Anzucht von Europäischer Lärche (Larix decidua)

Erfahrungsaustauscht und Dokumentation von Sämerein und Stecklingsanzucht von Gehölzen auf dem Weg zur Bonsai tauglichen Rohpflanze.
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Allardyce Skelton
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Anzucht von Europäischer Lärche (Larix decidua)

Beitrag von Allardyce Skelton »

Guten Morgen, liebe Bonsai-Community! :)

Da ich hier neu bin,möchte ich mich kurz vorstellen: Ich bin 34, aus München, und ich habe erst vor kurzem meine Leidenschaft für dieses schöne Hobby entdeckt. Mit normalen Topfpflanzen habe ich generell schon länger Erfahrung, jedoch nicht mit der An- und Aufzucht von Bonsais. Ich habe das Internet bereits durchforstet auf mögliche Hinweise von anderen Bonsailiebhabern, aber nichts so richtig gefunden, was mein Problem beschreibt oder erklärt.

Nun habe ich mir vor einigen Wochen bei einem Fachhändler als Einsteigerprojekt Samen der Europäischen Lärche bestellt, diese stratifiziert und zum Keimen gebracht (2 davon haben sehr gut funktioniert). Nach Einpflanzen in Kokosquelltabletten und Unterbringung in einem Mini-Gewächshaus (andere Möglichkeitenhabe ich aufgrund meiner Wohnsituation aktuell leider nicht) schienen sie auch gut Fuß zu fassen und sind gut weitergewachsen. Jetzt aber zum aktuellen Problem, was ich gerade nicht verstehe: Bei jedem Versuch,das Gewächshaus mal eine halbe Stunde offen zu lassen, beginnen die kleinen Bäumchen schon,die Nadeln hängen zu lassen, und an den Spitzen werden manche schon gleich bräunlich und "verdörrt". Wenn ich das Dach wieder aufsetze und sich das Klima wieder stabilisiert, erholen sich die Pflänzchen (gottseidank) innerhalb einer halben bis ganzen Stunde auch wieder. (Bis auf die verdörrten Spitzen mancher Nadeln...). Wie kann das denn sein, nach recht gutem Wachstum, kein Hinweis auf einen Pilzbefall oder ähnliches? Brauchen die Pflanzen aufgrund ihrer "Sensibilität" unbedingt das Mini-Gewächshaus?

Kurzer Datenabriss:
Bonsai: Europäische Lärche
Stratifizierung: ca. 4 Wochen lang im Kühlschrank
Keimung vor ca. 5 Wochen, eine Woche später Aussaat ins Mini-Gewächshaus (Kokosquelltabletten)
Standort: Fensterbrett, Südseite, 5.Stock, im Sommer jetzt recht in den letzten Wochen aufgrund des Wetters sonnig für ca. 4-5 Stunden pro Tag, sonst eher schattig

Kann mir bei dieser Frage jemand weiterhelfen, was die Ursache sein könnte bzw. wie ich mit diesem Problem umgehe? Oder ist das eherein normaler Vorgang? Ich hatte anfangs nur gedacht, das Gewächshaus wird sicher für die Anzucht notwendig sein, aber nicht dauerhaft, und dass es besser wäre,die Jungpflänzchen möglichst bald da rauszuholen?

Ich weiß, dass Bonsai aus Samen ziehen eine bisweilen langwierige und nicht ganz einfache Aufgabe sein kann,dessen bin ich mir bewusst, und auch die Entscheidung zur eigenen geduldigen Aufzucht habe ich bewusst getroffen, genauso wie ich bereit bin, mich mit Mühe für einen Erfolg letzten Endes einzusetzen. Ich mag diese Art von Herausforderung. Ich verstehe nur das aktuelle Problem nicht wirklich, und weiß deswegen nicht so recht wie ich da rangehen soll...Ich hoffe, jemand kann da mit seinem Fachwissen etwas beisteuern, was mir hilft, die kleinen Pflänzchen zu behalten und bedanke mich schonmal im Vorraus für hilfreiche Antworten.

Bitte einfach nachfragen, wenn ich was wichtiges vergessen habe! Hier im Anhang zur besseren Beurteilung zwei Fotos :) Vielen Dank schonmal, und an alle einen schönen Tag!
Liebe Grüße, Allardyce
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sauwoidman
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Re: Anzucht von Europäischer Lärche (Larix decidua)

Beitrag von sauwoidman »

Hallo Allardyce!

