Die Pflege zweinadliger Kiefern - Übersetzung des Artikels

Schneiden, Spannen, Drahten, Alterungstechniken etc.
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Robert S.
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Die Pflege zweinadliger Kiefern - Übersetzung des Artikels

Beitrag von Robert S. »

Die Pflege zweinadliger Kiefern
Von Hans van Meer

Anmerkung des Übersetzers
Ich möchte Hans van Meer an dieser Stelle noch einmal herzlich dafür
danken, dass er der Übersetzung seines Artikels, der Verwendung der
darin enthaltenen Bilder und der Veröffentlichung im Bonsai-Fachforum
sofort und vorbehaltlos zugestimmt hat.

Das Original in englischer Sprache ist unter folgender URL erreichbar:
http://www.karamotto.org/?page=40

Obwohl dieser Artikel hauptsächlich die Pflege von Pinus Sylvestris und
Pinus Mugo behandelt, können die hier beschriebenen Techniken, mit
kleinen Abweichungen, ebenso auf Pinus Nigra, Pinus Uncinata oder Pinus
Ponderosa angewandt werden.


Anmerkungen zum Klima

Zuerst eins vorab: Was ich in diesem Artikel beschreibe, funktioniert auch,
da ich es erfolgreich an meinen eigenen Kiefern praktiziere. Allerdings lebt
nicht jeder Bonsaifreund in der gleichen Gegend wie ich und seine Bäume
wachsen unter anderen klimatischen Bedingungen. Trotzdem denke ich,
dass sich die Pflegetechnik unabhängig vom Klima mehr oder weniger
gleicht, man muss sie also nur an die lokalen klimatischen Bedingungen
anpassen!
Das Beste wird sein, einen erfahrenen Bonsaifreund in nächster Nähe über
örtliche Wachstumsbedingungen und Wetterverhältnisse zu befragen.
Ich habe die im Folgenden aufgeführten Techniken so einfach und leicht
verständlich wie möglich beschrieben, so dass es jedem möglich sein sollte,
sie zu verstehen und an seinen eigenen Bäumen anzuwenden. Alle von mir
beschriebenen Techniken sollten jährlich durchgeführt werden,
ausgenommen junge Bäume die sich in der Zuwachsphase befinden.

Es gibt sicher eine Reihe verschiedener Wege, um das Gleichgewicht der
Kiefer, ihre Nadellänge etc. zu beeinflussen. Ich denke, dass sich die hier
von mir beschriebenen Methoden gut für Einsteiger eignen.


Das Wuchsverhalten von Kiefern und ihre Energiebereiche

Bevor ich die Methoden zur Wuchssteuerung an Kiefern beschreibe, will ich
die verschiedenen Energiebereiche der Kiefer erläutern.

Im Allgemeinen wachsen Kiefern auf ihrer Suche nach Licht unregelmäßig
nach oben und mit fortschreitendem Alter orientiert sich das Wachstum
mehr in die Horizontale. Betrachtet man die Kiefer als Ganzes, stellt man
einen deutlichen Unterschied im Wachstum der äußeren Bereiche des
Baumes, seiner Äste und den inneren Bereichen fest, da die äußeren
Partien mehr Licht und Sauerstoff abbekommen, während die inneren
Bereiche mehr oder weniger ein ?Schattendasein? führen. Ein weiterer
Faktor ist das natürliche Wuchsverhalten von Kiefern, bei dem die Astenden
und die Spitze des Baums im Wachstum bevorzugt werden.

Wie bei allem Leben in der Natur überleben nur die Starken! Die
starkwüchsigen Bereiche spielen eine wesentlich stärkere Rolle beim
photosynthetischen Prozess als die schwachen Bereiche und sind somit
wichtiger für das Überleben des Baumes. Aus diesem Grund schickt der
Baum auch die meiste Energie in diese starkwüchsigen Bereiche. Die
schwachwüchsigen Bereiche werden infolgedessen immer schwächer und
sterben letzten Endes ab. Das ist ein natürlicher Prozess, also keine Sorge.
Mit den von mir geschilderten Methoden kann man das Wachstum der
Kiefer in jedem Bereich so ausbalancieren, dass im Idealfall jeder Bereich
des Baums dem gleichen Wachstum unterliegt.


