Nachlese erstes Bonsai-Jahr, richtige Erkenntnisse?

Spezielle Baumpflege z.B. düngen, umtopfen, Erden, ein- und auswintern, Pflanzenschutz
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Terpander Kisho
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Nachlese erstes Bonsai-Jahr, richtige Erkenntnisse?

Beitrag von Terpander Kisho »

Liebes Fachforum,

als bisher "stummer Beobachter" konnte ich bisher schon viel in Erfahrung bringen, jetzt möchte ich aber aktiver Teil dieses lehrreichen Forums werden.
Ich bin im letzten Jahr auf das Thema Bonsai aufmerksam geworden und habe vom Gefühl her jeden Anfängerfehler gemacht.
Nun würde ich gerne an einem Beispiel evaluieren, ob ich die richtigen Schlüsse geschlossen habe:

Im Frühjahr habe ich aus einem Gartencenter diese Zierkirsche mitgenommen. Wie ich fand eine wunderschöne Grundform. Wie ihr auf dem ersten Bild seht, habe ich die Äste mit Draht nach unten geführt, die zwei Hauptäste näher aneinander gebracht. Die Kirsche blühte wunderschön.

Im Juno begann jedoch das Elend: Das zweite Bild ist nichts für schwache Nerven. Die Blätter trockneten von der Spitze her aus, gleichzeitig kamen neue Triebe. Zu dieser Zeit las ich zum ersten Mal etwas über Staunässe und dachte, dass ich übergossen hatte. Ich goss täglich 1x. Wie es dann immer so schön heißt, habe ich dann die Erde immer wieder "antrocknen" lassen. Es wurde aber nicht besser, ich topfte in 100% Akadama um. Beim Umtopfen stellte ich fest, dass der innerste Ballen sehr naß war, was meinen Verdacht auf Staunässe zu bestätigen schien. Leider keine Verbesserung, seit Juli ohne Blätter, kein Kambrium festzustellen.
Gleichzeitig machten jedoch auch meine anderen Jungpflanzen schlapp. Auf dem zweiten Bild seht ihr in der Ecke noch drei weitere Pflanzen, die fast zeitgleich alle Blätter abwarfen (Quitte, jap. Zierkirsche, Azalee).

Meine Schlussfolgerungen sind bislang diese:
- falscher Standort: Das zweite Foto ist um 12:11 Uhr aufgenommen worden, die Mittagssonne knallt auf den Gärtnertisch mit Alu-Arbeitsplatte -> Überhitzung des Wurzelballes, also keine Staunässe. Vermutlich insgesamt zu sonniger Standort, der Standort bekommt im Sommer von Sonnenaufgang bis 13:00 Uhr Sonne.

-falsche Reaktion meinerseits: vermutlich hätte ich die Kirsche vom Alutisch stellen sollen, sobald ich die ersten Veränderungen wahrgenommen hatte und nicht noch Umtopfen sollen.

Sind meine Überlegungen soweit erst einmal richtig? Was habe ich übersehen?
Ich freu mich über eure Ideen.

Liebe Grüße
Terpander
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abardo
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Re: Nachlese erstes Bonsai-Jahr, richtige Erkenntnisse?

Beitrag von abardo »

Zierkirschen haben mittlerweile ein echtes Problem mit den langen, sehr heissen Sommerperioden. Giessen, Schatten etc hilft kaum noch. M.E.n. hören die so ab 32 Grad auf zu wachsen und holen sich die Nährstoffe, wie sonst zum Herbst hin, aus den Blättern. Und bilden dann wie von dir beschrieben neue Knospen und Zweige.

Zierkirschen werden mit bei den milden Jetstreams und der generellen Erwärmung bei uns echt zu kämpfen haben.
Grüße, Frank
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Barbara
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Re: Nachlese erstes Bonsai-Jahr, richtige Erkenntnisse?

Beitrag von Barbara »

Ja, das denke ich auch....
ich habe dieselbe Sorte und dasselbe Problem.
Mein Baum hat allerdings zuviel Hitze abbekommen.
Ich werde die Zierkirsche nächstes Jahr mal an einen Standort mit nur früher Morgensonne stellen. Mal schauen, ob sie dann besser gedeiht.

Liebe Grüße,
Barbara
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Silke
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Re: Nachlese erstes Bonsai-Jahr, richtige Erkenntnisse?

Beitrag von Silke »

Hallo Terpander,
auch hier gab es heuer diese Art von Kirschbäumchen überall in den Gartencentern zu erwerben.
Bei mir steht seitdem die Japanische Fujikirsche 'Kojou-no-mai'

Meine stand wohl auch zu sonnig und dann kam die Hitze im August und alle Blätter wurden zu Tabak.
Die Kirsche trieb im Schatten wieder aus und durfte nun zur Erholung erstmal ins Gartenbeet für ein paar Jahre.

