Spüren Pflanzen Schmerz? (Sinnesleistungen der Pflanzen)

Alles andere was zu Bonsai passt.
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flu
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Re: Spüren Pflanzen Schmerz? (Sinnesleistungen der Pflanzen)

Beitrag von flu »

Mein Reden seit 10 Jahren.
Wie kann man diesen neuen Ansatz im Bereich Bonsai umsetzen?
Ist Walter Palls vermeindlich moderne "Hydrokultur" für Bonsai noch zeitgemäß?

https://www.youtube.com/watch?v=7YeNDWctYsw
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chris-git@rre

Re: Spüren Pflanzen Schmerz? (Sinnesleistungen der Pflanzen)

Beitrag von chris-git@rre »

Hallo Flu,
Sehr interessant.
Wie heißt der Mann?
Hast Du sein Buch gelesen?
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flu
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Re: Spüren Pflanzen Schmerz? (Sinnesleistungen der Pflanzen)

Beitrag von flu »

Und wieder eine verrückte Sinnesleistung bei Pflanzen entdeckt.
Mimosa pudica kann unterscheiden, ob man ihre Wurzeln mit dem Finger oder mit toten Gegenständen traktiert.
http://derstandard.at/2000028789962/Neu ... Furzgeruch
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PreOlea
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Re: Spüren Pflanzen Schmerz? (Sinnesleistungen der Pflanzen)

Beitrag von PreOlea »

Hochinteressante Ansichten/Diskussion!
Irgendwie musste ich zwischendurch an die Worte von Aristoteles zum Kausalprinzip denken:
"Alles, was entsteht, entsteht durch etwas, aus etwas und als ein gewisses Etwas".
^^Alle Macht geht dem Volke aus^^
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holgerb
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Re: Spüren Pflanzen Schmerz? (Sinnesleistungen der Pflanzen)

Beitrag von holgerb »

Lieber Ulf,

auch ich habe heute diesen Thread mit großem Interesse wiedergefunden. Da von meinem letzten Post irgendwann vor 10 Jahren bis heute einige neue Posts angesammelt haben, bin ich bisher nicht allen Posts akribisch gefolgt (die ersten vier Seiten und die letzhten 2 habe ich mir dann aber doch noch vorgenommen).

(Zunächst erstmal nur kurz zur Omnivorie des Menschen. Auch unsere nächsten Verwandten, die Menschenaffen sind Omnivore, ernähren sich aber weitestgehend von pflanzlicher Kost. Die vermeintlichen Reißzähne dienen wohl eher der Verteidigung, als dem Angriff (vgl. Lexikon der Ernährungskunde, S. 1027). Somit dürfte es sich bei unseren Eckzähnen nicht um Rudimente von Reißzähnen handeln, sondern um Rudimente von Verteidigungswaffen.)

Nun zu den Pflanzen:

Heute kann wohl kaum ein aufgeklärter, wissenschaftsaffiner Mensch die vielfältig überprüften und belegten Sinnesleistungen von Pflanzen verneinen. Das hattest Du (Ulf) ja eigentlich schon in deinem Eingangspost festgestellt. Somit ist die Frage nach der Leidensfähigkeit von Pflanzen auch eine philosophische Frage, die du ebenfalls schon eingangs stellst. Welche Fragen und welche Konsequenzen ergeben sich aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen? Müssen wir zwangsläufig uneingeschränkt die Leidensfähigkeit von Pflanzen gleichermaßen wie die von Tieren anerkennen?

Das moralisch/ethische Problem liegt wohl darin begründet, welche Sichtweise wir einnehmen und welche Abgrenzungen wir vornehmen, um die moralische Gemeinschaft zu definieren. Sehen wir also nur aus Sicht des Menschen und muss unser Handeln nur Menschen gegenüber moralisch sein (anthropozentrisch), sehen wir uns auch leidensfähigen Tieren gegenüber moralisch verantwortlich (pathozentrisch), allen Lebewesen (biozentrisch) oder allem (holistisch)?
Mir persönlich erscheint es als wenig sinnvoll (und das ist nur mein eigener Standpunkt), einen der ersten beiden Standpunkte einzunehmen, da sie in meinen Augen eine zu enge Demarkation vornimmt.
Nun könnte man, da es hier ja um Pflanzen dreht, den Biozentrismus als die geeignete Sichtweise erkennen und sagen: aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse, sind wir der Ansicht, dass auch Pflanzen moralisch berücksichtigt werden müssen. Ja, aber wie? Welche? Ist Bonsai dann okay? Ja, wenn die Pflanze nicht gequält wird? Kann man Pflanzen quälen? Wie schaut's mit anderen Pflanzen aus?

Zur Leidensfähigkeit von Pflanzen:
Leidensfähigkeit wird häufig bei Tieren mit Schmerzempfinden oder dem "empfinden" eines Leides gleichgesetzt. Reicht das aber aus? Mal angenommen, wir würden Pflanzen eine moralische Beachtung zusprechen, dann wäre es nur konsequent, ihnen eine Leidensfähigkeit zuzusprechen. Eine Pflanze kann Leid durchaus mitteilen, auch so, dass wir Menschen das verstehen (welkende Blätter, absterbende Triebe). Schmerz macht für eine Pflanze in soweit keinen Sinn, als dass er keinen Fluchtreflex auslösen kann / muss. Pflanzen können nicht flüchten. Wohl aber die Übermittlung, dass eine Schädigung vorliegt (und das ist, wie Ulf bereits ausgeführt hat, sehr differenziert möglich), macht Sinn.
In diesem Sinne: ja, Pflanzen können leiden und deshalb können wir sie auch moralisch berücksichtigen. Pflanzen sollte also vom biozentrischen Standpunkt möglichst wenig Leid widerfahren.


