Erfahrungen mit Feldkultur - verschiedene Arten im Vergleich

Allgemeine Philosophie, Stilarten, Techniken, Vorstellung und Besprechung von Rohmaterial sowie lose Sammlung von Entwicklungs-Dokus
KHarry
Beiträge: 724
Registriert: 03.02.2005, 17:42

Erfahrungen mit Feldkultur - verschiedene Arten im Vergleich

Beitrag von KHarry »

Seit 2003 habe ich Gehölze verschiedener Arten in Feldkultur auf ihr Dasein als Bonsai vorbereitet. Beim Ausgangsmaterial handelte es sich zum Teil um Jungpflanzen, zum etwas größeren Teil um gesammelte Bäume unterschiedlicher Qualität und Größe.
Im Folgenden möchte ich eine Art Leistungsprofil dieser Arten versuchen in Bezug auf gestalterische Aspekte.
Hauptkriterien sind:
- Aufbau von Ästen, oder allgemeiner, neuer Strukturen (oberirdisch)
- Entwicklung eines Wurzelansatzes
- Entwicklung eines Stammes bzw. eines über das Wurzelwachstum induzierten Stammprofils, was den Stammaufbau sehr befördert

Allgemein zu meinem Vorgehen: Zwischen dem Umpflanzen mit Wurzelbearbeitung liegen meist 3 - 5 Jahre. Dazwischen erfolgt kein starker Rückschnitt, nur für Wuchsausgleich zwischen den Ästen wird gesorgt, unbrauchbare Triebe werden entfernt und gestaltungswichtige Triebe freigestellt. Einzelne Zugäste können also, zumindest im oberen Bereich, über den genannten Zeitraum durchwachsen. Ab Spätsommer werden auch Wurzelansätze freigelegt und zu stark geratende Wurzeln eingekürzt.

Die Stückzahl je Spezies ist in den meisten Fällen recht gering, zum Teil sind es sogar nur Einzelexemplare. Ich lade deshalb auch jeden dazu ein, eigene und evtl. abweichende Erfahrungen einzubringen.

Zunächst möchte ich aber meine Ergebnisse vorstellen, von A wie Acer bis U wie Ulmus.


Acer campestre (Feldahorn)
Begonnen habe ich mit ca. einem halben Dutzend Jungpflanzen, die ich einige Jahre im Blumenkasten laienhaft bearbeitet und 2003 ausgepflanzt habe. Davon habe ich noch 3 übrig, die hier abgebildet sind.
Feldahorne bilden recht schnell Stammholz und, wenn der Wurzelbereich entsprechend vorbereitet wurde, ein ausgeprägtes Stammprofil. Auch lassen sich recht eindrucksvolle Wurzelansätze erzielen.
Die Aststrukturen, die bei starkem Wachstum entstehen, sind leider nicht die besten: lange Internodien, an den Nodien entstehen meist gleich 2 - 4 gegenständige bzw. kreuzweise gegenständige Triebe, was zu knotenartigen Verdickungen führt. Elegante Linien sucht man meist vergebens.
Vor allem nach starkem Rückschnitt bilden sich jede Menge neuer Triebe, die man kaum zum Aufbau verwenden kann.
Dateianhänge
Feldahorn 1 2018 HK.jpg
Ganz guter Stammansatz, aber womit weiter?
Ganz guter Stammansatz, aber womit weiter?
Feldahorn 3 2018 HK.jpg
KHarry
Beiträge: 724
Registriert: 03.02.2005, 17:42

Re: Erfahrungen mit Feldkultur - verschiedene Arten im Vergleich

Beitrag von KHarry »