Die Pflege

Bei der Pflege von Kiefern spielen die Methoden zur gleichmäßigen
Verteilung des Wachstums am Baum eine wesentliche Rolle. Wie bei allen
Kiefern-Bonsai, sind das Pinzieren bzw. Entfernen der Kerzen, das
Nadelzupfen, der leichte und der starke Rückschnitt wichtige Methoden um
den Baum gesund und ausbalanciert zu halten.

Nehmen wir also mal an, wir beginnen mit einem mehr oder weniger
unberührten, oder vernachlässigten Exemplar eines Baums. Zuerst gilt es,
den Baum genau zu betrachten und die unterschiedlichen
Wachstumsbereiche zu erkennen. Die äußeren Bereiche der Äste werden in
der Regel eine stärkere Vitalität aufweisen als die inneren. Dies ist auch
leicht an den längeren Nadeln, dem gesünderen Wuchs der äußeren Triebe
und ähnlichem zu erkennen.

So, nachdem wir nun wissen, wie schwache und starke Bereiche zu
unterscheiden sind, folgt jetzt was zu tun ist.


Kerzen einkürzen

Das Einkürzen der Kerzen ist der erste Schritt um das neue Wachstum zu
steuern! Im Frühling werden die neu ausgetriebenen Kerzen, je nach
Stärke, um 2/3 bis 3/4 ihrer Länge eingekürzt. Bei Kiefern mit dünnen
Kerzen, wie der Pinus Sylvestris, können die Kerzen sehr einfach mit den
Nägeln des Daumens und des Zeigefingers abgezwickt werden.


(siehe Abbildung 1)
Abbildung 1
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Bei Kiefern mit dickeren Kerzen wie z.B. der Pinus Mugo ist es besser, die
Kerze an ihrer Basis zwischen Daumen und Zeigefinger der einen Hand
festzuhalten, während man sie mit Daumen und Zeigefinger der anderen
Hand abbricht. Dies sollte sorgfältig geschehen, um mit einer einzigen
Bewegung einen sauberen Bruch erzeugen. Durch das Einkürzen wird das
Wachstum der starkwüchsigen Kerzen deutlich gebremst.

Wenn die im Folgenden geschilderten Pflegetechniken korrekt ausgeführt
werden, wird das Einkürzen der Kerzen bereits im nächsten Jahr in einem
geringerem Maß nötig sein, da der Baum schon eine bessere Kräftebalance
aufweisen wird.

Bitte nicht vergessen: Nur die großen, kräftigen Kerzen entsprechend
einkürzen, die schwachwüchsigen belassen, selbst wenn sie in den
starkwüchsigen Bereichen des Baumes wachsen!

Abbildung 2
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abbildung 2.jpg (25.79 KiB) 6485 mal betrachtet


Entfernen von Kerzen

Der genaue Zeitpunkt für das Entfernen von Kerzen ist entscheidend für
das gewünschte Ergebnis. Werden sie zu früh in der Saison entfernt, sind
sie noch nicht ausreichend gewachsen um das angestrebte Ziel zu
erreichen; vielmehr wird eine zu starke Rückknospung einsetzen.
Werden die Kerzen zu spät entfernt, hat das eine unregelmäßige
Rückknospung zur Folge; es bilden sich sowohl schwache als auch starke
Knospen. Außerdem liegt dann eine zu kurze Wachstumsperiode vor ihnen.
Wann ist also der richtige Zeitpunkt um Kerzen zu entfernen? Am besten
wird man dies natürlich durch die genaue Beobachtung seines Baums
lernen, aber als Grundregel lässt sich sagen, dass der richtige Zeitpunkt
dann erreicht ist, wenn die Nadeln aus den neuen Kerzen schieben und sich
langsam zu verhärten beginnen.

