pH-Wert und Genetik

Spezielle Baumpflege z.B. düngen, umtopfen, Erden, ein- und auswintern, Pflanzenschutz
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zopf
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pH-Wert und Genetik

Beitrag von zopf »

Hallo
Ich habe mal eine Verständnisfrage
Nehmen wir als Beispiel eine Pinus sylvestris die ein sehr weites Verbreitungsgebiet hat
und die verschiedensten Böden und Klimas verträgt.
Eine Kiefer aus dem Moor und eine Kiefer aus einem Kalkgebiet
haben beim Sammeln grundverschiedene pH-Werte in Ihrer Ursprungserde.
Kann man daraus schliessen das man die Moorkiefer im etwas saureren Bereich
halten sollte ?
mfG Dieter
grüsse an die bewohner von melmac
MerschelMarco
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Re: pH-Wert und Genetik

Beitrag von MerschelMarco »

Die Waldkiefer hat generell ihr physiologisches Optimum in etwa dort wo die meisten mitteleuröpäischen Bäume ihr Optimum haben.
Mittlerer PH-Wert, frischer nährstoffreicher Boden, viel Sonne, dass mag auch die Waldkiefer am liebsten.
Die Waldkiefer wird aber von konkurrenzstarken Bäumen auf Extremstandorte abgedrängt, also trocken oder nass, basisch oder sauer. Die Kiefer hat aber eine enorme physiologische Bandbreite.
Die besten Standorte werden in Mitteleuropa von der Buche eingenommen, die Buche hat aber eine geringere Toleranz gegenüber der Abweichung vom Optimum, dort hat dann eben die Waldkiefer Oberwasser.

Um auf deine Ausgangsfrage zurückzukommen. Kiefern egal von welchem Standort sie stammen mögen am liebsten "Gute" Bedingungen, also auch auf den PH- Wert bezogen.

Grüße,
Marco
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zopf
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Re: pH-Wert und Genetik

Beitrag von zopf »

Hallo Marco
Kann ich daraus rückfolgern das Pioniergewächse als Generalisten
eine sehr grosse Bandbreite bezüglich Ihre Wuchsbedingungen "ertragen" ?
Haben Pioniergewächse im allgemeinen eine kürzere Lebenserwartung ?
mfG Dieter
grüsse an die bewohner von melmac
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flu
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Re: pH-Wert und Genetik

Beitrag von flu »

zopf hat geschrieben:Hallo Marco
Kann ich daraus rückfolgern das Pioniergewächse als Generalisten
eine sehr grosse Bandbreite bezüglich Ihre Wuchsbedingungen "ertragen" ?
Haben Pioniergewächse im allgemeinen eine kürzere Lebenserwartung ?
mfG Dieter
Ich erlaube mir mal zu antworten.
Im Prinzip stimmen beide Aussagen. Der Biologe sagt aber nicht "Bandbreite" sondern ökologische Amplitude.
Pionierarten sind diejenigen Arten, die in den ersten Sukzessionsstadien die Pflanzengesellschaft dominieren. Später stellen sich Arten ein, die früher oder später die Klimax-Gesellschaft bilden, also die Pflanzengesellschaft, die für die entsprechenden biotischen und abiotischen Bedingungen am Standort typisch ist.
Die recht generalistischen Pionierarten werden dann von am jeweiligen Standort konkurrenzstärkeren Arten verdrängt.