Acer platanoides (Spitzahorn)
Acer pseudoplatanus (Bergahorn)
Beide Arten gelten als eher wenig geeignet zur Bonsaigestaltung wegen ihrer recht geringen Neigung, sich zu verzweigen. Gemessen daran, verhalten sie sich in Feldkultur doch überraschend kooperativ:
Die Bäume wachsen stark von der Spitze her, dort auch mit den wenig geschätzten langen Internodien, weiter unten bilden sich aber Seitentriebe, die recht langsam wachsen mit entsprechend kurzen Internodien und durchaus ansprechenden Astlinien. Auf diese Seitentriebe kann man dann später absetzen.
Beide Arten können auch gute Wurzelansätze erzeugen, Spitzahorn bildet auch ein ausgeprägtes Stammprofil, Bergahorn dagegen nicht.
Bei einem der abgebildeten Bergahorne ist die Rinde auf der Oberseite der Hauptwurzeln abgestorben, nachdem ich diese stark eingekürzt hatte. Inwieweit das arttypisch ist, wage ich nicht zu sagen.
Insgesamt habe ich 2 Spitzahorne und 3 Bergahorne in Bearbeitung. Einer der Spitzahorne ist hier dokumentiert:
viewtopic.php?f=9&t=27864
Dateianhänge
Spitzahorn Aussaat 1993
Spitzahorn Aussaat 1993
Bergahorn 2010
Bergahorn 2010
Der gleiche Bergahorn heute
Der gleiche Bergahorn heute
Ein weiterer Bergahorn
Ein weiterer Bergahorn
KHarry
Beiträge: 724
Registriert: 03.02.2005, 17:42

Re: Erfahrungen mit Feldkultur - verschiedene Arten im Vergleich

Beitrag von KHarry »

Carpinus betulus (Hainbuche)
Diese Art macht fast die Hälfte meiner Sammlung aus, meist Yamadoris, von denen ein größerer Teil auch ein paar Jahre im Freiland verbracht hat. Die Jungpflanzenprojekte habe ich darüber größtenteils vernachlässigt, der letzte Überlebende ist abgebildet.
Hainbuchen bilden mäßig schnell Stammholz, und es ist dazu auch recht starkes Triebwachstum erforderlich, ebenso bilden sie nur ein moderates Stammprofil. Gute Wurzelansätze sind auch nur eher langfristig zu erzielen; meist sind es nur wenige Wurzeln, die stark an Durchmesser zulegen, davon abgehende Seitenwurzeln bleiben recht schwach. Der Verzweigungswinkel ist meist auch wenig günstig.
Die große Stärke der Hainbuche ist natürlich die Verzweigung. Der Astaufbau auch in Feldkultur gelingt leichter, vor allem aber weitergehend als bei fast jeder anderen der hier behandelten Arten. Schwache und im Inneren der Krone liegende Zweige lassen sich erhalten und können sich sogar weiterentwickeln, wenn sie etwas freigestellt werden. Die Wuchskraft der verschiedenen Äste lässt sich gut kontrollieren, da die apikale Dominanz nicht so ausgeprägt ist wie bei den vorgenannten Arten.
Auf starken Rückschnitt reagiert die Hainbuche auch mit starken Austrieb unterhalb der Schnittstellen, was leicht zu kopfigen Verdickungen führt, wenn man nicht aufpasst. Etwas weniger stark fällt der Austrieb aus, wenn man gleichzeitig die Wurzeln bearbeitet.
Eine Entwicklungsgeschichte ist hier zu sehen:
viewtopic.php?f=9&t=40558
Dateianhänge
Hainbuche klein 1 2018 HK.jpg
KHarry
Beiträge: 724
Registriert: 03.02.2005, 17:42

Re: Erfahrungen mit Feldkultur - verschiedene Arten im Vergleich

Beitrag von KHarry »

Fagus sylvatica (Rotbuche)
Von der Art habe ich nur Yamadoris weiterentwickelt, bei den meisten habe ich nicht viel Masse aufgebaut wie bei der abgebildeten, somit kann ich nur eingeschränkt Aussagen machen.
Bei diesem Exemplar war Stammzuwachs war nur mit einem mehrere Jahre durchwachsenden Leittrieb zu erzielen, Stammprofil wurde so gut wie gar nicht gebildet, trotz gut vorbereiteter Wurzeln.
Wurzelansätze entwickeln sich nur langsam, wenn auch nicht schlecht, ein Problem ist aber, dass sich nach mehrjähriger Feldkultur die Feinwurzeln ziemlich vom Stamm entfernt habe, und das kann beim Umpflanzen das Wiederanwachsen gefährden (die hohe Ausfallrate bei Yamadoris dieser Art ist ja bekannt).
Äste lassen sich aber, ähnlich wie bei der Hainbuche, gut entwickeln. Wird Rückknospung benötigt, muss man das durch starken Rückschnitt schon ziemlich erzwingen. Normalerweise gelingt das auch - auf den ganzen Baum bezogen, einzelne Äste können schon mal leer ausgehen. Dass man gleich zuviel davon bekommt, ist kaum zu befürchten.
Dateianhänge
2009
2009
aktuell
aktuell
KHarry
Beiträge: 724
Registriert: 03.02.2005, 17:42

