Fragen zu meiner neuen Olive

[Bonsette]

Liebe Bonsaifreunde,
gestern habe ich in einer Gärtnerei in Münster diese Olive sehr günstig (5 Euro) mitgenommen. Eigentlich ist es gar nicht mein Ding, so „alte“ Bäume zu kaufen - meine Bonsaianwärter fangen alle als vielleicht 2-5 jährige Winzlinge an, die ich bei Bergtouren usw. sammle. Aber im Pyrenäenurlaub im Juli war ich so begeistert von den urigen und krüppeligen Olivenbäumen, dass ich nun auch einen haben wollte.
Nach Gestaltungsideen müsst ihr mich jetzt noch nicht fragen – ich weiß, ist eigentlich nicht richtig, ohne Plan zu kaufen, aber sie hat immerhin einen schön breiten Wurzelansatz, genug Äste an allen Seiten zur Auswahl und wird nach oben nicht breiter. Größter Schönheitsfehler ist die große Schnittstelle oben, sie wurde dort wohl einfach gekappt.

Nun habe ich ein paar Fragen, zu denen ihr mir vielleicht etwas sagen könnt:
Könnte die schwarze Färbung auf der Schnittstelle, die an zwei Stellen auch den Stamm hinunter läuft, ein Pilz sein, oder ist es eine Art Wunddesinfektionsmittel, das dort vielleicht aufgetragen wurde? Kann ich irgendwie herausfinden, ob es ein Pilz ist und ihn ggf. behandeln?
Würdet ihr die große Schnittstelle jetzt noch nachbehandeln und wenn ja wie?
Wäre ein Umtopfen (ohne Wurzelschnitt) in einen größeren Topf mit Bonsaierde und Sand jetzt gut?

Vielen Dank für eure Hilfe!

LG
Steffi

[HeikeV]

Liebe Steffi,

ich weiß nicht ob das unbedingt ein Pilz ist, der da so dunkel aussieht. Falls die Olive immer von oben gewässert wurde, könnte das auch Feuchtigkeit sein. Vielleicht klärt sich das ja in ein paar Tagen von selbst.

Umsetzen kannst du sie noch. Kannst dabei gleich mal den kleinen Trieb unten links abschneiden. Ich weiß nicht was bei dir "Bonsaierde" bedeutet. Meine Oliven stehen in Akadama und Kiryu. Obwohl du Oliven im natürlichen Habitat anders kennst, sind sie in der Schale echte Säufer. In freier Wildbahn bilden sie sowohl Pfahlwurzeln als auch lange Flachwurzelausläufer zur Wassersuche. In der Schale sind sie auf ihre feinen Wurzeln angewiesen und brauchen mehr Wasser als man für möglich hält. Gieß wenn möglich mit Kalkwasser oder gib ein paar Mal im Jahr Kalk zu.

Auch wenn du nicht weißt, wie du das Bäumchen mal gestalten willst, kannst du in der Zwischenzeit neue Triebe auf ein oder zwei Blattpaare zurück schneiden, um bessere Feinverzweigung zu bekommen. Alte Zweige bekommt man schlecht mit Draht gestellt, weil sie brechen. Wenn du zu lange mit der Gestaltung wartest, könnte der Schuß also nach hinten los gehen. Andererseits treiben Oliven aber auch wie verrückt. Da gibt es eigentlich immer einen neuen brauchbaren Zweig.

Vorsicht beim Rückschnitt. Wenn du einen Ast zurück schneidest, dann lass bitte immer möglichst ein Blattpaar an der Spitze stehen, damit der Saftfluss nicht unterbrochen wird. So bekommst du garantiert neuen Austrieb an dem Ast.

So, und nun viel Spaß mit deiner Olive !

LG
Heike

[Frank Abbing]

Ich denke, du hast dort eine Wildolive, oder? Ist hier am Handy nicht so gut zu erkennen.

[Gary]

Hallo Steffi,

bevor Du Dir zuviel Hoffnung machst möchte ich sagen, dass es mit Sicherheit keine Wildolive (Ullastre) ist. Aber scheinbar eine Kultursorte mit erträglich kleinem Laub.

An Deiner weiteren Vorgehensweise sollte dies eh nichts ändern. Halte Dich einfach an die Ratschläge von Heike.