Ich will mich gleich vorweg für die folgenden Worte entschuldigen und ich will dir keineswegs die Hoffnung und den Spaß an der Sache nehmen, aber du hast bereits einige Sachen ... sagen wir - suboptimal gemacht. :oops:

1. Es gibt fast keinen Anfänger, der das wirklich durchzieht, mit Sämlingen anzufangen und diese bis zum (halbwegs) fertigen Bonsai zu entwickeln. Zum einen, weil den meisten die Pflänzchen zuvor wegsterben, zum anderen, weil viele beim jahrelangen Nichts-tun-Können einfach die Lust verlieren. Auch wenn viele Anfänger meinen, ihnen sei bewusst was das für ein langer Weg sei: das ist es ihnen nicht. Die ersten 2, 3, 4 Jahre kann man nämlich exakt gar nichts machen außer gießen, düngen und am Leben erhalten. Da ist sogar ein 24-teiliges Teeservice spannender zum Anschauen ... besorg dir am Anfang lieber eine, wenn du es wirklich ernst meinst, ein paar Jungpflanzen/Rohlinge, an denen kann man dann von Anfang an schon etwas werkeln. Mit Sämlingen alleine wirst du nicht glücklich. *daumen_new*
2. Einheimische Bäume sät man am besten draußen aus, nicht in einem Zimmergewächshaus. Im Zimmergewächshaus ist es durchgehend viel zu warm und zu feucht, was man auch daran erkennt, dass deine Bäume sofort verschrumpeln, wenn du die Haube wegnimmst. Meine unwissenschaftliche Erklärung: durch die ständig hohe Luftfeuchtigkeit haben die Blätter/Nadeln keinerlei Anreiz, einen Verdunstungsschutz (Wachsschicht, kleinere Spaltöffnungen, whatever) aufzubauen, wodurch sie beim schlagartigen Wechsel in die viel trockenere Wohnungsluft die Blätter schlapp hängen lassen. Darum langsam an die "normale" Luftfeuchtugkeit umgewöhnen.
3. Alle Bäume aus Regionen, in denen es Jahreszeiten gibt, sät man am besten im Frühjahr (oder bei heimischen Herbst zur Stratifikation) aus, aber nicht im Hochsommer. Heute ist der 1. September, wenns blöd kommt, ist in 3 Wochen tiefster Herbst. Wie sollen deine kleinen unreifen Sämlinge da schon einen Winter überstehen? Was mich gleich zum nächsten Punkt führt:
4. Gehe ich richtig in der Annahme, dass du (Fensterbrett, Südseite, 5. Stock) keine Möglichkeit hast, deine Bäume draußen zu überwintern bzw. generell draußen zu halten? Wenn ja, dann ist die Lärche sowieso eine denkbar ungeeignete Baumart, genauso wie jede andere heimische Baumart auch. Eigentlich kämen dann nur tropische Arten in Frage, z.B. Ficus, der freut sich auch viel mehr über ein Südfenster als die Lärchen :wink:


Nun ja, zu deinen zwei kleinen Rackern im Speziellen kann ich dir auch nicht viel weiterhelfen. Der eine sieht etwas besser aus als der andere, richtig krank ist aber keiner der beiden.
Bedenke einfach, welche Möglichkeiten du für deine Pflanzen bieten kannst, und dementsprechend wählst du auch die Art der Pflanze aus :-D Hier im Forum gibt es einen User, der das immer ganz treffend bildlich beschreibt: Wenn du einen Vogelkäfig zu Hause hast, dann kauf dir keinen Fisch! In dem Fall waren die Lärchen wohl leider (für) die Fische.

MfG Reinhold!
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ania
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Re: Anzucht von Europäischer Lärche (Larix decidua)

Beitrag von ania »

Dem ist nur hinzuzufügen, dass Lärchen volle Sonne lieben.
Nach der Gewächshaus-Kindheit würden sie diese aber nicht verkraften.
Die sind todgeweiht.
Falls du einen sonnigen Standort draußen hast, mit kalter, schattiger, windgeschützter Überwinterungsmöglichkeit, versuch es im Frühjahr nochmal. Sonst such dir eine geeignetere Pflanze für den Standort den du bieten kannst.
Allardyce Skelton
Beiträge: 2
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Re: Anzucht von Europäischer Lärche (Larix decidua)

Beitrag von Allardyce Skelton »

Vielen Dank schonmal für eure ehrlichen Antworten! Ja, kann schon sein, vielleicht habe ich hier den falschen Baum gewählt... hm, naja, jetzt schau ich mal wie sichs noch weiter entwickelt :) mich hatte eben auch interessiert, was die Ursache sein könnte, die mögliche Erklärung von Reinhold kann ich schon nachvollziehen. Jedenfalls vielen Dank :) schönen Tag und ein angenehmes Wochenende gleich mal! Liebe Grüße aus München, Erich
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Stefan Aichholzer
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Registriert: 18.02.2013, 21:47

Re: Anzucht von Europäischer Lärche (Larix decidua)

Beitrag von Stefan Aichholzer »

Hallo,
Ich mache viele Sachen aus Samen, vor allem Fächerahorn, Feuerahorn, Kiefer, kirsche aber auch Lärchen.