Re: Erfahrungen mit Feldkultur - verschiedene Arten im Vergleich

Beitrag von KHarry »

Fraxinus excelsior (Gemeine Esche)
Auch davon habe ich nur gesammelte Bäume über mehrere Jahre im Feld entwickelt.
Das Wachstumsmuster gleicht dem von Spitz- und Bergahorn, vielleicht ist die apikale Dominanz sogar noch ausgeprägter. Das Stammprofil ist sehr ausgeprägt, Wurzelansätze entwickeln sich sehr positiv, wenn auch nur mäßig schnell.
Leider wird das Eschentriebsterben bei mir zum Problem, der abgebildet Baum ist mittlerweile tot.
Dateianhänge
2008
2008
2014
2014
KHarry
Beiträge: 724
Registriert: 03.02.2005, 17:42

Re: Erfahrungen mit Feldkultur - verschiedene Arten im Vergleich

Beitrag von KHarry »

Juglans regia (Walnuss)
Als Bonsai eigentlich schon sehr grenzwertig, eher noch gröber in der Struktur als Esche oder Bergahorn. Enorme Stammentwicklung (aber nur auf gut versorgten Böden), ausgeprägtes Stammprofil, relativ schwache Nebarientwicklung. Muss schon sehr groß angelegt werden, für Verzweigung braucht es viel Geduld.
Schwache Seitentriebe sterben oft wieder ab.
Ein paar Jungpflanzen habe ich in dem Garten zurückgelassen, den ich vor 3 Jahren wieder abgegeben habe, nur den abgebildeten Riesen habe ich mitgenommen.
Dateianhänge
2006
2006
2010
2010
aktuell
aktuell
KHarry
Beiträge: 724
Registriert: 03.02.2005, 17:42

Re: Erfahrungen mit Feldkultur - verschiedene Arten im Vergleich

Beitrag von KHarry »

Quercus robur (Stieleiche)
Gute Astentwicklung, ausgeprägtes Stammprofil, Wurzelansätze nicht ganz so toll, ähnlich wie bei der Hainbuche beschrieben. Durch die spiralige Blattstellung ergibt sich leicht eine variable Astverteilung.
Da auch Eichen empfindlich auf zu großen Wurzelverlust reagieren, sollten die Umpflanzintervalle nicht zu groß gewählt werden.
Dateianhänge
2006
2006
2017
2017
KHarry
Beiträge: 724
Registriert: 03.02.2005, 17:42

Re: Erfahrungen mit Feldkultur - verschiedene Arten im Vergleich

Beitrag von KHarry »

Thuja occidentalis
Noch etwas abseitiges. Vor über 10 Jahren habe ich mir 2 Jungpflanzen zugelegt, um den Aufbau in ihrer natürlichen Wuchsform, mit aufsteigenden Substämmen ähnlich wie bei Laubbäumen zu versuchen.
Der Astaufbau gelingt problemlos, wenn man regelmäßig auslichtet, um das Verkahlen von innen heraus zu vermeiden. Stammprofil und Wurzelansatz entwickeln sich bemerkenswert, wenn man die Wurzeln konsequent vorbereitet hat.
Dateianhänge
Thuja 2018 HK.jpg
KHarry
Beiträge: 724
Registriert: 03.02.2005, 17:42

Re: Erfahrungen mit Feldkultur - verschiedene Arten im Vergleich

Beitrag von KHarry »