PS: Pinus sylvestris würde ich nicht als Pionierart bezeichnen.
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MerschelMarco
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Re: pH-Wert und Genetik

Beitrag von MerschelMarco »

Hinzuzufügen ist vielleicht noch, dass viele Pionierarten keine Generalisten sind sondern hochspezifisch bestimmte ökologische Nischen besetzen. Als Beispiel wirst du auf frisch aufgelassen Kieswerken immer dieselben Pflanzen finden, sogenannte Ruderalfluren, bei einer Waldlichtung nach Windbruch wieder ganz andere, wieder andere am Uferstreifen oder auf einem alpinen Erdrutsch, alles Pionierstandorte.
Das mal örtlich, denn das Ganze hat dann noch eine zeitliche Komponente, die schon genannte Sukkzession. Eine Pflanzengesellschaft hat auf einem Pionierstandort meist nur eine kurze Dauer und wird von der nächsten abgelöst. Erst krautige Pflanzen, Gräser, dann lichtliebende Gehölze, in deren Schatten dann Schattenkeimer (Buche) bis irgendwann wieder der Buchenwald als Klimaxstadium oder Endglied der Sukkzessionsreihe steht.

Die Birke beispielsweise, ein mitteleuropäisches Pioniergehölz ist konkurrenzschwach, vermag aber in kurzer Zeit viele Samen zu produzieren. Deshalb wird die Birke auch nicht alt, weil sie früher oder später eh überwachsen wird. Die Kiefer fällt wie Ulf schon sagt nicht darunter, Kiefernbestände bilden durchaus Klimaxstadien.

Grüße,
Marco
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zopf
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Re: pH-Wert und Genetik

Beitrag von zopf »

http://www.gehoelze.ch/Oekogramm_submontan.pdf

Wenn ich mich bei obigem Ökogramm nur auf Kiefer und Buche beziehe,
wäre eine Vermutung, das Buchen ein Leistungsfähigeres Wurzelsystem haben,
obwohl deren Mykorhizza recht durchschnittliche Werte in Bezug auf
pH-Wert, Feuchtigkeit und Nährstoffangebot bevorzugen.
Sozusagen die Buche als Spiessbürger des Waldes.

Da die Buche recht langsam wächst (auch nicht schnell an Höhe gewinnt)
wären Schattenverträglichkeit (bessere Photosystheseleistung) und Nährstoffaufnahme
wohl die maßgeblichen Faktoren ?

Danke für Eure fachkundige Hilfe
Dieter
grüsse an die bewohner von melmac
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zopf
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Re: pH-Wert und Genetik

Beitrag von zopf »

Als Einzelgänger hat man den Vorteil es gewohnt zu sein
mit sich selbst zu spielen, sprechen ....

Bei der weiterer Recherche bin ich auf den Begriff der Klimarasse gestossen.
Auch eine Unterteilung in Subspezies (Relikte eiszeitlicher Gebiete)
wurde erwähnt, was mich dann doch zur Vermutung führt,
das sich Standortbezogen nicht nur verschiedene Phänotypen,
sondern auch verschiedene Genotypen bilden.

Und auf in die nächste Runde
mfG Dieter
grüsse an die bewohner von melmac
MerschelMarco
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Re: pH-Wert und Genetik

Beitrag von MerschelMarco »

Hallo Dieter,

wir sind eigentlich bei der Diskussion "Artbegriff" gelandet. Ulf hatte irgendwo dazu schon mal seine Sicht der Dinge erläutert.
Der Begriff "Art" oder Spezies ist ein Glied in der Taxonomischen Begriffskette die hierarchisch aufgebaut ist.
Das ist nichts anderes als ein Hilfskonstrukt, das versuchen soll Unterschiede in der Pflanzen/oder Tierwelt in eine Schublade zu pressen. Im Groben geht das einigermassen, je genauer man sich das Ganze anschaut umsomehr muß man sich vom Schubladendenken verabschieden. Die Übergänge von einer Art zur anderen sind fließend. Innerhalb einer Art bilden sich Unterschiede heraus, die Wissenschaftler z. B. als Subspezies zu fassen versuchen. Man kann dann in Varianten, Ökorassen und was weiss ich noch alles aufteilen. Die genetische Ausstattung eine Art (Genpool) ist absolut nicht festgeschrieben, sondern ständigen Veränderungen unterworfen. Es bilden sich also ständig neue Genotypen. Das kann sich auch phänotypisch sehr schnell bemerkbar machen. Im Falle der Brombeeren oder der Löwenzähne (Gattung Taraxacum) beispielsweise ist eine unglaubliche Aufspaltung in verschiedene Spezies am laufen, die man optisch voneinander unterscheiden kann. Das verschiedene Aussehen ist hier genetisch bestimmt.
Der Phänotyp kann aber auch nur durch unterschiedliche Standortbedingungen bestimmt werden, obwohl die genetische Ausstattung dieselbe ist.
Ein Edelweiss beispielsweise am Naturstandort hat einen kompakten Blütenstand. Im Tiefland zieht sich dieser auseinander.

