Konservierung von Totholz

Spezielle Baumpflege z.B. düngen, umtopfen, Erden, ein- und auswintern, Pflanzenschutz
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Robert S.
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Konservierung von Totholz

Beitrag von Robert S. »

Hallo,
viele von euch kennen sicher Reiners Beitrag Es kommt der Tag, da will die Säge sägen.... Es ging wenn ich mich recht erinnere auch darum wie man Todholzbereiche die ins Substrat reichen am besten konserviert. Reiner hatte damals ein Zwei-Komponentenharz benutzt dessen Name / Hersteller ihm leider nicht bekannt war. Beim x-ten Lesen des Beitrag fiel mir irgendwann mal ein, dass ich den Umgang mit Kunststoffen in meinem ersten Beruf vor einem Vierteljahrhundert mal erlernt hatte. Leider muss ich zugeben dass fast alles an Wissen aus dieser Zeit verschütt gegangen ist. Nichtsdestotrotz hab ich mich mal aufgemacht und ein paar Hersteller angeschrieben und die Eigenschaften eines Kunstharz beschrieben welches für unseren Zweck geeignet sein könnte.

Das gesuchte Harz sollte:
- sehr dünnflüssig sein, um gut vom Holz aufgenommen zu werden
- sollte unter normalen Umgebungstemperaturen verarbeitbar sein
- glasklar sein
- möglichst schnell aushärten und trotzdem lange verarbeitbar sein.

Schneller als ich gehofft hatte bekam ich ein paar Antworten wobei mir das Produkt eines Herstellers am geeignetsten erschien. Ich hab mir ein knappes Kilo davon bestellt und eine "Testkonservierung" durchgeführt von der ich nun hier berichten will.

Als Testobjekt hab ich mir ein Stück Stamm eines Igelwacholders ausgesucht, den ich letztes Jahr fachgerecht gehimmelt hatte. *crazy*
Wie der Name Zwei-Komponentenharz schon sagt handelt es sich eben um zwei Stoffe, dem Epoxydharz und dem sogenannten Härter die in einem bestimmten Verhältnis gemischt werden müssen. Die Einhaltung dieses vom Hersteller angegebenen Verhältnis ist extrem wichtig. Ist der Harzanteil grösser als angegeben reagiert die Mischung nicht ausreichend, mit dem Resultat, dass man eine auf praktisch ewig anhaltende klebrige Fliegenfalle an seinem Baum hat.
Fällt der Härteranteil zu hoch aus verkürzt dies im besten Fall die Verarbeitungszeit und es kann einem passieren, dass der Pinsel mit dem man das ganze am Baum aufträgt plötzlich festklebt (ergibt dann einen ganz interessanten Pinseljin :wink: )
ich hatte zum glück eine digitale Briefwaage zur Hand mit der das Abwiegen ein Kinderspiel war.
Was die Verarbeitung angeht empfiehlt sich der Garten oder Balkon, so dass man keine unangenehmen Dämpfe en masse abbekommt. Weiterhin ist die Verwendung einer Schutzbrille anzuraten. Helden die darauf verzichten sollten zumindest eine Augendusche und die Tel-Nr. der nächsten Augenklnik parat haben.

- Angemischt war das Zeug schnell. Man sollte hierbei darauf achten, dass die beiden Komponenten wirklich gut miteinander verrührt werden. Falls nicht bekommt man das Oben beschriebene "Zuviel Harz- - Zuviel Härter"-Problem. (Bild 1)

- Das Harz war wie vom Hersteller beschrieben glasklar und für ein Harz imho auch sehr dünnflüssig. Eine Wärmeentwicklung konnte ich nach dem Zusammenmischen nicht feststellen. Das ist insofern wichtig wenn man an Partien des Baum arbeitet die an lebende Stellen angrenzen.

- Der Testkandidat wies eine von mir vor zwei Jahren angelegte Sharipartie auf (rot gekennzeichneter Bereich in Bild 2). Der Rest war bis zu meinem Versuch noch von Rinde bedeckt die ich erst jetzt entfernt hatte.

- Bild 3 zeigt den frisch eingespinselten Testkandidaten. Glänzt natürlich anfangs wie Sau.

- Um das Aufnahmevermögen einschätzen zu können hab ich das Holz vor der Bearbeitung gewogen.

- Die Verarbeitungszeit war, und das ist nicht unwichtig, relativ lange. In der ersten Stunde konnte ich keine Abnahme der Dünnfüssigkeit feststellen. In diesem Zeitraum sollten sich auch größere Partien an einem Baum bearbeiten lassen ohne dass man in Zeitnot gerät. Selbst in der 2. Stunde würde ich dem Material noch eine Verarbeitbarkeit am Baum zusprechen. danach wurde es zäh, für unsere Zwecke also nicht mehr zu handhaben.

