Hallo Marco.
Deine Umschreibung von echtem Kernholz ist genau richtig so. Weiter innen liegendes Holz wird (natürlich nur bei den Kernholzbildern) durch u.a. Einlagerung von Harzen, Ölen und Lignin so verändert, daß es widerstandsfähiger wird als das "normale" Holz. Das ist eine "Vorsichtsmaßnahme bzw. Verteidigungsstrategie des Baumes. Wie Du richtig festgestellt hast, wird dieses echte Kernholz seltener Befallen, da es besser widerstehen kann (man könnte es mit schwerer Bekömmlich trivial bezeichnen).
Falsches Kernholz (und auch da liegst Du richtig) ist Holz, daß sich
nach einer Infektion verändert und schwerer zu Befallen ist (aus der Sicht der Pathogene).
Aber: es entstehen keine neuen Schutzzonen innerhalb des falschen Kernholzes, bei echtem Kernholz ist das möglich, da u.a. auch Energiereserven eingelagert werden. Diese sind beim falschen Kernholz bereits verbraucht.
Zu CODIT:
Wand vier ist
nicht das Kallusgewebe. Die CODIT-Wände sind keine Gewebetypen, sondern praktisch wie eine Verteidigungslinie. Wenn man sich eine Verletzung eines Baumes im Schnitt ansieht, wird man immer feststellen, daß Wand vier die am stärksten schwarz gefärbte Wand ist... Wie das genau funktioniert ist noch nicht erforscht (mein Bio-Lehrer hat immer gesagt: " Da dürfen sie sich gerne dran versuchen!")
Ich habe dazu ein Beispiel, daß wahrscheinlich viele kennen:
Den Herrn der Ringe, und zwar die Belagerung von Minas Tirith:
Die Guten, Gandalf und Konsorten, die Verteidigungswälle sind die Schutzmechanismen des Baumes.
Der Weg zwischen Osgiliath und Minas Tirith ist der Weg zwischen Schnittstelle und Lage der Schutzmechanismen.
Minas Tirith ist der Sitz der Verteidigungsmechanismen.
Osgiliath ist die Schnittstelle.
Die garstigen Orkse sind die Bösen, also die Pathogene...
(Der Vergleich humpelt an der einen oder anderen Stelle, ich werde versuchen das zu erklären)
Über die Verwundung Osgiliath dringen die Orks ein....
Als direkte Reaktion darauf werden Truppen losgechickt (Boromir, Gandalf) die versuchen die Orks aufzuhalten (das ist die unbestimmte Reaktion auf die Verwundung).
Wenns denn nur ein paar Orks gewesen wären, hätten diese aufgehalten werden können. Gleichzeitig bildet sich an der Stelle "Minas Tirith" (das ist beim Ast der Astring, bei Stammverwundungen die Stelle, an der die CODIT-Wand entsteht) ein Schutzwall, mit großem Tor und Wehrtürmen usw...
Die Orks dringen weiter vor, bis zu dieser Schutzwand. Währenddessen "ernähren" und vermehren sie sich zwischen Osgiliath und Minas Tirith. Ein erbitterter Kampf entsteht (Achtung! Das sind Bilder, es kämpfen im BAum keine kleinen Männchen
). Jetzt ist alles von Energiereserven abhängig. Wie auch im Film dringen die Orks weiter vor, bei ganz harten Pathogenen können auch Schutzwände durchbrochen werden (im Falle von CODIT ist das Wand 1, weil dadurch dem Baum am wenigsten das Überleben genommen wird.
Energiereserven, ja das ist Aragorn mit der Armee der Untoten, der Feind ist besiegt, bzw. wird vor den Toren Minas Tiriths gehalten, wo er zwar weiter wüten kann (vgl. abgestorbene Äste), aber gesunde Teile nicht angreifen kann.
Ich hoffe, daß das nicht mehr verwirrend als aufklärend war....
(klingt für mich immer ganz logisch).
Warum ist Wand 1 schwächer als Wand 4?
Nun, ganz klar, man kann nicht an allen Fronten gleich kämpfen, das weiß jeder Stratege und Gott sei Dank ist auch Hitler daran gescheitert (ich hoffe, daß der NAme nicht zu großes Nackenzucken verursacht). Man könnt also durchaus sagen: Bäume sind schlauer als er.
ICh fange mal in umgekehrter Reihenfolge an:
Wand 4 schützt das Holz, daß nach der Verwundung gebildet wird. Bäume wachsen jedes Jahr um sich herum, die äussere Holzschicht ist also absolut überlebenswichtig und unbedingt zu schützen. Sie bekommt absolute Priorität und damit die meisten Energiereserven....
Wand 3 widersteht der seitlichen Ausbreitung. Auch wichtig, da in dieser Richtung auch wieder neues Holz erreicht werden kann
Wand 2 widersteht in Richtung des Marks. Das ist schon weniger wichtig, dort befindet sich totes Holz, bzw. Kernholz.
Wand 1 bekommt am wenigsten Energie, da sie der Ausbreitung in Längsrichtung widersteht. Pathogene können sich zwar nach oben und unten weiter ausbreiten, verursachen aber keinen lebensbedrohlichen Schaden. Selbst wenn der BAum instabil wird und umfällt, kann er immer noch wieder neu aus gesundem Holz austreiben (die meisten können das wenigstens). Die Bäume, die das nicht können, haben aber wesentlich widerstandsfähigeres Holz.
Die CODIT-Wände sind nicht Gewebe, sondern die schwarzen Linien, die man beim Schnitt erkennt...Wand 4 Schütz das Kallusgewebe und alles Gewebe, das nach der Verwundung gebildet wird...
Leidr gibt es jetzt Shigo nur noch auf Englisch, ich habe das Glück noch ein Exemplar in Deutsch ergattert zu haben. Es ist eigentlich eine Schande, daß so eine bahnbrechende wissenschaftliche Erkenntnis im Alltagsgebrauch des Gärtners untergeht....
Für uns Bonsaiisten ist eher die energetische Betrachtung von Shigos Erkenntnissen interessant...
"The mind is like a parachute. It doesn't work unless it's open."
- Frank Zappa -