Wie präsentieren wir?

Freie Baumgestaltungen. Wir nähern uns von einer anderen Seite. Junge Wilde inklusive.
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Hanno
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Re: Wie präsentieren wir?

Beitrag von Hanno »

Andreas Ludwig hat geschrieben:. . . da bin ich mit meiner «kopflastigen Art» manchmal nicht allen verständlich.
Ein wahrer Satz, gelassen ausgesprochen :-D :oops:
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HeikeV
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Re: Wie präsentieren wir?

Beitrag von HeikeV »

Herzlichen Dank für die Fotos, Herbert.

Gestern Abend, beim ersten Betrachten, konnte ich mit "Technik und Natur" absolut nichts anfangen. Heute sieht das merkwürdigerweise schon ganz anders aus.

Über den Sinneswandel musste ich erstmal eine Weile nachdenken. Gestern hat es mich noch irritiert, weil der Beisteller nicht da steht, wo er nach traditioneller Augenübung hin gehört. Heute hatte ich schon erwartet ihn im Gestell hängend vor zu finden und fand es ganz gut. Manchmal sperrt sich der Geist einfach gegen Neues, denn da muss der faule Hund sich ja bewegen. Ein Thread wie dieser hilft manchmal ungemein.

Bei traditioneller Präsentation werden Tische aus Holz eingesetzt und hier wird rostiger Stahl benutzt. Beides, Holz wie rostiger Stahl, sind "vergängliche" Materialien, genau so wie die Bäume und Pflanzen die auf ihnen stehen. Vielleicht ist das die Gemeinsamkeit, die dieses Ausstellungskonzept so gefällig macht. Hinzu kommt das Salz, von dem fast jeder weiß, dass es die Korrosion des Metalls beschleunigt und auch die Bäume in relativ kurzer Zeit tötet. Da verkrampft sich das Gärtnerherz und erzeugt eine unterschwellige Spannung. Interessant ! *daumen_new*
Taten geht das Wort voraus,
Worten die Gedanken.
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Stefan72
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Re: Wie präsentieren wir?

Beitrag von Stefan72 »

Hanno hat geschrieben: 21.09.2017, 07:52
Andreas Ludwig hat geschrieben:. . . da bin ich mit meiner «kopflastigen Art» manchmal nicht allen verständlich.
Ein wahrer Satz, gelassen ausgesprochen :-D :oops:
...sie kann aber auch zum nachdenken auffordern.... Gestern morgen hatte ich noch einen Denkfehler (Anderas, danke für den Hinweis...) und heute bin ich gedanklich einen kleinen Schritt weiter. So kann´s auch gehen :)
Freundliche Grüße, Stefan

Es kommt darauf an, das Hoffen zu lernen. Seine Arbeit entsagt nicht, sie ist in das Gelingen verliebt statt ins Scheitern.
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baeumchen
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Re: Wie präsentieren wir?

Beitrag von baeumchen »

deshalb reden, bzw schreiben wir ja hier .... damit sich was entwickelt

wenns mal zu verkopft rüber kommt, ist das im bereich des normalen.
kommunikation von komplexen gedanke ist nicht immer "plug & play"
im direkten gespräch wärs leichter und trotzdem noch anstrengend genug
gruß + frohes gelingen
der frank aus stuttgart

Nichi nichi kore kōjitsu
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Andreas Ludwig
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Re: Wie präsentieren wir?

Beitrag von Andreas Ludwig »

Hanno hat geschrieben: 21.09.2017, 07:52
Andreas Ludwig hat geschrieben:. . . da bin ich mit meiner «kopflastigen Art» manchmal nicht allen verständlich.
Ein wahrer Satz, gelassen ausgesprochen :-D :oops:
Hanno – ich bin ein Kind einer Zeit, von Umständen und Möglichkeiten, in die ich geboren wurde. Nichts davon schreibe ich mir auf die Fahne, es war bloss halt so für mich. Meine Kopflastigkeit hat sich ergeben, weder trage ich sie als Schmuck oder zur Abschreckung vor mir her, noch bin ich mir ihrer immer ganz bewusst (allerdings durch gerade solche Foren je länger, umso mehr, was ich als Gewinn betrachte). Die Möglichkeit solcher Foren ist, dass sich ganz unterschiedliche Menschen begegnen, die in der U-Bahn, im Laden, nach dem Konzert vielleicht nie in Kontakt kämen. Das ist der Gewinn.

