Anleitung zum Kauf von Yamadori und Bäumen im Allgemeinen

Anzucht, Vermehrung, Pfropfen, Yamadori etc.
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Heike_vG
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Anleitung zum Kauf von Yamadori und Bäumen im Allgemeinen

Beitrag von Heike_vG »

Anleitung zum Kauf von Yamadori und Bäumen im Allgemeinen
Autor: David Benavente (in Englisch)

Ein Bonsaikauf kann kompliziert werden, wenn der Käufer das Beste aus seinem Investment herausholen möchte. Es wird immer der Zweifel bestehen, ob der angebotene Baum auch wirklich den verlangten Preis wert ist.
Bei Bäumen, die noch Arbeit benötigen, wird dies zusätzlich kompliziert und Entscheidungsfaktoren wie die Größe des Wurzelballens, die Vitalität des Baumes und natürlich die Wahrscheinlichkeit, ob dieser Baum ein guter Bonsai werden kann, kommen zum Tragen.
Ich werde versuchen zu erklären auf was man, laut meiner Kriterien, bei einem Prebonsai (Yamadori oder nicht) achten sollte.
Hier einige Hinweise:


Zahle nicht für eine Zukunft zum Preis der Gegenwart.

Dies bedeutet, wir sollten nicht für etwas bezahlen, was der Baum einmal werden könnte, sondern dafür, was er gerade ist. So zahlt man zum Beispiel nicht denselben Preis für einen Rohdiamanten wie für einen Stein der geschliffen und von einem berühmten Künstler in einen Ring eingefasst wurde.
Es versteht sich von selbst, dass ein Baum mit großem Potenzial teurer sein wird, als ein Baum ohne dieses. Zu diesem frühen Zeitpunkt sollte der Baum aber nicht den Preis haben den er einmal haben wird, sobald er umgetopft, gestaltet und über viele Jahre kultiviert wurde.
Wird einem ein Yamadori vorgeführt, der in einer großen Holzkiste sitzt, ist es üblich, dass der Verkäufer einen berühmten Satz verwenden wird – „Sobald er umgetopft und ein wenig gestaltet wurde, wird er … (normalerweise etwas gleichbedeutendes zum besten Bonsai aller Zeiten)“. Sicher, wir können dem zustimmen, aber dieses erste Umpflanzen in eine Bonsaischale kann sehr riskant sein (besonders bei Nadelbäumen) und es wird für mindestens ein Jahr nicht möglich sein den Baum zu gestalten. Diese Zeit benötigt eine Kiefer oder ein anderer Nadelbaum zur Erholung. Folgerung: Die Zeit, die wir investieren und die Risiken, die wir aufnehmen müssen, sollten nicht ignoriert werden und mit in die Kaufentscheidung einfließen.
Das Gegenteil ist ebenso der Fall. Wir sollten nicht überrascht sein, wenn für einen Baum, der sich für mindestens eine Saison in einer adäquat großen Bonsaischale erholen konnte und ausreichend Äste für eine Bearbeitung hat, ein höherer Preis verlangt wird.
Wenn ein Verkäufer das Risiko auf sich genommen und sich Zeit gelassen hat, damit wir ein „konsumfertiges“ Material genießen können, ist es logisch, dass dieser Potentsai (potenzieller Bonsai) teurer sein muss, als einer in seinen Anfängen.


Unterschätze nicht das Risiko beim Kauf einer schwachen oder kranken Pflanze.

Ein weiterer Punkt den viele Liebhaber selten in Betracht ziehen.
Es kann passieren, dass uns ein Baum angeboten wird, den wir sehr mögen und den wir gerne bearbeiten möchten. Wir möchten sehen wie schön er sein wird sobald wir unsere Kreativität ausgelebt haben, unser Talent im Drahten, Positionieren der Äste, Umtopfen und so weiter, gezeigt haben.
Oh Schande! Er ist ein wenig gelb, die Knospen sind sehr klein, oder die diesjährigen Triebe sind kaum zu sehen. Anders gesagt, der Baum der unsere Aufmerksamkeit gewonnen hat ist krank oder schwach.
Es wäre vernünftig ihn nicht zu kaufen da wir, je nach Fall, 100% unserer Investition riskieren.
Die Erfahrung zeigt, dass ein Liebhaber, der sich in einen Baum verguckt hat, der Versuchung ihn auch zu gestalten, nicht widerstehen kann. Unabhängig davon wie schwach der Baum ist.
In anderen Worten: Stelle dir nicht vor du wirst den Baum in Ruhe zu Kräften kommen lassen bevor du ihn gestaltest. Nahezu niemand ist in der Lage eine solch lange Wartezeit auszuhalten wenn die Versuchung doch so nahe liegt. Diese Zeit ist Geld wert, genau wie das Risiko welches du auf dich genommen hast indem du eine Pflanze in schlechter Gesundheit gekauft hast.
Ich bestehe darauf, kaufe keine Pflanze in schlechter Verfassung und wenn du es doch tust sollte der Preis gut genug sein um dieses Risiko zu rechtfertigen.


