Anfängerfrage: Umgang mit bereits ausgeprätem Spitzenwachstum bei Ficus microcarpa

Spezielle Baumpflege z.B. düngen, umtopfen, Erden, ein- und auswintern, Pflanzenschutz
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lala23
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Anfängerfrage: Umgang mit bereits ausgeprätem Spitzenwachstum bei Ficus microcarpa

Beitrag von lala23 »

Liebes Forum. Vor einigen Jahren habe ich einen Ficus microcarpa von einer Freundin geschenkt bekommen. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Erfahrung mit Bonsai und deren Pflege und habe sie in den ersten Jahren auch nicht aufgebaut. Ich habe unbedarft gegossen und Erde gewechselt und der Baum wuchs. Aber es passierte das, was hier im Forum sicher allzugut bekannt ist: Die Spitzen der Zweige wuchsen stark, der hintere Teil der Äste verlor hingegen Blätter und trocknete. Ich habe mich dann irgendwann ans Zurückschneiden gemacht, bräuchte aber nun ein Tipp wie ich weiter vorgehen sollte.

Hier erstmal der ganze Baum:
Bonsai 1.jpg
Bonsai 1.jpg (145.3 KiB) 488 mal betrachtet
Trotz des Blattschnitts habe ich noch das Problem, dass an den Enden die Astverstrebungen wachsen und sich dort in kurzer Folge noch Blattpaare befinden, während es im Inneren nur wenige neue Triebe gibt und so weiterhin recht kahl ist. Das sieht man hier ganz gut:
Bonsai 2.jpg
Bonsai 2.jpg (190.28 KiB) 488 mal betrachtet
Nun frage ich mich, ob und wie ich die Äste weiter zurückschneiden sollte. Ist es z.B. richtig die stark ge- und bewachsenen Astenden (wie z.B. nachfolgend eingekreist) zu kürzen, bis nur noch ein Blattpaar steht? Besteht dann eine Chance, dass der Baum aus dem davor liegenden Holz wieder richtig austreibt? Und falls ja, sollte dies als Radikalschnitt vollzogen werden, wodurch der Baum natürlich einen erheblichen Anteil seiner Blätter einbüßen würde?
Bonsai 3_b.jpg
Bonsai 3_b.jpg (181.51 KiB) 488 mal betrachtet
Für einen Tipp von Euch erfahrenen Forumnutzern bin ich dankbar! :)
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achim73
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Re: Anfängerfrage: Umgang mit bereits ausgeprätem Spitzenwachstum bei Ficus microcarpa

Beitrag von achim73 »

das problem ist weniger eine frage der schnittechnik als eine des lichtangebotes. kurze internodien und gute verzweigung macht so ein ficus in unseren breiten nur mit extrem viel sonnenlicht. wenn du die möglichkeit hast, ihn im sommer raus zu stellen, kann man folgendermaßen vorgehen:
bis ca. mitte/ende mai gut füttern, dann bei sonnigem und warmen wetter rausstellen. alle (!) äste und zweige bis auf 3 cm abschneiden. der baum wird dann keine blätter mehr haben, macht aber nichts. er wird dann innerhalb von 2-3 wochen neu austreiben. ist etwas riskant, aber wenn du nur außen einkürzt, wir er auch nur dort wieder austreiben, und das problem wird sich nie lösen.
ich hab das vor einigen jahren mal gemacht:
viewtopic.php?f=9&t=42561&p=459758&hili ... SA#p459758
falls du nicht die möglichkeit des rausstellens hast, bleibt nur eine starke pflanzenlampe . und die wird auch zum größtenteil das wachstum im oberen bereich ankurbeln.
Gruss, Achim
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lala23
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Re: Anfängerfrage: Umgang mit bereits ausgeprätem Spitzenwachstum bei Ficus microcarpa

Beitrag von lala23 »

Hallo Achim, vielen herzlichen Dank für die Antwort. :-)

