Eine Kastanie aus Enger

Der richtige Ort Bonsai (Baum in Schale mit gewisser Reife) vorzustellen und zu präsentieren. Der Threadersteller möge bitte im Eröffnungsthread darauf hinweisen wenn allgemeine Kommentare unerwünscht sind. Andernfalls stellt sicher, dass ihr etwaige fachliche Kritik durch die "DREI SIEBE" gesiebt habt!
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Herb
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Re: Eine Kastanie aus Enger

Beitrag von Herb »

Für mich ein wirklicher Vorbildbaum!

Gruß Dieter
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Norbert_S
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Re: Eine Kastanie aus Enger

Beitrag von Norbert_S »

Danke für die vielen lieben Kommentare.

Seit ein paar Jahren arbeite ich am Wechsel der Ansichtsseite. Dafür muss allerdings ein Ast noch stärker werden. Bei dem reduzierten Wachstum über den gesamten Baum, weil ich die Gesamterscheinung nicht negativ beeinflussen will, wird das noch dauern. Alternativ müsste ich entsprechend diesen Ast für zwei Jahre durchtreiben lassen.
Norbert

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Norbert_S
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Re: Eine Kastanie aus Enger

Beitrag von Norbert_S »

Vor zwei Nächten gab es noch Frost. Die letzten beiden Tage Sonne satt.
Jetzt hat es die Kastanie plötzlich eilig.
Vielleicht habe ich sie über Winter etwas trocken gehalten oder die lange Nachtfrostperiode ist schuld.
Normalerweise breche ich die kräftigsten Knospen aus, wenn sie so richtig klebrig sind. Dieses Jahr blieben sie trocken und jetzt wird es höchste Zeit für den Wuchskraftausgleich zu sorgen.
So sieht es jetzt aus.
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Norbert

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Köhler Rudolf
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Re: Eine Kastanie aus Enger

Beitrag von Köhler Rudolf »

Hallo Norbert,

eine tolle Doku.
Eine schwierige Baumart.
Ein tolles Ergebnis.

Ich bin zwar kein Fan von Kastanien, aber diese würde ich sofort in mein Regal stellen.
Grüße
Rudi K.
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Norbert_S
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Re: Eine Kastanie aus Enger

Beitrag von Norbert_S »

Heute hatte die Dame Friseurtermin.
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Norbert

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mydear
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Re: Eine Kastanie aus Enger

Beitrag von mydear »

Norbert wenn es dich stört nehme ich die Bilder wieder heraus.

Grüße
Rainer
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Sanne
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Re: Eine Kastanie aus Enger

Beitrag von Sanne »

Deine Kastanie ist wirklich ein Prachtexemplar, Norbert. *daumen_new*
Darf ich fragen, wie hoch und breit sie nach dem Friseurtermin ist?

Grüße, Sanne
Was wären wir ohne den Trost der Bäume…
(Zitat von Gisela V.)
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zopf
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Re: Eine Kastanie aus Enger

Beitrag von zopf »

Hallo Norbert
Mich wundert etwas, das Du die Kastanie und die Eberesche schon so früh zurückgeschnitten hast.
Könntest Du mir Deine Beweggründe nennen,
da ich auch ein paar großblättrige pflege.
mfG Dieter
grüsse an die bewohner von melmac
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Norbert_S
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Re: Eine Kastanie aus Enger

Beitrag von Norbert_S »

Hallo Dieter
Gerne will ich meine diesjährige Vorgehensweise erklären. Sie ist nicht anders als sonst nur eben den aktuellen Gegebenheiten angepasst.
Ich mach es etwas ausführlicher als notwendig, es lesen ja evtl. auch andere diesen Post.
Es gibt ja viele wissenschaftliche Untersuchungen zu den Vorgängen in den Bäumen. Sie geben Halt und eine gutes Grundgerüst, dennoch halte ich die meisten für Bonsai nur bedingt anwendbar.

1. Keep it stupid simpel - zählt für mich völlig unwissenschaftlich zu den elementarste Regeln im Umgang mit meinen Bäumen und nicht nur da.
2. Es bedarf eines Ausgangsreizes um vom Baum (Organismus) eine Anpassung darauf zu erwarten.
3. Je komplexer ein Organismus ist desto individueller ist seine Antwort - heißt für mich als Pfleger, dass ich meine Bäume in ihren individuellen Eigenarten kennen muss.

Auf diese drei Aussagen habe ich jetzt etwas über 30 Jahre Bonsai gebaut und die Ergebnisse habe ich hier regelmäßig gezeigt und mich bzw. die Bäume der Kritik gestellt.

