Goyen, Jan van (1596-1656) - Holländische Landschaft mit Eiche

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gunter

Goyen, Jan van (1596-1656) - Holländische Landschaft mit Eiche

Beitrag von gunter »

von Gunter Lind

Jan van Goyen stammte aus Leiden und lebte dort bis 1631, dann zog er nach DenHaag. Er lernte sein Handwerk bei verschiedenen Meistern, ging dabei auch ein Jahr lang auf Wanderschaft durch Frankreich. Auch später ist er gern gewandert, in den Niederlanden und angrenzenden Gebieten. Dabei hat er viel gezeichnet, einfache Skizzen, aber auch bildmäßig ausgeführte Handzeichnungen, die er auch verkaufte. Er war ein angesehenen Künstler und muss recht gut verdient haben. Sein Werk ist sehr umfangreich. Bei seinem Tod hinterließ er trotzdem einen Berg von Schulden, die nur knapp aus dem vorhandenen Vermögen gedeckt werden konnten. Der Grund war seine Spekulationssucht. Er spekulierte mit Grundstücken, Tulpenzwiebeln und anderem und verlor dabei. Auch als Bauunternehmer und Kunsthändler hat er sich betätigt.

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Landschaft mit Eiche, 1634

Wenn man Goyens Landschaft mit Eiche von 1634 mit etwa gleichzeitig entstandenen Landschaftsgemälden vergleicht, die noch in der Tradition des Manierismus stehen, etwa mit Keirincx Waldlandschaften, erkennt man ein neues Naturgefühl. Keirincx Landschaften sind Phantasielandschaften, seien es dramatisch-wilde Wälder mit Jagdszenen, seien es idyllisch-liebliche Landschaftsparks mit Schäferszenen. Goyens Landschaften wirken dagegen schlicht, fast anspruchslos und "bloß" natürlich. Er malte die holländische Landschaft, in der er lebte und die er erwandert hat, eine friedvolle, beschauliche Landschaft ohne alle dramatische Attitüde oder literarische Überhöhung. Seine Bilder zeigen Dorflandschaften, Dünenlandschaften, Küstenlandschaften. Die Komposition ist dem schlichten Motiv angeglichen, ohne Überflüssiges und bloß Schmückendes. Das Bild wird zur schlichten Naturstudie vereinfacht.

Dem entsprechen die Staffagefiguren, keine jagenden Höflinge oder antikisierenden Schäfer, sondern holländische Bauern, rastende Wanderer, Reisende zu Pferd oder mit dem Wagen, eben die Menschen, die zu dieser Landschaft gehören. Auf der Landschaft mit der mächtigen Eiche vor der Scheune sieht man zwei durchreisende Reiter und zwei Dorfleute, von denen einer die Reiter anbettelt. Auch ländliche Wirtshäuser, Märkte und das winterliche Vergnügen auf dem Eis gehören zu den von Goyen geschilderten Szenen. Die Figuren sind flott gemalt, manchmal humorvoll. Da sieht man einem Eisläufer an, wie er sich bemüht, nicht hinzufallen.

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Eine alte Wettereiche, aus einem undatierten Skizzenbuch

Auf Goyens Landschaften fehlt auch der pädagogische Zeigefinger und die zu jener Zeit allgegenwärtige symbolische Bedeutung. Sicher werden seine Zeitgenossen auch solche Bedeutungen in seine Bilder hineingelesen haben, aber er tut nichts, um solche Interpretationen zu unterstützen. Die Bilder zeigen, was dargestellt ist und man erhält nicht den Eindruck, dass der Künstler mehr wollte. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass er nach seinem Tod relativ schnell vergessen wurde und dass ihn auch die Romantiker noch nicht wiederentdeckt haben. Er bediente weder das Bedürfnis nach Sinn, noch das nach Stimmungen.

Bäume spielen auf Goyens Landschaften eine große Rolle. Das gilt auch für andere Maler, die die Landschaft der Niederlande darstellen. Es ist eine ruhige Landschaft ohne Höhepunkte, die nicht viel bietet, was man damals darstellungswert gefunden hätte. Da waren Bäume eine gute Möglichkeit, das schlichte topographische Motiv kompositorisch aufzuwerten und ein ansprechendes Bild daraus zu machen.

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Rheinlandschaft mit zwei Eichen, 1641

Auf den frühen Werken Goyens dominieren schlanke, hochstämmige Bäume, oft zu mehreren zusammengefasst, oder buschartig. Später malt er einzeln stehende, dickstämmige, hohe Bäume, besonders Eichen mit frei-gelöster Astwerkkomposition, um die das eher spärliche Laubwerk herumgetüpfelt ist. Es sind individuelle Bäume mit origineller Gestalt. Die zwei alten Wettereichen mit abgebrochenen Wipfeln im Vordergrund der Rheinlandschaft von 1641 sind typisch für seinen reifen Baumstil. Solche Bäume findet man in Goyens umfangreichem Werk recht viele, so dass die Auswahl schwer fällt.


Bildquellen:

1.http://www.bonsai-fachforum.de/viewforum?f=43 ... z10559.jpg
2. Hans-Ulrich Beck: Jan van Goyen 1596-1656, ein Oeuvreverzeichnis, Bd.1. Einführung und Katalog der Handzeichnungen. Amsterdam (van Gedt) 1972
3. Gottfried Lindemann: Das goldene Zeitalter der niederländischen Malerei. Braunschweig (Westermann) 1965, 3.Aufl.

Die unter 1. und 3. genannten Gemälde haben im Oeuvreverzeichnis von Beck in Bd.2. die Nummern 1132 und 1144.
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