Moutarde de Ludwig (III)

Freie Baumgestaltungen. Wir nähern uns von einer anderen Seite. Junge Wilde inklusive.
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camaju +
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von camaju + »

abardo hat geschrieben: Bonsai wird uns so oft als Kunst verkauft. Da stell ich halt ein deutliches Fragezeichen hinter und deshalb möchte ich das (gerade zusammen mit einem Künstler) gerne vertiefen.
Viel. solltest du trennen zwischen Bonsaikunst und Bonsai in der Kunst. Bonsaikunst ist z.B. nicht einen Baum mit den Wurzeln nach oben aufzuhängen.
Gruß Jürgen *wink*

Wer nicht mit Pflanzen und Tieren kann, kann auch nicht mit Menschen.

Ich moderiere in blau, der Rest ist nur meine Meinung
bonsaiwilly
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von bonsaiwilly »

Hallo Frank

Du solltest nicht versuchen, mich psychologisch einzuschätzen!
Erstens kannst du das nicht und zweitens steht dir das nicht zu!
LG Dieter


Die Schönheit eines Bonsai, liegt im Auge seines Schöpfers
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Andreas Ludwig
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von Andreas Ludwig »

abardo - wir hatten es schon davon, dass ich deinen Kunstbegriff nicht teile. Du schreibst immer wieder mal, was nicht Kunst sei. Da wüsste ich dann gerne, wie du denn Kunst definieren würdest. Aber bitte so, dass die Definition prüfbar tauglich ist.

Ansätze:
«Das Wort Kunst bezeichnet im weitesten Sinne jede entwickelte Tätigkeit, die auf Wissen, Übung, Wahrnehmung, Vorstellung und Intuition gegründet ist (Heilkunst[1], Kunst der freien Rede). Im engeren Sinne werden damit Ergebnisse gezielter menschlicher Tätigkeit benannt, die nicht eindeutig durch Funktionen festgelegt sind. Kunst ist ein menschliches Kulturprodukt, das Ergebnis eines kreativen Prozesses. Das Kunstwerk steht meist am Ende dieses Prozesses, kann aber seit der Moderne auch der Prozess selbst sein. Ausübende der Kunst im engeren Sinne werden Künstler genannt.» (wikipedia)

«1. schöpferisches Gestalten aus den verschiedensten Materialien oder mit den Mitteln der Sprache, der Töne in Auseinandersetzung mit Natur und Welt 2. einzelnes Werk, Gesamtheit der Werke eines Künstlers, einer Epoche o. Ä.; künstlerisches Schaffen das Können, besonderes Geschick, [erworbene] Fertigkeit auf einem bestimmten Gebiet» (Duden online)

«Kunst ist eine wesentliche Ausdrucksform für Gefühle und Gedanken, welche den Menschen bewegen. Kunst ist hierbei weniger das, was Kritiker und Spekulanten für wertvoll und handelbar halten, sondern vielmehr all das, worin der Künstler ein Stück von sich selbst gegeben hat. Sei es ein großes oder ein eher bescheidenes Werk. Es ist immer Ausdruck einer expressiven Schaffenskraft und des Bedürfnisses, sich mitzuteilen.» (artfocus.com, erster Abschnitt von «Versuch einer Definition»)

Den Hauptunterschied zu deinen Äusserungen sehe ich darin, dass alle diese Definitionen wesentlicher offener, grosszügiger, umfassender sind. «Nicht eindeutig durch Funktion festgelegt», «schöpferisches Gestalten», «Ausdrucksform für Gefühle und Gedanken» – das lässt vieles zu, was für dich nicht Kunst ist. Es ist auch nicht die Rede von einem «mehr». Ich habe den Eindruck, du setzt ein Leistungsdenken in deiner Kunstauffassung zwingend voraus. Das kann durchaus ein Aspekt sein, ist aber keineswegs Bedingung. Einfacher gesagt (ich soll ja nicht so viele Worte verwenden...): Ein Einzelwerk muss keineswegs goldmedaillenverdächtig sein, es reicht, wenn es irgend etwas zum «Universum Kunst» beiträgt.