Wenn dieser Zeitpunkt eingetreten ist, entfernt man die kompletten Kerzen
der Bereiche mittleren Wachstums mit einem scharfen, sauberen Messer
(siehe Abbildung Nr. 2).
Ca. 10 bis 14 Tage später (je nachdem wie warm es zu diesem Zeitpunkt
am Standort des Baums ist) werden dann alle Kerzen der starkwüchsigen
Bereiche entfernt.
Auch hier gilt. Schwache Kerzen werden am Baum belassen, auch in den
starkwüchsigen Bereichen!

Abbildung 3
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Tipp: Die Kerze sollte so exakt wie möglich ein paar Millimeter über den
Nadeln der letzten Saison entfernt werden (siehe Abbildung Nr. 3). Wird
dieser Schnitt ungenau ausgeführt, bilden sich Triebe unterschiedlicher
Stärke aus.

Tipp: Hat die Kiefer erst einmal ein Stadium durchgängiger Reife erlangt
und befinden sich sowohl Äste als auch Laub in einem ausgewogenen
Verhältnis und die Grundgestaltung abgeschlossen ist, kann die
Weiterentwicklung durch reines Kürzen der Kerzen fortgesetzt werden.

Jedes Jahr die kompletten Kerzen zu entfernen bedeutet Stress für den
Baum und ist darüber hinaus unnötig. Man kann allerdings jederzeit wieder
damit anfangen, wenn der Baum droht außer Balance zu geraten.

Abbildung 4
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abbildung 4.jpg (42.22 KiB) 6485 mal betrachtet
Da sich der Baum mitten in der Wachstumsperiode befindet, wenn die
Kerzen entfernt werden, reagiert er schnell mit einer Fülle neuer Knospen
um die Schnittstelle herum (siehe Abbildung 4). Darüber hinaus wird das
Wachstum schlafender Knospen am Rest des Astes angeregt bzw.
schwache Knospen im Wachstum gestärkt (siehe Abbildung 5). Wiederum
abhängig vom Klima findet dies innerhalb von 2 ? 4 Wochen statt. Indem so
den schwachen Bereichen ein großer Vorsprung verschafft wurde, haben
wir die Energieverteilung in den verschiedenen Wachstumsbreichen bereits
zum großen Teil ausbalanciert.

Abbildung 5
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Mai 2006: Nach dem Entfernen der Kerzen im Jahr 2005 bilden sich eine
Reihe neuer Triebe an dieser alten Mugo-Kiefer.

Abbildung 6
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abbildung 6.jpg (48.84 KiB) 6485 mal betrachtet

Juni 2006: Der gleiche Bereich wie in Abbildung 5. Viel neues Leben in
diesem ehemals schwachwüchsigen Bereich.

Tipp: Bei Mugo-Kiefern in einem frühen Entwicklungsstadium ist es besser,
die Kerzen ein wenig länger stehen zu lassen und damit eine stärkere
Wuchskraft in die Äste zu lenken.
Werden die neuen Kerzen entfernt bzw. weiter hinten am Ast im Bereich
des letztjährigen Wachstums zurückgeschnitten, oder wenn der Baum in
den Bereichen des Wachstums vor 2 oder 3 Jahren sehr starkwüchsig ist,
reagiert der Baum mit dem Austreiben neuer Knospen entlang des Astes.
(siehe Abbildung 7)

Abbildung 7
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Abbildung 8
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Abbildung 8: Das Einkürzen der letztjährigen Kerzen hatte die Bildung einer
Reihe neuer Knospen an dieser Yamadori-Sylvestriskiefer zur Folge.

Abbildung 9
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abbildung 9.jpg (42.39 KiB) 6485 mal betrachtet
Abbildung 9: Erneut wird die starkwüchsige Kerze des Spitzentriebs
zurückgeschnitten, wobei einige wenige Millimeter der Kerze stehen
bleiben.

Dieser kleine Stumpen wird eine Weile benötigen, um zurückzutrocknen
und gerade damit die Ausbildung neuer Knospen um ihn herum befördern.
Diese neuen Kerzen entlang des Astes werden sich nun rascher entwickeln,
da sie nun alle Energie erhalten, die vorher in Richtung des Spitzentriebs
gegangen wäre.


