkabel sein um eine Autobahnraststätte, bei kompletter E-Mobilität, zu versorgen ?
usw

Wir können nur versuchen bei jedem Schritt möglichst wenige Grashalme zu knicken
grüsse an die bewohner von melmac
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Re: Insektensterben

Beitrag von abardo »

Dank dir, Uwe, für die Beschreibung deiner Vorgehensweise. Klingt sehr durchdacht.
Da freue ich mich an den Bäumen, die ich von dir habe, doch gleich noch mehr.
Grüße, Frank
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Max
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Re: Insektensterben

Beitrag von Max »

Hier ein kurzer Artikel zum Thema.
Kurz zusammengefasst entspricht die Aussage meinem Eingangsstatement.
https://www.welt.de/debatte/kommentare/ ... etten.html

Natürlich können wir uns auch zu "Tode" analysieren und noch jahrelang prüfen was man tun kann, was der Grund für das Aussterben der Insekten oder anderer Arten in Deutschland ist. Einige der größten Katastrophen (egal aus welchem Bereich) in der Menschheitsgeschichte zeichneten sich jahrelang ab, wurden aber als unwahrscheinlich abgetan bis es zum SuperGAU kam. Nicht weil die Analysen ungenau waren, sondern weil der Mensch als Gewohnheitstier seine Verhaltensweise nicht gerne in Frage stellt, weil er glaubt altbewährtes ist automatisch gut. Und damit meine ich jeden einzelnen und nicht nur den Staat oder Bauernverband.

Oder aber man äußert die Devise, auf die ich völlig allergisch reagiere: "Was soll das denn bringen, wenn ich alleine mein Verhalten ändere?!"

Man stelle sich vor, was es tatsächlich bedeutet, wenn sich dieser katastrophale Trend des Insektensterbens ein paar Jahre weiter fortsetzt. Laut der benannten Forschung sind bereits heute 75%+ aller Fluginsekten in Deutschland verschwunden. Innerhalb weniger Jahrzehnte.
Aber "das ist ja bloß Panikmache, wird schon alles weitergehen wie bisher!" oder "ich glaube nicht, dass ich was ändern muss/kann, das macht schon irgendwer anders für mich." oder "Ach, die Natur wird schon einen Weg finden!". Manchmal scheint ein bisschen Vorsicht/Rücksicht zu viel Anstrengung und das Risiko einer Katastrophe ist dann weniger schlimm, als der Versuch, die eigene Genügsamkeit zu überwinden.
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bock
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Re: Insektensterben

Beitrag von bock »

Moin Max,

ich bin ganz deiner Meinung.
Veränderungen in der Natur sind entweder natürlich oder (vom Menschen) herbeigeführt. Ganz plakativ: Das Aussterben der Dinosaurier war ein natürlicher Vorgang, der Rückgang der Wälder in Mitteleuropa vom Menschen gemacht.
Unsere Spezies auf diesem Planeten zählt inzwischen rund 7 000 000 000 Individuen. Allein dieser Tatsache sind bereits zahlreiche Arten zum Opfer gefallen, Tiere, Pflanzen und Pilze. Dem technischen Fortschritt ebenfalls. Und Hand in Hand damit der anthropogenen Umweltverschmutzung. Ein Großteil der Verschmutzung geht zurück auf industrielle Agrarproduktion mit Überdüngung, Pflanzenschutzmitteln und weltweitem Handel mit Agrarprodukten. Spektakulär war in den 1970er Jahren ein massiver Rückgang der Biodiversität aufgrund des Einsatzes von DDT. Aufgrund wissenschaftlicher Untersuchung der Zusammenhänge konnte man diese Entwicklung stoppen indem der Einsatz von DDT verboten wurde. Es wird global gesehen kaum möglich sein, die Menschheit von jetzt auf gleich ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu ernähren. Was nichts an der Tatsache ändert, dass jeder Einzelne sich so verhalten kann, dass sein ökologischer Fußabdruck möglichst klein bleibt.
Auch und gerade im heimischen Garten sollte wohl überlegt werden, ob man jede Blattlaus gleich mit der chemischen Keule bekämpfen muss. Oft kommen Präparate zum Einsatz, die Imidacloprid enthalten. Für Säugetiere unschädlich, aber für Insekten bereits bei Kontakt tödlich. Dieser Wirkstoff ist auch in diversen Antiparasitika für Hund und Katze enthalten, wird für den Hausgebrauch im Zier- und Gemüsegarten aber nicht mehr angeboten. Ich vermute, dass das Insektensterben mit dem Einsatz dieses Wirkstoffs im großen Maßstab zusammen hängen könnte.
Die Agrarchemie-Industrie gibt sich viel Mühe, Nutzpflanzen resistent gegen Unkrautvernichtungsmittel zu machen.
Entsprechend genveränderte Pflanzen lassen sie sich patentieren.
Global gesehen wäre auch der Natur mehr geholfen, wenn diese Bemühungen in die Entwicklung pilzresistenter Sorten fließen würden.
Aber dann würde besagte Industrie ja weniger Fungizide verkaufen.
Oder in Bemühungen zur Züchtung von Resistenzen gegen Schadinsekten.
Aber dann würde besagte Industrie ja weniger Insektizide verkaufen.
Und der Glyphosat-Umsatz darf natürlich auch nicht zurückgehen.
Solange die großen internationalen Chemiekonzerne mehr Macht haben als die nationalen Regierungen wird sich an diesem Dilemma garnichts ändern.
Im eigenen Garten kann und muss man aber schon sehr gut überlegen, ob man denn wirklich die chemische Keule schwingen muss. Und man kann auch beim Einkaufen etwas weiter denken als nur bis zum eigenen Portmoneh (oder wie das jetzt geschrieben gehört...), wenn man es denn kann. Sowohl das Denken als auch das Geldausgeben.
Jeder lange Weg fängt mit dem ersten Schritt an, und den kann jeder selbst machen. Aber wenn sich global nichts grundlegend ändert, werden auch eine Million erste Schritte einen "Silent Spring" nicht verhindern können.
Die meisten Vogelarten sind in ihrem Bruterfolg in hohem Maße abhängig von einem reichen Angebot an Insekten und anderen Kerbtieren.
Wenn das aktuelle Insektensterben also Fakt ist (und nicht ein zeitlich und lokal begrenzter Zustand), werden wir das schon im nächsten Jahr an der Zahl der Vögel feststellen können.
Die Zahl und Größe der Spinnen in meinem Garten lässt mich momentan noch etwas an einem Rückgang der Insektenpopulation zweifeln. Aber so ein Rückgang tritt nicht überall in gleichem Maße auf. Bleibt zu hoffen, dass er sich aufhalten lässt.
liebe Grüße Andreas
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