Der Preis ist, dass wir uns annähern müssen (na ja: zumindest können). Dies geht nur bewusst, manchmal ist das halt angestrengt und anstrengend. Es treffen sich Welten. Ich versuche eigentlich, diese nicht zu werten – was mir aber nicht immer gelingt. Dann bin ich der abgehobene, schnoddrige Ludwig, der andere Meinungen mit einer Handvoll Zitaten zu Klump haut. Zumindest wirkt das dann so. Den eigentlich sind diese Zitate, dieses «Ausschütten von Bildung» nichts als der Versuch, aus meiner Welt beizutragen, was ich eben beitragen kann. Mein Scherflein. Ich sehe das durchaus bescheiden. Ich hoffe, du kannst das auch so sehen.

Ich sehe ein Miteinander, so verschieden wir sein mögen. Da balgt man sich auch mal, sicher, aber am Ende ist es doch ein Miteinander. Ich hoffe zumindest, dich weder wesentlich beleidigt noch irgendwie bedroht zu haben. Das nämlich wurde mir nicht in die Wiege gegeben. Alles andere halt eben schon. :-D
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tokonoma
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Re: Wie präsentieren wir?

Beitrag von tokonoma »

Hallo zusammen,

auch hier am Beispiel Hallein sieht man, was ein Raum um den Bonsai ausmacht.
Die Salzburger Bonsaifreunde haben das Glück, dass der Raum im Eingangsbereich der Ausstellung fest installiert ist und diesen immer bestücken dürfen. Die Balken, das Salz ... alles ist da permanent drin, seit vielen Jahren.

Da braucht man keinen Mut :roll: man wäre blöd, wenn man dies nicht bestücken würde. Und das machen die Bonsaifreunde in Hallein sehr gut.

Dieser Eingangsbereich ist die schönste Präsentation die ich kenne. Das Salz kann man auch leicht als Schnee interpretieren.

Da will ich euch die Bilder von 2011 und 2015 nicht vorenthalten.

Liebe Grüße

Rainer
Dateianhänge
2011
2011
2011
2011
2015
2015
2015
2015
Bonsai Regionalverband Bayern - www.Bonsai-Bayern.de
www.Bonsaifreunde-Holledau.de
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Andreas Ludwig
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Re: Wie präsentieren wir?

Beitrag von Andreas Ludwig »

Weiter zum Salz und anderen Dingen.

Ich habe angelegentlich den «Phasenraum» erwähnt. Das ist ein Begriff aus der theoretischen Physik und Philosophie. Einfach formuliert, befinden wir uns in einer «Realität». Wir kaufen DA ein, gehen DA hin, tun DIES, lassen DAS. Das ist unsere Realität. Auch im Zusammenhang mit Bonsaiausstellungen – man macht das SO, präsentiert das SO. Der Phasenraum ist ein gedankliches Experiment: Er umfasst alles, was eben auch möglich wäre, alle denkbaren Alternativen. Überlegt man sich das genau, sind das sehr schnell schweineviele. Ich könnte jetzt – vom Phasenraum her verstanden – in diesem Weiher am nächsten Treffen Propeller installieren lassen, alle Bäume auf Bambusflosse setzen und sie – mit Kerzen beleuchtet – an den Betrachtern vorbei treiben lassen. Das ist denkbar – aber nicht wirklich sinnvoll. Bloss eine mögliche «Phase» der Realität.