Abbildung 10
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Abbildung 10: Man beachte den kurzen Stumpen, der übrig blieb. Damit
wird die Ausbildung vieler neuer starker Knospen befördert.

Abbildung 11
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Abbildung 11: Das Ergebnis des Kerzenschnitts an einer
Yamadori-Sylvestriskiefer. Neue Knospen wachsen überall entlang des
Astes. Kerze A könnte entfernt werden, um mit den Knospen B, C und die
Feinverzweigung aufzubauen. Eine andere Variante wäre, den Ast im
Bereich von B, C oder D einzukürzen, was noch mehr Rückknospung
anregen würde.


Auswahl der Knospen

Später, wenn die neu angelegten Knospen erst einmal genügend
angeschwollen sind, kann, wenn notwendig, damit begonnen werden,
weitere Knospen zu entfernen ? ohne dabei die Knospen, die zur weiteren
Gestaltung gebraucht werden, zu beschädigen. An Zweigen mittlerer Stärke
sollten zwei starke Knospen belassen werden, zwei schwache Knospen an
starken Zweigen. Durch diese Vorgehensweise lässt sich noch besser die
Engergieverteilung im ganzen Baum steuern. Bereits im nächsten Jahr
werden wir sehen, dass der Baum wesentlich weniger Aufwand benötigt,
um seine Energiebalance aufrecht zu erhalten.


Nadelentfernung bei Sylvestris Kiefern

Das Nadelzupfen ist die letzte Hauptaufgabe in der Wachstumsperiode. Wird
es unterlassen, waren alle bereits ausgeführten Arbeiten umsonst.
Dabei unterscheidet sich die Vorgehensweise an Pinus Sylvestris und Pinus
Ponderosa gegenüber den Pinus Mugo-Varietäten.
Ich will zuerst die Technik erläutern, die an Pinus Sylvestris angewandt
werden soll.

Weniger Nadeln bedeutet weniger Enerietransport zu den Trieben... Deshalb
werden im Herbst alle alten Nadeln entfernt, damit Licht und Luft an die
inneren, schwächeren Teile des Baums kommt. Nadeln werden am besten
in die Richtung gezupft wie sie am Zweig wachsen. Man vermindert so die
Gefahr, die Borke zu verletzen.
Ich bevorzuge das Entfernen der alten Nadeln mit einer scharfen, sauberen
Schere und schneide die Nadeln unmittelbar über der Nadelscheide, aus der
das Nadelbüschel entspringt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das
Belassen der Nadelstümpfe die Rückknospung fördert, da beim Zupfen der
Nadeln häufig gerade die Nadelscheiden beschädigt werden, die neue
Knospen bringen können.
Die kleinen Nadelstümpfe, die beim Schneiden zurückbleiben, sehen nicht
sonderlich attraktiv aus, fallen aber meist bald ab. Bei Bäumen, die sich
noch im Aufbaustadium befinden, sollte man sich ohnehin nicht allzu sehr
von optischen Aspekten beeindrucken lassen.

Gegen Herbstende sollten an starken Trieben alle neuen Nadeln des
aktuellen Jahres bis auf 5-6 Nadelpaare gezupft/geschnitten werden.
Der Vorgang wird dann zwei Wochen später an Trieben mittlerer Stärke
durchgeführt, wobei 8-10 Nadelpaare stehen gelassen werden.
An schwachen Triebe werden Nadeln nicht gezupft/geschnitten!

Da das Nadelzupfen/-schneiden Stress für den Baum bedeutet, sollte diese
Maßnahme nur an gesunden Bäumen durchgeführt werden.
Wie zuvor alle anderen beschriebenen Techniken sollte auch diese
sorgfältig durchgeführt und die Triebe miteinander verglichen werden.
Alle Maßnahmen sollten planvoll Schritt für Schritt durchgeführt, und
dokumentiert werden (Notizen, Fotos).

So lässt sich im Folgejahr dann besser einschätzen, ob das was man getan
hat das Richtige für diesen speziellen Baum war, oder ob etwas geändert
bzw. angepasst werden muss.

