Moutarde de Ludwig (III)

Freie Baumgestaltungen. Wir nähern uns von einer anderen Seite. Junge Wilde inklusive.
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HeikeV
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von HeikeV »

zopf hat geschrieben:Phantasie, Inspiration, Kreativität werden hier wohl als "Geburt" des Nichtbewussten eingeordnet.
Das finde ich einen interessanten Denkanstoß. Wenn ich Kunst betrachte, also passiv bin, dann denke ich schon,
dass das Unterbewusstsein angesprochen wird. Aber ändert sich das wenn ich aktiv gestalte ?
Es scheint auch so, das es eine unüberwindbare Grenze zwischen dem Bewussten und Nichtbewusstem gibt.
So ganz unüberwindbar scheint diese Grenze nicht zu sein. Während Bewusstsein mit Begrifflichkeit arbeitet, operiert
das Unterbewusstsein auf prä-verbaler Ebene. Lust und Unlust sind z.B. Prozesse des Unterbewusstseins, es ist antriebs-
haft und verarbeitet nach seinen eigenen Regeln.
Aber man ist doch schon in der Lage z.B Emotionen zu verbalisieren, so man es denn irgendwann in seiner persönlichen
Entwicklungsgeschichte gelernt hat. Andernfalls wird es wieder die Geschichte mit dem fehlenden Deckel auf der Zahnpasta
Tube, der die Beziehung torpediert. Der arme Deckel kann ja nichts dafür, dass er als Platzhalter für anderweitig nicht zu
verbalisierende Emotionen her halten muss.
PS Apnoetauchern sind auch nicht die schlechtesten Gehirnüberlister


Jepp, bis zum bitteren Ende.
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abardo
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von abardo »

Oben hatte ich schonmal gesagt:

Fantasie bzw. Inspiration lässt sich trainieren, z.B. so: stopft dich mit Wissen und Eindrücken voll, bis du platzt. Und lass dich, während du im Tiefschlaf das alles verdaust, einfach wecken.
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HeikeV
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von HeikeV »

abardo hat geschrieben:Oben hatte ich schonmal gesagt:

Fantasie bzw. Inspiration lässt sich trainieren, z.B. so: stopft dich mit Wissen und Eindrücken voll, bis du platzt. Und lass dich, während du im Tiefschlaf das alles verdaust, einfach wecken.


Traumyoga. Führt aber eigentlich nur zu luzidem Träumen ( und dunklen Ringen unter den Augen ) und eher weg von Kreativität.

Sind es nicht eher die "kindlichen Anteile" im Menschen, die die Kreativität beflügeln ?
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Andreas Ludwig
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von Andreas Ludwig »

HeikeV hat geschrieben:Während Bewusstsein mit Begrifflichkeit arbeitet, operiert das Unterbewusstsein auf prä-verbaler Ebene. Lust und Unlust sind z.B. Prozesse des Unterbewusstseins, es ist antriebshaft und verarbeitet nach seinen eigenen Regeln. Aber man ist doch schon in der Lage z.B Emotionen zu verbalisieren, so man es denn irgendwann in seiner persönlichen Entwicklungsgeschichte gelernt hat.
Einspruch. Weder bedarf bewusstes Denken der Sprache, noch ist Sprache per se eine höhere Ebene. Sie hat zwar ihre unbestreitbaren Vorzüge, aber sie ist auch ein geradezu miserabel langsames Vehikel. Müsste ich alles erst verbalisieren, was ich völlig bewusst gestalte, würde ich glatt verhungern. Die Notwendigkeit, Emotionen zu verbalisieren, ergeben sich nur aus zwischenmenschlichen Beziehungen: Man versteht eine Emotion für sich selbst kein bisschen besser, wenn man sie bezeichnet – aber kann darüber reden.

Im übrigen wäre es doch sehr spannend zu erfahren, wie viele «völlig bewusste» Aktionen von Menschen einzig auf der Basis völlig unbewusster Triebhaftigkeit entstanden sind. Das Ganze ist, denke ich, alles ein Riesending, ohne deutliche Übergänge, ohne benennbare Grenzen und Unterschiede. Es gibt da «Durchreichen», von ganz unten kommen Impulse nach ganz oben – und dann verklickern wir in gestelztem Managerdeutsch, was eigentlich plumper Trieb ist und umgekehrt.
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abardo
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von abardo »

Das Unbewusste wird bei jedem verschieden arbeiten, bei mir klappts.