Der Umgang mit dem Salz in Hallein war meines Erachtens ein spontanes Übergehen in den Phasenraum: Diese «denkbare Realität» (Salz und Bonsai) war da, jemand hat sie erkannt und was daraus gemacht. Eine ganz heikle Sache. Das kann gutgehen oder auch schief. Was wiederum von der Akzeptanz des Publikums abhängt. Generell fällt mir auf, dass das Publikum heute eher unterschätzt wird. «Man» (wer das ist, weiss ich auch nicht) neigt dazu, das Publikum mit dem kleinsten denkbaren Nenner zu bewerten. Also grenzdebil. Etwa so sieht der Werbeblock im Fernsehen aus: Bloss niemanden verwirren, bloss niemanden verärgern. Werbung für alle. Weshalb ein normal begabter Mensch den Start des Werbeblocks als Signal zum Aufbruch zum Kühlschrank versteht...

In Hallein wurde etwas anderes gemacht. Es wurde eine Idee realisiert und vorausgesetzt, dass das Publikum eben auch eine Pflicht habe, nämlich die der Auseinandersetzung damit. Da stehen diese Dings, rostig, im Salz – und dann, lieber Besucher, «schau mal»! Etwa so stelle ich mir das vor. Als «Halbling» – der Aussteller macht und das Publikum ist gefordert. Es wird nicht einfach geliefert wie die Häppchen am Apéro, das Publikum muss (wenigstens ein bisschen) denken.
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Kathrin
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Re: Wie präsentieren wir?

Beitrag von Kathrin »

Hallo zusammen
Warum ausgerechnet blühende Azaleen zu "Schnee" und dieser rustikalen Umgebung passen sollen erschliesst sich mir nicht.
Mir hätten schön gestaltete, vielleicht auch etwas eigenwillige Kiefern besser dazu gefallen.
Gruss Kathrin
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Andreas Ludwig
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Re: Wie präsentieren wir?

Beitrag von Andreas Ludwig »

Kathrin hat geschrieben: 22.09.2017, 06:49 Hallo zusammen
Warum ausgerechnet blühende Azaleen zu "Schnee" und dieser rustikalen Umgebung passen sollen erschliesst sich mir nicht.
Mir hätten schön gestaltete, vielleicht auch etwas eigenwillige Kiefern besser dazu gefallen.
Gruss Kathrin
Ich stelle immer wieder mal fest, dass wir fast durchwegs verschult sind – wir «wollen logisch sehen». Das bedeutet, wir suchen den rationalen Sinn in einem Bild, den Grund, die genaue Bedeutung. Mahnmal sind Bilder aber einfach schön. Abgesehen davon, dass es nunmal Azaleen gab und viel Salz. Auch das ist ja ein valabler Grund, sie dahinzustellen. Respektive ein Grund für Rainer, dieses Bild für sich auszuwählen. Da gabs ja auch Kiefern.
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Andreas Ludwig
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Re: Wie präsentieren wir?

Beitrag von Andreas Ludwig »

Öps. Doppelpost. Nicht nötig.
Zuletzt geändert von Andreas Ludwig am 22.09.2017, 14:09, insgesamt 1-mal geändert.
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Kathrin
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Re: Wie präsentieren wir?

Beitrag von Kathrin »

Hallo Andreas
Natürlich ist alles möglich, anything goes. Dadurch löst sich alles auf, es gibt keine Regeln, keine Aesthetik, kein gar nichts. Frei nach dem Motto: Was gefällt ist ist gut, alles andere ist engstirnigers (logisch sehen wollen) Denken.

"Mahnmal sind Bilder aber einfach schön"

Nun, auch das ist sehr subjektiv :wink: .

Gruss, Kathrin
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HeikeV
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Re: Wie präsentieren wir?

Beitrag von HeikeV »

Andreas Ludwig hat geschrieben: 22.09.2017, 07:44
Manchmal sind Bilder aber einfach schön.
Ja, schon.......aber was du für dich als schön empfindest mag für mich grotten-hässlich sein. Das liegt ja nicht zuletzt an meinen Seh-Gewohnheiten und daran wie weit sich das Bild von meiner Komfortzone entfernt.