- Nach 4 Stunden war das Harz handtrocken. An den Stelle an das Harz ein wenig dicker aufgetragen war (kommt zwangsläufig vor) klebte das ganze noch ein wenig.

- Nach 24 Stunden (wie von Hersteller angegeben) war das Harz dann komplett durchgehärtet. Bei der optischen Beurteilung fiel mir auf, dass die Partien die ich damals noch am lebenden Baum als Shari angelegt hatte eine matte, natürliche Oberfläche aufwiesen während die vor dem Versuch frisch entrindeten Stellen einen Glanz aufweisen( Bild 3). (Hier muss mit Schleifpapier oder Drahtbürste nachgearbeitet werden um den unnatürlichen Hochglanz zu beseitigen)

- Zu guter letzt habe ich noch einen Wasserufnahmetest durchgeführt. Dazu habe ich das präparierte Stammstück sowie ein unbehandeltes Stück Stamm gleichen Gewichts für zwei Stunden in Wasser getaucht und beide anschliessend wieder gewogen. Während das unbehandelte Stück deutlich durch das aufgesogene Wasser an Gewicht zugenommen hatte war beim behandelten Stück keine Gewichtszunahme messbar.

Fazit: Auch wenn dieser Versuch sicher nicht auf beliebige Holzarten übertragen werden kann, war ich vom Resultat positiv überrascht. Gut getrocknetes Todholz nimmt das Harz so gut auf, dass eine Nachbearbeitung praktisch nicht nötig ist. Aber auch dort wo sich eine unerwünschte Hochglanzoberfläche einstellt kann dies mit überschaubarem Aufwand behoben werden.
Bezogen habe ich das Harz mit dem Produktnamen
Epoxydharz HT 2 + Härter HT 2 bei der Firma R & G Onlineshop zu einem Preis von knapp € 40 inkl. Versandkosten.
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Zuletzt geändert von Robert S. am 12.07.2007, 16:17, insgesamt 2-mal geändert.
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Wolfgang S
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Beitrag von Wolfgang S »

Ja,
das Harz hatte ich auch schon mal im Blick.
Weiters klingt noch interessant:
- Epoxi Holzverfestigervon Remmers (im Handel unter Aidol). Gibt es auch als 1 Komponenten-PU-Version.
- PC-Petrifier und Bonda Wood Hardener aus England sowie
- Minwax® High Performance Wood Hardener aus den USA.

Zu Minwax und Bonda gibt es im Internet auch bereits Erfahrungsberichte von Bonsaikollegen.

Gruß,
Wolfgang
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Robert S.
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Beitrag von Robert S. »

Hallo Wolfgang,

danke für den Tipp. Wenn ich die Infos vorher gehabt hätte wär mir viel
Arbeit erspart geblieben *autsch*
Egal, jetzt sind mehrere Alternativen bekannt :wink:

Servus,
Robert
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Reiner
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Beitrag von Reiner »

Hallo Robert,
astrein recherchiert und keine Unkosten gescheut *daumen_new* *daumen_new* *daumen_new* . So wie Du den Verabeitungsprozess beschriebn hast, wird dieses Harz sehr viel Ähnlichkeit mit dem von Michael haben. Einige Monate nach der Behandlung sehen die behandelten Holzteile bei meinen Bäumen sehr natürlich aus.
Wenn ich mehr Zeit habe nehme ich mir einen Blauregen vor, der einen komplett verotteten Stamm hat. Das Totholz sieht sehr spannend aus, ist aber wirklich restlos morsch. Das ist dann einmal ein wirklich aussagekräftiger Test. Werde darüber berichten.
Reiner
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Reiner K
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Beitrag von Reiner K »

Hallo Robert, hatte vor einiger Zeit auch mal eine Frage eingestellt. Unter anderen hatte ich da eine interessante PN bekommen. Man schrieb mir es würde auch mit OVATROL gehen.
Ist wohl ein Öl was die französische Marine im Schiffsbau einsetzt.
Ein dünn flüssiges Öl was schnell einzieht und eine Konservierung auf der Oberfläche hinterlässt.
Werde das bei einem Wacholder im Herbst ausprobieren.
Aber etwas anders würde mich doch interessieren:
Was passiert bei einer lebenden Pflanze. Zieht das Zeug soweit ein das es die Kambiumschicht beeinträchtigt b.z.w. schadet es dem Baum vielleicht.
Über eine Nachricht aus dem Forum oder einen Erfahrungsbericht würde ich mich freuen.
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Robert S.
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Beitrag von Robert S. »