Kann auch sein, dass sie von der Monilia-Spitzendürre (Pilzkrankheit) befallen wurde.
Das wird sich dann nächstes Jahr zeigen, ob sich der Trockenschaden trotz kühlem Beet wiederholt.

Gruß
Silke
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achim73
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Re: Nachlese erstes Bonsai-Jahr, richtige Erkenntnisse?

Beitrag von achim73 »

hallo terpander,
erstmal willkiommen im BFF.
Ich bin im letzten Jahr auf das Thema Bonsai aufmerksam geworden und habe vom Gefühl her jeden Anfängerfehler gemacht.
dann sei froh, dass du es schon hinter dir hast :wink: ich habe dafür gefühlt 10 jahre gebraucht :roll: .

eines der wichtigsten erkenntnisse, die ich gewonnen habe: passe die auswahl deiner sorten an deinen gegebenen bedingungen an, nicht umgekehrt.
ich habe auch einen südbalkon, in der innenstadt, und bei mir wird nur noch aufs regal gestellt, was
1. vollkommen winterhart,
2. trocken- und hitzeresistent und
3. für die gestaltung von bäumen bis ca. 60 cm (begrenzter platz) gut geeignet ist.

da fallen dann eben sorten wie zierkirschen, azaleen, winterbeeren, zelkoven, cotoneaster und viele andere einfach raus.
gute erfahrungen habe ich mit verschienen ahörnern. heimischem liguster (braucht aber eine gute ausgangspflanze, da sie kaum holz bildet), korkrindenulme , zierapfel , wildbirne , waldkiefer, europ. schwarzkiefer und weissdorn/rotdorn gemacht.
Gruss, Achim
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Terpander Kisho
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Re: Nachlese erstes Bonsai-Jahr, richtige Erkenntnisse?

Beitrag von Terpander Kisho »

Liebes Fachforum,

danke für eure bisherige konstruktive Rückmeldung. Es war vermutlich ein ungünstiges Jahr, mit Bonsais anzufangen, gerade bei dem heißen Sommer. Ich werde mich anderen Arten zuwenden, solange ich den "Backofen-Balkon" habe. Zusätzlich lasse ich mir was einfallen, dass die Aluplatte nicht so in der Sonne steht.

Danke für die Hilfe.
Liebe Grüße
Terpander
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achim73
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Re: Nachlese erstes Bonsai-Jahr, richtige Erkenntnisse?

Beitrag von achim73 »

ja, das wäre gut. metall heizt sich besonders auf. für kleinere bäume funktionieren mit wasser gefüllte untersetzer im sommer recht gut.
Gruss, Achim
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abardo
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Re: Nachlese erstes Bonsai-Jahr, richtige Erkenntnisse?

Beitrag von abardo »

Alu speichert doch keine Wärme und die Reflektion kann man wohl auch ignorieren.

Nochmal: das Problem bei den Kojou-no-mai ist nicht die Sonne, sondern lange Hitze. Im Schatten ist es nunmal so heiss, wie es im Schatten ist. Wenn wochenlang selbst im Schatten 35 Grad sind, fangen die Probleme an. Da kann man so viel giessen, wie man will. Auch Untersetzer helfen da nicht mehr. Was soll man machen, ein Gewächshaus mit Kühlung bauen ?

Übrigens haben dieses und letztes Jahr sich auch die Fächerahorne annähernd so verhalten. Wirds noch länger noch heisser, sind die auch "dran" ...
Zuletzt geändert von abardo am 05.10.2019, 22:50, insgesamt 1-mal geändert.
Grüße, Frank
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Erwin
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Re: Nachlese erstes Bonsai-Jahr, richtige Erkenntnisse?

Beitrag von Erwin »

Hallo Terpander,

Du hast da mit ziemlicher Sicherheit keine Aluplatte, sonders verzinkten Stahl. Wie Frank schon sagte, ist Alu ein schlechter Wärmeleiter, das heizt sich nicht auf.
Ich würde im Sommer einfach eine 2 cm dicke Styrodurplatte (=XPS-Hartschaum, kein Styropor!) drauf legen, dann wäre dies Problem schon mal gelöst.

Erwin
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Bonsaimathe
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Re: Nachlese erstes Bonsai-Jahr, richtige Erkenntnisse?