Somit hast Du mit Olive und zwei Eichensämlingen ja schon mindestens 3 Pflanzen die frostfrei überwintert werden sollten.

Viel Freude mit diesen Drei und allen Anderen.

[HeikeV]

Stimmt Steffi, das ist definitiv eine Kulturolive.

LG
Heike

[Bonsette]

Vielen Dank für eure Antworten, Heike, Frank und Gary!

Deine ausführlichen Tipps werde ich berücksichtigen, Heike. Ich suche mir also die für die weitere Gestaltung wahrscheinlich wichtigsten Äste aus, drahte sie schon einmal und schneide ihre Zweige auf zwei Blätter zurück. Möglichst ohne Wurzeln zu entfernen werde ich die Olive dann noch in ein breiteres Gefäß mit Bonsaierde setzen, ohne den Wurzelballen auszuspülen. (Die Bonsaierde besteht aus Weißtorf, Schwarztorf, Rindenhumus, Kokosfasern, Bimskies, Lava, Vulkanton, Zeolith und Agrosil. Meine Bäume wachsen darin alle ganz gut.)

Zwei Fragen zum Schnitt hätte ich noch:
Würdet ihr die nicht benötigten Äste jetzt schon entfernen, damit die Knubbel am Stamm dort nicht zu dick werden? (Die dann entstehenden Schnittstellen hätten Durchmesser von 1cm.)
Sollte ich den Stamm ab dem neuen Spitzenast jetzt schon mit einem schrägen Schnitt entfernen? Wenn ja - welches Werkzeug empfehlt ihr dafür? (Der Durchmesser ist 2cm, beim schrägen Schnitt 3,5cm.)

Die schwarze Färbung der Rinde habe ich übrigens mit einer Zahnbürste und Wasser entfernen können, und darunter erschien beim Kratzen mit dem Fingernagel frisches Grün. Muss ich mir jetzt keine Sorgen mehr machen, oder könnte es sich trotzdem noch um einen bösartigen Pilz- oder Bakterienbefall handeln? Hier im Forum habe ich ja schon einiges über z.B. Pseudomonas und die Übertragung auf andere Bäume gelesen. Würde ich so einen Befall in den nächsten Tagen evtl. auch an den Blättern erkennen können, oder gibt es sonstige Erkennungsmerkmale, auf die ich achten kann? (z.B. Geruch – ich finde, die Olive riecht irgendwie süßlich)

LG und vielen Dank für eure Hilfe!
Steffi

[HeikeV]

Liebe Steffi,

da ich nicht so genau verstanden habe, wo du den Stamm zurück schneiden willst, habe ich dir mal 2 Bilder eingestellt. Ich hoffe das ist okay ?

Hier ist meine Wildolive. Ein Stück des Stamms ist als Totholz stehen geblieben und soll weiterhin den höchsten Punkt des Baumes bilden. Eventuell werde ich auch das
Grün nur rechts vom Stamm gestalten. Bin mir da noch nicht so sicher. Da ich nicht genau weiß, wo du deinen neuen Spitzenast an deiner Olive festgelegt hast, wäre
es vielleicht eine Option den Stamm oberhalb tot zu legen und später zu jinnen ?

Ulastre 15 cm

Rechts siehst du ein Blatt mit einer braunen Spitze. Wenn du so etwas an deiner Olive siehst, hat sie zu viel Wasser bekommen. Gib ihr weniger und sie hört auf mit dem Unsinn.

Dieses Foto habe ich dir eingestellt, damit du nicht denselben Fehler machst wie ich. Meine Kulturolive hatte ich radikal auf Shohin-Maß zurückgenommen. Nur leider verkleinern
Kulturoliven anscheinend ihre Blattgröße nicht und die gesamte Gestaltung wurde höchst unglaubwürdig. Da habe ich 2 Jahre mit rum getüftelt und vor 2 Wochen endlich eingesehen, dass es
keinen Zweck hat und die Säge angesetzt. Also was immer du planst, mach nicht denselben Murks wie ich und achte auf das Größenverhältnis Blatt zu Baumhöhe.

Kulturolive 19 cm

Egal wie sorgfältig du deine Olive jetzt umsetzt, du wirst Wurzeln verlieren, denn die sind ziemlich fein. Wenn du also definitiv weißt, dass du einen Ast nicht mehr
brauchst, dann nimm ihn gleich ab, um der Olive die Balance Wurzeln/ Grün zu erleichtern. Was Schnittstellen und Knubbel anbelangt, bin ich der Meinung, dass eine Olive
davon eher profitiert, weil es ihr Charakter gibt. Oliven können richtig alt werden und ich finde das gibt ihnen das Recht Falten und Beulen zu zeigen.

