Fichte vom Sommerfest 2016

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Bonsette
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Fichte vom Sommerfest 2016

Beitrag von Bonsette »

2017 ist die Fichte ja Baum des Jahres … als Bonsai finde ich Fichten wirklich schwer zu gestalten und nur mit viel Aufwand in Form zu bringen. Das habe ich bei meinen ersten beiden Fichten aufgegeben – sie sind am Ende im Beet gelandet.

Seit dem Sommerfest 2016 steht aber eine besondere Schweizerin von Andreas L bei mir, weil abardo-Frank und Martin_S mich überreden konnten, mich um sie zu kümmern. Die größte Herausforderung wird wohl der platte Stammansatz sein. (Die Fichte wuchs laut Andreas in einer Felsspalte.) Die Äste haben eine interessante gedrungene Form – die Fichte stand am Rande einer Alm und hatte wahrscheinlich schon viel mit Kühen und Schnee zu tun.
auf dem bff Sommerfest 2016
auf dem bff Sommerfest 2016
Diie „Baumbesprechnung“ auf dem Sommerfest führte zu keinem Ergebnis. :lol: Deshalb hatte ich die Fichte bis letzten Monat nicht angerührt. (Sie wurde nur immer mitgedüngt und bekam Spaghnummoos um den Wurzelansatz.) Nach zwei recht üppigen Austrieben letztes und dieses Jahr gehe ich davon aus, dass sie sich wohl mit ihrem einige 100km entfernten neuen Standort angefreundet hat. Also habe ich letzten Monat die neuen Wipfel gekürzt und einige Zweige entfernt, damit mehr Licht ins Innere gelangt und sie dort hoffentlich viele neue Knospen bildet, mit denen ich nächstes Jahr weiterarbeiten kann.
2017-06-25_b_.jpg
2017-06-25_c_.jpg
Gerne würde ich sie irgendwie so gestalten, dass etwas von den schönen Schwüngen im Stamm und den Ästen zu erkennen ist. Da müsste ich noch einige Zweige und Äste entfernen, damit man mehr von ihrem Charakter erkennt. Ich konnte mich jedoch noch nicht für eine Form entscheiden.

Habt ihr vielleicht eine spontane Gestaltungsidee für diese besondere Fichte?

LG
Steffi
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Andreas Ludwig
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Re: Fichte vom Sommerfest 2016

Beitrag von Andreas Ludwig »

Bonsette – diese Fichte wuchs in der Gegend des Mont Crosin im Schweizer Jura. Sie keimte in einem Kalkstein, den der Regen durchgewaschen hatte (sowas gibts) und sah aus wie ein kleiner Weihnachtsbaum auf einem Stein. Das nahm ich genau so mit (frag nicht wie...). Dann kappte ich etwa zwei Drittel des Weihnachtsbaumes, drahtete den Rest über Jahre und fand das ganz nett. Bis mir diese Töle den Stein gesprengt hat, weil ich sie zu stark gedüngt hab oder so...

Da fand ich, es sei jetzt ein guter Moment, das weiterzugeben. Denn meine Idee – die Fichte im Stein – war gerade buchstäblich krepiert. So kam das. Die Windungen der Äste sind also mein Werk, keine Kühe. Aber was du daraus machen solltest, das muss ich wirklich dir überlassen. Vielleicht wäre es die Idee, es einfach wieder in andere Steine einzupacken, eine Art Penjin draus zu machen. Aber das ist natürlich typisch Ludwig und soll dich zu gar nichts verpflichten. Zeig den andern den platten Stamm, damit sie nachdenken können...

Hier noch für dein Archiv, wie das alles anfing vor zehn Jahren (nach dem Kappen des Weihnachtsbaums). Da dachte ich noch an irgendwas mit Jin und so. Das wollte die Fichte aber nicht, also kam alles ganz anders. Du siehst, die Fichte kann was.
Boa_von_Tannenstein.jpg
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abardo
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Re: Fichte vom Sommerfest 2016

Beitrag von abardo »

Hi Steffi,

da der Baum vom Ludwig ist, versuchen wir mal ein bisschen kreativ an die Gestaltung ranzugehen, hat der Baum verdient.