Nachtrag: Diese Definition ist wichtig als Prämisse. Je exklusiver (lat. excludere, ausschliessen) man Kunst definiert, umso mehr wird ausgeschlossen, umso enger wird das Spektrum der Werke. Tatsächlich pflegt die Bonsaiwelt heute ein sehr exklusives Spektrum. Dieser eine andere, aber ebenso exklusive Definition entgegenzusetzen, ist für mich irgendwie keine Lösung. Da hat bonsaiwilly intuitiv recht: Das ist bloss Dissidenz. Erinnert an Leute, die in Jeans uniformiert sind und gegen Uniformen demonstrieren...


Nachtrag 2: Sigrid - wie lange war in deinem Berufsleben eine durchschnittliche Urteilsbegründung..?
Zuletzt geändert von Andreas Ludwig am 10.07.2016, 14:27, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von Andreas Ludwig »

HeikeV hat geschrieben:Ob ich ein Objekt als Kunst wahr nehme oder nur als Mumpitz, weil da ein überbordendes, menschliches Ego eine Projektionsfläche im öffentlichen Raum gefunden hat, ist ganz allein meine Entscheidung.
Aber du hast darüber nachgedacht und entschieden.
Das ist doch ein Quäntchen mehr als bloss Zähneputzen.

Darum der Ausspruch: Kunst ist zweckfrei, aber sinnstiftend.
Welcher Sinn, ist dabei offen.
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von HeikeV »

Andreas Ludwig hat geschrieben:
Aber du hast darüber nachgedacht und entschieden.
Nein, würde ich so nicht stehen lassen. Nachdenken ist ein Prozess des Bewusstseins. Die Entscheidung ob ich Gesehenes in meine Schublade "Kunst"
packe, läuft aber ein paar Etagen tiefer ab. Das ist ein eher emotionaler Prozess, der sich viel komplexer dar stellt als die Ratio des Nachdenkens.

Darum der Ausspruch: Kunst ist zweckfrei, aber sinnstiftend.
Welcher Sinn, ist dabei offen.
Toll, so eine Aussage.
Es ist also so lang wie breit, lässt mir aber zumindest die Möglichkeit offen Sinnstiftung als völlig zweckfrei zu betrachten. :wink:
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Andreas Ludwig
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von Andreas Ludwig »

Nein, es geht darum, dass der «Sinn» nicht zweckgebunden ist wie bei einem Dosenöffner. Oder wie du sagen würdest: Es geht um einen Sinn, der ein paar Etagen höher ist. Aber à propos Etagen: Glaub nicht, dass es einen wesentlichen Unterschied zwischen dem Denken gibt, das dir bewusst scheint und dem, das «einfach so» abläuft. Wieso sollte emotionales Denken komplexer sein als mathematisches (und umgekehrt)? Vielleicht ist es bloss der «Zugriff» (eine Sache der Übung), der diese vermeintlichen Kategorien schafft? Da müssten wir erst lange über Transaktionsumgebungen und Konditionierung reden. Beispiel: Du hast mal bewusst gelernt, zu schalten und bremsen im Auto und tust es heute schneller, als du verbal denken kannst. Offenbar sind die Grenzen da fliessend...
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HeikeV
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von HeikeV »

Andreas Ludwig hat geschrieben: Glaub nicht, dass es einen wesentlichen Unterschied zwischen dem Denken gibt, das dir bewusst scheint und dem, das «einfach so» abläuft. Wieso sollte emotionales Denken komplexer sein als mathematisches (und umgekehrt)?
Andreas,

hast du mal auf meinen Avatar geschaut ? Was Betrachtung der Funktion des Geistes angeht, komme ich eventuell aus einer anderen aber sehr geübten Richtung.

Definier mal bitte "emotionales Denken". Emotionen und den Vorgang des Denkens kann man meiner Ansicht nicht so klar verknüpfen, denn da arbeiten 2 unterschiedliche
Teile des Hirns, die nichts miteinander zu tun haben. Mit Ratio kommt man nun mal nicht an Reptilienhirn. Ein bekanntes Problem aus der Psychotherapie. Unbewusst ein
Auto in einer Gefahrensituation zu bremsen ist ein bedingter Reflex. Mein Körper ist auf Überleben programmiert.