Folgendes ist für Fortgeschrittene:
  • setz dich bequem vor deinem Baum, der vor einem einfarbigen Hintergrund steht
  • such die Mitte des Baumes und starre 5 Minuten drauf, fokussiert nur auf den Punkt
  • dann schalte auf "Randsicht", dass ist schwer, man muss versuchen, den äusseren Rand des Sichtfeldes wahrzunehmen, gleichzeitig, komplett, das ganze Bild sozusagen, den Fokus abstellen. Nochmal 10 Minuten. Das kann man wirklich trainieren
  • das Gleiche dann nochmal "von hinten"
  • dann denkt man immer wieder mal an den Baum ...
... man wird die Struktur komplett verinnerlicht haben und innerhalb von Tagen kann man den Baum im Kopf wie ein Modell bewegen. Wie man will. Ist wie Kopfschach. Dann ergibt sich automatisch die neue und machbare Gestalt des Baumes.

Und ja, das ist kein Hokuspokus. Hab ich mal beim autogenen Training gelernt.
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HeikeV
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von HeikeV »

Andreas Ludwig hat geschrieben: Einspruch. Weder bedarf bewusstes Denken der Sprache, noch ist Sprache per se eine höhere Ebene.


Hat bin der Entwicklungsgeschichte der Menschheit aber schon geholfen, oder ?
Sie hat zwar ihre unbestreitbaren Vorzüge, aber sie ist auch ein geradezu miserabel langsames Vehikel. Müsste ich alles erst verbalisieren, was ich völlig bewusst gestalte, würde ich glatt verhungern.


Denkst du beim Gestalten wirklich nur in Bildern oder auch in Begrifflichkeiten ?
Die Notwendigkeit, Emotionen zu verbalisieren, ergeben sich nur aus zwischenmenschlichen Beziehungen:
Hier möchte ich jetzt widersprechen. Emotionen wahr zu nehmen und begrifflich werden zu lassen dient auch ihrer Analyse und Kontrolle. Dazu ist kein Gegenüber nötig.
Im übrigen wäre es doch sehr spannend zu erfahren, wie viele «völlig bewusste» Aktionen von Menschen einzig auf der Basis völlig unbewusster Triebhaftigkeit entstanden sind.


Darf ich das bitte mal umdrehen und ganz freudianisch fragen "Welche nicht ?"
Das Ganze ist, denke ich, alles ein Riesending, ohne deutliche Übergänge, ohne benennbare Grenzen und Unterschiede. Es gibt da «Durchreichen», von ganz unten kommen Impulse nach ganz oben – und dann verklickern wir in gestelztem Managerdeutsch, was eigentlich plumper Trieb ist und umgekehrt.
Passiert schon mal, wenn man sich das nötige Wissen nicht methodisch, analytisch angeeignet hat.

Es stimmt, eine Verarbeitung von einer Ebene zur nächst Höheren kann statt finden. Der Prozess funktioniert aber zur Freude der Therapeuten nicht immer.
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von Sigrid »

Andreas Ludwig hat geschrieben:
HeikeV hat geschrieben:Während Bewusstsein mit Begrifflichkeit arbeitet, operiert das Unterbewusstsein auf prä-verbaler Ebene. Lust und Unlust sind z.B. Prozesse des Unterbewusstseins, es ist antriebshaft und verarbeitet nach seinen eigenen Regeln. Aber man ist doch schon in der Lage z.B Emotionen zu verbalisieren, so man es denn irgendwann in seiner persönlichen Entwicklungsgeschichte gelernt hat.
Einspruch. Weder bedarf bewusstes Denken der Sprache, noch ist Sprache per se eine höhere Ebene. Sie hat zwar ihre unbestreitbaren Vorzüge, aber sie ist auch ein geradezu miserabel langsames Vehikel. Müsste ich alles erst verbalisieren, was ich völlig bewusst gestalte, würde ich glatt verhungern. Die Notwendigkeit, Emotionen zu verbalisieren, ergeben sich nur aus zwischenmenschlichen Beziehungen: Man versteht eine Emotion für sich selbst kein bisschen besser, wenn man sie bezeichnet – aber kann darüber reden.