Tilia cordata (Winterlinde)
Eine einzige Linde habe ich 1998 als Jungpflanze ausgegraben und ab 2003 im Feld weiter aufgebaut. Dass daraus wohl mein bisher bester, selbst aus einer Jungpflanze entwickelter Prebonsai entstanden ist, spricht wohl für die Art.
Ausgeprägtes Stammprofil, auch das Potential für ein gutes Nebari scheint gegeben, Äste lassen sich zumindest gut vorstrukturieren. So weit wie bei der Hainbuche bekommt man die Krone im Feld eher nicht entwickelt.
Hier habe ich meine Linde bereits vorgestellt:
viewtopic.php?f=9&t=44502
KHarry
Beiträge: 724
Registriert: 03.02.2005, 17:42

Re: Erfahrungen mit Feldkultur - verschiedene Arten im Vergleich

Beitrag von KHarry »

Ulmus glabra (Bergulme)
Ulmus minor (Feldulme)
Eine große, gesammelte Bergulme und einige selbst ausgesäte Feldulmen, von denen noch 5 übrig sind.
Aufgrund ihrer Zweigstruktur sind Ulmen besonders interessant für die Bonsaikultur. Im Feld ist der Astaufbau nicht ganz einfach; trotz ihrer reichlichen Verzweigung wachsen sie stark apikal dominant, der am höchsten reichende Ast wächst den anderen innerhalb eines Jahres leicht davon (aufgefallen vor allem bei der Bergulme), während insbesondere bei Feldulmen die schwächeren der reichlich erscheinenden Seitentriebe auch schnell wieder vergehen, wenn sie nicht frühzeitig freigestellt werden.
Die Stämme entwickeln kaum Profil; dafür ist das Potential für Wurzelansätze außerordentlich. Bei der großen Bergulme wurden die 3 ursprünglichen, fast armdicken Flachwurzeln sukzessive fast am Stamm abgesägt und der Wurzelansatz aus den verbliebenen Feinwurzeln neu aufgebaut. Der Hauptzuwachs erfolgte innerhalb eines vierjährigen Umpflanzintervalls.
Die Feldulmen deuten ähnliches Potential an, allerdings fand ich es schwierig, bei den jungen Bäumen bereits gute Wurzelansätze zu erzielen, da innerhalb kurzer Zeit einzelne Wurzeln sich sehr stark entwickeln. Jährliches Umpflanzen kommt für mich nicht in Frage, sonst kommt man beim Stamm nicht weiter. Aber warum soll es nicht möglich sein, die Wurzelansätze nachträglich zu entwickeln wie bei der Bergulme?
Dateianhänge
Bergulme 2006
Bergulme 2006
Bergulme 2009
Bergulme 2009
Feldulme
Feldulme
Wurzelansatz der gleichen Feldulme
Wurzelansatz der gleichen Feldulme
Wurzelansatz einer weiteren Feldulme
Wurzelansatz einer weiteren Feldulme
Benutzeravatar
Anja M.
Freundeskreis
Beiträge: 5825
Registriert: 05.01.2004, 17:52
Wohnort: Hamburg NW

Re: Erfahrungen mit Feldkultur - verschiedene Arten im Vergleich

Beitrag von Anja M. »

Genau, im großen und ganzen ist das auch meine Erfahrung. Ich geh gern im Frühling rum und umsteche einfach die Wurzeln und mein Umschulrythmus war eher 2-jährig. Ulmen müssen wohl etwas mehr Aufmerksamkeit für die Äste haben und Buchen (Fagus) brauchen eben ihre Zeit. Eichen lassen gern untere Äste absterben wenn es eng wird, während Hainbuchen schöne gleichmäßige Beastung zeigen.
73 Anja
Benutzeravatar
Ferry
Beiträge: 1676
Registriert: 28.10.2012, 12:45
Wohnort: Kuala Lumpur · 吉隆坡

Re: Erfahrungen mit Feldkultur - verschiedene Arten im Vergleich

Beitrag von Ferry »

Hallo Harry, das ist eine schöne Zusammenstellung Deiner Erfahrungen. Insbesondere finde ich es interessant, daß Du Dich auch viel mit Spitzahorn, Walnuß und Thuja, die eher selten gute Bonsai werden, beschäftigst.
LG,
F.
Benutzeravatar
mydear
Beiträge: 7653
Registriert: 13.09.2011, 17:47
Wohnort: Regensburg

Re: Erfahrungen mit Feldkultur - verschiedene Arten im Vergleich

Beitrag von mydear »

Hallo Harry,

danke für deine ausführlichen Beispiele: maximaler Zuwachs bei minimalem Pflegeaufwand.