Hallo Shokan,
leider kann ich Dir keine Erfahrungen von Experimenten am lebenden Baum
mitteilen. Ich werde es aber in Kürze an einer winzigen Olive, einem Wacholder
und einer Forsythie testen.
Ich (und sicher auch andere) würde mich sehr freuen, wenn Du über Deine
Erfahrungen mit OVATROL berichtest.
Ganz generell möchte ich nochmal darauf hinweisen, dass ich den Einsatz
des Harzes nur in dem Bereichen für sinnvoll erachte wo das Totholz ins
Substrat reicht, es also gilt einem beschleunigtem Verrottungsprozess Einhalt
zu gebieten. Alle anderen Totholzpartien am Baum würde ich nicht mit Harz
"fixieren" da in diesen Bereichen dann keine Verrottung mehr stattfindet und
diese ja teilweise bei der Jin- und Sharigestaltung erwünscht ist.
Wen wir unsere Erfahrungen der nächsten Jahre schön dokumentieren, könnte
dabei in ein paar Jährchen ein ganz interessanter Fachwissen-Beitrag rausspringen :wink:
Servus,
Robert
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Reiner
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Beitrag von Reiner »

Der Robert war so freundlich und hat mir einen Teil seines Harzes zugesendet :D . Damit will ich dann einen morschen Blauregen stabilisieren.
Vor 1 1/2 jahren habe ich das zum ersten Mal an einer Forsythie gemacht. Da habe ich das völlig morsche Holz ausgefräst. Der Baum war dann nur noch wenige Millimeter dick. Danach habe ich den hohlen Stamm so lange mit Zweikomponentenharz eingestrichen, bis der Auftrag gesättigt war. Das hält wirklich gut. Dem Baum geht es gut und ich hoffe, ihn irgendwann in seiner neuen Gestalt präsentieren zu können.
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Das sichtbare Holz war schon wieder lebend, aber hauchdünn bis zum Kambium.
Das sichtbare Holz war schon wieder lebend, aber hauchdünn bis zum Kambium.
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Im Frühjahr diesen Jahres. Sieht nicht so aus, als hätte der Baum Schaden genommen.
Im Frühjahr diesen Jahres. Sieht nicht so aus, als hätte der Baum Schaden genommen.
Forsythie3.jpg (59.13 KiB) 4020 mal betrachtet
Forsythie2.jpg
Forsythie2.jpg (54.67 KiB) 4020 mal betrachtet
Wenn das Harz so gesättigt aufgetragen wird glänzt es sehr. Später wird das aber nicht mehr zu sehen sein, wenn der Baum seine neue Gestalz bekommen hat.
Wenn das Harz so gesättigt aufgetragen wird glänzt es sehr. Später wird das aber nicht mehr zu sehen sein, wenn der Baum seine neue Gestalz bekommen hat.
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Beitrag von Reiner »

Hier noch Bilder von der Glyzinie, die ich mit dem Harz behandeln möchte.
Reiner
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Da läßt sich doch was von machen. Viele hätten den Baum weggeworfen. Das wird aber mal ein Prachtstück.
Da läßt sich doch was von machen. Viele hätten den Baum weggeworfen. Das wird aber mal ein Prachtstück.
Blauregen3.jpg (59.82 KiB) 4019 mal betrachtet
Der Baum eingetopft. Das morsche Holz ist nur mit den Fingern herausgerissen.
Der Baum eingetopft. Das morsche Holz ist nur mit den Fingern herausgerissen.
Blauregen2.jpg (59.43 KiB) 4019 mal betrachtet
Da wohnten einige Untermieter drinnen. Eine befreundete Amsel freute sich, als ich ihr alle aus dem Stamm pulte.
Da wohnten einige Untermieter drinnen. Eine befreundete Amsel freute sich, als ich ihr alle aus dem Stamm pulte.
Blauregen1.jpg (59.57 KiB) 4019 mal betrachtet
Der gesamte Stammfuß ist verrottet. Alles matschig.
Der gesamte Stammfuß ist verrottet. Alles matschig.
Blauregen0.jpg (59.51 KiB) 4019 mal betrachtet
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Robert S.
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Beitrag von Robert S. »

Hallo Reiner,

tolle Bäume (wieder einmal :wink: ). Was die Konservierung angeht, denke
ich dass es wichtig ist, dass der zu behandelnde Bereich des Baums gut
trocken ist. Andernfalls wird die Verrottung unter dem Harz fortschreiten.
Bin sehr gespannt wie es mit der Glyzinie funktionieren wird.

Servus,
Robert
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