30 Jahre alte Linden vererbt bekommen, brauche Hilfe

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Fyud
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30 Jahre alte Linden vererbt bekommen, brauche Hilfe

Beitrag von Fyud »

Hallo Bonsai Freunde!
Ich hoffe jemand von euch kann mir weiter helfen!!
Ich bin noch 21 Jahre jung und neu in der Szene :?
Mein Nachbar ist vor ein paar Monaten verstorben und hat mir mehrere Linden vererbt.
Einige davon sind ü30 Jahre alt und es wäre einfach zu schade wenn ich mit ihnen nicht richtig umgehen würde.
Deshalb habe ich ein paar Fragen für die ersten Schritte und worauf ich achten muss.
Ich habe eine der Linden fotografiert und es wäre hilfreich sich die Fotos vorher anzugucken.

1) Womit fang ich an/erste Schritte? :lol:
2) Wie dünge ich am besten und womit?
3) Worauf muss ich beim Umtopfen achten und wann ist ein Wurzelschnitt erforderlich?( Der Eimer wird der Pracht des Bonsais einfach nicht gerecht)
4) Wie/wo schneide ich ihn am besten und wieviel soll runter?
5) Wie hoch würdet ihr das Alter schätzen der Linde?

Ich würde mich sehr freuen wenn jemand die Fragen oder sogar drüber hinaus beantworten würde!
Danke im vorraus :)

MfG FYUD
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bock
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Re: 30 Jahre alte Linden vererbt bekommen, brauche Hilfe

Beitrag von bock »

Hallo Fyud,

willkommen im Forum!

Linden sind nicht all zu schwierig, aber das Wichtigste bei Bonsai ist Geduld. Die große Linde sieht gesund aus, also erstmal nur Pflege. Die kleine Linde hat etwas zu helle Blätter, möglicherweise steht sie etwas zu feucht.
Zu deinen Fragen:

1. Gießen.
Die Bäume sollen nicht vertrocknen aber auch nicht ersaufen. Haben alle Töpfe unten Wasserabzugslöcher? Dann gießt du, wenn die Erdoberfläche trocken ist, bis unten Wasser herausläuft.
2. Standard-Pflanzendünger tut es erstmal, ich dünge im Sommer einmal pro Woche mit der empfohlenen Dosierung. Ist es sehr heiß, wird das Düngen verschoben (über 30°C). Linden sind etwas salzempfindlich, daher besser kein Blaukorn oder ähnliches verwenden.
3. Umtopfen.
Bitte erstmal nicht umtopfen, ab Mitte August bis mitte September geht, im Frühling (wenn die Knospen schwellen) geht auch, frisch umgetopfte Bäume sollten vor Frost geschützt werden. Zum Umtopfen und Substrat, Wurzelschnitt etc. findest du hier viele Informationen, hast genug Zeit, dich einzulesen.
4. Triebschnitt
Zur Erhaltung der Kronenform schneidet man im Sommer alle Triebe auf zwei Blätter zurück. Außer an Ästen, die noch stärker werden müssen. Blattschnitt, Gestaltungsschnitte (an dickeren Ästen) würde ich erstmal nicht machen, dazu sollte man ein Winterbild beurteilen (ohne Laub).
5. Alter
ist leichter am Winterbild zu beurteilen - Verzweigung, Verjüngung, Reife der Borke sind Kriterien, abhängig von den Umweltbedingungen kann das scheinbare Alter vom tatsächlichen um mehr als 50% abweichen. Ist aber auch relativ egal.

Bei der großen Linde wäre mittelfristig das Ziel, den Wurzelansatz zu verbessern. Dazu würde ich als erstes Substrat auffüllen bis knapp unter den Topfrand. Wichtig ist, möglichst ähnliches Substrat zu verwenden wie im Ballen vorhanden, sonst lässt sich schwer beurteilen, wann wieder gegossen werden muss. Das kann man im Laufe der Zeit aber auch merken, wenn man den Baum hochhebt. Man merkt dann am Gewicht, ob noch genug Wasser vorhanden ist.
Diesen Baum würde ich über mehrere Jahre durch mäßigen Wurzelschnitt an fortschreitend flachere Container gewöhnen bis er irgendwann in eine Schale passt. Bei der Bearbeitung der Wurzeln würde ich mir Hilfe bei einem Arbeitskreis oder Workshop in der Nähe suchen.
Ein fortgeschrittener Bonsaianer würde den Baum vielleicht in einen größeren Container setzen, das Laub ungebremst wachsen lassen und im nächsten Frühling abmoosen.

Mach erstmal nicht zuviel, es ist schon schwer genug, die Bäume ein Jahr am Leben zu erhalten!
Dabei wünsche ich dir viel Erfolg und Freude!
liebe Grüße Andreas
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Fyud
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Re: 30 Jahre alte Linden vererbt bekommen, brauche Hilfe

Beitrag von Fyud »

Hallo Andreas!
Vielen dank für die Antwort! Du hast mir schon mal um einiged weiter geholfen!
Ich werde mich erstmal an deine Ratschläge halten und demnächst einen Workshop aufsuchen.
Zu Punkt 4) Triebschnitt: Soll also jeder neue/junge trieb auf 2 Blätter zurück geschnitten werden? Und muss ich in der Zeit aufs Düngen/ oder starke Sonneneinstrahlung achten? Wie empfindlich ist der Baum danach?

