vor 4 Jahren ein Sämling, macht jetzt schon auf Trauerbirke

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zopf
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Re: vor 4 Jahren ein Sämling, macht jetzt schon auf Trauerbi

Beitrag von zopf »

Hallo Frank

Langtriebe dienen dem Kronenaufbau während Kurztriebe dem Kronenausbau und
-erhalt dienen. Kurztriebe ermöglichen in der darauf folgenden oder innerhalb
derselben Vegetationsperiode am Langtrieb an beinahe genau derselben Stelle, des
vor-/diesjährigen Langtriebblattes, erneut eine Belaubung hervorzubringen.
Kurztriebe sind daher vermehrt im Kroneninneren zu finden, während diesjährige
Langtriebe ausschließlich im peripheren Kronenbereich anzutreffen sind. Dies lässt
vermuten, dass es sich bei Kurztriebblättern um Schattenblätter und bei
Langtriebblättern um Sonnenblättern handelt.

http://www-brs.ub.ruhr-uni-bochum.de/ne ... n/diss.pdf

Vielleicht hilft´s
mfG Dieter
grüsse an die bewohner von melmac
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abardo
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Re: vor 4 Jahren ein Sämling, macht jetzt schon auf Trauerbi

Beitrag von abardo »

... aber zurück zur Trauerbirke.

Da gibt es bestimmt noch einige Äste und Verzweigungen, die in einem ungünstigen Winkel nach innen oder nach oben wachsen, die würde ich immer rausschneiden, egal zu welchem Zeitpunkt des Jahres.

Die Frage ist dann, was Stefanie für die Birke gerne möchte.

Eine "Trauerbirke" (oder auch Weide) würde ich gerne so haben wollen, dass oben viele Äste entspringen, die in einer Glockenform fast bis nach unten hängen, alle gleichlang sind und eben keine oder nur wenig Verzweigung haben. Das säh für mich stimmig aus und dann müsste fast alles, was sich verzweigt, weg und ich würde nur die langen, geraden "Schwuppen" behalten.

Also genau das Gegenteil von dem machen, was man sonst will, wenn ein Baum von unten her aufgebaut wird.

Also z.B. so: http://www.bonsai-fachforum.de/viewtopi ... de#p442504
Wenig Äste, wenig stammnahe Verzweigung und dann nach unten hin, viele, lange Internodien ...
Zuletzt geändert von abardo am 28.07.2015, 12:38, insgesamt 1-mal geändert.
Grüße, Frank
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Georg
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Re: vor 4 Jahren ein Sämling, macht jetzt schon auf Trauerbi

Beitrag von Georg »

MonaMour64 hat geschrieben:Das macht schon Sinn, was du da schreibst, Frank.
Klingt jedenfalls so. ;)
abardo hat geschrieben: Zumindest ist das bei meinen Laubbäumen (also keinen Büschen, die verhalten sich anders) so. Apfel, Hainbuche, Korkulme, Eichen.
Und genau da steckt das Problem... Birken sind eben keine Buchen, Eichen etc.
Birken (genauso Schwarzerlen) haben ja einen extrem hohen Lichtbedarf und lassen schnell mal was absterben oder verkahlen, wenn sie "sich selbst zu schattig werden". Sie sind da wesentlich empfindlicher als die von dir genannten Arten bzw. Gattungen.

Ich denke bei diesen beiden muss man wohl für jeden einzelnen Baum einen individuellen Kompromiss finden. :?
Das muß/kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.
Gruß
Rüdiger
Ich mag verdammen, was Du sagst, aber ich werde mein Leben geben, daß Du es sagen darfst(Voltaire)
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abardo
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Re: vor 4 Jahren ein Sämling, macht jetzt schon auf Trauerbi

Beitrag von abardo »

... und wenn die jetzt nicht als "Trauerbirken", sondern wie *normale* Bäume gestaltet werden sollen und man dann das ganze vorher gesagte berücksichtigt, ergibt sich sich für mich folgendes:
  • noch ist Juli, da ist eigentlich noch Zeit für einen letzten Schnitt vor dem Herbstschnitt im laublosen Zustand
  • dann soll Licht in den Baum, damit untere Äste längere Internodien produzieren, die Krone also nochmals auslichten und dabei insbesondere Äste mit zu langen Internodien in der Krone komplett wegnehmen
  • mittlere Äste am Ende eher auf Verzweigung schneiden
  • untere Äste nicht kürzen, sondern durchwachsen lassen, damit die auch dicker werden
... und besteht bei einem Baum keine Gefahr durch zu wenig Licht im Baum und muss ich die Krone bremsen, dann pfeif ich auf das Licht im Baum, behalte meine Krone, wie sie ist (bzw. entferne immer nur dortige Langtriebe) und sorge somit dafür, dass neue, innere Äste in Stammnähe durch zu wenig Licht kurze Internodien bekommen und muss dann halt länger warten, bis diese den Rand der gewünschten Silhouette erreichen (mit dem Vorteil, dass die viele Nodien haben und schön im Zickzack gewachsen sind und ich mir eine gewünschte Verzweigung überall aussuchen kann).
Hab ich dann alle benötigten Äste am Rand der Silhouette zusammen, kann ich die Dicke der Äste angleichen, indem ich aussen durchtreiben lasse oder immer wieder einkürze.
Grüße, Frank
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camaju +
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Re: vor 4 Jahren ein Sämling, macht jetzt schon auf Trauerbi