Nun zu der Kastanie:

Mein Ausbrechen ausgewählterer Spitzenknospen kam ja, wie weiter oben beschrieben, etwas spät.
Das ist nicht ohne Folgen geblieben. Die nicht ausgebrochenen Knospen auch im unteren Bereich haben ohne Kraft- und Zeitverlust ausgetrieben. Die schon gut ausgebaute Verzweigungsdichte für eine Kastanie und die im Verhältnis zur zu versorgenden Blattmasse geringe Schalengröße lässt - erwünschter Maßen - keine überstarken Austriebe über den gesamten Baum erwarten.
Aktuell ist die Silhouette der Baumkrone breiter als hoch - ich möchte als Endziel das Gegenteil, Kastanien typisch weit höher als breit.
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Das erste Bild zeigt eine starken Austrieb aus einem unteren Ast. Zwei weitere Blattpaare plus die Spitze des Triebes habe ich abgeschnitten. Die Kraft im unteren Bereich hat mich überrascht. der Trieb muss noch kompett entfernt werden. Siehe Ziel Silhouette.
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Bild zwei zeigt den normalen Austrieb im Spitzenbereich alle vorher ausgebildeten Knospen haben ausgetrieben aber sehr wenig Längenwachstum geschoben. Zurückhaltend und aufgrund der hier immer noch kalten Nächte spät mit dem düngen gestartet, ist das erwartet und erwünscht. Ich möchte versuchen über die nächsten Jahre den Austrieb feiner zu erziehen, wohl wissend, dass das bei einer Kastanie limitiert ist.
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Diese beiden Bilder zeigen die Reaktion des Baumes auf die zu spät ausgebrochenen Spitzenknospen. Ihre Entwicklung hängt denen des Restbaumes stärker hinterher als bei rechtzeitigem Ausbruch.
Meine Befürchtung war, dass ich einige dieser Knospen verlieren würde, wenn ich nicht etwas früher als geplant schneide.
Es wäre wohl schlauer gewesen in diesem Jahr komplett auf das ausbrechen der Knospen zu verzichten um dann selektiv durch gezielten Rückschnitt den Kraftausgleich herzustellen.
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Das letzte Bild zeigt exemplarisch an einem Ast die Gesamtsituation des Baumes.
Im Vordergrund eine ausgebrochene Spitzenknospe mit zwei aufgehenden seitlich liegenden Ersatzknospen. Mit etwas Glück erfolgt auch noch aus schlafenden Augen unmittelbar unter der ausgebrochenen Spitzenknospe ein Austrieb.
Weitere seitlich am Ast befindliche Knospen sind beim austreiben. Ein beschnittener Ast, der schon 4 Blätter plus Spitze gebildet hatte, ist im ersten Schnitt oberhalb des ersten Blattpaares geschnitten und wird noch ganz entfernt werden. Dieser eine Trieb hat mit den großen Blättern und mit den großen Blättern umliegender Triebe schon im Inneren so stark beschattet, dass ein gesicherter und vor allem gesunder Austrieb der zurück gebliebenen Knospen nicht mehr gewährleistet war.
Deshalb mein sehr früher Rückschnitt. Generell schneide ich aber schon seit Jahren etwas früher als ich es bei anderen Pflegern sehe.
Dabei spielt viel Bauch mit.

Zur Problematik des Rückschnitts bei der Eberesche schreibe ich im entsprechenden Thread.
Norbert

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Norbert_S
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Re: Eine Kastanie aus Enger

Beitrag von Norbert_S »

Sanne,
jetzt ist sie 50cm hoch und 55cm breit.
Norbert

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zopf
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Re: Eine Kastanie aus Enger

Beitrag von zopf »

Hallo Norbert
Vielen Dank für die ausführliche Beschreibung Deiner Handlungsweise.
Obwohl wir in Vielem übereinstimmen unterscheidet sich mein Vorgehen etwas.
Spitzenknospen entferne ich nur an den obersten Trieben
und mache je nach Wachstum (dieses Jahr wohl früher) einen kompletten Blattschnitt.
Dabei lasse ich nur innerste Blätter (2-3cm) stehen.
Der Gedanke dahinter ist, durch ein Übermaß an Knospen einen recht feinen Austrieb zu erreichen,
was im Fall der Kastanie auch gelingt.
Da ich allerdings nicht selektiv dünge (seit 3-4 Wochen) habe ich das geplante Ziel zwar kurzfristig erreicht,
aber durch mein zu frühes Düngen wieder zunichte gemacht.
schönes Wochenende
Dieter
grüsse an die bewohner von melmac
hwolf
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Re: Eine Kastanie aus Enger

Beitrag von hwolf »

Ist schon toll Euch zuzulesen ;) Danke dafür, Dieter und Norbert.
Ich habe noch echte Schwierigkeiten, die Effekte des düngens an meinen Pflanzen zu erkennen, zu timen und daraus zu lernen.. Daher arbeite (versuche) ich viel übers Wasser und nutze ausbalancierte Langzeitdünger ab 'am Ende des Austriebs'.
Wenn ich einhaken darf:
@Norbert, hast Du in solchen Schritten zur Verfeinerung auch zB die Wassergaben im Blick? Macht es Sinn, damit zu arbeiten? Ist vllt artenspezifisch - -

Ihr beiden - Würdet ihr sagen, man könne die meisten großblättrigen ähnlich behandeln bzw eine Gruppe bilden?