In deinem zweiten Bild sieht man wunderbar, was das Highlight des Baum ist. Die von Andreas aufgebaute Aststruktur. Schön regelmässig verzweigt und gute Abstände und Verjüngung der Äste. Darum gehts. Abschneiden würde ich davon gar nichts.

Jetzt nimm den Baum mal in die Hand, vergiss für einen Moment den Stamm und dass die Wurzeln ja schon irgendwie nach unten gehören und dreh ihn dreidimensional im Raum, sozusagen in einer Kugel, über alle drei Achsen, bis du die Position der Krone hast, wie du mal auf sie gucken willst. Dabei kannst du auch glatt ignorieren, ob das Laub nun nach oben oder unten zeigt, es zählen nur die Äste.

Dann haben wir noch den relativ geraden Stamm und wenn ich mich richtig entsinne, war eine Seite am Nebari nicht gerade hübsch. Irgendwie angefressen, auf einer Seite hochbeinig (Stelzwurzel ?).

Kennst du die Gliederschlange, dieses Kinderspielzeug ? Besteht aus Dreiecken, verbunden mit Gelenken. Ziel ist es, die Schlange zu einer Art Kugel zusammenzudrehen, man kann aber aber auch prima andere Formen daraus machen. Das planen wir jetzt mit dem Stamm.

Das einseitige Nebari gehörte damals für mich flach und schräg eingepflanzt, um die eine Seite zu verstecken.

Die Aufgabe ist jetzt, den Baum schräg einzupflanzen und zwei, drei heftige Knicke in den Stamm zu bekommen (Einschneiden, bis zu 90 Grad biegen und fixieren, vielleicht jedes Jahr einen Knick erledigen), das ganze so im 3D-Raum, bis die Krone so sitzt, wie du sie dir vorher ausgeguckt hast. Und dann hast du ...

... eine prima Halbkaskade.

War zumindest damals meine Idee.

(aufmalen kann ich dir das leider nicht, aber mach dir Fotos von den Positionen und vielleicht selbst eine Skizze, über die Jahre vergisst man sonst, wo was hingebogen werden soll)
Zuletzt geändert von abardo am 04.07.2017, 11:45, insgesamt 5-mal geändert.
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Re: Fichte vom Sommerfest 2016

Beitrag von abardo »

... und hier noch ein Foto von diesem unverzichtbaren Gestaltungsmittel, darf in keinem Bonsaiwerkzeugkasten fehlen :lol:

Gliederschlange
Gliederschlange
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Andreas Ludwig
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Re: Fichte vom Sommerfest 2016

Beitrag von Andreas Ludwig »

abardo hat geschrieben: 04.07.2017, 09:00(Einschneiden, bis zu 90 Grad biegen und fixieren, vielleicht jedes Jahr einen Knick erledigen)
Tödlich bei so einer Fichte.
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abardo
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Re: Fichte vom Sommerfest 2016

Beitrag von abardo »

... meiner Erfahrung nach kein Problem.
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chris-git@rre

Re: Fichte vom Sommerfest 2016

Beitrag von chris-git@rre »

Hallo Steffi,
interessanter Baum.
Ich habe mir da mal ein paar Gedanken gemacht.
Ich habe da ja nur eine Ansicht.
Du kannst den Baum ja noch ganz anders drehen.
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Andreas Ludwig
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Re: Fichte vom Sommerfest 2016

Beitrag von Andreas Ludwig »

abardo hat geschrieben: 04.07.2017, 13:11 ... meiner Erfahrung nach kein Problem.
Sehr interessant – man lernt immer dazu. Kannst du dazu ein Thema eröffnen?
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Re: Fichte vom Sommerfest 2016

Beitrag von abardo »

Hi Andreas,

bei zwei Kieferliteraten, einer Fichte und einem Apfel und einem kleinen Ahorn hab das bereits gemacht, man schneidet die Borke ein bisschen weg, bei Laubbäumen kann man auch einen Keil bis ins Kernholz reinschneiden, dann Bast und Band und biegen. Am Besten im Herbst mit maximal 45 Grad anfangen und dann im nächsten Jahr immer weiter nachspannen.