LG
Heike

[Bonsette]

Ganz lieben Dank für deine guten Tipps, Heike! Deine Bilder sind sehr aufschlussreich.
Deine Wildolive wird ja mal eine ganz schnuckelige, und die Kulturolive wird sicher noch schön knorrig und krumm werden.

Da der Stamm meiner Olive sehr gerade ist, würde er denke ich keinen interessanten Jin darstellen. Ich hatte mir gedacht, einen der oberen Äste als neue Spitze aufzubauen und ab dort den Stamm schräg abzuschneiden. (in der Hoffnung, dass die große Wunde irgendwann einmal zuwächst) Wie dein Beispiel zeigt, benötigt ein Kulturolivenbaum ja eine gewisse Größe, deshalb wollte ich ein möglichst langes Stück des vorhandenen Stammes und 4-5 ausgewählte Äste behalten. Der Schnitt könnte z.B. hier sein:

Wenn ich den Baum etwas schräg einpflanze, kann ich mir mit viel Shari und einem Jin-Stummel auch etwas in der Art, wie ich es hier ohne Blätter gezeichnet habe, vorstellen:

Allerdings habe ich noch keine Erfahrung mit so großflächigen Entrindungen. Könnte ich das jetzt noch machen, und müsste ich das Holz dann sofort behandeln? (Jinmittel hätte ich, oder nimmt man da Holzhärter?)

LG
Steffi

[Frank Abbing]

Meine Wildolive besitzt kein Todholz, aber die Form deckt sich derzeit mit deiner Skizze. Dass deine eine Kulturolive ist, ist dabei ja unerheblich.
Im Teichkorb wächst sie besser als vorher in der Trainingsschale. Es handelt sich um ein Mitbringsel aus Spanien.

[Gary]

Hallo Steffi,

der gerade Stamm Deiner Olive wäre echt gut für eine Besenform aber da das nicht zur Option steht ist er eher ein Problem. Du hast das gut erkannt und mit der Kipp-Absicht und Deiner Skizze bereits gut gegengesteuert. Aber eben wegen dem geraden Stammverlauf würde ich persönlich noch eine Etage tiefer bereits aussteigen. Habe das mal in Deinem Foto eingezeichnet (blau) und meinen favorisierten Spitzentrieb markiert (gelb).

Den Schnittverlauf würde ich einfach schräg nach unten verlaufen lassen und ruhig "leicht wellig" ausführen. Wie? Ich würde nicht wirklich abschneiden sondern einfach mit einem scharfen Messer (Cutter) die Rinde durchschneiden und alles oberhalb abschälen (Rinde entfernen). Stehen bleibt erst mal das rohe Holz zu einer späteren Formung / Kürzung. Alle oberhalb des Schnitts liegenden Äste können dabei auf ca. 2 cm-Stummel zurückgeschnitten werden. Das Holz lies ich unbehandelt und lediglich am Schnittrand würde ich zum Schutz vor Rücktrocknung einen feinen Streifen Jap. Wundknete aufbringen.

[HeikeV]

Liebe Steffi,

deine Zeichnung gefällt mir !

Setz sie doch bitte erstmal um, nimm die ungewollten Äste raus und schau mal wie deine Olive reagiert. Wenn du deine Zeichnung umsetzen willst, kannst du das im zeitigen Frühjahr, wenn die Olive wieder mehr Licht bekommt immer noch. Wir haben schon August und deine Olive braucht Kraft für den Winter. Langfristig wirst du Holzhärter brauchen, damit dir das Totholz nicht verrottet. So ein kleines Fläschchen ist nicht immens teuer und extrem ergiebig.

Wenn du die Rinde für das Shari einritzt, geh bitte erstmal ganz konservativ vor. Die Rinde scheint eine Neigung zur Rücktrocknung zu haben und dein Shari könnte dann größer ausfallen, als du es möchtest.

Du hast sicherlich schon über einen Platz für den Winter nachgedacht. (?) Entschuldige, wenn ich so dumm frage, aber besser so als wenn es zu spät ist.

