Alles rund um Draht

Alles andere was zu Bonsai passt.
Hope
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Alles rund um Draht

Beitrag von Hope »

Ich habe oft versucht, Kupferdraht weichzuglühen, jedoch mur mit mäßigem Erfolg. Ich verwende dazu einen Butanbrenner. Gibt es da eine bestimmte Technik, die man anwenden sollte? Hat da jemand Erfahrung?
Und muss man für Bonsaibäume unbedingt "Bonsaidraht" verwenden, wenn man Aludraht verwender, oder würde Basteldraht der entsprechenden Drahtstärke ebenfalls den Zweck erfüllen? Denn es handelt sich ja um dasselbe Material.
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mydear
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Re: Alles rund um Draht

Beitrag von mydear »

Bei Bonsaidraht im Handel handelt es sich um eloxierten Aludraht. Mit den selbst hergestellten Draht eines Freundes bin ich nicht gut zurecht gekommen. Probiere es einfach mal aus und berichte hier darüber, ok?

Grüße
Rainer
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Hippo
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Re: Alles rund um Draht

Beitrag von Hippo »

Hope hat geschrieben: 04.05.2021, 22:20 Ich habe oft versucht, Kupferdraht weichzuglühen, jedoch mur mit mäßigem Erfolg.
Kupferdraht für Elektroinstallationen ist weich.
Wenn man damit Bonsai drahten will muss man sehr dick oder mehrfach umwickeln.
Wenn man aber Kupferdraht im Holzfeuer ausglüht, wird der Kupfer nicht etwa weich sondern spröde resp. hart.
Damit lässt sich etwas dünnerer Draht verwenden als z.B. mit Aludraht.

Eisendraht wird weicher wenn er ausgeglüht wird aber nicht Kupfer.
Grumpy old fat Kiboko.
hwolf
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Re: Alles rund um Draht

Beitrag von hwolf »

Nicht-Eisen-Metalle werden nur durch Abschrecken in Wasser weich!
Kirschrot glühen ~800° und dann in einen Wassereimer schmeißen.

LG
Heinrich
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Herb
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Re: Alles rund um Draht

Beitrag von Herb »

Da bin ich bei Heinrich.

Wir haben als Diesellokschlosser viele Dichtflächen mit Kupferringen abgedichtet. Die Ringe wurden grundsätzlich rotgeglüht und im Wasser abgeschreckt. Dann waren sie so weich, dass kleine Unebenheiten in den Dichflächen besser ausgeglichen wurden.

Gruß Dietrich
Hippo
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Re: Alles rund um Draht

Beitrag von Hippo »

Salü Freunde,

Das ist alles schön und gut aber was nützt mir ein weicher Kupferdraht für Bonsai.
Dann kann ich genausogut den billigeren Aludraht nehmen.
Für mich war in meinen Anfängen manchmal wichtig, die Elastizität aus dem Kupfer rauszubringen und ihn etwas starrer zu machen damit ich möglichst dünn arbeiten konnte. (Ich hatte die ersten zwei Jahre bei meiner Bonsaifrickelei keine Ahnung, dass es auch Aludraht gibt. Ich habe mit 22 völlig autark angefangen und erst nach 2 Jahren habe ich ein Sachbuch im Handel entdeckt und auch erfahren, dass es sogar Selbsthilfegruppen gibt.)
Als ich Aludraht entdeckte bin ich von Kupfer rasch wieder abgekommen weil die Oxidation stellenweise unschöne Spuren hinterlassen hat. Zudem haben Kupferdrähte, die man gratis bei Haussanierungen ergattern kann, eh nur 1-2, max. 3 unterschiedliche Stärken und mühsam abisolieren muss man die auch noch und das Entfernen vom Baum ist auch viel nerviger. *crazy*
Der eloxierte Aludraht ist da halt schon viel bequemer ...................... und warum einfach wenns auch kompliziert geht?

Gruss George
Grumpy old fat Kiboko.
hwolf
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Re: Alles rund um Draht

Beitrag von hwolf »

Festigkeiten:
Kupfer (rein) weichgeglüht: 200MPa, kaltverformt 350MPa
Aluminium: max. 190MPa, keine Steigerung durch Verdichtung bei gleichzeitiger Erhöhung der Sprödbrüchigkeit.

