Birkensämlinge - #1 - "die abgesägte" (bock)

[bock]

Moin...

Bis letzte Woche habe ich die Birke wachsen lassen, dann habe ich beschlossen, dass noch ein anderes paar Augen die Optionen beurteilen sollten.
Beim AK-Treffen Bonsai-in-Holstein hatte ich den Baum dabei und wollte schon mit der Konkavzange herangehen.

"Halt, lass die Äste noch dran!"

Also erstmal nur den Neuaustrieb eingekürzt, Blätter soweit herausgeschnitten, dass Stammverlauf und Astverteilung erkennbar wurden.
Reiner sah für den Baum zwei gangbare Wege - nach links oder nach rechts neigen.
In beiden Fällen sollte die "Dachantenne" fallen.
Nach links - richtung erster Ast - war mir unsympathisch, da hätte ich oben mit der Säge ein Loch vom doppelten Stammdurchmesser hinterlassen.
Also nach rechts.

nach Rückschnitt

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Dadurch kann die noch nicht überwallte Schnittstelle im oberen Ast mit der unschönen keilförmigen Form des Astansatzes in die künftige Stammfortsetzung übergehen, anderenfalls hätte ich diesen gemeinsam mit der "Dachantenne" absägen müssen. Das hätte vermutlich größeren Flurschaden an der umgebenden Beastung zur Folge gehabt.
Die dann zur Rückseite gehörende Ruine der alten Spitze habe ich erstmal unbehandelt gelassen, eventuell lässt sich das Ganze noch mit Neuaustrieb kaschieren.

Rückseite

20190615_c.jpg (268.62 KiB) 1979 mal betrachtet

Drahtscheu wie ich bin, kam ich nicht umhin, die Äste etwas umzudekorieren, um den rechten astfreien Stammteil optisch etwas zu verkürzen. Das Ergebnis ist in sofern vorläufig, als die Krone insgesamt und besonders oben natürlich noch zulegen soll.
Umgetopft wird erst August/September 2020, bis dahin werde ich wohl auch die Längen der einzelnen Äste etwas angepasst haben...

2019
(Juni)

20190616_e.jpg (259.52 KiB) 1979 mal betrachtet

Ob es sich als Verbesserung herausstellen wird?
Es ist erstmal eine Veränderung, und vielleicht ein gangbarer Weg.
Schauen wir mal...

vor 2 Jahren

20170617_b.jpg (196.31 KiB) 1979 mal betrachtet

[ania]

Erstmal fällt mir auf, dass sie nicht sehr birkentypisch wirkt (im Gegensatz zu den ganz ersten Bildern). Das kommt vor allem durch den untersten Ast zustande, der sehr flach weggeht, und natürlich durch die fehlende Spitze, die aber wohl in Arbeit ist. Auch sonst gehen viele Äste waagrecht weg.
Den untersten Ast hochkeilen/biegen oder abschneiden sind natürlich zwei mögliche Optionen. Mit entsprechender Bearbeitung des oberen Teils sähe es dann wohl wieder wie eine normale Birke aus, wie man sie kennt.

Man könnte aber auch einen ganz anderen Weg gehen. Die "Fehler" des ersten Astes noch stärker hervorheben und zu einem Blickfang an dieser speziellen Birke machen.

Mir ist vor kurzem bei einem Spaziergang eine scheinbar sehr alte Birke aufgefallen, die genau so aussah. Sie stand innen an einem Waldrand. Von der Form war sie wie ein alter Parkbaum gewachsen (Linde, Kastanie), ohne die weiße Rinde hätte ich gar nicht an Birke gedacht. Unten, etwa auf Augenhöhe, war ein fetter, waagrechter, seeehr langer Ast, dessen Verzweigung erst sehr weit außen losging, weil näher am Stamm wohl kein Licht zukam. Insgesamt war die Birke ziemlich breit.

Der untere Ast deines Bäumchens hat mich genau an diese Birke erinnert. Bei Interesse könnte ich bei Gelegenheit versuchen Fotos zu machen.

[bock]

Servus Ania,

das wäre prima! Diese Birke wird nie zur "Prima Ballerina", aber vielleicht kann ich mit Hilfe des Forums und gegebenenfalls IRL z.B. Reiner :8 noch etwas wie einen "Baum mit Charakter" oder zumindest Wiedererkennungswert hinbekommen...

Um nicht falsch verstanden zu werden: Dieser Baum hat keine Fehler!

Aber sein Gestalter hat genug davon gemacht...
Zäh ist sie, also warum sollte es uns nicht gelingen, sie etwas zu verbessern???

[ania]

Hier die versprochenen Bilder. Bin leider kein guter Fotograf, und umstehende Bäume verdecken die Sicht.