Tipp: Bei allen zweinadligen Kiefern kann das paarweise Zupfen der Nadeln
die Nadelscheide beschädigen. Aus diesem Grund ist es meist besser,
einzelne Nadel zu zupfen und sie während des Zupfens um eine viertel
Umdrehung zu drehen.

Tipp: Am Anfang der Arbeit an einer Sylvestris oder Ponderosa-Kiefer kann
es sein, dass ein großer Unterschied zwischen den stark- und
mittelwüchsigen Bereichen besteht; in diesen Fällen kann eine Kombination
aus Kerzenschneiden und Nadelzupfen angewandt werden. Werden die
Kerzen aus den Bereichen mittleren Wachstums entfernt, so sollten parallel
dazu die Nadel der starken Bereiche gezupft werden. Damit wird das
Wachstum der starken Bereiche stark abgebremst. Wenn alles gut geht, ist
dies nur im ersten Jahr der Arbeiten an dem Baum notwendig. Im Folgejahr
wird dann der Unterschied zwischen Bereichen mittleren und starken
Wachstums weit weniger stark ausfallen.


Ausdünnen der Nadeln an Pinus Mugo und Mugo-Varietäten

Im frühen Entwicklungsstadium einer Pinus Mugo sollten die Nadel der
letztjährigen Saison am Baum belassen werden. Die erfolgreiche
Rückknospung ist abhängig von diesen alten Nadeln, da sich von ihrer
Nadelscheide aus neue Knospen bilden. In einem fortgeschrittenem
Stadium, wenn genügend Kerzen angelegt sind, um die Grundgestaltung
vorzunehmen, kann damit begonnen werden, die älteren Nadeln zu
entfernen.
Bei der Mugo-Kiefer werden die Nadel nie gezupft! Auch nicht die
letztjährigen Nadeln! Die Nadeln sollten immer mit einer Schere geschnitten
werden, und zwar 3 bis 4 Millimeter über der Nadelscheide. Dadurch
entsteht eine stärkere Rückknospung um die verbleibenden Schnittstellen.
Dies gilt selbst für die Triebe der letzten Saison, da diese nach wie vor mit
Energie versorgt werden, bevor sie vertrocknen und abfallen.

Das Nadelentfernen um die Engergieverteilung zu steuern und den Baum in
Form zu halten kann erst bei einer gut etablierten Pinus Mugo in der gleiche
Weise durchgeführt werden wie es weiter oben bei der Pinus Sylvestris
beschrieben.


Astschnitt bei Pinus Mugo

Obwohl Mugo Kiefern und deren Varietäten kräftiger sind als andere
zweinadligen Kiefern, reagieren sie gut auf den Astschnitt, selbst auf
starken Rückschnitt, wenn dies im späten Herbst bzw. frühen Winter
durchgeführt wird. Der Baum wird selbst an älteren Ästen mit
Rückknospung reagieren.

Während in starkwüchsigen Bereichen alles zurückgeschnitten werden
kann, was nicht in die Gestaltung des Baums passt, sollte bei schwachen
Bereichen sehr vorsichtig vorgegangen werden. Beim Bescheiden dickerer
Äste sollte immer ein Stumpf stehen bleiben. Der Baum hat so die
Möglichkeit, auf natürliche Art und Weise zurückzutrocknen und neue Wege
für den Saftfluss um die durch den Schnitt entstandene Wunde zu finden.
So wird das Risiko minimiert einen Ast (oder mehr) direkt oberhalb
desjenigen zu verlieren, der entfernt wurde.

Wenn der Stumpf zurückgetrocknet ist, lässt er sich komplett abschneiden
oder man macht einen Jin daraus. Wird komplett zurückgeschnitten,
empfiehlt es sich die Schnittstelle ein wenig auszuschneiden damit die
Wunde schneller und natürlicher heilen kann.
Der starke Rückschnitt sollte nur an gesunden Bäumen durchgeführt
werden. Und selbst hier nicht in jedem Jahr.