Im Fall der Eiszeitrelikte handelt es sich um meist isolierte Pflanzenbestände mit sehr kleinem Areal (Endemiten), die oft einen sehr kleinen Genpool besitzen. Solche Spezies haben also eine geringe Variabilität in ihrer genetischen Ausstattung. Das macht sie anfällig gegenüber Veränderungen ihrer Umwelt, weil sie nicht flexibel reagieren können.

Ich hoffe eine Fragen beantwortet zu haben.

Viele Grüße,
Marco
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zopf
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Re: pH-Wert und Genetik

Beitrag von zopf »

Hallo Marco
Obwohl es recht theoretisch klingt geht es mir konkret um Pflanzenpflege.
Im Fall der Sylvestris also der Kernpunkt
Bleibt eine Moorkiefer eine Moorkiefer (da die pH-Anpassung genetisch fixiert ist)
oder kann man Sie auf Normalwerte umstellen ?
Mir ist durchaus bewusst das die Frage so nicht zu beantworten ist,
aber ein Versuch der Näherung schadet auch nicht.

Bei Pfaffenhütchen, als Vergleich, konnte ich feststellen,
das ca 3 Jahre nach der Umstellung auch ein pH-Wert von 5-6 akzeptiert wird
und das Wachstum in normalen Bahnen funktioniert.

mfG Dieter

ps Wenn man sich die Ratschläge zur Kultivierung und Pflege
von 2 nadeligen Kiefern anschaut, gibt es soviele verschiedene Leitfäden
an denen man sich orientieren sollte, nur wie soll man entscheiden
welcher der Wege jetzt der Richtige ist.
Ich halte das Ergründen/Verstehen wie das System Baum funktioniert,
für einen Ansatzpunkt, aus dem sich dann die jeweilige Pflege ergibt.
grüsse an die bewohner von melmac
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Heike_vG
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Re: pH-Wert und Genetik

Beitrag von Heike_vG »

Hallo Dieter,

zu Deinem Thema kann ich von einem Beispiel berichten, meiner Sylvestris-Kiefer, die ich vor etwa 12 Jahren in Schweden ausgegraben habe. Sie stand dort in einem sumpfigen Gebiet, das praktisch eine natürliche Bonsaiplantage war, rundherum standen auf trockenerem Boden normal große Kiefern und im nassen Teil war kaum eine nennenswert größer als 1 m.
Meine Kiefer von dort, die ich heute noch habe, gedeiht in durchlässigem Substrat und genauso wie meine anderen Kiefern nicht zu feucht gehalten all die Jahre ausgezeichnet. Sie ist damit viel gesünder geworden als sie damals war.
Als ich sie aus dem Sumpf holte, war sie voller Wollläuse und hatte wenig Laub, kaum Knospen. Sie brauchte einige Jahre, um vital zu werden.

Meiner Ansicht nach war der Sumpf ein Extremstandort, an dem die Kiefern nur sehr mühsam überleben konnten und daher sozusagen zu Naturbonsai geworden sind.
Wenn man mein vitales Exemplar jetzt sieht, kann man nur glauben, dass es froh ist, keine Moorkiefer mehr zu sein. :wink:

Liebe Grüße,

Heike
Ein halber Schritt in die richtige Richtung ist oftmals ein Reinfall...