Ich habe ähnliche Erfahrungen gesammelt, die in diesem Thread sehr gut diskutiert werden:

viewtopic.php?f=9&t=38681&hilit=Feld&start=45

Meiner Meinung bringt es Marco auf den Punkt: im Feld ist jährliches (oder spätestens nach 2 Jahren) gründliches Nacharbeiten nötig. Das betrifft unterirdisch vor allem die radiale Wurzelverzweigung unter Vermeidung überproportional dicker Einzelwurzeln.
Auch oberirdisch würde ich die Leittriebe meist jährlich zurückschneiden mit Beachtung der künftigen Primär- und Sekundärverzweigung. Es sollte immer ein Plan im Hinterkopf verfolgt werden.

Ich habe bei Feldkultur Schiffbruch erlitten, wo ich längere Zeit unkontrolliert wachsen ließ. Die entstandenen Fehler sind allenfalls noch mit extremem Aufwand halbwegs zu korrigieren. Ich verzichte künftig auf maximalen Zuwachs, freue mich stattdessen über viel Zuwachs mit dem Vorteil von wenig Pflegeaufwand zu realisieren. Den Hauptvorteil der Feldaufzucht sehe ich im geringem Gießbedarf, ideal für Berufstätige oder für Urlaubspflege.

Ich habe im letzen Jahr gute Erfahrungen mit Jungpflanzen im Hochbeet gemacht. Dort ist die Begutachtung auf "Augenhöhe" besser möglich, das lästige Hinunterbücken und Arbeiten auf Knien entfällt.

viewtopic.php?f=121&t=45916&p=514308&hi ... et#p514308


Grüße
Rainer
“Fais de ta vie un rêve, et d'un rêve, une réalité“ Antoine de Saint-Exupéry
KHarry
Beiträge: 724
Registriert: 03.02.2005, 17:42

Re: Erfahrungen mit Feldkultur - verschiedene Arten im Vergleich

Beitrag von KHarry »

Hallo Rainer,

ich kann mich an die von Dir verlinkten Beiträge - und andere zu diesem Thema - erinnern. Marco, Roy und auch andere haben gute Beiträge zu dem Thema geliefert.
Ich finde aber allgemeine Vorgaben, wie alle 1-2 Jahre umschulen, zu pauschal. Es kommt halt immer darauf an, wovon man ausgeht und wo man hinwill. Ich glaube auch nicht, dass Feldkultur das Mittel der Wahl ist, um aus einer Jungpflanze in wenigen Jahren einen guten Rohling zu gewinnen. Bei Jungpflanzen passiert zu viel in kurzer Zeit. Vor allem, dass einzelne Wurzeln sich sehr stark entwickeln, ist vor allem ein Problem von Jungpflanzen. Dazu ist es auch artabhängig. Gerade Feldulmen sind da etwas schwierig, wie ich ja beschrieben habe.
Bei anderen Arten kann es auch anders laufen: Der oben gezeigte Spitzahorn wurde als daumendicke Jungpflanze ausgepflanzt und ist so gut wie ohne weitere Bearbeitung bis auf 5 Meter Höhe durchgewachsen und dann abgesägt worden. Der Wurzelansatz ist natürlich nicht differenziert wie nach langjähriger Kultur in der Schale, ist aber auch nicht völlig aus der Balance geraten und bietet noch alle Möglichkeiten. Und die Schnittstelle siehst Du in ein paar Jahren nicht mehr.