Indem ich weichgeglühten Kupferdraht um einen Ast wickle, nehme ich eine Kaltverformung vor, die die Festigkeit von Kupfer erhöht. Neben der allgemein höheren Festigkeit habe ich somit zwei Vorteile durch die Verwendung von Kupfer. a) geringere Querschnitte bei gleicher oder gar höherer Festigkeit im Vergleich zu Alu. b) Der Effekt der Verdichtungshärtung ermöglicht sehr einfache Verarbeitung mit geringem Kraftaufwand, die durch die Verformung des Kupfers dennoch zu höheren Festigkeiten und somit (im Vergleich zu Alu) einer über die investierte Arbeit hinausreichenden Stütz- bzw. Haltewirkung führt.

Welche Werbung auf einem Werkstoff steht, verändert diesen nicht. Allerdings gibt es unzählige Mischlegierungen verschiedener Metalle. Hartes Aluminium durch Kupferzusatz und weiches Kupfer mit Aluminiumanteil; beswonders biegsame Varianten mit Siliziumzusatz werden oft in der Leiterproduktion verwendet; Oxidationsbeständige Legierungen beinhalten Zink, der negative Effekte auf die Rinde von Bonsai haben kann. Ohne genaue Werkstoffrecherche wird man ausprobieren müssen. Das ist meist unterm Strich für Hobbyzwecke unwirtschaftlicher als die Aufwandmengen zu beschränken und sich auf konventionelle Bezugswege zu verlassen. Kauft man Bonsaidraht in Kilorollen und bezieht mehrere Stärken im Paket, ist der Kostenvorteil von "Basteldraht" kaum zahlenmäßig erfassbar. Glühe ich alte Kabel aus, versaue ich mit unter Umständen meinen Kiefernyamadori durch blaue Linien aus Zinkdioxiden, die nie mehr abgehen.

Pragmatisch betrachtet hat Kupfer nur Vorteile bei hohen aufzuwendenen Biegekräften bei räumlicher Enge.
Soll eine Drahtung optisch ansprechend sein und aufgrund hoher Verformung der Pflanze lange Zeit an ihr verweilen (Voraussetzung hierfür ist geringes Dickenwachstum oder billigende Inkaufnahme des Einwachsens von Draht [Wacholder etc] ) kann Kupfer Vorteile durch die UV-beständige Oxidschicht, die natürlicher aussieht als Aluminium, dessen Eloxierung durch Sonne entfärbt wird, und gleichzeitig geringe Querschnitte durch die Werkstofffestigkeit haben.
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mydear
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Re: Alles rund um Draht

Beitrag von mydear »

Sehr schön Heinrich, wie du perfekt die Vorteile von weichgeglühtem Kupferdraht beschrieben hast. Vor allem bei Nadelgehölzen ist er einfach Mittel der Wahl für den geübten Anwender.

3 Nachteilen sollte sich vor allem ein nicht so geübter Draht-Anwender bewußt sein:
- bei empfindlicher Rinde wie Ahorn oder Hainbuche hinterläßt Kupferdraht schnell Rindenverletzungen, die lange sichtbar bleiben
- bei Kupferdraht muss der Draht aufwendiger geführt werden, Das sollte erst ausreichend geübt werden bevor es an die eigenen Pflanzen geht
- du hast nur einen Versuch! Ist der Draht einmal gewickelt und paßt nicht recht (liegt nicht am Ast an), so kann nur mit deutlich höheren Kräften nachgebogen werden. Die Kupfer-Verhärtung entwickelt sich dann als Problem. Am besten gleich wieder mit der Drahtzange entfernen und einen 2. Versuch mit neuem Draht starten. Die Rinde kann dann schon beleidigt sein...

