Biege- und Spalttechniken - Techniken um starke Äste oder St

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Reiner
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Biege- und Spalttechniken - Techniken um starke Äste oder St

Beitrag von Reiner »

Biege- und Spalttechniken - Techniken um starke Äste oder Stämme in Position zu bringen.

Von Karl Thier - Beitrag erstellt von Reiner Vollmari

Absenken eines Astes

Immer wieder sieht man gestaltete Koniferen die einen sehr unrealistischen Eindruck machen, da die Äste in einer Kurve nach unten gebogen sind. Deshalb sieht eine ansonsten vielleicht ganz gute Gestaltung irgendwie gekünstelt aus.

Das Problem beim Erreichen einer glaubhaften Abwärtsbewegung ist meist ein zu starker Ast, der dann noch schräg vom Ansatz nach oben wächst. Um solche starken Äste glaubhaft abzusenken, ist es nötig, den Ast am Ansatz einzuschneiden. Es erfordert einige Kenntnisse der Baumphysiologie, um den Schnitt richtig zu setzen. Ein gut gesetzter Einschnitt schadet dem Baum meist nicht, da die meisten Koniferen gegen solche Astverletzungen gewappnet sind.

Der Einschnitt, um einen Ast ohne große Probleme in eine vom Ansatz weg schräge Abwärtsbewegung zu bringen, erfolgt immer an der Oberseite des Astes. Zwischen Ast und Stamm wird je nach Stärke des Astes bis etwa zur Hälfte der Aststärke ein Einschnitt gemacht.
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Da der Saftstrom immer überwiegend auf der Unterseite stattfindet, sind die Koniferen gegen Astbrüche oder Einrisse an der Oberseite gewappnet. In der freien Natur geschehen jeden Winter solche Astverletzungen. Es werden sogar ganze Bäume geknickt und leben anschließend ohne Probleme weiter.

Um aber sicherzugehen, dass beim Abwärtsbiegen der Ast nicht zu tief einreißt, ist es sicherer den Ast mit Naturbast oder mit einem zurechtgeschnittenen Fahrradschlauch zu sichern. Man legt zuerst, beginnend unterhalb des Astes, um den Stamm herum den besagten Bast oder Fahrradschlauch an und wickelt ganz eng um den Einschnitt bis ins erste Drittel des Astes die Sicherung.

Danach wird der Ast gedrahtet und anschließend durch Biegen in die gewünschte Richtung gebracht. Es ist nicht ratsam den Ast mehrmals auf und abzubiegen, da sich dabei die Borke vom Ast abheben könnte und der Ast abstirbt. Um den Ast in der Position zu halten, kann man zusätzlich einen Spanndraht anbringen.

Spalttechnik

Das gleiche Problem wie beim Biegen eines am Ansatz zu starken Astes gibt es auch in der Ast- bzw. Stammbewegung ab einer gewissen Stärke. Um einen starken Ast oder Stamm in eine gewünschte Richtung zu bringen, sind etwas gewagtere Maßnahmen erforderlich. In diesem Fall muss man es wagen, den Ast oder Stamm zu spalten. Diese Maßnahme hört sich anfangs sehr gewagt an, ist aber unter den Profigestaltern ein übliches Vorgehen, um das gewünschte Ziel zu erreichen.

Nun ist es allerdings nicht möglich, den Ast oder Stamm irgendwo zu spalten ohne dass die Pflanze Schaden nimmt. Auch in diesem Fall sollte man genug Erfahrung und Grundwissen um die Physiologie der Koniferen haben.

Wie bei einem Asteinschnitt muss auch das Spalten an der Oberseite des Astes bzw. des Saftbahnverlaufes längs des Stammes erfolgen.

Wie stellt man den Saftbahnverlauf fest? Bei den Koniferen ist der Wuchs nicht immer gerade, es kommt sehr oft vor, dass der Stamm in einer Drehbewegung wächst. Um sicher zu gehen, dass in Richtung des Saftverlaufs gespalten wird, ist der Ausgangspunkt der Spaltung immer die oberste Stelle am Stamm oder der vorderste Teil des Astes. Nachdem bestimmt wurde, wo man mit der Spaltung beginnt, setzt man mit einer Spaltzange den ersten Schnitt. Anschließend wird der gespaltene Teil mit einem Keil auseinander gehalten.
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Nun wird schrittweise der Spalt erweitert, durch den Holzkeil entsteht eine Spannung und das Holz wird nach dem Saftverlauf einreißen. Bei solchen Arbeiten ist das richtige Werkzeug unumgänglich, deshalb braucht man für solch eine Arbeit eine spezielle Zange, eine so genannte Spaltzange. Die Spaltzange ist so ausgelegt, dass man gezielt einen Spaltschlitz setzen kann.
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Nach der Spaltung ist der nächste Arbeitsschritt wieder die Sicherung des lebenden Teiles des Stammes. So wie beim Asteinschnitt, sichert man wieder mit Naturbast oder Fahrradschlauch, wobei der Fahrradschlauch bessere Dienste leistet als der Bast, da er sehr eng um den lebenden Stammteil gewickelt werden kann, ausgehend vom Ende des gespaltenen Stammes.

Bevor man aber mit dieser Sicherungsarbeit beginnt, ist es nötig zu prüfen, ob sich der Stamm in die gewünschte Richtung bewegen lässt. Sollte der zu biegende Teil noch immer zu viel Widerstand entgegensetzen, so muss man zusätzlich das Kernholz aus dem Stamm fräsen. Anschließend wird der ausgefräste Holzkern mit Kupfer oder Aludraht ausgelegt. So bekommt der Stamm wieder eine flexible Festigkeit. Danach kann mit der Sicherungsarbeit, den Stamm mit Gummi zu umwickeln, begonnen werden.
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Solche extremen Maßnahmen sollte man nur dann an einem Baum machen, wenn man schon einige Erfahrung mit dieser Technik erworben hat. Es macht sicher keinen Sinn, an einem guten Material solch eine Technik auszuprobieren. Es wird wahrscheinlich danebengehen. Bei all diesen Spalt- und Biegetechniken ist eine wirklich gesunde Pflanze Voraussetzung. Für Yamadoripflanzen, wo diese Technik meist angewandt wird, heißt das: der Baum muss unbedingt gut angewachsen sein und darf auf keinen Fall im Austrieb schwach sein. Beachtet man dies und ist mit der Pflanzenphysiologie und Spalttechnik vertraut, so sollte nichts schief gehen.
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