Für mich das wichtigere Anwendungsgebiet für Feldkultur sind aber Yamadoris. Nicht die eigentlich 'echten' Yamadoris, nämlich Uraltbäumen von Extremstandorten, sondern eher Grobzeug, was man etwa an Waldwegen findet, wenn die Wegränder rasiert worden sind. Was sind aber diese Yamadoris anderes als Gehölze, die zu lange ungeschnitten durchwachsen durften? Und trotzdem schaffen es manche davon innerhalb von 10 Jahren und manchmal noch schneller auf große Ausstellungen.
Ein Beispiel ist etwa die Hainbuche aus meinem verlinkten Beitrag. Sehr schlichtes Material am Anfang, allerdings schon mit passablen Wurzeln. Den Baum habe ich 5 Jahre am Stück durchwachsen lassen, ohne etwas an den Wurzeln zu machen, die Leittriebe durften so lange durchwachsen. Über die Gestaltung kann man sicher unterschiedlicher Meinung sein, am Wurzelansatz gibt es wohl nicht viel auszusetzen. Zumindest ist keine Wurzel den anderen davongewachsen. Wenn die Bäume bereits größer sind, ist es viel leichter, auch im Feld Qualität zu produzieren.
Oder die oben gezeigte Bergulme: Ausgangszustand 3 armdicke Wurzeln und ein paar Faserwurzeln. Vor dem ersten Foto durfte sie schon mal 2 Jahre im Freiland wachsen, ehe ich sie wieder umpflanzte. Das hat sich als zu kurz erwiesen, also noch mal zurück ins Beet. 3 Jahre am Stück brauchte es dann für einen guten Wurzelansatz, das 2. Foto zeigt allerdings den Zustand nach dem 4. Jahr. Das war diesmal übers Ziel hinaus geschossen, der linke Substamm ist viel zu groß geraten, Jahre später habe ich ihn abgesägt.

Eigentlich - oder vordergründig - habe ich ja über das unterschiedliche Verhalten der Arten berichtet und die Art des Vorgehens eher am Rande eingeflochten. Finde ich interessant, dass vor allem darauf abgehoben wird, ist mir aber auch ein wichtiger Punkt.

Gruß
Harald
RoyF.
Beiträge: 536
Registriert: 06.10.2009, 21:01
Kontaktdaten:

Re: Erfahrungen mit Feldkultur - verschiedene Arten im Vergleich

Beitrag von RoyF. »

Interessante Projekte sind da dabei.
Nach meiner Erfahrung, sollte man im Feld spätestens nach drei Jahren umschulen. Wenn die Entwicklung einseitig im Wurzelbereich ist auch lieber mal alle zwei Jahre. Dabei entsteht zwar weniger Dickenwachstum, aber die Gefahr ist geringer Fehler zu produzieren, die man kaum mehr korrigieren kann. Bei mir ist es jedenfalls so, dass ich versuche mir sehr viel Mühe mit der Feldaufzucht zu geben und viel Zeit dafür aufwende und da wäre es dann schade, wenn die Pflanzen unbrauchbar werden, weil sie zu stark gewachsen sind. Ein wichtiger Punkt ist bei der Feldaufzucht auch sicherlich, ausgehend von Laubbäumen, welche Art Bonsairohling man haben möchte. Will man einen typischen Leitrieb aufgebauten Stamm mit links und rechts Ästen dran oder eine sich in Substämmen aufteilenende Krone. Bei ersterem macht ein bisschen zu viel Wachstum weitaus weniger kaputt als bei zweiterem Ziel. Ich glaube das Beste ist, wenn man möglichst bewusst versucht wahrzunehmen wie die Pflanzen wirklich wachsen, was dabei Probleme macht usw. Davon ausgehend kann man sich viel besser in die pflanzenphysiologischen Prozesse eindenken. Das hilf dann, das Richtige zu tun bzw. dem Ziel, was man im Kopf hat möglichst nahe zu kommen. Was mir noch auffällt ist, dass die Bäume in einem lehmigeren schweren Boden scheinbar bessere und gleichmäsigere Nebaris machen als auf sandigem Boden. Vielleicht habt ihr ja ähnliche oder andere Erfahrungen gemacht. Wäre interessant...

Gruß
Roy
Antworten