Abbildung 12
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abbildung 12.jpg (56.37 KiB) 6485 mal betrachtet
Tipp: An Mugo-Kiefern und deren Varietäten kann man bis in alte Äste
zurückschneiden. Voraussetzung hierfür ist, dass sich noch einige Kerzen
und Nadeln am Ast befinden, natürlich auch alte Nadeln (deshalb lassen wir
sie auch am Ast). Dieser Rückschnitt sollte bei älteren Bonsai im späten
Winter respektive im zeitigen Frühjahr durchgeführt werden, oder, wie ich
bereits erwähnt habe, wenn sich die Kerzen im frühen, mittleren Sommer
gerade öffnen. Das Resultat ist manchmal bestechend (siehe Abbildung 12).


Düngen von Kiefern

Düngens ist häufig Ansichtssache. Ich beschreibe hier wie ich es mache.
Gerade beim Düngen von Bonsai gilt es zu beobachten, wann der Baum
welchen Dünger in welcher Konzentration bekommen hat und wie er darauf
reagiert.

Ich beginne den Düngezyklus im zeitigen Frühjahr mit einem sehr milden
Blattdünger auf Algenbasis. Sobald die Temperaturen zu steigen beginnen
benutze ich in Wasser gelösten Flüssigdünger. Anders als Festdünger, der
erst ab Bodentemperaturen über 17 Grad seine Wirkung entfalten kann,
erreicht Flüssigdünger den Organismus des Baums bereits bei niedrigen
Temperaturen.
Sobald die Temperaturen über einen längeren Zeitraum hoch genug bleiben
und bevor die Knospen anfangen Nadeln zu schieben, gebe ich in Wasser
gelöstes ?Super Bio Gold?. Während des Zeitraums, in dem die Kerzen
wachsen, dünge ich überhaupt nicht, ausser der Baum befindet sich in
einem frühen Entwicklungsstadium und benötigt viel Zuwachs, oder wenn
ich plane, ins alte Holz während der Wachstumsperiode zurückzuschneiden!

Im frühen Sommer, nach dem Schneiden der Kerzen, gebe ich organischen
Dünger. Während Hitzeperioden im Sommer dünge ich ebenfalls nicht. Ich
beginne wieder damit wenn die Kiefern ihren zweiten Wachstumsschub
bekommen. Insbesonders die Wurzeln wachsen stark in diesem Zeitraum.
Da ist auch der Grund dafür, warum dies der beste Zeitpunkt zum
Ausgraben oder Umtopfen von Kiefern ist. Sie müssen nur ein paar Wochen
vor starker Sonneneinstrahlung und im Winter vor Frost geschützt werden.

Während des Herbstes dünge ich zwei, drei Mal mit einem Stickstoff-freien
Flüssigdünger (PK-Dünger).

Tipp: Superthrive sollte an Kiefern nicht benutzt werden, da es schädlich für
die überlebenswichtigen Mikroorganismen im Substrat der Bäume ist.


Umtopfen von Kiefern

?Der richtige Zeitpunkt: Gerade die Zeit, mit der ich meinen Artikel
angefangen habe.
Ich topfe meine Kiefern immer im späten Frühjahr / frühen Sommer um,
sobald ein deutliches Anschwellen der Knospen sichtbar wird und mit keinen
starken Nachfrösten mehr zu rechnen ist. Dieser Zeitpunkt hat bei mir
bislang immer gut funktioniert. Allerdings komme ich immer mehr zu der
Überzeugung, dass es sicherer ist, im Juli/August umzutopfen, gerade
bevor das jährliche Wurzelwachstum einsetzt. Zu dieser Zeit sind Kiefern
am robustesten und erholen sich schneller von dem Stress, den das
Umtopfen zwangsläufig immer mit sich bringt. Auch sind die Temperaturen
zu diesem Zeitpunkt ideal für eine optimale Erholung. Also werde ich fortan
meine eigene Routine durchbrechen, künftig zu diesem Zeitpunkt umtopfen
und beobachten was passiert?! Natürlich werde ich meine Erfahrungen
später in diesem Artikel festhalten.