Ich finde das es hier wichtig ist das der Weg das Ziel ist.. also das zb. das keimen, die erste Blätter, die verfärben der Stamm usw schon Spass machen.
und ich sehe das nicht so wie Reinhold das man die erste 1,2,3 oder 4 Jahre exakt nichts zu tun hat ausser giessen, düngen .
Ich finde das es hier sogar sehr wichtig ist was zu tun um das Potenzial der Sämlinge zu steigern.
Zb. das Nebari, da hat man die erste 4 Jahre den meisten einfluss, da ist es sehr wichtig daran zu arbeiten. Oder die erste Bewegung am Stam, die erste 2,3 Jahre kann man daran arbeiten, danach nur durch Schnitt..

Bonsai aus Samen ist für Leute die von Anfang an Spass damit haben , mach weiter damit *daumen_new*

Lg. Stefan
Nichts auf dieser Welt, das sich zu haben lohnt, fällt einem in den Schoß
JMeyer
Beiträge: 1
Registriert: 30.06.2023, 23:59

Re: Anzucht von Europäischer Lärche (Larix decidua)

Beitrag von JMeyer »

sauwoidman hat geschrieben: 01.09.2022, 09:55 Hallo Allardyce!

Ich will mich gleich vorweg für die folgenden Worte entschuldigen und ich will dir keineswegs die Hoffnung und den Spaß an der Sache nehmen, aber du hast bereits einige Sachen ... sagen wir - suboptimal gemacht. :oops:

1. Es gibt fast keinen Anfänger, der das wirklich durchzieht, mit Sämlingen anzufangen und diese bis zum (halbwegs) fertigen Bonsai zu entwickeln. Zum einen, weil den meisten die Pflänzchen zuvor wegsterben, zum anderen, weil viele beim jahrelangen Nichts-tun-Können einfach die Lust verlieren. Auch wenn viele Anfänger meinen, ihnen sei bewusst was das für ein langer Weg sei: das ist es ihnen nicht. Die ersten 2, 3, 4 Jahre kann man nämlich exakt gar nichts machen außer gießen, düngen und am Leben erhalten. Da ist sogar ein 24-teiliges Teeservice spannender zum Anschauen ... besorg dir am Anfang lieber eine, wenn du es wirklich ernst meinst, ein paar Jungpflanzen/Rohlinge, an denen kann man dann von Anfang an schon etwas werkeln. Mit Sämlingen alleine wirst du nicht glücklich. *daumen_new*
2. Einheimische Bäume sät man am besten draußen aus, nicht in einem Zimmergewächshaus. Im Zimmergewächshaus ist es durchgehend viel zu warm und zu feucht, was man auch daran erkennt, dass deine Bäume sofort verschrumpeln, wenn du die Haube wegnimmst. Meine unwissenschaftliche Erklärung: durch die ständig hohe Luftfeuchtigkeit haben die Blätter/Nadeln keinerlei Anreiz, einen Verdunstungsschutz (Wachsschicht, kleinere Spaltöffnungen, whatever) aufzubauen, wodurch sie beim schlagartigen Wechsel in die viel trockenere Wohnungsluft die Blätter schlapp hängen lassen. Darum langsam an die "normale" Luftfeuchtugkeit umgewöhnen.
3. Alle Bäume aus Regionen, in denen es Jahreszeiten gibt, sät man am besten im Frühjahr (oder bei heimischen Herbst zur Stratifikation) aus, aber nicht im Hochsommer. Heute ist der 1. September, wenns blöd kommt, ist in 3 Wochen tiefster Herbst. Wie sollen deine kleinen unreifen Sämlinge da schon einen Winter überstehen? Was mich gleich zum nächsten Punkt führt:
4. Gehe ich richtig in der Annahme, dass du (Fensterbrett, Südseite, 5. Stock) keine Möglichkeit hast, deine Bäume draußen zu überwintern bzw. generell draußen zu halten? Wenn ja, dann ist die Lärche sowieso eine denkbar ungeeignete Baumart, genauso wie jede andere heimische Baumart auch. Eigentlich kämen dann nur tropische Arten in Frage, z.B. Ficus, der freut sich auch viel mehr über ein Südfenster als die Lärchen :wink:


Nun ja, zu deinen zwei kleinen Rackern im Speziellen kann ich dir auch nicht viel weiterhelfen. Der eine sieht etwas besser aus als der andere, richtig krank ist aber keiner der beiden.
Bedenke einfach, welche Möglichkeiten du für deine Pflanzen bieten kannst, und dementsprechend wählst du auch die Art der Pflanze aus :-D Hier im Forum gibt es einen User, der das immer ganz treffend bildlich beschreibt: Wenn du einen Vogelkäfig zu Hause hast, dann kauf dir keinen Fisch! In dem Fall waren die Lärchen wohl leider (für) die Fische.

MfG Reinhold!
Ich stimme Ihnen vollkommen zu! :P
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