Aber vielleicht kommen wir so weiter:

Wenn ich ein Kunstwerk betrachte, steht da die Summe meiner Lebenserfahrung, die dieses Kunstwerk anschaut und entscheidet ob das Gesehene kompatibel zur
Erwartung ist. Ist es das nicht und wird dazu dann eventuell noch ein argumentativ nicht stimmiger, intellektueller Überbau geliefert, ist die Lebenserfahrung wieder
um eine Erfahrung reicher, zuckt die Schultern und trollt sich.
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von abardo »

camaju hat geschrieben: Viel. solltest du trennen zwischen Bonsaikunst und Bonsai in der Kunst.
Das ist schonmal interressant. Viele in der Szene sagen immer wieder: Bonsai ist eine Kunstform. Was meinen die damit wohl genau ? Wissen die das überhaupt ?
camaju hat geschrieben: Bonsaikunst ist z.B. nicht einen Baum mit den Wurzeln nach oben aufzuhängen.
Nie behauptet. Aber ein Formenspiel und Designkonzept :)
Andreas Ludwig hat geschrieben: wie du denn Kunst definieren würdest
Jemand anderes hat mal gesagt: "Kunst ist ein Fenster zu den Möglichkeiten der Existenz". Unterschreib ich. Es muss halt was zu sehen geben.

Deine zitierten Definitionen beschreiben alle das, was ich "Mehr" nenne. Ich habe aber oben und in anderen Threads noch andere Beispiele dafür genannt. Insofern bin ich da offener, als die von dir zitierten Definitionen.

Sagen wir es mal ganz platt und aus der Ego-Perspektive: was mich auf die Reise schickt, ist Kunst. Wo ich erkenne, dass der Künstler eine Reise durchgemacht hat, auch Kunst. Ein unfertiger Rohling ist für mich aber eben nur ein unfertiger Rohling. Und ein handwerklich genial ausgearbeiteter, naturalistischer Spitzenbaum, schickt mich gedanklich oft eben nur auf eine Wiese/Klippe/Berg mit einem Baum. Das ist zwar auch schön, aber beliebig. Kunsthandwerk. Nussknacker. Handgeschnitzt. 100 pro Tag.

Heikes Gedanken kann ich sehr gut nachvollziehen.
Grüße, Frank
___________
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Andreas Ludwig
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von Andreas Ludwig »

HeikeV hat geschrieben:hast du mal auf meinen Avatar geschaut ? Was Betrachtung der Funktion des Geistes angeht, komme ich eventuell aus einer anderen aber sehr geübten Richtung.
Immer wieder. Für mich ist er irgendwie beängstigend: Findest du das Unbewusste per se ungeheuerlich? Dann werde ich für dich ein Ungeheuer bleiben. Ich übe eben woanders...
HeikeV hat geschrieben: Definier mal bitte "emotionales Denken". Emotionen und den Vorgang des Denkens kann man meiner Ansicht nicht so klar verknüpfen, denn da arbeiten 2 unterschiedliche Teile des Hirns, die nichts miteinander zu tun haben. Mit Ratio kommt man nun mal nicht an Reptilienhirn. Ein bekanntes Problem aus der Psychotherapie.
Dazu kann ich nur sagen, dass das für dich so ist, für andere aber nicht. Es ist m.E. auch nicht das Reptilienhirn (liegt in diesem Begriff nicht eine Abwertung oder verstehe ich das falsch?). Ich nenne es «laterales Denken». Ist modernerweise sogar darstellbar: Bei den einen leuchtet es anders auf als bei andern, wenn sie im fMRI/fMRT dieselben Denkprobleme oder etwa Musik vorgesetzt kriegen. Ist ein hochaktueller Forschungsgegenstand. Nimm es bitte nicht als offensive, beleidigende Äusserung, aber mir scheint angelegentlich, dir sei dieser aktuelle Stand der Forschung nicht bekannt.
HeikeV hat geschrieben:Aber vielleicht kommen wir so weiter:
Intermezzo: Noch so gerne!
HeikeV hat geschrieben:Wenn ich ein Kunstwerk betrachte, steht da die Summe meiner Lebenserfahrung, die dieses Kunstwerk anschaut und entscheidet ob das Gesehene kompatibel zur Erwartung ist. Ist es das nicht und wird dazu dann eventuell noch ein argumentativ nicht stimmiger, intellektueller Überbau geliefert, ist die Lebenserfahrung wiederum eine Erfahrung reicher, zuckt die Schultern und trollt sich.
Ich habe ein Wort hervorgehoben, Erwartung. Ich setze dem eines entgegen, das für mich dieselbe hohe Bedeutung hat: Neugier. Damit will ich sagen: Ich denke nicht, dass entweder du oder ich richtig liegen. Ich denke, wir sind verschieden. Für dich ist Stabilität, Ordnung Priorität, ich bin der (fröhliche, nicht aggressive) Chaot, der im Unbekannten herumforschen möchte. Ich habe aber bereits mal erwähnt, dass mir völlig klar ist, dass es Tausende wie dich braucht, um einen wie mich mitzutragen. Ich denke aber auch, dass wir uns nicht bedrohen und dass du wie ich darum, eingedenk der Tatsache, dass arbeitsteilige Gesellschaften bisher wesentlich zum Gedeihen der Menschheit beigetragen haben, wir uns leben lassen können, weil es (zumindest möglicherweise) für beide von Vorteil sein könnte. Das nicht absolut, summa summarum, in Bilanzen gerechnet, sondern vielleicht jeden Tag. Ich meine, ich habe mich meiner Art nicht zu schämen im Alltag, sowenig wie du. Wir haben bloss verschiedene Positionen und «Aufgaben».

