donnakaran hat geschrieben:
Nun ich hoffe, dass jemandem jetzt noch einen Gedankensblitz kommt.
Hallo Angela,
kein Gedankenblitz, aber erstmal eine Bestandsaufnahme.
Der Stamm: Ich sehe einen in typisch chinesischer Art S-förmig geformten dicken Stamm mit attraktiven Luftwurzeln. An dem kannst Du nicht mehr viel ändern. Biegen lässt der sich kaum noch, und für weitere Luftwurzeln müsstest Du ihm sehr hohe Luftfeuchtigkeit bieten, bei gleichzeitiger guter Luftzirkulation (sonst gibt es innerhalb weniger Tage Schimmel statt Luftwurzeln). Aber am Stamm willst Du ja auch nicht viel ändern. Du hast den Baum doch wegen des hübschen Stammes gekauft, nicht wahr? Aber vielleicht wären ein oder zwei Äste weiter unten am Stamm ganz nett...
Die Äste: Der Baum wurde vermutlich lange wachsen gelassen, bis er die nötige Dicke hatte, und schliesslich auf Bonsai-Grösse abgesägt. Er hat dann die Äste entweder freiwillig gebildet, oder man hat sie ihm angepfropft (sowas kann man eigentlich ganz gut erkennen).
Im Wesentlichen sehe ich drei dicke Äste, die zur Zeit wie ein Kreuz gedrahtet sind. Sie haben fast nur an den Enden Blätter. Das wird meiner Erfahrung nach auch so bleiben, wenn man ihn einfach nur wachsen lässt. Bei einem Benjamini kommen unversehens auch immer mal am alten Holz neue Knospen, bei einem Retusa habe ich das bisher nicht erlebt. Jedenfalls nicht freiwillig.
Die Äste liegen mehr oder weniger in einer Ebene, und die Tiefenwirkung ist noch nahezu bei null, weil kein Ast nach hinten abgeht.
Die Zweige: die Verzweigung ist noch relativ grob. Eine feine Verzweigung für dichte Laubpolster wird Dir der Retusa vermutlich auch nicht freiwillig anbieten.
Die Blätter: relativ gross - aber das ist erstmal das geringste Problem.
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Die Optionen (wie ich sie im Wesentlichen sehe)
1) Du kannst Dich erstmal mit den drei Ästen zufrieden geben, und versuchen, sie irgendwie so zu biegen, dass sie möglichst gefällig aussehen. Auf dieser Basis könntest Du versuchen, einen Verzweigung aufzubauen. Das ist relativ risikolos, aber ich persönlich glaube nicht, dass das zu einem überzeugenden Baum führt. "Fainted Heart never won fair Bonsai"...
2) Du kannst darauf hin arbeiten, dass der Retusa mehr Äste bekommt. Das wird er aber wie gesagt kaum freiwillig tun, er hat ja bereits alles, was er zum Überleben braucht! Also kannst Du entweder allerlei Kunstgriffe anwenden. Zum Beispiel Löcher in den Stamm bohren und dünne Ästchen durchziehen die lang genug sind. Oder Ästchen an die Rinde anlaktieren.
Oder Du kannst die Natur den Job tun lassen, in dem Du den Retusa einfach überzeugst, dass seine drei Äste nicht zum Überleben ausreichen. Nachdem ich meinem Retusa die Äste alle nahe am Stamm abgeschnitten hatte, war er innerhalb von 4 Wochen überzeugt, dass er was tun muss!
Bei dieser Vorgehensweise gehst Du aber auch das Risiko ein, dass einer oder mehrere der dicken Äste nicht überleben, denn manchmal will er dann einfach nicht an einem solchen Ast neu austreiben. Auf jeden Fall muss der Baum top-gesund sein und Kraft gesammelt haben, sonst geht der Schuss nach hinten los! Umgetopft hast Du ja schon, dann müsstest Du jetzt als nächstes lernen, ordentlich zu düngen, ohne dabei die Wurzeln zu verbrennen.
Egal ob 1) oder 2): Was die Verzweigung betrifft, wird es ohne Rückschnitt sowieso nicht gehen. Wenn ein Zweig so etwa 4 bis 8 Blätter hat, wird er auf 2 bis 4 Blätter zurückgeschnitten. Wenn die Knospen in den Blattachseln austreiben, ergeben sich bereits Bewegungen in Ast und Zweig. Da helfen dann schon kleine Korrekturen mit Draht.
Mehr fällt mir jetzt erstmal nicht ein.
Wenn ich mit irgendwas daneben liege, bin ich für Korrekturen und andere Ansichten immer dankbar.