Beitrag von camaju + »

abardo hat geschrieben:und sorge somit dafür, dass neue, innere Äste in Stammnähe durch zu wenig Licht kurze Internodien bekommen
Sicher, dass das so stimmt ? Ich bilde mir grad ein ,das anders gelernt zu haben.
Gruß Jürgen *wink*

Wer nicht mit Pflanzen und Tieren kann, kann auch nicht mit Menschen.

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abardo
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Re: vor 4 Jahren ein Sämling, macht jetzt schon auf Trauerbi

Beitrag von abardo »

camaju hat geschrieben:
abardo hat geschrieben:und sorge somit dafür, dass neue, innere Äste in Stammnähe durch zu wenig Licht kurze Internodien bekommen
Sicher, dass das so stimmt ? Ich bilde mir grad ein ,das anders gelernt zu haben.
Ich kann nur sagen, dass es bei meinen Bäumen so ist.
Grüße, Frank
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Norbert_S
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Re: vor 4 Jahren ein Sämling, macht jetzt schon auf Trauerbi

Beitrag von Norbert_S »

Eine Herausforderung, die bei jeder Bonsaigestaltung zu lösen ist, ist die der Proportionen.
Je kleiner der Baum, desto weniger Raum beibt dafür.
Vergleicht man das erste Bild und das letzte sind die Unterschiede in der Wirkung augenfällig.
Birkentypischer wirkt sicherlich das erste.

Auch veredelte Trauerbirken in Hausgärten, selten mehr als 3m hoch, wirken nie wirklich schwer, weil die hängenden Äste sehr filigran sind, nie wirklich dicht belaubt, oftmals nur am unteren Ende.
Die schlank aufrecht wachsenden Sandbirken, bis 30m hoch wachsend, bilden eben nur an den Enden des Astwerks so dünne Zweige aus, dass diese mähnenartig herab hängen. Auch hier nur noch bei spärlicher Belaubung.
Die optischen Wirkungen dieser beiden Arten sind aber nicht miteinander vergleichbar.

Man muss sich also entscheiden, welche Form angestrebt wird.

Bei einer Trauerform, vor allem bei kleinen Exemplaren wird es sehr schwer bis unmöglich glaubhafte Proportionen zwischen Stamm, Ast- und Zweigwerk herzustellen.
Hier kann es helfen die abfallenden Äste nur anzudeuten und nicht wirklich tief herabzuziehen. Das macht Hermann Haas auch bei seinen Birken in der winterlichen Ausstellung.
Alternativ darf man nur sehr selektiv einige wenige Triebe herabziehen. Diese sollten über die ganze Vegetationsperiode wenig Blattwerk bilden dürfen, damit die Zweige dünn bleiben.

Eine wie eine Weide gestaltete Birke wirkt sehr schnell nur plump, das optische Gewicht der herabfallenden Zweige ist einfach zu groß und zerstört jede birkentypische Ausstrahlung.
Norbert

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Sullivan, 1924
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Bonsette
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Re: vor 4 Jahren ein Sämling, macht jetzt schon auf Trauerbi

Beitrag von Bonsette »

Liebe Birkenexperten,
ganz vielen Dank für eure Überlegungen zur Gestaltung einer Trauerbirke. Ich denke, da habe ich mir tatsächlich eine schwere Aufgabe ausgesucht.
Vor vier Wochen habe ich nach den erhaltenen Tipps einen Teilblattschnitt durchgeführt, damit mehr Licht an alle Zweige kommt. Gekürzt habe ich die Äste jedoch noch nicht, damit sie noch an Dicke zulegen können. Drei mittelgroße Äste habe ich vom Hauptstamm entfernt, weil sie sich mit den Hauptästen zu dicht standen. Jetzt bin ich aus dem Urlaub zurück, und die Birken haben 3 ½ Wochen Bewässerungsanlage bei nur einer Gießzeit am Tag, volle Sonne von 11 bis 18 Uhr und einige Tage über 30 Grad überlebt. Es sind sogar einige neue Knospen gewachsen.
Bevor die neuen Blätter da sind, habe ich heute dann mal wieder auf Trauerform gedrahtet. Wie Norbert schreibt, kann ich jetzt auch gut nachvollziehen, dass bei so kleinen Bäumen die Trauerform am glaubhaftesten ist, wenn man sich auf wenige Hauptäste beschränkt und die herabhängenden Zweige nicht sehr weit nach unten gezogen werden. (Die werden also nächstes Jahr, wenn sie hoffentlich an Dicke zugelegt haben, noch stark gekürzt.)
Vielleicht bekomme ich es ja so hin, dass die oberen Bögen der Hauptäste aus dem Blattwerk herausschauen, dann wäre dadurch schon eine Trauerform angedeutet, auch wenn man den weiteren Astverlauf im Blattwerk wahrscheinlich kaum erkennen wird. Die dünnen Zweige über dem Boden werde ich alle auf einer Höhe enden lassen.
2015-08-26-a_.jpg
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LG
Stefanie
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Bonsette
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Re: vor 4 Jahren ein Sämling, macht jetzt schon auf Trauerbi