Nachtrag: Während die «emotionale Musik» für mich etwas Konstruktivisch-logisches hat, aus dem ich immer wieder mal gerne das Eine oder Andere in meine Arbeit übertrage, haben für mich die Formeln der Modallogik einen tiefen emotionalen Wert, sie berühren mich sozusagen im «Reptilienhirn», ich finde sie schön. Das nicht als grosser Bluff oder so – bloss als Darstellung eines anderen, vielleicht weit abgelegenen Standpunkts. Nicht zuletzt danke ich für deine Beharrlichkeit – sie ist eben auch «sinnstiftend» für mich.
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HeikeV
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von HeikeV »

Andreas Ludwig hat geschrieben: Immer wieder. Für mich ist er irgendwie beängstigend: Findest du das Unbewusste per se ungeheuerlich? Dann werde ich für dich ein Ungeheuer bleiben. Ich übe eben woanders...
Das Unbewusste empfinde ich absolut nicht ungeheuerlich. Es existiert einfach, so wie viele andere Sachen auch. In deiner Definition wären wir dann also schon mal zwei Ungeheuer.
Dazu kann ich nur sagen, dass das für dich so ist, für andere aber nicht. Es ist m.E. auch nicht das Reptilienhirn (liegt in diesem Begriff nicht eine Abwertung oder verstehe ich das falsch?). Ich nenne es «laterales Denken». Ist modernerweise sogar darstellbar: Bei den einen leuchtet es anders auf als bei andern, wenn sie im fMRI/fMRT dieselben Denkprobleme oder etwa Musik vorgesetzt kriegen. Ist ein hochaktueller Forschungsgegenstand. Nimm es bitte nicht als offensive, beleidigende Äusserung, aber mir scheint angelegentlich, dir sei dieser aktuelle Stand der Forschung nicht bekannt.
Wenn dir der Ausdruck Stammhirn lieber ist, nehmen wir ihn halt. Reptilien sind ja nicht bei jedem negativ besetzt. Ich denke schon, dass ich den aktuellen Stand der Forschung kenne. Schon allein aus dem Grund, dass regelmäßige Meditation die Amygdala verändert, interessiert es mich einfach.
Ich habe ein Wort hervorgehoben, Erwartung. Ich setze dem eines entgegen, das für mich dieselbe hohe Bedeutung hat: Neugier.


Ist Neugier nicht die Erwartung von etwas Unbekanntem ?

Damit will ich sagen: Ich denke nicht, dass entweder du oder ich richtig liegen. Ich denke, wir sind verschieden.