Die Azaleen sind ein schönes Beispiel dafür. Wir sind es nicht gewohnt Azaleen im Schnee blühen zu sehen. Christrose und Winterling würden in dieser Komposition keinen Anstoss erregen, aber Azaleen !? Jeder hat doch sein "inneres Bild" von frühsommerlicher Azaleen-Blüte. Und nun steht das Zeugs im Schnee und erzeugt ein verfremdetes Bild. Damit geht dann eben jeder für sich um. Der eine sagt: nee, das geht gar nicht, in den Schnee gehören Kiefern. So ist man das ja gewohnt. Ein anderer beschließt dann einfach das Bild in sich auf zu nehmen und wirken zu lassen. Jeder Betrachter des Bildes muss sich also entscheiden, wie er damit umgeht und was er in diesem Bild sieht. Das ist in meinen Augen eine sehr individuelle Geschichte.

Ich kann keine Aussage darüber treffen, was andere schön finden. Das ist ihrs.
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Norbert_S
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Re: Wie präsentieren wir?

Beitrag von Norbert_S »

Selbst wenn alles gehen sollte, heisst das ja nicht, dass auch alles ein Treffer ist.

Die begründete Ablehnung eine Präsentation beweist doch zumindest die Auseinandersetzung mit ihr. Was will man mehr?
Norbert

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Andreas Ludwig
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Re: Wie präsentieren wir?

Beitrag von Andreas Ludwig »

Kathrin hat geschrieben: 22.09.2017, 09:12Dadurch löst sich alles auf, es gibt keine Regeln, keine Aesthetik, kein gar nichts.
Tut es nicht. Der Regelraum wird einerseits erweitert, andererseits detailliert. Der Gegensatz zum «Althergebrachten» ist nicht Anarchie, bloss Veränderung. Was historisch betrachtet eine Binsenwahrheit ist. Darum gibts nicht mehr sehr viele Kaiser durch Gottes Gnaden und das ist auch ok so.
Kathrin hat geschrieben: 22.09.2017, 09:12"Manchmal sind Bilder aber einfach schön"
Nun, auch das ist sehr subjektiv :wink: .
Wir sind subjektiv. Du, ich, alle. Aber wir können kommunizieren. Womit wir dann wieder bei obigem sind. Eine Vorstellung von Schönheit entsteht nur, wenn Vorschläge gemacht und diskutiert werden. Diese «Schönheit» wird immer Spiegel von Personen in ihrer Zeit sein. Ist das ein Problem? Ich finde nicht. Womit wir bei Norbert sind und bei einer sehr löblichen westlichen Tradition: Der toleranten Neugier oder neugierigen Toleranz.
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Andreas Ludwig
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Re: Wie präsentieren wir?

Beitrag von Andreas Ludwig »

HeikeV hat geschrieben: 22.09.2017, 09:35 Wir sind es nicht gewohnt Azaleen im Schnee blühen zu sehen.
Ich irgendwie schon. Denn genau zur Schneezeit werden die bei uns alle in den Einkaufszentren verhökert. Allerdings habe ich das Salz nicht als Schnee empfunden. Für mich war das Salz, weil das mit dem Namen «Hallein» eigentlich klar ist. Allzu salzig fand ich es aber auch nicht, ich nahm es als Unter- und Hintergrund, betrachtete es als «weisse Schütte» nicht als «etwas bestimmtes». Vielleicht habe ich da eine kleine Schwäche, ich neige dazu, Bilder rein sinnlich wahrzunehmen und rational betrachtet bin ich dann wohl etwas oberflächlich. Das ist meine Individualität.

Dann stellt sich aber die Frage, wieso das nicht sein soll. Ich habe kein Problem, wenn jemand aus einer Ausstellung geht und die komplett besch***** findet, während ein anderer hingerissen ist. Das ist auch ziemlich normal in anderen gestalterischen Belangen, von Hüten oder Produktdesign und Bildern bis zu Musik. Gute Gestaltung polarisiert eigentlich immer, damit muss man leben. ABER: Sogar der, der total enttäuscht war, hat sich mehr Gedanken gemacht, als wenn er ein Spalier von Bäumen abgegangen wäre, auf gleicher Höhe, auf blauen Tüchern hingestellt und drunter dieses Turnhallenlinol. Das nenne ich – subjektiv wie ich nunmal bin – nicht Ausstellung, sondern eher Archivierung. Ich werde lieber in meiner sinnlichen Wahrnehmung etwas irritiert, als dass sie gar nicht erst angeregt wird.
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