Zigarettenpause
"The mind is like a parachute. It doesn't work unless it's open."
- Frank Zappa -
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flu
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Re: Spüren Pflanzen Schmerz? (Sinnesleistungen der Pflanzen)

Beitrag von flu »

Es tut mir Leid, aber ich muss gerade ein wenig ausholen, um deutlich zu machen, wie ich denke.

Ich habe mich in den letzten Jahre sehr intensiv mit Quantenphysik beschäftigt und im Speziellen mit den Erkenntnissen und Folgerungen daraus für das Leben und die sog. Realität. Sehr anschaulich hat es z.B. Prof. Hans-Peter Dürr zu erklären vermocht. Seine Interviews und Vorlesungen auf Youtube kann ich diesbezüglich nur sehr empfehlen.
Mich haben all die Bücher und Vorlesungen zu diesem Thema in meiner (seit Kindertagen) holistischen Weltsicht bestätigt.
Aussagen wie: "Alles hängt mit allem zusammen" oder "Wir sind alle eins", sind für mich kein esoterisches Geschwafel, sondern wissenschaftliche (quantenphysikalische) Erkenntnis. Alles, was wir über den Aufbau der Atome in der Schule gelernt haben, ist noch nicht einmal eine wage Annäherung an die Erkenntnisse moderner Materie-Forschung. Ein Elektron bewegt sich weder in Bahnen um den Atomkern, noch in klar abgrenzbaren Aufenthalts-Wahrscheinlichkeits-Wolken. Fakt ist, dass das Elektron eines Atoms überall ist. Und wenn wir es dingfest machen wollen (messen) dann kann es auch am anderen Ende des Universums sein. Das Atom selbst ist eigentlich nur ein Häuflein Nichts ... nichts greifbares, sondern nur ein Knotenpunkt, an dem etwas passiert, etwas wirkt. Die Form kommt vor dem Stofflichen, die Wirkung verursacht die Ursache.

Das alles ist mit unserer Sprache und unserem darauf basierenden Verstand nur schwer zu fassen, aber je mehr man sich damit beschäftigt, umso mehr bekommt man eine Ahnung, wie das alles zu verstehen ist. Und dann wird einem klar, dass Begriffe wie "Leidensfähigkeit" oder "Moral" eben auch nur zu tiefst anthropozentrische Betrachtungen sind.

Wenn ich mich aber als Eins sehe mit der Pflanze, dann füge ich der Pflanze kein Leid zu, wenn ich sie pflege und schneide und einen Bonsai daraus gestalte. Ich überlagere nur meinen Zustand mit dem der Pflanze. Es entsteht eine vitale und kreative Koppelung. Und das bestätigt uns dann ja auch das Ergebnis - der Bonsai - den wir als schön empfinden. Als schön empfinden wir ihn nur, weil er die harmonische Kopppelung zwischen Bonsai und Meister veranschaulichen und zum Ausdruck bringt.

So ... und jetzt brauche ich 'ne Kaffeepause ;)
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achim73
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Re: Spüren Pflanzen Schmerz? (Sinnesleistungen der Pflanzen)

Beitrag von achim73 »

*daumen_new* d´accord. it´s all about resonanz.
Gruss, Achim
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flu
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Re: Spüren Pflanzen Schmerz? (Sinnesleistungen der Pflanzen)

Beitrag von flu »

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal einen sechs Jahre alten Beitrag auf SWR2 verlinken, der in bisschen meine Denkrichtung flankiert: "Sinn des Lebendigen"
http://www.swr.de/swr2/programm/sendung ... index.html
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Re: Spüren Pflanzen Schmerz? (Sinnesleistungen der Pflanzen)

Beitrag von achim73 »

hast du dich mal mit ervin laszlo beschäftigt ?
https://de.wikipedia.org/wiki/Ervin_L%C3%A1szl%C3%B3
Gruss, Achim
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Re: Spüren Pflanzen Schmerz? (Sinnesleistungen der Pflanzen)

Beitrag von flu »

Und wieder eine erstaunliche Erkenntnis aus der Welt der pflanzlichen Kognition.

Pflanzen können hoffen!

https://www.ufz.de/index.php?de=35261
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Re: Spüren Pflanzen Schmerz? (Sinnesleistungen der Pflanzen)

Beitrag von achim73 »

Gruss, Achim
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Andreas Ludwig
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Re: Spüren Pflanzen Schmerz? (Sinnesleistungen der Pflanzen)

Beitrag von Andreas Ludwig »

flu hat geschrieben:Das alles ist mit unserer Sprache und unserem darauf basierenden Verstand nur schwer zu fassen, aber je mehr man sich damit beschäftigt, umso mehr bekommt man eine Ahnung, wie das alles zu verstehen ist. Und dann wird einem klar, dass Begriffe wie "Leidensfähigkeit" oder "Moral" eben auch nur zu tiefst anthropozentrische Betrachtungen sind.
Aus diesem folgt, dass das Nachfolgende eben absurd ist:
flu hat geschrieben:Wenn ich mich aber als Eins sehe mit der Pflanze
Wir sind Menschen – es sind Pflanzen.
Keine Connection. Alles anthropozentrisch.

Bloss lebt die Pflanze und geht ein, wenn unsere Anthropozentrik sie ignoriert.
Das ist alles.
It is not enough to be busy. So are the ants. The question is: What are we busy about?
(Thoreau)
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