Wenn wir es nicht wären, würde ich das nicht nur ungeheuerlich sondern wahrscheinlich auch beängstigend finden.
Für dich ist Stabilität, Ordnung Priorität, ich bin der (fröhliche, nicht aggressive) Chaot, der im Unbekannten herumforschen möchte. Ich habe aber bereits mal erwähnt, dass mir völlig klar ist, dass es Tausende wie dich braucht, um einen wie mich mitzutragen. Ich denke aber auch, dass wir uns nicht bedrohen und dass du wie ich darum, eingedenk der Tatsache, dass arbeitsteilige Gesellschaften bisher wesentlich zum Gedeihen der Menschheit beigetragen haben, wir uns leben lassen können, weil es (zumindest möglicherweise) für beide von Vorteil sein könnte. Das nicht absolut, summa summarum, in Bilanzen gerechnet, sondern vielleicht jeden Tag. Ich meine, ich habe mich meiner Art nicht zu schämen im Alltag, sowenig wie du. Wir haben bloss verschiedene Positionen und «Aufgaben».


Nein, ich bin nicht die Buchhalterin, die in Zahlenkolonnen versucht das Leben für sich übersichtlich zu gestalten, weil es dann weniger bedrohlich ist. Wahr ist allerdings, dass ich gerne einen aufgeräumten Geist habe. Dazu nehme ich dann schon mal das Recht auf Abgrenzung in Anspruch.

Dein Bild von mir beruht auf reiner Projektion, auf was auch sonst, wir sind im Internet. Ich zitiere einen Goya und es kommt bei dir an. "Ungeheuer"

Ist dir schon mal aufgefallen, dass jedesmal wenn sich unsere Wege hier kreuzen, das Gleiche passiert ? Es fallen Bewertungen. "ich habe mich meiner Art nicht zu schämen im Alltag" schreibst du oben. Nee, natürlich hast du dich nicht zu schämen. Wen geht es etwas an wie du deinen Tag rum bringst ? Aber warum schreibst du mir so etwas ?

Du nennst es Beharrlichkeit, ich nenne es bei mir sein.
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von Andreas Ludwig »

HeikeV hat geschrieben:In deiner Definition wären wir dann also schon mal zwei Ungeheuer.
«Die Normalen sind weder gut noch vernünftig, sie repräsentieren lediglich die statistische Mehrheit menschlichen Wahnsinns.»
Zitat eines Psychiaters, das immer irgendwie nachhallt in meinem Ohr... (Nö - ich erspare uns allen jetzt die üblichen historischen Hinweis auf diese Tatsache..)
HeikeV hat geschrieben:Wenn dir der Ausdruck Stammhirn lieber ist, nehmen wir ihn halt. Reptilien sind ja nicht bei jedem negativ besetzt. Ich denke schon, dass ich den aktuellen Stand der Forschung kenne. Schon allein aus dem Grund, dass regelmäßige Meditation die Amygdala verändert, interessiert es mich einfach.
Nicht Stammhirn. Das ordnet die Atmung, die Peristaltik, den Herzschlag. Ich rede von dem vermeintlich Unzugänglichen, das aber genau so «bewusst» ist wie das vermeintlich Bewusste – Angst, Freude, hohe, tiefe, irgendwelche Gefühle, die Gedanken sind und nichts als das. Träume zum Beispiel. Die haben realen Charakter – woher, wieso?
HeikeV hat geschrieben:Ist Neugier nicht die Erwartung von etwas Unbekanntem ?
Stattgegeben. Aber es ist eine projektive Erwartung, keine, die retrospektiv validiert wird.
HeikeV hat geschrieben:Nein, ich bin nicht die Buchhalterin, die in Zahlenkolonnen versucht das Leben für sich übersichtlich zu gestalten, weil es dann weniger bedrohlich ist. Wahr ist allerdings, dass ich gerne einen aufgeräumten Geist habe. Dazu nehme ich dann schon mal das Recht auf Abgrenzung in Anspruch.
Das ist dein Recht. Ich bin mir durchaus bewusst, dass mein fröhliches Chaos bisweilen bedrängend, provozierend, beängstigend gar wirken kann (man lese nur hier nach..!). Allerdings werfe ich ein, dass ich meinerseits genau so auf Ordnung bedacht bin und täglich «aufräume». Gestalten ist letztlich nichts anderes als das Schaffen einer alternativen Ordnung.
HeikeV hat geschrieben:Ist dir schon mal aufgefallen, dass jedesmal wenn sich unsere Wege hier kreuzen, das Gleiche passiert ? Es fallen Bewertungen. "ich habe mich meiner Art nicht zu schämen im Alltag" schreibst du oben. Nee, natürlich hast du dich nicht zu schämen. Wen geht es etwas an wie du deinen Tag rum bringst ? Aber warum schreibst du mir so etwas ?
Um die Bewertungen aufzulösen, aber eben so, dass es für mich auch seine Richtigkeit hat..?
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von mohan »