Beitrag von Bonsette »

Hallo zusammen,
seit dem letzten Bild haben die Birken irgendwie nicht weitergemacht. Die Blätter sind zwar noch alle grün, aber die neuen Knospen, die vor drei Wochen schon deutlich angeschwollen und grün waren, haben sich wieder in Richtung braun verfärbt und scheinen nun doch nicht mehr austreiben zu wollen.
Ist so eine Rückbildung dem ungemütlichen Wetter der letzten Tage geschuldet und die Knospen wachsen nächstes Jahr weiter, oder haben die Birken diese Knospen jetzt aufgegeben?
Wie waren eure Beobachtungen in solchen Fällen?

LG
Stefanie
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Bonsette
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Re: vor 4 Jahren ein Sämling, macht jetzt schon auf Trauerbi

Beitrag von Bonsette »

Nach einer stürmischen Nacht haben die Birken jetzt keine Blätter mehr. Da habe ich sie mir heute nochmal vorgenommen (die dünnen Zweige gekürzt und etwas nachgedrahtet) und Nacktfotos gemacht.
Wenn die kleinen Äste aus ihren ersten paar Knospen gut austreiben, kann ich sie im Frühjahr Hermann Haas mäßig noch weiter einkürzen, so dass die herabfallenden Äste wirklich nur angedeutet sind. Dann hätte ich wenige herabfallende Polster an den Hauptästen, und es bliebe auch mehr von der Baumstruktur zu erkennen.
Meint ihr, das ist ein guter Plan, oder sollte ich vielleicht noch mehr Äste ganz raus schneiden, oder … ?
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2015-11-11-b.jpg
LG
Stefanie
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Re: vor 4 Jahren ein Sämling, macht jetzt schon auf Trauerbi

Beitrag von Bonsette »

Die Birken beginnen jetzt schon mit dem zweiten Austrieb.
Bevor sie bald wieder so wild aussehen habe ich also schnell mal ein Foto gemacht:
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LG
Steffi
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ThoSchu
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Re: vor 4 Jahren ein Sämling, macht jetzt schon auf Trauerbi

Beitrag von ThoSchu »

Hallo Steffi,

sehr schöne Entwicklung in der kurzen Zeit *daumen_new*

Hattest du noch nie Probleme mit absterbenden "wichtigen" Ästen bei den beiden? Gerade wenn der Draht über den Winter dran bleibt?

Grüße
Thomas
"So, Bonsai also.......????"
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Bonsette
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Re: vor 4 Jahren ein Sämling, macht jetzt schon auf Trauerbi

Beitrag von Bonsette »

Danke, Thomas!

Äste oder Zweige sind mir bis jetzt zum Glück noch nicht abgestorben. Das wäre bei so wenigen Ästen, die ich den Birken gelassen habe, auch sehr schade. Wenn Zweige absterben wäre das nicht so schlimm, denn davon gibt es ja jedes Jahr sehr viele neue.

LG
Steffi
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Bonsette
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Re: vor 4 Jahren ein Sämling, macht jetzt schon auf Trauerbirke

Beitrag von Bonsette »

Oh, wie die Zeit vergeht - hier ist das letzte Bild schon 2 ½ Jahre her. Weil das Drahten bei einer Trauerformbirke immer so viel Arbeit ist, hatte ich in den letzten Jahren einfach mal darauf verzichtet, habe sie nur wachsen lassen und ab und zu Zweige weggeschnitten, damit Licht ins Innere kommt.
Ich hatte dieses Birkenpärchen dieses Jahr dann mit zum Sommerfest genommen, weil ich dachte, dass ich da Ideen für einen neuen Aufbau mit weniger Ästen bekomme, bin aber bei so vielen anderen interessanten Baumbesprechungen nicht mehr dazu gekommen, sie aus dem Auto zu holen.
Im Sommer habe ich ihr zwei größere Äste abgeschnitten. Heute habe ich dann Zweige geschnitten und gedrahtet. Vielleicht kann oben auch noch mehr weg, bevor da wieder neue Zweige wachsen werden – was meint ihr zur jetzigen Form?
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LG
Steffi
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Martin_S
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Re: vor 4 Jahren ein Sämling, macht jetzt schon auf Trauerbirke

Beitrag von Martin_S »

hey Steffi,

da wüsste ich jetzt nicht, was du da noch besser machen könntest. Sieht für mich sehr authentisch aus.
*daumen_new*
Beste Grüße
Martin

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