Im übrigen wäre es doch sehr spannend zu erfahren, wie viele «völlig bewusste» Aktionen von Menschen einzig auf der Basis völlig unbewusster Triebhaftigkeit entstanden sind. Das Ganze ist, denke ich, alles ein Riesending, ohne deutliche Übergänge, ohne benennbare Grenzen und Unterschiede. Es gibt da «Durchreichen», von ganz unten kommen Impulse nach ganz oben – und dann verklickern wir in gestelztem Managerdeutsch, was eigentlich plumper Trieb ist und umgekehrt.
Einspruch gegen den Einspruch!

Das sind doch vollkommen unterschiedliche Ansätze und Feststellungen!

Natürlich ist die Sprache ein langsames Vehikel und natürlich lässt sich bewusstes Denken auch auf andere Weise ausdrücken und die Sprache ist nicht zwangsläufig eine höhere Ebene.

Aber natürlich stimmt es auch, dass die Verbalisierung sämtlicher Emotionen, bewusster und unbewusster, mit Mitteln der Sprache möglich ist – dazu muss man nur mal Proust gelesen haben (ein extrem langsamer Prozess, zugegeben)

Also für mich besteht hier einfach der Eindruck, dass auf völlig unterschiedlichen Ebenen argumentiert wird, bloß kommt man so nicht weiter.
Jedoch: wenn jeder sich auf solche Weise für sich selbst Klarheit verschafft, ist ja auch schon was erreicht
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Andreas Ludwig
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von Andreas Ludwig »

HeikeV hat geschrieben:Hat bin der Entwicklungsgeschichte der Menschheit aber schon geholfen, oder ?
Der Gesellschaft sicher. Wir reden aber von Individual-Strategien.
HeikeV hat geschrieben:Denkst du beim Gestalten wirklich nur in Bildern oder auch in Begrifflichkeiten ?
Bilder, Rhythmen, Sequenzen, Tonfolgen, auch eine Art von «Interferenzen», was halt grad taugt – Begrifflichkeiten nur, wenn ich Dinge Kunden vermitteln muss – was ich immer als Heidenarbeit und grossen Zeitverlust interpretiere.
HeikeV hat geschrieben:Hier möchte ich jetzt widersprechen. Emotionen wahr zu nehmen und begrifflich werden zu lassen dient auch ihrer Analyse und Kontrolle. Dazu ist kein Gegenüber nötig.
Ich nehme meine Emotionen durchaus und sehr ernst, ohne sie zu analysieren und kontrollieren – jedenfalls nicht «intern». Was das «Aussendepartement» meint, ist andere Baustelle, aber das tritt erst dazu, wenn andere Menschen dazutreten. Ich habe meine Emotionen, das reicht.
HeikeV hat geschrieben:Darf ich das bitte mal umdrehen und ganz freudianisch fragen "Welche nicht ?"
Da frage ich dann sokratisch-schelmisch zurück: Ist das jetzt so ein QED-Dingens..?
HeikeV hat geschrieben:Passiert schon mal, wenn man sich das nötige Wissen nicht methodisch, analytisch angeeignet hat.
Ich respektiere deinen Glauben an die althergebrachte, aufklärerisch-intellektuelle Selbstdisziplin. Ich teile ihn aber nicht. Man kann auch völlig methodisch und analytisch voll im Schilf stehen...
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HeikeV
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von HeikeV »

Andreas Ludwig hat geschrieben: Ich respektiere deinen Glauben an die althergebrachte, aufklärerisch-intellektuelle Selbstdisziplin. Ich teile ihn aber nicht. Man kann auch völlig methodisch und analytisch voll im Schilf stehen...
8)
*lach*
Hältst du es für möglich, dass wir beide Gummistiefel brauchen könnten ?
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von Andreas Ludwig »

Absolut.

Mein Lieblingscartoon:
Zwei Wissenschafter stehen neben dem explodierten Labor. Der eine sagt zum andern: «Was für ein wundervoller Krater!»

*dance*
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