[Jürgen*]

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[bock]

Servus Ania,

vielen Dank für die Bilder!
Du hast Recht, bei dem Baum hätte ich auch nicht an eine Birke gedacht... und er hat wirklich ein paar Gemeinsamkeiten mit meiner hier gezeigten Birke. Da bin ich doch motiviert, die "Eigenartigkeit" meiner Birke zuzulassen und ein Stück weit zu fördern! Auch die Löcher im unteren Stamm finden sich bei meinem Exemplar wieder...


Hi Jürgen,

Danke dir, auch für die Mühe! Der untere Ast sollte ursprünglich nur die Stammbasis verdicken, da waren noch zwei andere, die inzwischen gefallen sind. Doch jedes Mal wenn ich schon die Zange ansetzen wollte, kam ein Kommentar, der mich davon abgehalten hat. Der erste kam von Jürgen (camaju), den ich sehr geschätzt habe - daher muss der Ast eigentlich schon zum Andenken an ihn bleiben, er hat uns viel zu früh verlassen... Zuletzt im Arbeitskreis, wo Reiner mir geraten hat, den Pflanzwinkel zu ändern.
Beim rechten Doppelast kann es leicht sein, dass einer noch entfernt wird, aber momentan wäre mir die entstehende Lücke noch zu groß.
An der Bildunterschrift kannst du den Dateinamen ersehen, der bei meinen Fotos meist dem Aufnahmedatum entspricht, nur rückwärts. 20190616 wurde am 16.06.2019 aufgenommen - das erleichtert mir die Sortierung der Bilder in ihren Ordnern. Bei mehreren Bildern an einem Tag (von demselben Baum) ergänze ich die Reihenfolge alphabetisch...
Auf Rügen sah ich vor ein paar Jahren einen Baum (vermutlich eine Linde), der mich an diesen "Tiefausleger" meiner Birke erinnert hat, weitere Assoziationen überlasse ich dem geneigten Betrachter...

DSC_0822.jpg (405.29 KiB) 1796 mal betrachtet

Ich glaube er stand in einem Park in Putbus...

[Chloroplast]

Ich habe mir den Beitrag auch von vorne angeschaut und bin der Meinung, der Baum war eigentlich auf dem Bild von Juni 2017 auf seinem Höhepunkt.
Er hat dort passende Proportionen, eine arttypische schlanke, hohe Krone und schon einen ziemlich reifen Stamm. Ich hätte versucht, ihn einfach so zu erhalten und wahrscheinlich den untersten Ast noch entfernt.
Manchmal ist es besser, weniger zu tun und nicht unbedingt den kleinsten Baum anzustreben.

Das heißt natürlich nicht, dass der Baum nicht wieder toll werden kann, nur wird es dann eben eine andere Form sein. Weiterhin viel Spaß und Erfolg mit dieser Birke!

[Gary]

Hallo Andreas,

ich will jetzt bestimmt nicht nachtreten und die geschmackliche Wertung möge auch Jeder bitte nach seinem Gusto vornehmen. Hoch interessant finde ich die Anregung von Michael (Chloroplast) dennoch. Zeigt sie doch zwei völlig unterschiedliche "Ansichten und Gestaltungsziele" bei Bonsai. Jeder der sich bereits 2-3 Jahrzehnte mit Bonsai befasst, hat den geschmacklichen Wandel bemerkt. Auch Bonsai unterliegen "Moden".

Z.B. vor ca. 70 Jahren gab es an Bonsai praktisch kein Totholz. Erst vor etwa 50 Jahren kamen die ersten Jin auf. Kimura schuf dann Mitte der 1980er, als Erster, wahre Totholzskulpturen, die lediglich noch etwas "Alibi-Grün" hatten. Und auch heute sieht man überall Totholz und die Fräser glühen.

Ebenso haben sich in den letzten 30-40 Jahren deutlich die Proportionen von Bonsai verschoben. Die Suche nach dem kleinstmöglichen Baum.
Seitenverhältnisse bei Bonsai von 1,5 bis 1 : 1 (Höhe : Breite) sind keine Seltenheit mehr.

Mein Freund Colin Lewis hat bereits vor Jahren einen Artikel darüber geschrieben mit dem Titel: Bonsai Obesity
(Adipositas oder die Fettleibigkeit/Fettsucht bei Bonsai)
Im Folgenden ein kleiner Auszug als Denkanstoß.

Bonsai Obesity.jpg (50.12 KiB) 1731 mal betrachtet

Vergleicht diese beiden Skizzen, beide von großen Bonsai-Visionären: links von John Naka, 1980 und rechts, von Sandro Segneri, 2010.

„Wohlgemerkt, es ist nichts auszusetzen an schweren, kräftigen Stämmen aber ich gestehe, dass ich um die Anmut und Eleganz als vertraute Elemente im Bonsai-Design trauere. Dies fällt mit dem Rückgang der feinen, delikat produzierten Laubbäume zusammen. Vielleicht hängen die beiden Symptome ja zusammen, denn in der Aststruktur eines Laubbaumeisterwerks liegt eine gewisse Eleganz und wenn dies beim Planen und Beschneiden nicht berücksichtigt wird führt es zu Hässlichkeit.