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Walter Pall
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Re: pH-Wert und Genetik

Beitrag von Walter Pall »

Seit vielen jahren trage ich Pinus sylvestris, Pinus mugo und Picea abies aus allen möglichen Standorten zusammen. Sehr oft war ich der Meinung, eine deutlich erkannbare spezielle Varietät vor mir zu haben. So haben sehr viele P. abies sehr kurze Nadeln, wenn sie frisch gefangen wurden. Oder sie haben eine ausgeprägte Borke an besonderen Standorten. Ebenso bei P. mugo und sylvestris.

Ich pflanze alle Bäuem irgendwann in modernes Substrat, wässere sie alle gleich reichlich und oft, stelle sie möglichst in volle Sonne und dünge sie reichlich und oft, alle gleich.
Und sieheda: nach vielen Jahren sehen sie alle irgendwie wie dieslebe Varietät aus.

Das beweist, dass die Unterschiede ganze eindeutig kaum genetisch sind, sondern von der Umwelt herrühren.

Moorkiefern habe ich auch, sowohl P. mugo als auch P. sylvestris. Die werden vollständig auf modernes, eher alkalisches Substrat und ganz hartes Waser mit hohem Ph-Wert umgestellt. Das ist überhaupt kein Problem. Sie sehen nach einigen Jahren bloss viel gesünder aus.
Meine Beiträge und Bäume dürfen gerne kritsch beurteilt und diskutiert werden.
Aber bitte nicht unbedingt mit mir.

mit freundlichen Grüßen
Walter Pall
Maick
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Re: pH-Wert und Genetik

Beitrag von Maick »

Walter Pall hat geschrieben:Seit vielen jahren trage ich Pinus sylvestris, Pinus mugo und Picea abies aus allen möglichen Standorten zusammen. Sehr oft war ich der Meinung, eine deutlich erkannbare spezielle Varietät vor mir zu haben. So haben sehr viele P. abies sehr kurze Nadeln, wenn sie frisch gefangen wurden. Oder sie haben eine ausgeprägte Borke an besonderen Standorten. Ebenso bei P. mugo und sylvestris.

Ich pflanze alle Bäuem irgendwann in modernes Substrat, wässere sie alle gleich reichlich und oft, stelle sie möglichst in volle Sonne und dünge sie reichlich und oft, alle gleich.
Und sieheda: nach vielen Jahren sehen sie alle irgendwie wie dieslebe Varietät aus.

Das beweist, dass die Unterschiede ganze eindeutig kaum genetisch sind, sondern von der Umwelt herrühren.

Moorkiefern habe ich auch, sowohl P. mugo als auch P. sylvestris. Die werden vollständig auf modernes, eher alkalisches Substrat und ganz hartes Waser mit hohem Ph-Wert umgestellt. Das ist überhaupt kein Problem. Sie sehen nach einigen Jahren bloss viel gesünder aus.
Hallo,
wie sieht dann diese Substratzusammensetzung aus ?
Das normale Substrat ( Maxit Clay - Torf 80% / 20% ) wäre ja eher sauer.

Gruß Maick
Wenn man in die falsche Richtung läuft, hat es keinen Zweck, das Tempo zu erhöhen.
B. Breuel
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Walter Pall
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Re: pH-Wert und Genetik

Beitrag von Walter Pall »

Maick,

ich nehme das Substrat, das gerade da ist oder das mir jemand schenkt oder eine Mischung. Das ist mal sauer mal alkalisch. Das mache keinen Unterschied nach meiner Erfahrung. Die meisten Substrate neigen zu alkalisch, aber das ist bei weitem nicht so wichtig, wei neuerdings behauptet wird. Ich will das nicht als Wissenschaft betreiben und meine Zeit und Energie mit Berechnungen verschwenden, die ich eher für sinnlos halte. Ich freue mich einfach, dass alles so schön wächst und konzentriere mich auf das Wesentliche, nämlich die Gestaltung.
Meine Beiträge und Bäume dürfen gerne kritsch beurteilt und diskutiert werden.
Aber bitte nicht unbedingt mit mir.

mit freundlichen Grüßen
Walter Pall
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