MerschelMarco hat geschrieben: Da rede ich gerne von mir selber. An Ideen mangelt es nicht, die erste Skizze muß aufgrund von Euphorie sofort mit den gerade mir zur Verfügung stehenden Mitteln umgesetzt werden (Stichwort Ungeduld, der wohl größte Feind)... sie scheitert zu 80%. Die nächste Skizze, sie erfordert dann auch schon wesentlich mehr Aufwand, scheitert zu 50%.. und so weiter. Nach 10 Versuchen wär es dann vielleicht langsam mal was. Leider bin ich so weit noch nie gekommen, da fehlt es an der Konsequenz und da bin ich in guter Gesellschaft.
Hallo Marco,
das ist doch schön zu wissen! :-D
Leider ergeht es mir bisher ähnlich. Es gab einige Skizzen und Anläufe aber in den letzten Jahren könnte ich nur von einem einzigen Projekt behaupten das es sicht annähernd so entwickelt hat wie gewünscht. Ich selbst hab mir aber vorgenommen es immer mal wieder zu probieren und derzeit habe ich 6-7 neue Dinge auf den Weg gebracht von denen ich mir erhoffe, dasS es wenigstens mit einem klappt.

Es wäre auf jeden Fall spanned wenn du ( oder andere) auch mal etwas in dieser Richtung zeigen würdest... nichts fertiges. Versteht sich ;-)
Viele Grüße
monika
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von HeikeV »

Andreas Ludwig hat geschrieben: Nicht Stammhirn. Das ordnet die Atmung, die Peristaltik, den Herzschlag. Ich rede von dem vermeintlich Unzugänglichen, das aber genau so «bewusst» ist wie das vermeintlich Bewusste – Angst, Freude, hohe, tiefe, irgendwelche Gefühle, die Gedanken sind und nichts als das. Träume zum Beispiel. Die haben realen Charakter – woher, wieso?
OK, dieses Haar spalte ich mit dir noch: Was passiert denn mit deiner Atmung, Peristaltik und dem Herzschlag wenn du Angst oder Freude empfindest ? Das sind Gefühle und keine Gedanken. Und dann versuch mal dein Herzklopfen sofort Kraft deiner Gedanken unter Kontrolle zu bringen.

Träume haben nur dann realen Charakter wenn man die Täuschung nicht erkennt. Der Geist ist nun mal ein Gaukler.

Ich bin mir durchaus bewusst, dass mein fröhliches Chaos bisweilen bedrängend, provozierend, beängstigend gar wirken kann (man lese nur hier nach..!).
Aber du bietest dich trotzdem an, obwohl du dir deiner Wirkung bewusst bist ? Warum ? Kann das Chaos nicht fröhlich existieren ohne Mitmenschen negativ zu berühren ?
Um die Bewertungen aufzulösen, aber eben so, dass es für mich auch seine Richtigkeit hat..?


Damit löst du die Bewertung aber nicht auf, du änderst nur die Ebene der Bewertung. Wenn es seine Richtigkeit haben muss, ist es auch eine Bewertung.
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von Andreas Ludwig »

HeikeV hat geschrieben:Der Geist ist nun mal ein Gaukler.
Oh - dann gaukle ich wohl...
8)

Nachtrag: Es ist ein unlösbar, intrinsisch-inklusives Denken logisch-kategorisch fassen zu wollen. Da muss ich dann wohl aufgeben.
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Re: Moutarde de Ludwig (III)

Beitrag von HeikeV »

Andreas Ludwig hat geschrieben: Oh - dann gaukle ich wohl...
8)


Schlimmer: du wirst begaukelt :lol:
Nachtrag: Es ist ein unlösbar, intrinsisch-inklusives Denken logisch-kategorisch fassen zu wollen.
Nein, aber das ist hier das falsche Forum.
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