Grüße
Rainer
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Hope
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Re: Alles rund um Draht

Beitrag von Hope »

Danke für die vielen Antworten!
Ich sehe, dass die Habdhabung mit Aluminiumdraht viel leichter ist. Das Problem damit ist für mich nur, dass mir kein größerer davon in der Umgebung zur Verfügung steht - wie etwa bei dem Drahten des Stammes. Es gibt nur Aludraht in stärken bis 2mm, vielleicht gibt es bei Dehner noch welche bis 2,5mm, welche laut der Webseite noch nicht zur Verfügung stehen. Und online habe ich noch kein optimales Angebot gefunden, da die Lieferkosten ziemlich hoch sind. Das wäre in Deutschland einfacher

Allerdings habe ich eben Kupferdraht von Elektrokabeln zur Verfügung, was bei meinem ersten Baum(Wacholder) als Übung wahrscheinlich die geeigneteste Option wäre. Ich konnte es mit dem Butanbrenner nicht ins glühen bringen, weshalb es wahrscheinlich mit dem Weichtlühen nicht so funktioniert hat. Vielleicht sollte ich es in Holzkohle versuchen? Was würdet ihr mir raten?
Hope
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Re: Alles rund um Draht

Beitrag von Hope »

Übrigens: warum sollte Aludraht eloxiert sein? Hinterlässt es sonst spuren am Stamm? Kann man auch einfach gefärbtes Draht statt eloxiertes nehmen?
MerschelMarco
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Re: Alles rund um Draht

Beitrag von MerschelMarco »

Wenn du es unbedingt ausprobieren willst ( ich gehöre auch zu denen, die immer alles ausprobieren müssen, bis hin zum Jin-Mittel selber herstellen) folgendes:

Nimm rotglühende Holzkohle, leg den Draht drauf und bedecke alles mit glühender Kohle. Sobald das Kupfer selbst rotglühend ist nimm es raus und schrecke es ab.

Niemals auf offenes Flamme ausglühen und auch nicht zulange in der Glut lassen. Bei ersterem bildet sich ein feste Oxidschicht auf dem Draht, die platzt dann in sehr scharfen Splittern bei Drahten ab, das kann übel ins Auge gehen. Bleibt das Kupfer zu lange in der Glut, ist das Kupfer zwar weich aber auch spröde (keine Ahnung warum) und bricht bei Drahten einfach ab.

Grüße,
Marco
MerschelMarco
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Re: Alles rund um Draht

Beitrag von MerschelMarco »

Hope hat geschrieben: 05.05.2021, 19:33 Übrigens: warum sollte Aludraht eloxiert sein? Hinterlässt es sonst spuren am Stamm? Kann man auch einfach gefärbtes Draht statt eloxiertes nehmen?
Das ist nur eine optische Sache sonst nix, sieht einfach besser aus und ist bei guten Draht auch beständig. Silberner Draht geht genauso sieht aber halt echt beschi... aus.

Grüße,
Marco
Hippo
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Re: Alles rund um Draht

Beitrag von Hippo »

Hope hat geschrieben: 05.05.2021, 19:33 Übrigens: warum sollte Aludraht eloxiert sein?
Neben dem bescheidenen Aussehen bekommt man beim Hantieren mit unbehandeltem Aludraht ziemlich schwarze Finger. Ich habs probiert.
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Re: Alles rund um Draht

Beitrag von sauwoidman »

Bei dem weltbekannten Online-Buchhändler (der, der so ähnlich heißt, wie ein großer südamerikanischer Fluss) bekommt man eloxierten Aluminiumdraht in allen möglichen Stärken, und das zu einem Preis, bei dem man nicht einmal den Taschenrechner auspacken muss, um zu wissen, dass sich das Ausglühen von altem Elektroschrott (zumindest in den benötigten Mengen) nicht wirklich auszahlt :roll: :lol:

MfG Reinhold!
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abardo
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Re: Alles rund um Draht

Beitrag von abardo »

... und wenn man Kupfer- oder Aludraht im Fachhandel in Polen und in grösseren Mengen kauft, ist er so günstig, dass sich selbst machen nicht mehr lohnt, die eigene Arbeitszeit wäre mir dazu zu schade.

Ich habe in meinem doch schon einige Jahre dauernden Bonsaileben erst 2x Kupferdraht gekauft. Man braucht ja auch keinen Unmengen, wenn man weder Profi noch der Pfleger einer riesigen Sammlung ist. Da ich den Draht auch generell in Stücken wieder abschneide und zum Verwerter gebe, bekomme ich dann noch ca. 10% der Kosten retour.
Grüße, Frank
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