Die Kiefern hab ich noch nicht dokumentiert, kommt erst, weil da noch Knicke zu machen sind. Dauert halt.
Den Eingriff beim Apfel hab ich hier bereits dokumentiert -> viewtopic.php?f=9&t=42558&start=90#p482927
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Re: Fichte vom Sommerfest 2016

Beitrag von Andreas Ludwig »

Ich meinte den Knick von 90 Grad bei einer Fichte, den du angeregt hast.
Den halte ich für nicht realisierbar.
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Re: Fichte vom Sommerfest 2016

Beitrag von abardo »

Auch bei Fichte kein Problem, bei Nadelbäumen kenn ich das als normales Verfahren (daher hab ich das auch nicht extra dokumentiert).

Letzten Herbst gemacht, jetzt schon komplett verheilt (oben am Knick sieht man noch die neuen Borkenschuppen. Durchmesser 1,8cm.

IMG_3168.jpg
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Re: Fichte vom Sommerfest 2016

Beitrag von Andreas Ludwig »

Das scheint mir ein Kiefernast zu sein. Andere Art. Wir reden aber vom 90 Grad-Knick am Stamm einer 20 Jahre alten, zudem sehr dicht gewachsenen Fichte, nicht einer Erstgestaltung – macht auch viel aus. Es ist der Teil mit den Hauptleitbündeln zu allen Ästen, nicht die Zuleitung zu etwas Kronengrün. Es ist wesentlich härter als ein vergleichbares Fichtchen aus dem Garten und die verbleibende Borke wird schneller reissen als bei so einem. Das als Warnung – man kann mit jungen Fichten durchaus spielen, je älter sie werden, umso brüchiger und empfindlicher. Die Frage ist nicht, wer recht hat, sondern ob du Bonsette raten willst, den Baum mal so eben versuchsweise aufs Spiel zu setzen... Es ist einfach im Internet recht zu haben, aber ein Baum ist ein Baum.
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Re: Fichte vom Sommerfest 2016

Beitrag von abardo »

(ich weiss hoffentlich, was ich grade eben fotografiert habe *kopfkratz* )

Ist meine grosse Fichte, hier auch schon gezeigt. Hier der unterste Ast. Aber da ich das auch schon an Kiefern mehrfach selbst am Stamm gemacht habe und es auch von einigen Gestaltern live auch an Fichten gesehen und erzählt bekommen habe, würde ich das auch jederzeit an einer Fichte am Stamm machen.

Wenn Steffi das noch nie gemacht hat, es aber für die gewünsche Option notwendig ist (kann ja eine ganz andere Gestaltung werden), würd ich ihr empfehlen, damit zu jemanden zu gehen, der das bei Fichten schon ein paarmal am Stamm gemacht hat.
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Re: Fichte vom Sommerfest 2016

Beitrag von zopf »

Hallo Steffi

Bei der Fichte brauchst Du keine großartige Gestaltung !
Das Bild von unten zeigt, das so vieles vorgegeben ist.
Die Aufgabe es auch sichtbar zu machen, ist Anforderung genug.
Über die Jahre in eine kleine Schale setzen,
sorgsam die Verzweigung weiter entwickeln,
und dann mit karger Kost ein "Andreas-Bäumchen" pflegen.

Gelinde geschrieben wäre eine Knick-Knick-Knick Halbkaskade einfach nur eine Vergewaltigung,
so etwas hat überhaupt nichts mit einer Gestaltung zu tun.

mfG Dieter
grüsse an die bewohner von melmac
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Erwin
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Re: Fichte vom Sommerfest 2016

Beitrag von Erwin »

diese Art "Anregungen" vom Frank würde ich persönlich unter (schlechter) Fantasy verbuchen und ignorieren.....

Erwin
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