LG
Heike

PS: Habe gerade Harald's Beitrag gelesen. Die Idee finde ich prima.

[Bonsette]

Liebe Heike und Gary, dank eurer guten Ratschläge habe ich es heute gewagt, die Olive zu bearbeiten:

vorne

hinten

Die Ansichtsseite hat sich geändert, weil die Wurzeln so besser zum neuen Pflanzwinkel passten. Als neuen Spitzenast habe ich sogar einen gewählt, der noch tiefer sitzt als in deinem Vorschlag, Gary. Alle nicht benötigten Äste habe ich schon entfernt, und die Olive ist jetzt in einem Teichpflanzkorb. Ich habe sie ohne eine Wurzel anzurühren nur aus dem Plastiktopf genommen und mit Bonsaierde aufgeschüttet. Im Frühjahr will ich am oberen Stammteil die Rinde entfernen und einen Jinstummel formen. (Danke für deine Tipps zum Vorgehen, Gary!)

Jetzt hoffe ich mal, dass die schwarze Färbung oben an der Schnittstelle kein Pilz ist, der sich noch ausbreitet, und dass die Olive bis zum Winter noch Kraft sammelt.
Frage: Sollte ich ihr im August noch Dünger geben? Und wäre der übliche Bonsai-Flüssigdünger oder z.B. „Biogold“ für die Olive richtig?

Für die Überwinterung habe ich mir schon eine Lösung mit Temperaturregler und Lüfter in einer Plexiglasbox überlegt. Morgen geht’s in den Baumarkt.

LG und ein schönes Wochenende
Steffi

[HeikeV]

Liebe Steffi,

das sieht nach einem super Start ins Bonsai-Leben für deine Olive aus. Allerdings hätte ich wahrscheinlich die alte Erde aus den Wurzeln gewaschen, weil ich Bedenken hätte, dass sie mehr Wasser hält als das restliche Substrat. Kann aber auch gut sein, dass es der Olive völlig egal ist, schließlich ist sie Überlebenskünstler.

Meine Oliven überwintern am Südfenster in einem ungeheizten Raum und bekommen auch dann etwa alle 4 Wochen mal Flüssig-Dünger. Solange sie draußen stehen, gibt es zusätzlich noch Hornmehl. Wenn sie im Winter genug Sonne bekommen, treiben sie auch dann weiter, nur eben viel weniger als im Sommer.

Bin mal gespannt auf deine Plexiglasbox.

LG
Heike

[Bonsette]

Trotz Spinnmilben und dem Verlust einiger Blätter gab es in den letzten zwei Monaten genug neue Blätter und Triebe, sogar auch an gewünschten Stellen.
Die schwarze Färbung oben an der Schnittstelle habe ich nur mit Jinmittel eingepinselt, da hat sich dann nichts weiter ausgebreitet, also wahrscheinlich kein Pilz.
Ein kleines Experiment habe ich am ersten Ast der Olive noch gestartet: Da hatte ich zwei direkt nebeneinander wachsende Äste stehen gelassen, weil ich mich nicht für einen entscheiden konnte und abwarten wollte, welcher besser wächst. Jetzt habe ich bei beiden bis zum ersten Zweig die Rinden auf der Innenseite entfernt und sie dann aneinander gebunden, in der Hoffnung, dass sie zu einem Ast zusammenwachsen, der wäre dann auch gleich schon etwas dicker.

Für die Überwinterung habe ich jetzt eine kleine Plexiglasbox. Darin steht die Olive (und zwei kleine Steineichen aus den Pyrenäen, die auch noch frostfrei überwintert werden müssen) auf einer Heizmatte, die sich einschaltet, wenn der Sensor Temperaturen in einem vorgegebenen Temperaturbereich misst. In den Deckel kommt noch ein Lüfter, der einmal am Tag frische Luft vom unteren Steckerloch durch die Box nach oben ziehen soll. Die Box wird überdacht auf dem Balkon stehen und viel Sonne bekommen.

LG
Steffi

[abardo]

Heh, technisch hab ihr es (wieder mal) aber auch sowas von drauf

Ist das eine Inkbird-Steuerung ? Magst du im Frühling dann mal berichten, wie die sich bewährt hat ?

An ein Abflussloch hast du bestimmt gedacht, sonst produzierst du in der Plastikbox eher so ein feuchtes Dschungelklima ...