Update Sept 2010. Hans van Meer hat im IBC-Forum mittlerweile revidiert,
daß er den August für den besten Umtopfzeitpunkt hält.
:arrow: Link zu dem englischsprachigem Artikel


?Was sollte beschnitten werden? (beim Wurzelschnitt)
Das Beschneiden der Wurzeln sollte mit Bedacht durchgeführt werden.
Lange, dicke Wurzeln sind ohne Nutzen und sollten bis zu dem Punkt zurück
geschnitten werden, an dem gesunde, feine Haarwurzeln wachsen
(erkennbar an gelben/weißen Spitzen). Dadurch wird der Energiefluß
umgeleitet und der Baum reagiert durch Bildung zusätzlicher Haarwurzeln,
im gleichen Sinn wie der Rückschnitt von Ästen dazu dient, die
Feinverzweigung zu fördern. Aus diesem Grund sollten beim Umtopfen
soviel wie möglich von den Haarwurzeln unberührt bleiben.

...Das Schneiden großer Wurzeln
sollte über mehrere Umtopfphasen verteilt vorgenommen werden, da die
dicken Wurzeln so mehr lebenswichtige Haarwurzeln ausbilden können. So
kann von Umtopfen zu Umtopfen mehr von den störenden Wurzelbereichen
zurückgenommen werden. Man sollte sich hierbei ruhig Zeit lassen, dann
erhält man als Ergebnis ein kompaktes Wurzelsystem mit einem hohen
Anteil an Haarwurzeln.

...Alte Muttererde oder Erde aus der Baumschule sollte beim erstmaligen
Umtopfen so gut wie möglich entfernt werden. Speziell Erdreich aus den
Bergen kann mit der Zeit steinhart werden, so dass Wasser nicht an die
Wurzeln kommen und kein Wurzelwachstum stattfinden kann.

...Umtopffrequenz
Kiefer sollten nicht zu oft umgesetzt werden, Sie mögen das häufige
Umtopfen nicht. Wird die Kiefer in gutes Substrat gesetzt, ist ein
Umtopfzyklus von 3 Jahren mehr als ausreichend. Hat sich der Baum gut
eingelebt, ist es sogar besser das Umtopfen nur alle 5 Jahre durchzuführen.
Dabei muss bedacht werden, dass ein Bonsai, jedes Mal wenn er umgetopft
wird, gleichzeitig ?verjüngt? und (nach einer Weile des Stillstands und
Erholung) mit starkem Wurzelwachstum regieren wird, was wiederum dazu
führt, dass die Kerzen stark und unregelmäßig wachsen werden. Und damit
beginnt der Kreislauf der Kräftelenkung des Baumes von vorne. Dieser
wichtige Aspekt sollte bedacht werden, wenn man plant, seinen
Kiefernbonsai in optimaler Verfassung zu präsentieren (ausgeglichene,
kleine Nadel am ganzen Baum und eine ausgereifte Substratoberfläche)

.. Impfen mit Mykorrhiza
Man sollte immer etwas vom alten Substrat dem Neuen beimischen, denn
im alten Substrat befindet sich eine Menge des für das Überleben der Kiefer
wichtigen Mykorrhiza-Symbiosepilz. Wird dies nicht berücksichtigt, kann es
bis zu 2 Jahren dauern, bis sich wieder genügend Mykorrhiza gebildet hat,
um unsere Kiefer glücklich zu machen!

? Wässern nach dem Umtopfen
Es sollte bedacht werden dass ein frisch umgetopfter Baum weniger Wasser
benötigt. Bevor der Baum großzügig gewässert wird, sollte also das
Substrat ein wenig antrocknen.

? Das Besprühen der Nadeln ist ebenfalls immer nützlich, wenn sich der
vom Umtopfen Baum erholen soll.

? Mit dem Düngen kann dann begonnen werden, wenn sich der Baum
erholt hat und deutliche Anzeichen von Wachstum zeigt.