Ich hätte schon die Möglichkeit ihn rauszustellen. Um Deinen Vorschlag noch etwas besser zu verstehen, würde ich gerne noch folgendes wissen:
- Der Baum in Deinem verlinkten Thread scheint mir sehr viel kleiner zu sein. Würdest Du in meinem Fall auch die dickeren Hauptverzweigungen auf 3cm schneiden? Oder nur ab den Gabelungen?
- Wenn Du schreibst "etwas riskant", wie muss ich mir das ungefähr vorstellen? Sehr wahrscheinlich überlebt er (wenn ich es richtig mache)? Oder eher 2:1, dass es klappt?
- Der jetzige Aufbau des Baumes an sich gefällt mir ja. Würde ich nicht ganz so weit zurückschneiden, sondern nur die Spitzen soweit kürzen, dass die Blattreihen am Ende weitgehend verschwinden, dann würde der Baum nach dem Schnitt ja Außen sehr viele Blätter verlieren und so zunächst (draußen) bis in die Mitte gut Licht bekommen. Aber wenn ich Dich richtig verstehe, würde dass dennoch wahrscheinlich überwiegend nur zu Austrieb an den Spitzen führen, richtig? Liegt das daran, dass der Baum aus dem "alten" Holz nicht mehr zwischendrin austreibt?

Danke!
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achim73
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Re: Anfängerfrage: Umgang mit bereits ausgeprätem Spitzenwachstum bei Ficus microcarpa

Beitrag von achim73 »

nein, das macht er nur, wenn du ihn dazu zwingst. er wird immer soweit außen neu austreiben wie möglich.
wenn du ihm aber durch den drastischen rückschnitt einen schock versetzt, wir er als notprogramm auch weiter innen neu austreiben.
mit "etwas riskant" meinte ich folgendes:
An dieser art von ficus, wie es sie immer wieder z.b. bei ikea zu kaufen gibt, sind die äste meist komplett angepfropft. mann muss sich das wirklich als industrielle massenfertigung vorstellen.
wie diese gepfropften äste auf eine solche maßnahme reagieren, kann ichnicht sagen. kann sein, dass der baum sie (teilweise) absteren lässt und irgendwo aus dem stamm neu austreibt.
Gruss, Achim
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lala23
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Re: Anfängerfrage: Umgang mit bereits ausgeprätem Spitzenwachstum bei Ficus microcarpa

Beitrag von lala23 »

OK, jetzt verstehe ich besser! Lieben Dank Dir Achim, ich werde es probieren. :)
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Stefan72
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Re: Anfängerfrage: Umgang mit bereits ausgeprätem Spitzenwachstum bei Ficus microcarpa

Beitrag von Stefan72 »

... noch eine Idee: Wenn Du beim Zurückschneiden ein paar schöne Triebe oder auch verzweigte Äste nicht wegwirfst, kannst Du die im Wasserglas bewurzeln lassen und hast Nachsschub für neue Projekte. Das gelingt in der Regel problemlos - das Dickste, was bei mir mal bewurzelt hat, war knapp bleistiftdick. Also ruhig probieren; wenn es nicht klappt, ist nichts verloren.
Wenn er den Schnitt gut vertragen hat und wunschgemäß durchtreibt, wäre auch über einen Substratwechsel nachzudenken. Aber erstmal langsam - eins zur Zeit! Das könnte auch noch vor dem nächsten Winter passieren, wenn er wieder reinkommt. Stichwort für die Suchfunktion wäre "durchlässiges Substrat" oder auch "modernes Substrat".
Sollte der Baum in einem Übertopf stehen, dann würde ich den entfernen und stattdessen einen Untersetzer drunterstellen. Sieht nicht so schick aus, vermindert aber Staunässe. Das ist eine von den Sachen, die Ficus gar nicht verträgt und ganz schnell mal dazu führen kann , dass er die Biege macht.
Freundliche Grüße, Stefan

Es kommt darauf an, das Hoffen zu lernen. Seine Arbeit entsagt nicht, sie ist in das Gelingen verliebt statt ins Scheitern.
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