Glücklich sind die, die einen vertrauenswürdigen Lieferanten finden

Ohne jemanden beleidigen zu wollen, möchte ich ausdrücken welch großer Vorteil es ist, einen regelmäßigen Lieferanten zu finden, der über ein paar Jahre hinweg bewiesen hat, dass er unser Vertrauen verdient hat.
Ich kenne einen Fall, bei dem jemand eine Eibe verkaufte, die in eine große Schale gepflanzt war. Die Schale verbarg eine große Überraschung. Der Stamm war knapp über den Wurzeln abgeschnitten worden. Es war ein Baum ohne Wurzeln. Natürlich starb der Baum im Garten des Kunden. Man stelle sich die Verwunderung vor, als er den Baum aus der Schale nahm und herausfand was passiert war. Ihm war ein großer Steckling für den Preis eines Baumes verkauft worden. Glücklicher Weise war dies ein Einzelfall.
Ein guter Lieferant bietet nicht nur gut kultivierte Bäume an, er kennt auch unser technisches und künstlerisches Niveau. Er kennt unser Talent für die tägliche Pflege (oder den Mangel daran) und kann Ratschläge zur Auswahl des Materials geben, welches unserem Profil entspricht. Wenn er dann noch Ideen zur Gestaltung und Hilfe beim Design des zukünftigen Bonsais anbieten kann, haben wir einen idealen Lieferanten gefunden.


Ein Baum muss nicht teurer sein, nur weil er gesammelt wurde (Yamadori)

Manchmal werden Pflanzen gesammelt, die wenig interessant für Bonsai sind und darum niemals hätten gesammelt werden sollen. Für sie wird jedoch, aus dem simplen Grund dass sie Yamadori sind, ein hoher Preis verlangt.
Für gewöhnlich besitzen Yamadori Qualitäten die bei Bäumen, welche nicht aus der Natur gesammelt wurden, nicht zu finden sind. Dies ist jedoch nur der Fall wenn der Sammler ausreichend vernünftig ist. Die Folgerung sollte sein, dass der Preis eines Baumes im direkten Verhältnis zu seinen Qualitäten steht. Unabhängig von seinem Ursprung.


Was wird an einem Prebonsai geschätzt?

Stufe der Kultivierung
Je mehr Jahre ein Baum fachmännischer Kultivierung unterzogen wurde, umso besser werden seine Eigenschaften und umso höher wird der Preis.

Stufe der Entwicklung der Wurzeln
Dies ist einer der Schlüsselpunkte. Es ist nicht dasselbe eine Kiefer in einer großen Holzkiste oder in einer angemessen proportionierten Bonsaischale zu kaufen. Der Weg aus der Holzkiste in eine endgültige Bonsaischale kann in vielen Fällen jahrelange Kultivierung und hohe Risiken für den Sammler bedeuten. Dies hat natürlich seinen Preis.
Wenn du vor hast einen Yamadori zu erwerben und die Basis seines Stammes direkt an die Kante des Topfes oder der Kiste gepflanzt ist, denke nicht dass dies der Wunsch eines launigen Sammlers war. Vielmehr wird der Baum alle Wurzeln auf einer Seite haben oder es ist möglich, dass der Baum eine lange Pfahlwurzel besitzt, die vom Stamm aus bis zur anderen Seite der Kiste reicht. Ihn in eine endgültige Schale zu bringen wird sicherlich mindestens zwei Umtopfaktionen benötigen (4-5 Jahre)
Lasst uns vernünftig sein. Sollte der Yamadori, den du kaufen wirst in einer endgültigen Schale sitzen, bedeutet das sicherlich, dass die verantwortliche Person sich 4-5 Jahre (in den meisten Fällen) Zeit genommen hat ihn so weit zu bekommen. Diese Arbeit muss bezahlt werden.