LG
Heinrich
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Norbert_S
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Re: Eine Kastanie aus Enger

Beitrag von Norbert_S »

Mh
Wenn man nicht gerade alles wieder abschneidet, kann man sich gegen die Zunahme der Verzweigung nicht wehren und mit der Verzeigung kommt auch die Verfeinerung.
Das ist sicherlich durch Schnitt- und Pflegemaßnahmen zu beschleunigen. Dieter hat ja am Beispiel der Kastanie einen Weg aufgezeigt und gleichzeitig deren Tücken beschrieben.
Wurzelraum verkleinern, Substratkörnung anpassen, Umtopfintervall evtl. verlängern sind die einzigen Mittel, auf die ich mich einlasse.
Futter und Wasser müssen für meine Bäume ausreichend zur Verfügung stehen. Ich will vitale Bäume alles andere ist Nebensache und kommt dann eben etwas verzögert.
Das Spiel mit der Wassermenge will gelernt sein - siehe Japanberichte über das wässern und die wissen wovon sie schreiben - ist nicht mein Spielplatz, ich bin Amateur, nicht immer zuhause und Bonsai ist nicht mein Lebensmittelpunkt, Broterwerb o.Ä.. Mir sind meine Bäume wichtig, weil sie da sind und mich erfreuen; ich versuche mir nicht Fesseln anzulegen wo ich froh bin einige nicht mehr zu haben.
Bei den großblättrigen wird halt über jedes Blatt mehr Wasser verdunstet, dafür sind in aller Regel aber auch weniger am Baum. Das einzelne Blatt erscheint mir trotzdem gefährdeter.

Bei der Kastanie weiß ich um ihre brutale Abneigung gegen zu heiße Füsse. Das ist bei der Eberesche nicht so ausgeprägt. Bei der Eberesche habe ich zusätzliche Verzweigung sicher nur durch Rückschnitt und guter Düngung erzielt.
Norbert

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mohan
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Re: Eine Kastanie aus Enger

Beitrag von mohan »

Ooh wow!! Das nenn ich mal ein Vorbild und Inspiration! Ganz toller Baum!
Viele Grüße
monika
hwolf
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Re: Eine Kastanie aus Enger

Beitrag von hwolf »

Danke für die Rückmeldung, Norbert.
Ich gehe mit Dir da konform und meinte weniger eine Wasserführung, die den Baum an eine Grenze bringt oder ihm gefährlich wird.
Nur kann man ja durchaus Bäume entweder "übersatt", "gemäßigt" oder eben "sparsam" gießen; sparsam bedeutet, dass innerhalb des gewöhnlichen Intervalls der Baum keine Schäden erleidet oder darben muss, nur eben, dass er wirklich schön abtrocknen kann.
Ich weiß aus meinem Vorgehen, dass man das Wuchsverhalten von zB. Erlen, Birken, Weißdorn aber auch Lärchen, Mädchenkiefern und Eichen recht deutlich verändern kann, wenn man über eine Dauer einen der Fahrpläne einzuhalten versucht.
So kann ich etwa bei einer Birke mit einem Untersetzer arbeiten, den ich beim morgendlichen Gießen mit Wasser soweit fülle, dass er am Nachmittag wieder leer ist und der Baum den Abend und die (Sommer)-Nacht über die Feuchte im Substrat verbraucht.
Oder ich kann die Birke gegen Mittag reichlich gießen und abbrausen. Dann ist sie am Mittag drauf recht abgetrocknet (je nach Blattmasse; Schnitte sind zu bedenken).
Bei ersterem und vernünftiger Düngung wachsen meine Birken eigentlich das ganze Jahr hindurch immer weiter und machen im Kronenbereich recht grobe Internodien, dafür viele neue Zweige aus Astkragen oder alten Nodien, bei zweiterem ergibt sich ein zweiteiliges Austriebsverhalten über das Jahr mit insgesamt feinerem Wuchs und weniger Trieben und Blättern.
Den großen Weißdorn gieße ich dann, wenn er gerade ausgetrieben hat und die Triebe sich bis 15-20cm längen so, dass vor dem nächsten gießen die Triebspitzen in der Krone leicht hängen. Ich meine, dass vor allem die ersten 2,3 Nodien damit kürzer bleiben. Der Baum treibt auch schneller wieder nach dem Rückschnitt aus als ein Steckling von ihm, den ich immer satt feucht halte. (Diese Dinge können tausende Ursachen haben, daher mein Interesse an den Beobachtungen anderer).
Ich gieße also anhang des Entwicklungsstands des Baums entsprechend, ohne aber dabei den Baum darben zu lassen oder zu gefährden. Vielleicht bilde ich mir die Vorzüge auch nur ein, ich gieße ja eben noch nicht so viele Jahre..
Mich hatte nur interessiert, ob erfahrende Pfleger diese Beobachtung teilen und auch nutzen oder ob andere Steuerungstechniken die Verzweigungsdichte durch Lichtschnitte zu erzeugen, oder etwa das klassische abwarten, über die lange Achse besser sind.
Aber vielleicht geht das auch zu weit vom Thema ab, dann ziehe ich zurück ;)

LG
Heinrich
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