Also zurück zur Frage: Was macht Eleganz aus?“

[bock]

Hallo Chloroplast,

du hast Recht was die Sommeransicht angeht. Siehe aber auch deine Signatur...
Im unbelaubten Zustand waren da aber schon ein paar Punkte, die mich veranlassten, den Baum zu überarbeiten. Gut, der Schuß ging nach hinten los, weil nicht das passiert ist was ich mir erhofft hatte.
Andererseits habe ich ja noch ein paar mehr Birken, die auch nicht so ganz dem Idealbild einer Birke entsprechen. Es ist eben nicht immer so einfach, einerseits maximalen Zuwachs zu erreichen und andererseits die Internodienlänge und Verzweigung zu optimieren...
Ich bin der Meinung, dass der Baum mir schon zeigen wird, wo es lang geht. Mit ein wenig Glück wird doch wieder etwas ganz ansehnliches daraus...

Hallo Gary,

vielen Dank auch für deine Stellungnahme. Bei diesem Baum habe ich nicht versucht, einen Sumoringer heran zu ziehen, aber der Weg den ich eingeschlagen habe, erwies sich als ungünstig. Oder ungeeignet für diesen Baum.
Der jüngste Versuch, eine Umgestaltung anzustreben, mag etwas skurril wirken. Aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass das Sommerbild in fünf Jahren wieder etwas eleganter wirken wird.
Letztlich kam ich mit der Aststruktur in der oberen Hälfte des Baumes nicht zurecht. Gut, den Baum hat es nicht gestört, und hätte ich bei den 2017 getroffenen Maßnahmen jemanden zur Seite gehabt, der mich gebremst hätte - wäre der Baum jetzt sicherlich eleganter.
Vorläufig also wieder Baustelle, schauen wir mal, ob es besser oder doch immer schlimmer wird...

[bock]

Moin!

Immerhin erfreut sich diese Birke weiterhin guter Gesundheit und bei meinem heutigen Streifzug durch den Garten wollte ich mal ein Stammdetail ins Bild setzen.

20190916.jpg (223.93 KiB) 1586 mal betrachtet

Dann erfolgt im Herbst nochmal ein Triebschnitt.

[Norbert_S]

Der erste Satz ist der wichtigste, Andreas.
Über gemachte Schnitte ist es müßig zu diskutieren. Nach erfolgtem Schnitt ist der Blick ausschließlich nach vorne zu richten. Lernen darf man natürlich trotzdem daraus.

Da der Baum vital ist und das letzte Bild wirklich Schönes zeigt, ist wohl Zeit das, was der Baum noch braucht und einen geduldigen gestaltenden Pfleger.
An diesem Baum solltest du nur arbeiten, wenn du gut drauf bist. Dann fällt es leichter bei schwierigen Partnern das rechte Maß zu finden.
Ich bin auf Zukünftiges sehr gespannt.

[bock]

Moin Norbert,

vielen Dank für deine aufmunternden und hilfreichen Worte.
Ich bin eigentlich immer gut drauf, wenn ich an meinen Bäumen arbeiten kann...
Auch wenn manche Lernprozesse etwas schmerzhaft sind, hoffe ich doch auch im fortgeschrittenen Alter noch gewisse Fortschritte machen zu können. Ich werde deinen Rat dahin gehend beherzigen, dass ich diese Birke nur bearbeite, wenn ich ihr die nötige Zeit und Muße widmen kann.
Unterdessen hoffe ich, meine Moorbirke (# 5) in den nächsten Jahren etwa in die Richtung lenken zu können, wie dieser Baum 2017 vor der "Umgestaltung" aussah - ist noch ein langer Weg, aber auch ein langer Weg beginnt mit einem Schritt...

[bock]

Moin!

Die abgesägte Birke wurde nun auch im laublosen Zustand gestutzt. Der Zuwachs seit dem letzten Rückschnitt war nicht ganz unerheblich - nächsten Sommer werde ich mir die Aststruktur nochmal vornehmen.

20191111_a.jpg (194.85 KiB) 1330 mal betrachtet

2019
(November)

20191111_c.jpg (190.56 KiB) 1330 mal betrachtet

[bock]

Moin!

Auch dieser Baum ist in die Saison gestartet.
Der frische Austrieb erfreut mich, und in ein paar Wochen ist das Laub wieder so dicht, dass die Birke nur noch nach Gebüsch aussieht.
Das Bild ist von heute Mittag, inzwischen fallen die ersten Tropfen seit Anfang April!

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2020
(April)

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[bock]

Moin!

Der Mai war auch eher trocken, anfangs kühl, später frühsommerlich.

Die Birke

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wurde zurückgeschnitten,

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und entlaubt:

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2020
(Mai)

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Auf die Schrägstellung habe ich diesmal verzichtet, aber der starke Ast oben rechts muss noch eingekürzt werden.
Einen künftigen Spitzentrieb oben links habe ich nicht entblättert.