Beitrag von Bonsaimathe »

Wenn das Alu wäre, ist die Wärmeleitfähigkeit recht hoch, die Absorption ist nicht ganz so hoch, das heizt sich trotzdem wunderbar auf.

Nur mal so angemerkt.

Die Metalloberfläche würde ich auf jeden Fall abdecken. Viele Metalle leiten Wärme sehr gut.

Die hellen Wände reflektieren auch die Sonnenwärme sehr gut, etwas von der Wand weg, könnte auch helfen.

LG Uwe
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hwolf
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Re: Nachlese erstes Bonsai-Jahr, richtige Erkenntnisse?

Beitrag von hwolf »

Wärmetauscher, passive Kühlelemente und Wörneleitvrücken werden aus Alu gebaut. Wärmeleitpaste fpr Computerchips besteht aus Alu-Pulver in einer Bindemittelmatrix
Mich wundert, dass sich Cotoneaster nicht für heiße, trockene Standorte zu eignen scheinen. Hätte ich anders vermutet. Wieder was gelernt, Danke!

Lieben Gruß
Heinrich
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achim73
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Re: Nachlese erstes Bonsai-Jahr, richtige Erkenntnisse?

Beitrag von achim73 »

meine erfahrung ist, dass cotoneaster generell sehr empfindlich auf zuviel oder zuwenig wasser reagieren - auch kurzzeitig. ist bei extrem heissen sommern und nassen wintern schwierig.
Gruss, Achim
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Phil.B.
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Re: Nachlese erstes Bonsai-Jahr, richtige Erkenntnisse?

Beitrag von Phil.B. »

abardo hat geschrieben: 05.10.2019, 16:03 Zierkirschen haben mittlerweile ein echtes Problem mit den langen, sehr heissen Sommerperioden. Giessen, Schatten etc hilft kaum noch. M.E.n. hören die so ab 32 Grad auf zu wachsen und holen sich die Nährstoffe, wie sonst zum Herbst hin, aus den Blättern. Und bilden dann wie von dir beschrieben neue Knospen und Zweige.

Zierkirschen werden mit bei den milden Jetstreams und der generellen Erwärmung bei uns echt zu kämpfen haben.
Ich habe auf meinem Süd-West-Balkon, auf den im Sommer ab ca. 14:00 die Sonne scheint, eine Kurillenkirsche stehen ( viewtopic.php?f=9&t=48442&p=541909&hili ... p541909%20... ). Die hab ich dieses Jahr durchwachsen lassen . Bis Anfang August machte sie auch einen gesunden Eindruck. Hab sie aber auch 2-3 mal am Tag gegossen. Dann war ich gute zwei Wochen im Urlaub und hatte meine Bäume bei Freunden im Garten. Als ich wieder kam hatten einige Bäume viele der innenliegenden Blätter abgeworfen. Neben der Kirsche ein Amberbaum. Weniger schlimm war es bei einem Feldahorn und einer Hainbuche.
Hab das erstmal auf unzureichendes Gießen zurück geführt und nicht direkt auf die Hitze, weil mein Balkon sicher deutlich wärmer wird als der schattige Platz im Garten. Aber wahrscheinlich war die andauernde Hitze da auch ein Faktor.
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ElmarH
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Re: Nachlese erstes Bonsai-Jahr, richtige Erkenntnisse?

Beitrag von ElmarH »

Ich hatte unter anderem zwei Bäume mit dunklen (fast schwarzen) Trainingsschalen auf einem Regal in der Sonne stehen: Die haben sich auf > 55 Grad ( Innenmessung mit Grilltermometer) aufgeheizt. Resultat: Beide sind von unten nach oben vertrocknet. Meine Lehre: Schatten bilden für alle meine Bäume, wenn die Sonneneinstrahlung nächstes Jahr wieder so hoch ist. Lieber auf direkte Sonneneinstrahlung verzichten, als noch mehr Bäume zu verlieren. Mehr Halbschatten und Schatten ^weniger Wachstum, aber die Bäume überleben.
LG
Elmar *wink*
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bock
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Re: Nachlese erstes Bonsai-Jahr, richtige Erkenntnisse?

Beitrag von bock »

Moin Elmar,

das Wachstum wird im Halbschatten nicht nachlassen, eher im Gegenteil. Oberhalb 30°C ist kaum noch Wachstum möglich, die Internodien werden im Schatten aber länger.
Besonders europäische Lärchen können heiße Wurzeln überhaupt nicht ab, ein Schattierungsnetz ist aber auch für andere Bäume in der heißen Zeit des Jahres sicher eine gute Idee!
liebe Grüße Andreas
Ein Leben ohne Bonsai ist möglich - aber völlig sinnlos! :faellen:
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