Mfg Fyud
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bock
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Re: 30 Jahre alte Linden vererbt bekommen, brauche Hilfe

Beitrag von bock »

Fyud hat geschrieben: 10.06.2018, 12:30 ...
Zu Punkt 4) Triebschnitt: Soll also jeder neue/junge trieb auf 2 Blätter zurück geschnitten werden?
Das gilt nicht grundsätzlich, aber bei Bäumen, die eine gewisse Reife haben und noch Feinverzweigung aufbauen sollen.
Man lässt den Austrieb auf fünf bis sieben Blätter wachsen und schneidet dann zurück, je nach Klimazone und Baumart zwischen April und August, zu starke Triebe werden auf das erste Blatt zurückgeschnitten, entwickeln dann aber keine Verzweigung. Schwache Triebe schneidet man weniger, später oder garnicht zurück, wenn Äste entfernt wurden, ist es empfehlenswert, ein oder mehrere Jahre auf Rückschnitt zu verzichten.
Nach dem Laubfall im Herbst dünnt man zu dicht gewordene Verzweigung aus und kürzt zu lange Triebe ein.
Äste kann man nach dem Austrieb im Frühling zurückschneiden, ich mache es lieber im Juni, da kommt die Kallusbildung schneller in Gang.

Fyud hat geschrieben: 10.06.2018, 12:30Und muss ich in der Zeit aufs Düngen/ oder starke Sonneneinstrahlung achten? Wie empfindlich ist der Baum danach?

Mfg Fyud
Düngen nach Triebschnitt wie üblich, Sonneneinstrahlung kann dazu führen, dass innere Blätter fleckig oder braun werden. Es empfiehlt sich, den Baum nach dem Schnitt ein bis zwei Wochen halbschattig aufzustellen. Ich tue es nicht, viele Bäume reagieren darauf tolerant, bei der Hainbuche z.B. treten Verbrennungen an "Schattenblättern" auf, der Baum ist dadurch aber nicht gefährdet. Es sieht nur ein paar Wochen unschön aus. Bedenke, dass je nachdem wie groß der Anteil der entfernten Blätter an der Laubmasse des Baumes ist der Wasserverbrauch zurückgeht. Gerade bei lehmigem, organischem oder verdichtetem Substrat sollte man dann weniger gießen.

Viele Bäume schieben Ende Juni noch einen "Johannistrieb" nach, bei manchen Arten werden die Triebe dann eher grob, mit langen Internodien und teilweise an unerwünschten Stellen. Solche Triebe kann man noch bis etwa Mitte August entfernen.
Schnitte nach diesem Termin führen zum Austrieb von Zweigen, die bis zum Herbst nicht mehr ausreifen können und daher den Winter nicht überleben.
Zur Überwinterung: die Linde ist frostfest, es reicht also dazu ein wind- und sonnengeschützter Standort im Garten. In frostfreien Perioden überprüft man alle ein bis zwei Wochen die Feuchtigkeit im Substrat.
liebe Grüße Andreas
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mydear
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Re: 30 Jahre alte Linden vererbt bekommen, brauche Hilfe

Beitrag von mydear »

perfekt beschrieben Andreas *respekt*
“Fais de ta vie un rêve, et d'un rêve, une réalité“ Antoine de Saint-Exupéry
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Habakuk
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Re: 30 Jahre alte Linden vererbt bekommen, brauche Hilfe

Beitrag von Habakuk »

Am Foto sieht es so aus als ob beide Bäume in Blumenerde oder Ähnlichem stehen? Falls ja, muss ich Andreas hier betreffend der wöchentlichen Düngung auf jeden Fall widersprechen.

Generell bist du als Anfänger gut beraten mit organischem Dünger zu arbeiten, da kannst du eigentlich nichts falsch machen.

Ich würden die Kleine einmal mineralisch düngen und beobachten wie sie reagiert. Wenn innerhalb der nächsten 2 Wochen keine braunen Flecken/Blattränder auftreten nochmal eine Dosis, dann heuer nicht mehr. Organischen/Bio Dünger kannst du jetzt bei beiden auflegen, gibt so gepresste Pellets. Die sind eigentlich leicht zu handhaben.

Ansonsten freunde dich mal mit den Bäumen an, super Anfängermaterial ist es auf jeden Fall und mehr als genug Baustellen um dazuzulernen. Auf der großen Linde ist Draht? Falls ja, entferne ihn - Abzwicken, nicht runterwickeln. Empfehlen würde ich im Frühjahr umzutopfen.

Ansonsten den Infos von Bock folgen, da bist du auf jeden Fall gut beraten.

liebe Grüße und schonmal viel Erfolg!
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Andreas Ludwig
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Re: 30 Jahre alte Linden vererbt bekommen, brauche Hilfe

Beitrag von Andreas Ludwig »

Fyud - du kümmerst dich jetzt erstmal um die Linden. Die haben einiges hinter sich. Wenn sie sich erholt haben, stehen sie dir zur Verfügung für deine Gestaltungswut. Was lohnt. Die werden sehr alt, zuverlässig.
It is not enough to be busy. So are the ants. The question is: What are we busy about?
(Thoreau)
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