Die Textur der Borke und des Holzes
Es gibt solche, die Bonsai aufgrund ihres Gewichtes schätzen. Sie achten nur auf die Größe und Dicke des Baumes.
Andere Liebhaber, die gut ausgebildet sind, können andere, vielleicht weniger auffällige, Qualitäten schätzen. Qualitäten die die besondere Zutat sind, die dem Baum das besondere Etwas geben, die ihn von allen anderen unterscheiden.
Sollte jemand in der Lage sein die Texturen die das Alter eines Baumes verraten, zu unterscheiden, ist dies ein unmissverständliches Zeichen, dass sie oder er einen Fortschritt in seiner Ausbildung zum Bonsaianer gemacht hat.
Der Preis eines Baumes kann rasant steigen, aufgrund der Qualität seiner Borke oder aufgrund der Tatsache, dass sein Totholz diese gerissene Textur aufweist, die nur Jahrhunderte altes Holz besitzt. Die Texturen kennzeichnen das Alter und besonders in Japan wird dies als eines der Haupt-Unterscheidungsmerkmale angesehen.
Diese Kiefer hat außerordentliche Borke. Sie ist sehr alt und reicht bis in die Spitzen der Zweige.
Diese Kiefer hat außerordentliche Borke. Sie ist sehr alt und reicht bis in die Spitzen der Zweige.
Yamadori_DB_01.jpg (144.06 KiB) 5960 mal betrachtet
Detail der ausgezeichneten Borke dieser Kiefer
Detail der ausgezeichneten Borke dieser Kiefer
Yamadori_DB_02.jpg (156 KiB) 5960 mal betrachtet
Kiefernborke mittleren bis hohen Alters.
Kiefernborke mittleren bis hohen Alters.
Yamadori_DB_03.jpg (190.83 KiB) 5960 mal betrachtet
Kiefernborke mittleren bis jungen Alters.
Kiefernborke mittleren bis jungen Alters.
Yamadori_DB_04.jpg (146.73 KiB) 5960 mal betrachtet
Oliven-Borke der höchsten Qualität. Eine Olive mit solcher Borke ist mehr als alt.
Oliven-Borke der höchsten Qualität. Eine Olive mit solcher Borke ist mehr als alt.
Yamadori_DB_05.jpg (148.22 KiB) 5960 mal betrachtet
Proportion und Bewegung
Wir kennen das alle, ein Bonsai oder Prebonsai sollte harmonische Proportionen und eine interessante Bewegung besitzen.
Gute Verjüngung und ein gut ausgeprägtes Nebari sind ebenso hoch geschätzt. Abhängig von der Spezies kann jedoch auf ein Bilderbuch-Nebari verzichtet werden, wenn dieser Mangel durch den Charakter und die Authentizität kompensiert werden, die manche Yamadori besitzen.

Verzweigung
Ein weiterer Aspekt der häufig übergangen wird, wenn ein Baum besonders gefällt. Verzeigung bedarf häufig viele Jahre der Kultivierung und wie wir wissen ist Zeit gleich Geld.
Es weiß jedoch nicht jeder welche Art der Verzweigung Geld kosten sollte und welche nicht. Bei einem Prebonsai sollte darum folgendes gefragt sein:
  • Erstens: Es sollten viele gesunde Äste vorhanden sein.
  • Zweitens: Die Äste sollten stark unterteilt, also selber stark verzweigt sein. Ein Baum mit viel Primärverzweigung kann sehr dicht und daher ideal erscheinen, was aber nicht der Fall sein muss. Ein Bonsai wird aus wenigen primären Zweigen gestaltet, die dann selber sehr verzweigt sein sollten (Sekundär-, Tertiärverzweigung,…)
  • Drittens: Dies ist der bedeutendste Punkt. Das Grün sollte so nah an der Basis des Astes entspringen wie möglich und sich bis zu dessen Ende fortführen. Nur so wird es möglich sein die Größe der Krone zu reduzieren.
Aus diesen Gründen wird ein Baum mit guter (qualitativ hochwertiger) Verzweigung teurer sein, als einer mit weniger guter oder mangelnder Verzweigung.

Spezies
Einige Spezies sind in Mode (Angebot und Nachfrage), andere sind schwierig zu bewurzeln oder selten, wiederum andere sind importiert. Es gibt Bäume, die von Natur aus interessante Formen annehmen und andere, deren Wuchsprofil komplett Anti-Bonsai ist. Es gibt Bäume mit kleinen Blättern und solche deren Blätter in ihrer Größe nicht reduziert werden können. So gibt es eine ganze Welt voller Spezies und Qualitäten, aber auch Preise zwischen denen Welten liegen.

Schale
Wer hat noch nicht von Tokoname Schalen gehört? Sie sollen Schalen höchster Qualität und daher auch die teuersten sein. Manchmal sogar teurer als den Baum den sie beherbergen. Das andere Extrem sind recyclebare Container und dazwischen liegt eine unendliche Vielzahl von Möglichkeiten. Abhängig von der Schale/ dem Container in die der begehrte Baum gesetzt wurde wird sein Preis höher oder geringer ausfallen.
Dieser Wacholder ist endlich in einer Bonsaischale. Es hat fünf lange Jahre der Kultivierung gedauert, ihn in eine endgültige Schale zu bekommen und ausreichend Triebe für eine Grundstruktur heranzuziehen.
Dieser Wacholder ist endlich in einer Bonsaischale. Es hat fünf lange Jahre der Kultivierung gedauert, ihn in eine endgültige Schale zu bekommen und ausreichend Triebe für eine Grundstruktur heranzuziehen.
Yamadori_DB_06.jpg (158.31 KiB) 5960 mal betrachtet
Diese Kiefer hat ihren Weg gerade begonnen. Sie muss noch aus der Kiste in die richtige Schale gesetzt werden.
Diese Kiefer hat ihren Weg gerade begonnen. Sie muss noch aus der Kiste in die richtige Schale gesetzt werden.
Yamadori_DB_07.jpg (153.8 KiB) 5960 mal betrachtet
Deutsche Übersetzung: Marius Mautsch
Gepostet nach schriftlicher Erlaubnis durch den Autor.
Ein halber Schritt in die richtige Richtung ist oftmals ein Reinfall...

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achim73
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Re: Anleitung zum Kauf von Yamadori und Bäumen im Allgemeine

Beitrag von achim73 »

super, danke an alle beteiligten !
Gruss, Achim
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