Substrat für Kiefern

Ich benutze eine Mischung aus Akadama, Kiryu und Bims (einem porösen
Lavastein). Bei Mugo-Kiefern erhöhe ich den Anteil an Bims in dieser
Mischung wegen seiner Eigenschaft, Wasser zu speichern, ohne dabei zu
verdichten (das Substrat sollte locker und durchlässig bleiben). Bei frisch
gesammelten Bäumen füge ich noch Kiefernstreu hinzu, um das Wachstum
des Mykorrhiza-Symbiosepilzes zu fördern, der für alle Kiefernarten
überlebenswichtig ist. Mit dieser Mischung komme ich gut zurecht, da ich im
nordwestlichen Europa lebe, wo es häufig regnet, weshalb ich ein gut
durchlässiges Substrat benötige. Außerdem bin ich in der Lage die Bäume
jederzeit wässern zu können, wenn es sehr heiß ist (dieses Substrat
trocknet sehr schnell aus), manchmal sogar zweimal täglich. Jeder muss
natürlich seine Substratmischung den eigenen regionalen klimatischen
Bedingungen anpassen. Und ist man sich nicht sicher, sollte man
versuchen, sich Rat bei einem örtlich ansässigen Bonsaienthusiasten, bei
einem Bonsai Club oder über das Internet einzuholen. Das dürfte kein
Problem sein.


Wässern von Kiefern

Man sollte das Substrat von Kiefern nie komplett durchtrocknen lassen,
selbst dann nicht, wenn man versucht, die Nadellänge zu reduzieren;
kürzere Nadeln bekommt man mittels der von mir beschriebenen
Techniken. Und wenn man wässert, dann gründlich. Mit der von mir
beschriebenen Substratmischung gibt es praktisch keine Möglichkeit, den
Baum zu überwässern.

Obwohl Mugo- und Sylvestriskiefern viel Wasser vertragen, ist es nicht gut,
die Bäume zu lange zu nass stehen zu lassen. Wenn es tagelang regnet,
sollten die Schalen durch Unterlegen eines Holzstücks etwas gekippt
werden, so das überflüssiges Wasser aus der Schale ablaufen kann. Noch
besser ist es, die Bäume während längerer Regenphasen unter zu stellen
oder mit Plastikfolie abzudecken.

Ebenso sollten während einer längeren Regenperiode alle
Langzeitdünger-Düngerstückchen entfernt werden, um das Überdüngen zu
verhindern.


Drahten von Kiefern

Kiefern lassen sich am besten in der Zeit zwischen Herbst und dem frühen
Winter drahten, nachdem die Nadel gezupft und der Baum zurück
geschnitten wurde. Man hat dadurch einen besseren Blick auf die Äste und
läuft nicht Gefahr, neue Knospen zu beschädigen.
Die Drahtung sollte regelmäßig (auf Einwachsen) überprüft werden. Dies gilt
insbesonders bei jungen, schnell wachsenden Kiefern.
Bei zweinadligen Kiefern können die Astspitzen horizontal ausgerichtet
werden, da der Baum kräftig genug ist neues Knospenwachstum aufrecht
auszurichten.


Winterschutz

Ich setze meine Kiefern immer eine gewisse Zeit leichtem Frost aus.
Dadurch "weiß" der Baum, dass die Zeit gekommen ist, sich auf den Winter
vorzubereiten. Ich lasse sie solange wie möglich im Freien stehen, aber
wenn die Temperaturen unter den Gefrierpunkt fallen, stelle ich sie in ein
Foliengewächshaus, in dem die Temperaturen nie unter 0° fallen. Tagsüber,
wenn es das Wetter erlaubt, lüfte ich soviel wie möglich und achte darauf,
dass die Temperatur nicht zu stark ansteigt, wenn die Sonne auf das
Gewächshaus scheint.


Schlussbemerkung

So, das war´s. Ich weiß, dass dies nur ein Grundlagen-Überblick zur Pflege
von Mugo- und Sylvestriskiefern ist. Trotzdem hoffe ich, dass es damit
besser gelingt, Kiefern-Bonsai sachgerecht zu pflegen.

Viele Grüße,
Hans van Meer
Antworten