Hallo Robert,
Der Landschaftsausschnitt, den ich vor meinem inneren Auge habe und den ich darzustellen versuche, ist ein Laubbaum, der irgendwo am Fuße eines Berges oder jedenfalls auf geringer Höhe auf einem Felsblock gekeimt ist. Ein Dreispitzahorn ist (jedenfalls in meiner Vorstellung) kein Gebirgsbaum, der von Schneelasten in S-förmige Bögen gedrückt oder von Lawinen und Steinschlag dramatisch geformt wird. Daher wollte ich einen eher ruhigen, statischen Baum haben, zumal ich das Gefühl hätte, dass der Stein schon interessante Strukturen und Bewegungen hat, so dass wilde Bewegungen des Baums zu viel des Guten wären.
Ich hänge mal Bilder von Bergahornen an, die zwischen Königsee und Hintersee auch aufrecht mit geraden Stämmen auf Felsen wachsen.
Schon vor langer Zeit habe ich mal ein Gedicht über einen solchen Ahorn auf Fels geschrieben, das füge ich hier mal ein. Damals war es einem Feuerahorn gewidmet, es passt aber auch sehr gut auf den Dreispitzer.
LG, Heike
Ahorn - Felsenform
„Nah dem Himmel sieh das Licht“
Das Schicksal setzte ihn allein,
mitten auf den großen Stein,
als hätt’ es sich den Spaß gemacht
und das Bäumchen ausgelacht,
das da gekeimt war ohne Chance
und sich bemühte um Balance.
Mit suchend langen Wurzeln tastend,
keinen Schritt je überhastend,
sucht es sich den Weg zur Nahrung
und festerer Verankerung.
In der großen Einsamkeit
gedeiht es zu geheimer Schönheit.
Jeden Herbst dann ruft das Schicksal:
überlebt hast du noch diesmal,
doch jetzt kommt die raue Zeit,
für dich ist es bald soweit,
im Winter wirst du nun verlieren,
allein und exponiert erfrieren.
Trotz packt den Baum und er erglüht,
gelb, rot, orange und Farbe sprüht
wie viele grelle Feuerzungen,
kaum dass des Schicksals Wort verklungen.
Mit buntem Herbstlaub in der Stille,
zeigt sich des Baumes Lebenswille.
Er verschläft das Winterwetter,
es fallen seine bunten Blätter
die Wurzeln schützend sacht herab
und wehren dort die Kälte ab,
so dass der Ahorn nicht erfriert
und über’s Schicksal triumphiert.
Über Jahre wächst er dann
zu einem großen Baum heran,
um weit ins Land hinauszusehen
und endlich glücklich zu verstehen,
von seiner Art gibt es noch mehr
und das Herz ist nicht mehr schwer.
(Heike v.G., 19.4.’98)