oder
Die Kunst eine Pflanze so zu zerschneiden, daß sie hinterher noch was hermacht
von Erwin Grzesinski
zusammengestellt von Reiner Vollmari
Nun geht´s los. Eine Pflanze aus der Baumschule bekommt ihre Grundgestaltung.
Der Baum ist aus der Baumschule, sicher eine Picea (Fichte), wahrscheinlich eine omorika nana.
Ich zeige hier nur eine Ansicht, die Pflanze sieht nämlich von allen Seiten betrachtet gleich aus.
Als erstes legen wir die Vorderseite fest: Hierzu befreien wir den Baum von allem überflüssigen Gedöns, was er untenrum hat und was nur unsere Einsicht stört. Also erst mal alles ab, was man nicht braucht. ABER: Nicht bis in 1/3 der Höhe (weil ja hier der 1. Ast kommt) alles wegnehmen! Bei Containerpflanzen ist der Stamm meistens noch ein ganzes Stück in der Erde versteckt.
So kommt der Stamm aus der Erde
Ralph schaut genau hin und traut sich doch nicht so recht
So, die untersten 3-4 Äste sind weg, schon besser: Es zeigt sich eine mögliche Stammführung, dem dicksten Trieb nach rechts folgend.
Die andere Seite.
DIE Seite schon mal nicht, zu gerade.
Jetzt legen wir erst mal den Wurzelansatz frei. Wie sich herausstellt, ist der Ansatz noch ca. 5 cm tief im Ballen versteckt gewesen.
Leider sind die Fotos vom Wurzelansatz nicht verfügbar, weil mir das Programm an dieser Stelle abgestürzt ist. Ist aber kein Verlust, der Ansatz ist schlicht SCH... Eine dicke Wurzel geht nach rechts weg, eine dünnere nach links, dafür aber auch noch zu tief. Vielleicht steckt weiter unten noch was, aber noch weiter zu graben haben wir uns nicht getraut. Aber wir lassen uns den Spaß nicht verderben und setzen das Ding in ein Plastikgefäß.
So sieht jetzt unsere Vorderseite aus, nur, was wird jetzt der Stamm?
Der hintere Ast ist schon mal weg, der war als Stammweiterführung völlig unbrauchbar, da er in der Biegung zu gerade weiter ging.
Die Entscheidung: Der zweite dicke Trieb war´s auch nicht. Die bange Frage: Haben wir jetzt überhaupt noch genug Grün?
Die Stümpfe schon mal entrindet, aber erst mal stehen lassen als Ankerpunkt für den dicken Draht zum Biegen des Stammes.
Der erste Draht, 6 mm: Ralph hat sich gefreut, für den Anfang ist ein Sechser ein ganz mieses Stück
Brauchen wir den unteren Ast? Eigentlich sitzt der zu tief. Erst mal zur besseren Beurteilung abgedeckt und dann doch drangelassen. Abschneiden können wir den immer noch
Den unteren Ast zusammen mit dem Stamm noch mal hochgedrahtet. Es hatte sich herausgestellt, dass der eine Sechser noch nicht reichte zum Biegen des Stammes.
Dies wird die Vorderseite; als Anhaltspunkt ein dicker Drahtstück vorne im Topf. Noch ist der Baum ein grauenvoller Anblick!
Die nächsten Äste gedrahtet und etwas in Stellung gebracht, den Stamm gebogen. Schon besser.
Etwas eingekürzt; beide Seiten gleich breit, das kann so nicht bleiben.
Vorderseite: Weiter durchgedrahtet und geschnitten; die Krone bildet jetzt ein ungleichmäßiges Dreieck.
Die Rückseite.
Linke Seite: die Spitze neigt sich nach vorn.
Rechte Seite, der hier nach vorne zeigende Jin könnte noch weg, der hintere ist zu lang.
Fettich, Jin noch eingekürzt; und Frau/Mutter wendet sich erschüttert ab
Zum Abschluß: Ansicht von oben und der Abfallhaufen.
Sieht ja auch schlimm aus, so eine Grundgestaltung. Also immer vorstellen, wie das Ding in 3 - 5 Jahren aussieht; die dreifache Laubmasse usw.
Und wenn in diesem Zusammenhang jemand (und da findet sich IMMER wer) von Vergewaltigung spricht, dann fragt mal, was der/diejenige z. B. von Spaliergehölzen hält. Oder Rosen. Sogar den Rasen vergewaltigen wir jede Woche, der möchte nämlich auch groß werden und blühen!
So, ich hoffe, ich habe mich jetzt in den Augen der Profis nicht zu sehr blamiert: Kritik und Anregungen sind ausdrücklich erwünscht. Aber bitte schön sachlich bleiben, nichts in der Art wie: Sieht aus, als wäre da ein Schwarm fliegende Untertassen durchgesaust...
Ganz so einfach, wie das aussieht, ist das natürlich nicht. Fachkundige Anleitung wie in Workshops oder Arbeitskreisen, ist da sehr hilfreich. Und nicht verzweifeln, wenn das erste Ergebnis nicht so aussieht, wie gewünscht. Alle, die das schon länger machen, haben auch einige ihrer ersten Bäume verschnitten.
Dortmund, im Juli 2005
Erwin Grzesinski
Bonsaigestaltung für Anfänger -Grundkurs- Teil 3 Gestaltung
Bonsaigestaltung für Anfänger -Grundkurs- Teil 3 Gestaltung
Zwei Dinge sind unendlich: das Universum und die menschliche Dummheit.
Beim Universum bin ich mir aber noch nicht ganz sicher
(Albert Einstein)
Beim Universum bin ich mir aber noch nicht ganz sicher
(Albert Einstein)